Kapitel 59

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✧ POV Emma ✧

Wir mussten nur noch ungefähr 30 Minuten fahren bis wir bei meinen Eltern ankamen. Die Stimmung war natürlich gedrückt. Ich hatte keine Ahnung wo das her kam und wie ich damit umgehen sollte. Leon hatte vermutlich keine Ahnung, wie sehr er mich damit verletzt hatte. 

Als wir durch den Ort fuhren war es ein komisches Gefühl. Ich war nur selten hier, seit ich weggegangen war. Im Grunde nur für manche Geburtstage und Weihnachten. Es war hier trotzdem wunderschön. Ich wuchs dort auf wo andere Leute Urlaub machten. "Du hast nicht erzählt wie schön es hier ist." sagte Leon. "Ja, ist es. Aber wenn man hier aufwächst...naja, ist es halt normal." "Warum bist du weggegangen?" fragte Leon und legte seine rechte Hand auf meinen Oberschenkel. Ich zögerte kurz und legte dann meine Hand auf seine. "Hier gibt es nichts...ich wollte hier raus. Und nicht hier versauern." "Hamburg ist doch so nah." "Weißt du warum das Gebiet hier altes Land nennt, Leon?" "Warum?" "Weil hier alle alt sind." Leon lachte. "Ich brauchte Abstand. Wenn ich hier geblieben wäre...man kann hier nichts erleben. Niemand will auffallen, man will einfach möglichst normal sein." Leon nickte nur. "Aber es ist hier so schön." "Ja, es ist schön. Aber das alleine macht das Leben nicht besser. Außerdem bin ich nur hier mit dir weil ich nach München gegangen bin." "So hab ich es nicht gesehen." "Da vorne rechts...." Leon parkte vor dem Haus meiner Eltern und sofort ging mein Puls hoch. Mein Vater kam schon aus der Tür um uns zu begrüßen.

Wir stiegen aus und Leon holte die Taschen aus dem Kofferraum. "Da seid ihr ja! Komm her, Emma." Mein Papa zog mich in eine feste Umarmung, die mir unglaublich gut tat. Er legte seine Hände auf meine Oberarme. "Meine kleine Emma wird Mama. Unglaublich! Ich wünsche dir nur das Beste, Emma." Seine Augen wurden etwas glasig. Dann verwuschelte er meine Haare. "Du lässt ja nichts anbrennen." sagte er lachend. "Witzig, Papa!" ich rollte mit den Augen. "Papa, das ist Leon. Leon, das ist Paul, mein Paps." Leon kam zu uns, setzte sein perfektes Lachen auf und gab meinem Papa die Hand. "Schön sie endlich kennenzulernen. Emma hat viel erzählt." "Ohje, dann muss ich ja einiges gut machen." "Nein, ganz und gar nicht." "So richtig geglaubt habe ich es nicht, aber hier steht er. Leon Goretzka. Mein Schwiegersohn in spe." Mein Papa schüttelte ungläubig den Kopf. "Papa..." ich versank im Erdboden. "Na, entschuldige. Wird ihm öfter so gehen. Kommt rein." Papa ging vor und hielt uns die Tür auf. "Tut mir leid" flüsterte ich Leon zu. "Ist doch alles gut." "Nein, ich meine das was jetzt kommt." Leon schluckte schwer. "Stell die Sachen hier ab." 

Ich ging vor ins Wohnzimmer, wo meine Mutter auf der Couch saß und mit einem Glas Wein in der Hand ein Buch las. "Hallo Mama." tastete ich mich vor. "Ach Emma, ihr seid ja endlich mal da." Ich unterdrückte ein genervtes Seufzen. Als hätte sie das nicht mitbekommen. Sie kam zu mir und umarmte mich. "Siehst gut aus, Liebes." "Danke Mama" ich lächelte zaghaft. "Aber du hast zugenommen." Und es begann.... "Naja, kommt vor." Leon stand irgendwo hinter mir und ich drehte mich zu ihm, streckte die Hand nach ihm aus und sah ihn hilfesuchend an. Er kam zu mir stellte sich neben mich und gab meiner Mutter die Hand. "Ich bin Leon. Freut mich sehr sie endlich mal kennenzulernen." "Naja, so lange können sie ja noch nicht darauf gewartet haben, ihr kennt euch ja kaum." Leon lächelte einfach. "Haben sie keinen Nachnamen?" "Doch, Goretzka." "Na macht ja nichts." Sie ging einfach weg. "Da sie es vergessen hat zu erwähnen, du kannst sie Mephisto nennen" flüsterte ich Leon zu und er musste leider etwas zu laut lachen. "Was ist denn so komisch?" fragte meine Mutter vom Esszimmer aus. "Nichts..." antwortete ich schnell. "Dann kommt mal her zum Essen. Wir warten schon den ganzen Abend und müssen nachher noch kurz rüber zur Familie Uhl, die feiern heute ihren 30. Hochzeitstag." Wir gingen rüber und setzten uns nebeneinander. 

Meine Mama uns gegenüber und mein Papa am Kopfende. Wir nahmen uns alle was vom Essen, es gab Fisch mit Kartoffelsalat. Leon nahm jedoch nur Fisch. "Schmeckt ihnen der Salat nicht?" fragte meine Mama schnippisch. "Ruth, lass den Jungen." warf mein Paps ein. "Doch, ganz sicher. Ich muss nur leider immer drauf achten, was ich so esse." Meine Mutter zog die Augenbrauen hoch und schenkte sich Wein ein. Und dann auch mir. "Mama..." "Ach, da ist ja was." sagte sie schnippisch und sah Leon fragend an. "Ich trinke während der Saison keinen Alkohol. Aber trotzdem vielen Dank." Sie setzte sich wieder und mein Paps sah uns entschuldigend an. "Leon, also das war ja ein gutes Spiel heute. 4:0, super." "Ja, das stimmt. War gut" "Aber wir sind nur dritter" sagte mein Paps skeptisch. "Naja ja, 9 Punkte auf Dortmund. Aber wir spielen eine gute Saison. Bin guter Dinge!" Beide lachten. Ich sah wie meine Mutter Leon skeptisch musterte. "Sie spielen also nur Fußball?" "Bitte?" fragte Leon etwas verwirrt. "Was haben sie gelernt?" Ich holte tief Luft. "Mama..." Leon legte sein Hand unter dem Tisch auf mein Bein. "Ich hab keinen klassischen Beruf gelernt, ist richtig. Aber ich hab während ich bei Schalke war, auch noch mein Abitur gemacht. Da war ich auch schon Profi." "Mhm...und das reicht aus?" Mein Papa lachte laut. "Ruth, das reicht glaub ich sehr gut aus. Soll ja auch nicht unser Problem sein. Außerdem kann unsere Emma schon sehr gut für sich selbst sorgen." "Solange sie arbeitet." "Ich arbeite, mach dir keine Sorgen." Sie musterte mich ganz genau. Sie benahm sich unmöglich, aber ihr Blick wirkte besorgt. Sie konnte trotzdem nicht aus ihrer Haut. Meine Mutter hatte an sich selbst die höchsten Ansprüche und die galten auch für alle andere. Mein Papa unterhielt sich noch etwas mit Leon und ich stocherte in meinem Essen rum. Dann räumten wir zusammen den Tisch ab und meine Mutter zog sich um für die Feier ihrer Freunde. "Emma, es tut mir leid. Ich weiß nicht so richtig..." "Alles gut, Paps!" ich versuchte ihn anzulächeln. "Wenn was ist ruf mich an. Wir sind ja nur ein paar Straßen weiter. Hab euch oben alles fertig gemacht." "Danke. Bis morgen früh!" 

Leon und ich gingen mit unseren Sachen nach oben in mein altes Zimmer. Es war relativ groß. Es gab ein Bett, einen Sessel vorm großen Fenster und einen Schreibtisch und einige Bücherregale. Die Wände waren dunkelgrün und überall standen kleine Lampen rum. "Genauso hab ich mir das vorgestellt." sagte Leon lächelnd während er mich von hinten umarmte und seine Hände auf meinen Bauch legte. "Was meinst du?" "Es sieht hier genauso aus wie in deiner Wohnung. Es sieht einfach nach dir aus. Hast du als Kind was anderes gemacht als zu lesen?" "Ab und an mal Sport...aber lesen war einfach besser. In Büchern kann man an Orten sein, an denen alles perfekt ist." "Das klingt wahnsinnig traurig..." "Wars auch. Mein Paps war oft nicht zuhause wegen der Arbeit und meine Mutter, naja." "Ja, schon klar! Ich finde übrigens du hättest mir das sagen müssen." "Was hätte ich dir sagen müssen?" "Das du halb Mensch, halb Teufel bist. Unser Kind wird vielleicht kleine Hörner haben." Ich lachte zuerst, doch dann bleib es mir im Hals stecken. "Betrifft dich ja nicht wenn du gehst." "Ich hab nie gesagt ich gehe." "Wie würdest du es denn nennen?" Ich drehte mich und funkelte ihn wütend an. Leon sah traurig aus, aber ich war immer noch sauer auf ihn. Ich hatte versucht es zu ignorieren, aber das konnte ich nicht. "Ich hab nicht gesagt, ich lass dich alleine." "Nein, du hast Recht. Du hast gesagt, mach dein Ding. Ich helfe dir dabei." "Emma..." "SEI RUHIG, LEON" schrie ich ihn an. Ich hatte keine Ahnung woher das kam und wir erschraken beide. Ich holte einmal tief Luft. 

"Von Tag eins an bist du immer schon 4 Schritte vor mir. Und das wurde nur schlimmer, als ich schwanger geworden bin. Ich kam aus der Puste, ich fühlte mich als würde ich einen Marathon im Sprint laufen, Leon. Das alles hier, mache ich nur weil du da bist. Weil du mich willst und ich dich. Dachte ich zumindest. Glaubst du ich würde ein Kind bekommen, mit dir, wenn ich mir nicht sicher wäre. Und du kommst jetzt an und sagst es wäre vielleicht besser wenn wir doch nicht zusammen wären. Ich habe mir das sehr wohl überlegt und hab mir Gedanken darüber gemacht wie unser Leben aussehen würde. Das es kein klassisch normales Leben werden würde, stand doch nie zur Debatte. Aber das ist mir auch egal. Was ist schon normal? Alles was ich will, ist ein Leben mit dem Mann den ich liebe und der mich liebt. Das ist doch alles." ich war immer noch viel zu laut, aber das war mir egal. 

"Von Beginn an kriege ich von deinen Bedenken ein Schleudertrauma, Emma. Du verdenkst ALLES. Und ich kriege einmal Zweifel, ob der Weg den wir gehen der richtige ist oder ob es eine bessere Option für euch gibt, und ich werde dafür einen Kopf kürzer gemacht?" Auch Leon war nun nicht mehr so gefasst, noch nie schrie er mich so an. "Du hast keine Bedenken geäußert, du hast mich beinahe vor vollendete Tatsachen gestellt...Ich geb so vieles für dich auf, und zwar gerne. Ich will alles mit dir neu aufbauen und du kommst mit sowas an. Ohne Puffer...ohne Rücksicht. Einfach so! Nach dem Motto: 'Hier Emma! So fühlt es sich übrigens an überfahren zu werden.' Und erwartest das ich das einfach hinnehme." "Ich erwarte gar nichts Emma. Ich will nur das beste. Für dich und für mein Kind. Emma, was für ein Vater werd ich denn? Ich bin nie da...Ich werde andauernd Sachen verpassen, weil ich unter einen Ball trete." Leon setzte sich, sein Wut drehte sich in Trauer. Ich kniete mich vor ihn. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und wischte seine Tränen weg. "Du wirst der beste Vater der Welt. Weil du unser Kind von Beginn an so liebst. Und du wirst vielleicht Sachen verpassen, aber jeder Vater und jede Mutter verpassen Dinge. Leon, ich liebe dich. Und ich weiß, das du der beste Vater wirst den mein Kind haben kann." "Ich weiß nicht, Emma." "Aber ich weiß es." Ich küsste Leon zart. "Versprichst du mir was, was ich dir auch versprechen musste?" "Was denn?" "Das du bei mir bleibst und nicht einfach gehst." "Ja, Emma, ich verspreche es! Es tut mir leid." Ich vergrub meine Hände in seinen Haaren und küsste ihn Intensiv, was Leon sofort erwiderte. "Ich liebe dich..." "Ich dich auch Emma." Wir legten uns aufs Bett und ich schmiegte mich an Leon und er legte seine Arme um mich. 

New Chapter - Teil 1 - Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt