Kapitel 12

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Irgendwie bereute ich es, Leon so weggeschickt zu haben. Aber in diesem Moment fühlte ich mich eingeengt. Trotzdem hätte ich das anders verpacken können. Ich saß an meinem Schreibtisch und bearbeitete Mails und Manuskripte. Immer wieder nahm ich zwischendrin mein Handy in die Hand und überlegte ihm zu schreiben. Doch egal welche Nachricht ich tippte, ich sendete keine davon, und löschte es immer wieder. Ich fand einfach nicht die Worte, die das ausdrückten was ich fühlte und dachte. Also arbeitete ich einfach weiter und machte meine Wochenplanung für die Arbeit. Kommende Woche würde es viele Meetings geben und ich war immer noch im Rückstand mit einigen Manuskripten. Und so nahm ich mir einfach vor, meinen Kopf diese Woche in den Sand zu stecken und mich von allem abzuschirmen. Ich hatte einfach keine Lust mehr, meine Gedanken drehten sich nur im Kreis und ich wusste eh nicht was ich wollte. Also schaltete ich mein Handy aus und ging zu Bett. 

Die kommenden Tage vergingen wie im Flug, und ich schaffte es sogar Leon fast komplett aus meinem Kopf zu bekommen. Die Arbeit war stressig, ich würde bald einen neuen Autoren bekommen, der im Verlag den Ruf hatte sehr schwierig zu sein. Darauf bereitete ich mich schon vor, mit den Unterlagen, die meine Chefin mir dafür gegeben hatte. In dieser Woche gab es kein Privatleben für mich, auch keinen Flo. Seine Standpauken konnte ich mir die Woche eher nicht geben. Er konnte das einfach nicht nachvollziehen und lies keine Gelegenheit aus es mir auch zu sagen. Als endlich Freitag und Wochenende war, und ich mit meiner Arbeit endlich wieder auf normalem Stand verabredete ich mich für den Samstagabend, naja eher später Nachmittag, mit Flo. Er schlug vor zusammen einfach nur abzuhängen und einen Film zu schauen. Das schlug er meistens dann vor, wenn er spät am Abend noch ein Date in einem Club oder so hatte. So entschied ich mich noch einkaufen zu gehen. Und ich musste mal wieder die Wohnung aufräumen und putzen. Die Woche über blieb viel liegen. Wir kriegen es manche Leute eigentlich hin alles gleichzeitig im Griff zu haben? Es war mir ein Wunder...Nachdem ich damit den Samstag verbracht hatte, ging ich duschen und machte mich fertig. Nicht mehr lange und Flo würde hier aufschlagen. Ich föhnte meine Haare schnell trocken und band sie zu einem Messy Bun hoch und warf mich in meine bequemen Sachen. Und da klingelte es gegen 18 Uhr auch schon. 

Als er oben ankam, umarmten und begrüßten wir uns. "Ich vergebe dir, dass du mich die ganze Woche über fast komplett ignoriert hast, obwohl das letzte Wochende lief wie es lief." sagte er grinsend und ging an mir vorbei in die Küche. Er hatte Sushi und Champagner dabei. Schon immer hatte er einen Hang zur Übertreibung. "ich entschuldige mich, ehrlich. Aber ich habe das gebraucht" antwortete ich. "Man kann sich nicht selbst entschuldigen." sagte er mit hochgezogenen Augenbrauen und fing dann an zu Lachen. "Jetzt erzähl mal von der Arbeit. Ist jetzt alles wieder gut, nachdem du geackert hast wie eine Irre?" Ich erzählte ihm von meiner Woche und was so los war während wir alles auf Teller anrichteten und alles ins Wohnzimmer brachten. "Such doch schonmal was aus und ich hole noch Gläser für deinen Champagner" sagte ich scherzhaft in einem spöttischen Ton. Ich wunderte mich schon, das schon was lief, kaum dass ich das Wohnzimmer verlassen hatte. Meistens dauerte das Aussuchen länger als der Film bei Flo. Als ich ins Wohnzimmer kam und auf den Fernseher sah, dachte ich ich spinne. 

"Hab mich natürlich vorher mal informiert, wer da so an dich ran will. Und siehe da...heute arbeitet er sogar." sagte er und deutete mit der Hand auf den Fernseher. "Dein Ernst? DU willst Fußball schauen?" "Nein natürlich nicht, das ist so langweilig. Du guckst Fußball und ich Leon." sagte er lachend und wackelte mit den Augenbrauen. Ich lies mich neben ihn fallen und hatte das erste Mal wirklich keine Lust Fußball zu schauen. Ich nahm einen großen Schluck und dachte ich lass es einfach über mich ergehen. Als Leon in der Vorberichtserstattung schon immer mal wieder zu sehen, schlug mein Herz schneller. Ihn schon im Fernsehen zu sehen, machte mir eine Gänsehaut. Mich von ihm abzulenken gelang auch eigentlich sehr gut. Denn Flo stellte so viele blöde Fragen, das ich wirklich kaum Chance hatte an was anderes zu denken. Als Leon dann ein Tor schoss kam Flo ins schwärmen von Leon. Ich blieb still, doch stimmte ihm bei allem zu. Ich weiß nicht wieso, aber ich fühlte mich zu ihm hingezogen. Dann war die erste Halbzeit vorbei. "Ich gehe in der Pause mal kurz frische Luft schnappen." sagte ich und ging auf den Balkon. Ich setzte mich hin, schloss die Augen, legte meinen Kopf in den Nacken und atmete tief ein und aus. Lange hielt die Ruhe nicht an. 

"Wollen wir rausgehen und noch was anderes machen? Oder wollen wir jemanden anrufen oder schreiben?" fragend steckte der Quälgeist den kopf nach draußen. Ich sah ihn an und fragte ihn: "Und die zweite Halbzeit? Willst du die nicht mehr schauen?" wohl wissend, das ihm gar nicht bewusst war, das es eine gab und er es hasste. "Was? Es ist doch vorbei...wir haben gewonnen." "Nein, es ist Pause. Zweimal 45 Minuten. Dazwischen kurz Pause. Setz dich einfach hierher und bring was zu trinken mit." erklärte ich ihm. Mit zwei Gläsern Champagner kam er nach draußen und gab mir ein davon. Wir schwiegen einfach eine Zeit lang und beobachteten unten die Straße. "Hat er sich gemeldet?" fragte Flo mich nach einer Weile. "Nein, siehst du. Das sagt doch vieles. Wenn es ihm so viel ausgemacht hätte wie ich dachte, dann hätte er sich bestimmt gemeldet, eine Nachricht oder so. Aber nichts. Es kam einfach nichts." Ich starrte einfach weiter. Ich hatte Leon weggeschickt, aber ich hoffte er würde sich melden. Ich wollte nicht die erste sein die schreibt. Ich wollte nicht wirken wie eine Irre, die ihn wegstößt und wieder haben will, so wie ihr gerade der Kopf steht. "Das ist Quatsch, und du weißt das. Ich hätte dir auch nicht nach sowas geschrieben. Du hast ihn mit Sicherheit verletzt. Du hast eine schwere Zeit hinter dir. Aber er ja vielleicht auch, Emma." Ich nickte nur. "Du machst es dir immer einfach, rennst in vielen Bereichen immer weg. Oder igelst dich ein und lässt nichts und niemanden an dich ran. Um dich zu schützen, aber das verletzt viele Emma." Wieder schwiegen wir. 

"Ich bin immer für dich da. Aber du musst auch mal weiter machen. Ben war ein Arschloch. Für ihn warst du das schöne und nette Beiwerk. Und irgendwann ein Anhängsel aus der Vergangenheit. Dass du das beendet hast, weil ihr beide nicht mehr glücklich miteinander wart war absolut richtig. Aber dann lass jetzt auch los. Von ihm und all den schlechten Gefühlen. Und von all den Erwartungen, die jemand an dich hat. Spielt doch alles keine Rolle. Leb dein Leben wie es dich glücklich macht, hab Spaß. Nimm dir was du willst. Willst du einen One Night Stand nach dem anderen, mach das. Willst du Leon, hol ihn dir. Willst du alleine bleiben, bleib es. Aber du musst dich entscheiden. Denn so durch die Welt zu gehen ist selbstzerstörerisch. Egal welchen Weg du gehst, es wird der richtige sein solange du glücklich dabei bist. Ich will nur, dass du glücklich bist. Du hast jedes Recht dazu." Während er mir sagte was er dachte, wurde seine Stimme immer weicher. Es war schön zu hören, wie wichtig ich ihm war. Ich war so unendlich dankbar einen Freund wie Flo in meinem Leben zu haben. Ich merkte wie mir die Tränen in die Augen stiegen und versuchte sie in Schach zu halten, indem in mein Glas Champagner in einem Schluck leer trank. Doch es half nichts. Ich stand auf und wir umarmten uns und ich weinte. Alles brach raus. Und er hielt mich einfach fest. "Ich weiß, du hast recht...und ich weiß was ich will. Wen ich will, aber der Weg wird schwer und ich hab Angst wieder zu verlieren am Ende." Schluchzte ich während mein Gesicht an Flos Hals vergraben war und er mir über Haare strich und mich tröstete. 

New Chapter - Teil 1 - Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt