Kapitel 46

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Als ich in meiner Wohnung ankam, legte ich mich auf mein Bett und rollte mich zusammen. Ich wünschte so sehr, ich könnte einfach hier liegen bleiben, bis all meine Probleme sich einfach in Luft auflösten. Aber natürlich war mir klar, dass das nicht passieren würde. Mein Telefon lag im Flur und klingelte einige Male. Ich war mir sicher, dass es Leon war. Aber ich wollte gerade mit niemandem reden. Ich fühlte gerade gar nichts. Weil ich überhaupt nicht mehr wusste, was ich fühlen sollte. Alles war so viel, ich fühlte mich als würde ich ertrinken. Irgendwann raffte ich mich auf und arbeitete bis spät abends. Meine Mutter hatte mir für den Freitag auch abgesagt. Was alles nicht einfacher machte. Das sie mich so abwies, tat sehr weh. 

Den nächsten tag schaffte ich es kaum aus dem Bett, also probierte ich es gar nicht erst. Erst als es anfing dunkel zu werden, schälte ich mich aus dem Bett und ging ins Badezimmer. Im Spiegel erschrak ich kurz, ich sah so aus wie ich mich fühlte, müde und kaputt. Als ich mir gerade das Gesicht wusch, klingelte es. "Ja?" fragte ich durch die Gegensprechanlage. "Ich bin, Flo. Kann ich kurz hoch kommen?" "Na klar", ich lies ihn rein und ging in die Küche vor, um mir einen Tee zu machen. Er kam rein und umarmte mich von hinten. "Emma, was ist los?" "Nichts, alles gut" log ich, was Flo natürlich sofort bemerkte. "Emmchen, Leon hat mir die komplette Mailbox vollgelabert. Er hat seit gestern Morgen nichts mehr von dir gehört. Der ist verrückt vor Sorge. Was ist passiert?" "Wir haben uns nur gestritten." "Oh Ärger im Paradies, mhh? Worum ging's?" "Keine Ahnung, um nichts und gleichzeitig um alles." "Nicht zu viele Details, Emma..." Flo verdrehte die Augen. "Was hat Leon dir erzählt?" giftete ich Flo leicht an. "Töte nicht den Boten" Flo hob seine Hände nach oben. "Deine Laune ist ja super...." fügte er dann noch sarkastisch hinzu. "Ich weiß...Kann das nicht so wirklich kontrollieren." "Glaube du musst einfach lernen diesen Hormon-Drachen zu reiten...und zwar schnell" "Witzig...was hat Leon dir erzählt?" "Das du beleidigt warst weil er den Termin beim Arzt vorgezogen hat. Und weil er das bezahlen will." "Du hast das für mich gemach." "Und das mache ich auch gerne. Ich hab genug Geld und besser benutze ich es nicht. Naja, wenn du wieder kannst natürlich in Champagner." Er zwinkerte mir zu, doch mir war nicht nach scherzen. 

"Emma, es ist sein Baby. Er will das übernehmen, ist doch logisch. Da dränge ich mich nicht rein." "Ja, meinetwegen. Aber er muss das abklären." "Ja, hätte er tun können. Aber das ist doch kein Grund einfach dort abzuhauen. Was ist mit dem Termin?" "Er hat einfach den Termin vorgezogen. Auch ohne es mit mir zu besprechen." "Emma, ist doch kein Ding. Geh hin oder lass es. Ein Termin mehr schadet dich nichts." "Aber es ist nicht notwendig." "Mag sein, aus medizinsicher Sicht nicht. Aber stelle dir anders herum vor. Er ist immer außen vor. Wo du bist, ist das Baby. Du erlebst alles. Er nicht. Im Grunde ist das doch der einzige direkte Zugang dazu." Ich stockte kurz. Flo hatte Recht. Und das hasste ich. Gerade noch mehr als ohnehin schon. "Ach, halt die Klappe." Ich stand auf und machte mir noch einen Tee. Flo lachte. "Was lachst du so blöd?" "Erstens ist dein Gesicht so knuffig wenn du sauer bist und zweitens bist du nur so wenn ich im Recht bin und du es weißt. Im Grunde ist also das was Leon angestellt hat halb so wild. Warum dann das Drama?" "Wegen Ben..." Flo rollte die Augen. "Was ist mit der Kröte denn jetzt?" "Die Sache hat mich einfach getriggert. Ben hat auch immer einfach Entscheidungen getroffen ohne mich nach meiner Meinung zu fragen. Da hab ich rot gesehen. Das ich übertrieben hab, hab ich erst gemerkt, als es zu spät war." "Und jetzt?" "Keine Ahnung. Ich muss mich bei Leon entschuldigen. Er hat es nicht verdient so behandelt zu werden von mir." "Hast du ihm die Sache mit der Wohnung vorgeschlagen?" "Nein, noch nicht." "Dann wäre heute vielleicht die perfekte Gelegenheit. Du musst mit ihm reden...ihm das sagen. Er kann deine Gedanken nicht lesen." Ich nickte nur als Zustimmung. "Erkläre ihm das mit Ben, dann wird er auch nachvollziehen können, warum es für dich so ein Problem ist, wenn er für euch gemeinsam solche Entscheidungen trifft." "Ja, du hast Recht." Flo legte seine Hand auf meine und streichelte mich. "Danke, das weiß ich..." sagte er und fing dann an, zu lachen. 

"Jetzt aber nochmal kurz zur Kröte. Denkst du wirklich er erzählt es direkt rum?" Ich zuckte mit den Schultern. "Er war so wütend, Flo. Ich habe keine Ahnung. Das mit Leon hat er doch auch zuhause erzählt. Wenn er sauer ist, ist er unberechenbar." "Selbst wenn, du hast Leon. Was soll passieren?" "Naja, Leon könnte sich einfach denken, das er kein Bock mehr hat." "Denkst du das wirklich?" "Ben hat es geschafft diesen Zweifel in meinen Kopf zu pflanzen. Was wenn er sich verpflichtet fühlt sich um mich und das Baby zu kümmern. Und mich nur deshalb liebt? Oder denkt es zu tun..." "Blödsinn. Ihr zwei seid ein super Team, ihr seid füreinander gemacht." "Es ist aber alles so schnell gegangen. Keiner hatte Zeit das alles für sich zu sortieren." "Vielleicht gerade weil ihr füreinander bestimmt seid. Das Universum dachte sich, worauf sollen sie zwei warten." "Das Universum? Hast du gesoffen?" "Nein, leider nicht. Bin übermüdet. Aber ich stehe zu meiner Meinung." "Mhm okay...ich versuche für deine Ansicht offen zu sein."  "Emma, Leon liebt dich. Und du liebst ihn. Er macht dich so glücklich. Außerdem..." "Außerdem was?" Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah ich ihn an. "Er sieht so gut aus...Davon haben wir immerhin beide was." Flo wackelte mit den Augenbrauen und biss sich auf die Unterlippe. 

Dann klingelte es. "Wer ist das denn?" Flo stand auf, umarmte mich mit einem Arm und gab mir einen Kuss auf den Kopf. "Balljunge. Nachdem er mir die Mailbox voll geheult hat, hab ich ihm gesagt das ich nach der Arbeit zu dir gehe und dir den Kopf zurechtrücke. Und er dann nach dem Training herkommen soll." Dann ging er in den Flur um die Tür zu öffnen. "Ich lass euch alleine. Wir telefonieren morgen. Rede mit ihm!" Wir verabschiedeten uns und Leon kam die Wohnung rein als Flo gegangen war. 

"Emma, ich..." Ich stand auf und küsste ihn sofort und fiel ihm um den Hals. "Nein, sag nichts. Du musst nichts sagen. Ich muss mich bei dir entschuldigen." Er strich mir über die Wange und lächelte. Wir küssten uns nochmal intensiv, er legte die Hände auf meine Hüften. "Es tut mir trotzdem leid." "Braucht es doch gar nicht. Ich hab überreagiert und bin gar nicht auf deine Erklärung eingegangen. Das war unfair." "Emma, ich wollte wirklich nur alles richtig machen und gut für dich sorgen und mich kümmern." "Das weiß ich doch. Aber ich will es dir erklären okay? Gehen wir rüber?" Leon nickte und wir gingen ins Wohnzimmer und setzten uns auf die Couch. Ich erklärte ihm warum mich das so wütend machte und warum ich so rot sah. Das ich Angst hatte in dieses alte Beziehungsmuster zurückzukehren. Was natürlich einerseits quatsch war, denn Leon war so anders als Ben. Aber andererseits kann man alte Gewohnheiten auch nur schwer ablegen. "Okay..aber du musst das nächste Mal eher mit mir reden Emma. Wir finden sicher immer für alles eine Lösung." "Ja, ich weiß das war dumm von mir. Und weil wir ohnehin gerade dabei sind...Ich möchte noch was mit dir klären." Leon schluckte schwer. Er sah aus als würde er mit dem schlimmsten rechnen. "Ich will kein Haus kaufen." "Was? Ich dachte, wir..." "Ich weiß, und ich verstehe deine Argumente total. Aber es ist alles so viel...alles verändert sich. Und ich dachte, gerade für den Anfang ist deine Wohnung groß genug. Da ist locker Platz für uns, das Baby  und so weiter. Und es ist nicht so weit zur Säbener. Du kannst viel einfacher und schneller Nachhause kommen, wenn ich total überfordert bin und vorm Nervenzusammenbruch stehe. Ich könnte meine Wohnung kündigen und komme erstmal zu dir. Und dann wenn das Baby da ist, wir versuchen mit der Nummer klarzukommen und so weiter, dann können wir ein Haus suchen." "Mhm, okay." Leon nickte. Aber lachte mich dann an. "Klingt wie ein guter Kompromiss. Wir machen das genau so wie du es willst." Er küsste mich und zog mich auf seinen Schoß. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und sah mich traurig an. "Emma?" "Was ist?" "Versprich mir, dass du bei mir bleibst und nicht einfach gehst..." Mein Herz verkrampfte sich. Aber ich nickte und küsste ihn. 

New Chapter - Teil 1 - Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt