Kapitel 124

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POV Leon

Ich packte die letzten Sachen ein für die Reise in die USA. Morgen früh ging es schon um halb sechs los. „Leon? Alles okay?" Ich drehte mich um, Emma stand im Türrahmen. „Klar, wieso?", fragte ich verwirrt und zog die Augenbrauen zusammen. „Du packst deinen Koffer seit drei Stunden...für eine Reise, bei der dir die Klamotten größtenteils vom Verein gestellt werden." „Stoppst du jetzt die Zeit?", fragte ich genervt. Emma schaute auf den Boden und nickte. „Nein...ich dachte nur...ach egal!" Sie drehte sich um und ging. Ich holte tief Luft und schüttelte über mich selbst den Kopf. Warum hatte ich sie denn jetzt so angepflaumt? Ich konnte manchmal ein richtiger Idiot sein. Ich legte noch ein paar Sachen in den Koffer und versuchte dann ihn zuzumachen. „Ist noch Platz im Koffer?", fragte Emma leise. Sie klang vorsichtig, als hätte sie Angst vor meiner Antwort. Kein Wunder. Den ganzen Tag schon war ich mies gelaunt und sie behandelte mich deshalb wie ein rohes Ei. „Wieso? Willst du mit?" Sie lächelte leicht. „Hätte ich an sich nichts dagegen...aber eigentlich wollte ich dir nur das geben."

Sie hielt mir eine kleine Tüte hin. „Was ist das?" „Ich hab nachgelesen...also ich kenne selbst keine Panikattacken, geschweige denn wie man sie überwindet. Viele schreiben ihnen helfen Sachen die sie mögen und die sie beruhigen. Fotos, Gegenstände oder zum Beispiel Gerüche. Also hab ich dir ein Shirt von mir eingepackt. Ich habs mit meinem Parfüm eingesprüht, das du so magst. Ein Strampler von Flora ist drin und eine kleine Dose mit ihrer Babycreme. Außerdem hab ich dir das Foto ausgedruckt, das wir zu dritt im Krankenhaus gemacht haben." Sie drückte mir die Tüte in die Hand. „Gut, dann lass ich dich mal fertig packen!" Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und wollte gehen. Ich hielt sie am Handgelenk fest und zog sie zurück. „Tut mir leid, das ich heute so mies gelaunt bin und so ein Griesgram. Danke für die Sachen und das du dir Gedanken machst. Das ist so wahnsinnig süß...danke Schatz!" Ich gab ihr einen Kuss, den sie schnell erwiderte. Ich zog sie nah an mich und legte meine Stirn an ihre. „Emma, ich verdiene dich gar nicht. Du bist viel zu gut für mich." „Red nicht so einen Quatsch. Du bist gestresst und machst dir Sorgen. Deshalb bist du so gelaunt. Und ich hab das sehr gerne für dich gemacht." „Ich liebe dich so, Emma." „Ich liebe dich auch, Leon." Emma gab mir noch einen Kuss und ging dann zu Flora, die gerade anfing zu weinen.

Jeden Moment würden meine Mutter und Laura hier auftauchen. Ich hatte wirklich Glück so eine tolle Familie zu haben, die all das für mich tat. Und eine Frau, die mich unterstütze und mich liebte. Ich schloss den Koffer und packte die kleine Tüte von Emma in meinen Rucksack, das ich sie griffbereit hatte...falls wieder eine Panikattacke kam. Ich nahm den Rucksack und den Koffer und brachte es schonmal nach unten. Emma kam runter und hatte Flora auf dem Arm. „Gib sie mir...ich will noch so viel Zeit wie möglich mit ihr haben", sagte ich und nahm Flora. Ich legte mich mit ihr aufs Sofa und legte Flora auf meine Brust. Ich streichelte ihr über den Rücken und beobachtete sie ganz genau...zehn Tage ohne Flora! Wie soll das gehen? Ich atmete tief ein und aus. 

Da merkte ich plötzlich, das Emma hinter mir stand und mir durch meine Haare streichelte. „Du zerstörst meine Frisur!", sagte ich gespeilt entsetzt. „Frisur? Ich sehe da keine Gefahr..." Sie lachte. „Eigentlich wollte ich nur wissen, ob du was brauchst?" „Nein, ich hab alles..." „Gut. Dann kümmere ich mich mal noch oben ums Gästezimmer." Emma ging nach oben um alles für meine Mutter und Laura fertig zu machen. Ich hoffte echt, dass das funktionieren würde. Bisher kannten sie sich kaum und jetzt blieben sie tagelang hier bei Emma, ohne mich. Dann klingelte es. Ich nahm Flora hoch und wir drückte den beiden die Haustür auf und lehnte die Wohnungstür an. Dann lief ich Wohnzimmer mit Flora auf und ab bis sie endlich oben waren.

„Leon?", rief meine Mutter und kam in den Flur. Laura folgte ihr. Beide stellten ihre Taschen im Flur ab und kamen zu mir. „Leon! Da ist sie ja!" Meine Mutter hatte schon Tränen in den Augen. Sie kam zu mir und umarmte mich von der Seite. „Ja, das ist Flora!" „Sie ist wunderbar, Leon! Darf ich sie halten?" „Aber klar." Ich gab meiner Mutter Flora in den Arm. Sie setzte sich mit ihr an den Esstisch. Laura umarmte mich zur Begrüßung. „Kleines Brüderchen. Ich hab dich so vermisst! Wie geht es Emma?" Sie legte eine Hand auf meinen Oberarm und sah besorgt aus. „Emma geht es gut...sie kommt gleich!" Dann stellte sich Laura hinter Mama und betrachtete Flora. „Oh, sie sieht Emma so ähnlich! Findest du nicht Laura?", fragte meine Mutter sie. „Ja, Gott sei Dank! Überleg mal die kleine Maus würde aussehen wie der da." Sie streckte mir die Zunge raus und ich sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Hört auf zu zanken!", sagte meine Mutter genervt. 

Dann nahm Laura noch Flora auf den Arm. Die beiden waren ganz hingerissen, was aber auch normal war. Von Flora musste man einfach hingerissen sein, denn sie war perfekt. Mama quetschte mich noch bisschen über Flora aus. Dann war es genug. „Laura, gib sie mir wieder!" „Leon, jetzt lass mich sie doch noch kurz halten...", antwortete Laura leicht genervt. „Laura...gib mir Flora!" „Du bist eine richtige Glucke." „Hal...Sei leise!", sagte ich und sah sie böse an. Sie lachte sich kaputt und gab mir Flora.

Emma kam runter und begrüßte Laura und Mama. „Hallo, ihr beiden! Sorry, musste oben noch alles fertig machen. Ich freue mich so das ihr da seid." „Wir freuen uns auch, Liebes!" Meine Mama umarmte Emma und strich ihr über die Wange. „Wollt ihr was trinken?" „Wasser würde uns reichen." Emma holte aus dem Kühlschrank Wasser und ein Glas für jeden. „Ich hab ein Curry gekocht. Ich hoffe, ihr mögt das." Mama und Laura stimmten zu. Emma setzte sich uns. „Flora ist absolut bezaubernd! Das habt ihr sehr gut hinbekommen", sagte meine Mama lachend. „Danke...", antwortete Emma verlegen. „Ich geh mal Flora hinlegen", sagte ich und ging nach oben.

POV Emma

„Wie macht sich mein Sohn als Vater?", fragte Iris. Ich hatte am Telefon den Grund des Besuchs, eher so beschrieben, das ich es mir nicht zutraute nach der Geburt und der OP mit Flora so komplett alleine zu sein. „Leon ist unglaublich. Nicht nur die ersten Tage im Krankenhaus. Immer. Er kümmert sich um alles und betüddelt sie die ganze Zeit. Wenn das so weitergeht, lernt sie nicht laufen, weil er sie immer trägt." Ich lachte und die beiden stimmten ein. „Nein, aber ernsthaft. Flora und er haben wirklich eine besondere Verbindung. Leon ist ganz vernarrt in sie und ist genauso wie ich ihn mir als Vater vorgestellt habe." Ich lächelte. „Das klingt fantastisch. Schön, dass ihr euch gut eingewöhnt habt." „Ja, aber Flora macht es uns auch einfach. Sie ist so wahnsinnig entspannt, schläft viel, auch nachts! Da ist es auch relativ einfach." „Und wie geht es dir, Liebes? Das war so ein Schock." Iris sah mich besorgt an und streckte ihre Hand auf dem Tisch aus um meine festzuhalten. „Ja, es war schrecklich. Um ehrlich zu sein, erinnere ich mich nicht an viel. Für Leon war es schlimmer. Es tut mir so leid, dass er das durchmachen musste." „Hat er es gut verkraftet?" Ich holte tief Luft. Ich wusste nicht, was er seiner Mutter darüber erzählen wollte. Deshalb nickte ich nur. „Ja, aber es braucht eben auch Zeit." „Das ist ja klar." „Kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass die kleine Nervensäge so in seiner Vaterrolle aufgeht", gluckste Laura. „Macht ich aber!", sagte Leon, der gerade wieder runterkam und streckte seiner Schwester die Zunge raus.

Zusammen deckten wir dann den Tisch und aßen zusammen. Während des Essens erzählten die beiden was in der Familie so los war, es wurde viel gelacht und gequasselt. Im Augenwinkel konnte ich sehen, das Leon den kleinen Bildschirm vom Babyfon nie aus den Augen ließ. Laura fiel das auch auf. „Warum stalkst du das arme Kind?", fragte sie ihren kleinen Bruder. „Mach ich doch gar nicht." Leon ging sofort in seine Abwehrhaltung. „Du gaffst die ganze Zeit beim Essen auf diesen kleinen Bildschirm." Leon rollte mit den Augen und beendete das Thema damit einfach. 

 Als wir fertig waren mit essen brachte Leon die Taschen der beiden nach oben. „Laura, hilf du doch bitte Emma! Ich gehe mal nachsehen, ob ich Leon was helfen kann." Laura und ich räumten den Geschirrspüler ein. „Wie läuft es bei euch beiden?" „Zwischen Leon und mir? Gut!" „Ich ziehe ihn gerne auf, aber mein Bruder ist schon sensibel." „Das weiß ich..." „Euch zu sehen ist wirklich schön, Emma. Ihr seid füreinander gemacht. Das sieht man!" „Danke. Das ist süß von dir. Und danke, dass ihr da seid." Wir umarmten uns und setzten uns wieder an den Tisch zum quatschen. Ich freute mich auch richtig auf die Tage mit den beiden. Ich hoffte sehr, die beiden so besser kennenzulernen. 

New Chapter - Teil 1 - Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt