Beim Feuer

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„Komm zu mir", sagte Eleazar ausdruckslos und deutete dem Jungen zugleich, die Tür zu schließen. Er selbst legte den Dolch zur Seite und nahm in einem breiten Sessel, dem Feuer gegenüber Platz. Kyron gehorchte. Er kam näher und Eleazar zeigte ihm mit einem Wink, dass er sich auf seinen Schoß setzen sollte. Für einen kleinen Moment zögerte Kyron, dann kam er der Aufforderung nach. Eleazar legte eine Hand auf die Hüfte des Knaben, mit der anderen umfasste er seinen Oberkörper und führte ihn langsam, aber unnachgiebig nach hinten, bis Kyrons zarter Rücken schließlich an seiner Brust lehnte. „Bleib bei mir", flüsterte er dem Sklaven ins Ohr. „Beobachten wir gemeinsam das Feuer."

„Ja, Herr", stotterte Kyron und spürte dabei, wie sich sein Inneres zusammenzog, ihm das Atmen schwer fiel und er die Tränen nur mühsam zurückhalten konnte.

„Manchmal Kyron", säuselte Eleazar und genoss es dabei zu spüren, wie der dünne Körper in seinen Armen vor Angst immer mehr zu zittern begann. „Wenn ich allein bin, in der Nacht, dann fehlst du mir." Er wartete. Kyron war unfähig, etwas zu antworten. Er schluckte bewusst, als ob ihm dann die Worte gelingen würden, blieb aber stumm. Eleazar grub sein Gesicht tief in das Haar des Jungen. Die rechte Hand schob er unter den Stoff von Kyrons Tunika und ließ sie von der Hüfte in den Schritt des Sklaven wandern. „Und du", flüsterte er, als spräche er zu einer Geliebten. „Vermisst du mich auch?" Eleazar hatte seine Hand inzwischen auf das Geschlecht des Knaben gelegt. Als der nicht sofort reagierte, verwandelte er die lose Berührung in einen brutalen Griff, sodass Kyron kurz vor Schmerz aufschrie.

„Ja, Herr", haspelte er schnell und Eleazar lachte zynisch. „Wie hübsch du lügen kannst, mein Kleiner. Hat dich deine Herrin noch nicht zu einem besseren Menschen gemacht?" Während er sprach, ließ er seine Finger unter der Tunika weiter wandern, bald in zarter Berührung, bald knetete er grob die dünnen Oberschenkel. „Ich kann dein Herz schlagen hören", flüsterte Eleazar und überlegte kurz, ob er den Sklaven nicht besser fortschicken und seine Abreise vorbereiten sollte. Doch die Schriftstücke waren noch nicht vollständig verbrannt. Besonders das dicke Rotwildpergament hielt dem Feuer hartnäckig stand. Und da es nicht Eleazars Art war, die Dinge dem Zufall zu überlassen, beschloss er, sein Arbeitszimmer nicht zu verlassen, bis nicht auch das kleinste Stückchen Tierhaut zu Asche geworden sein würde.

„Du bist ordentlich gekleidet, Kyron", sagte er spöttisch und da der Bursche nichts erwiderte, fuhr er fort: „Man könnte dich fast für einen anständigen jungen Mann halten." Er wartete wieder. „Wie gut, dass ich es besser weiß, nicht wahr?" Eleazar spürte, dass seine Worte Kyron verletzt hatten und die Freude darüber verbesserte seine Laune erheblich.

„Erzähl mir, was treibst du so mit meinem Weib?" erkundigte er sich mit einem schmutzigen Unterton. Zum ersten Mal empfand Kyron nicht nur Schande und Angst, sondern auch etwas wie Wut. Er hätte widersprechen wollen, Eleazar ins Gesicht schreien, dass Tabitha ihn nicht in ihr Bett geholt hatte. Er hätte ihm vor die Füße spucken wollen für die Frechheit, die Eleazar besaß, Kyrons schöne gütige Herrin mit seinen Worten zu beschmutzen. Doch er war es nicht gewohnt sich zu widersetzen und so gelang ihm bloß ein hilfloses, allzu schwaches Aufbegehren: „Sie lässt mich schreiben und lesen lernen."

„Sieh an", antwortete Eleazar, obwohl er längst wusste, dass Tabitha Kyron jeden Morgen in das Haus ihres Vaters schickte, damit er dort Unterricht erhalten konnte. Zuerst hatte Eleazar daran gedacht es zu unterbinden. Doch dann entschied er, seine Gattin gewähren zu lassen. Mit seiner höflichen und bescheidenen Art wird sich Kyron beim alten Seraja bald Liebkind machen, hatte er gedacht. Und dann werde ich auf diese Weise die eine oder andere nützliche Information erhalten. Denn auch wenn Kyron treu und ehrlich war, so war sich Eleazar doch sicher, dass es ihm gelingen würde, den Sklaven ausreichend unter Druck zu setzen, sodass er ihn als sein willenloses Werkzeug benutzen würde können. „Lesen und schreiben", sagte er zynisch. „Ist das nicht eine Verschwendung für einen wie dich?" Die letzten Worte sprach er voller Verachtung und nahm mit Genugtuung wahr, wie Kyron zusammenzuckte.

Dann blieb es eine Weile still und während Eleazar beobachtete, wie nun auch das Rothirschpergament zum Opfer der Flammen wurde, ließ er seine Hände scheinbar gleichgültig mit dem zarten Körper auf seinem Schoß spielen. „Erzähl mir doch", schmeichelte er, „wie gefällt es dir mit meinem Weib?" Kyron schwieg. Zwar war er entschlossen, jetzt endlich zu widersprechen, doch es wollte ihm nicht gelingen. „Die Frauen", fuhr Eleazar fort, „sind kompliziert. Man muss sanft zu ihnen sein." Dabei biss er Kyron leicht in den Hals. „Sie umgarnen." Jetzt strich er fest über die Innenseite seines Oberschenkels. „Aber es ist doch so, Kyron, dass du es gerne etwas härter hast?" Mit diesen Worten packte er die Schultern des Knaben und drehte ihn mit einem Ruck zu sich herum. Kyron zitterte jetzt mehr denn je. Aus seinen Augen quollen die Tränen. Es war das erste Mal, dass er vor Eleazar weinte, und er schämte sich dafür.

Priester und KönigeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt