Sieger und Besiegte

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Der Kampf war kurz. Der mit Gabinius nicht abgesprochene Angriff des Antipater hatte von einem Moment auf den anderen Tatsachen geschaffen, hinter die man nicht zurück konnte. Und als der Prokonsul am Abend beim Festessen im Königspalast von Jerusalem laut herausposaunte, dass man Antipater eine Statue errichten solle, schien er vergessen zu haben, dass er selbst keinen Angriffsbefehl erteilt hatte und die eigenmächtige Initiative des Idumäers durchaus andere, verheerende Folge hätte haben können.

„Antipater!", rief Gabinius laut und prostete dem anderen dabei theatralisch zu. „Du hast die Gunst der Stunde erkannt und hast gehandelt." Alle tranken. Nachdem Gabinius den Kelch wieder abgesetzt hatte, fügte er hinzu: „Ich hatte es ohnehin satt, diesen schwachsinnigen Möchtegern-Herrscher über seinen Gott und das göttliche Recht brabbeln zu hören." Die Anwesenden brachen in lautes Gelächter aus. „Ich dachte schon, er will mich bekehren zu seinem armseligen Gott ohne Gesicht." Wieder erfüllte schallendes Lachen den Saal.

Gabinius räusperte sich leise und sein Diener gebot der Menge still zu sein. Als es etwas ruhiger geworden war, fuhr der römische Befehlshaber selbstgefällig fort: „Ja, ich hätte Gnade walten lassen mit ihm und seinen erbärmlichen Bauernsoldaten. Ich hätte ihn ziehen lassen. Er hätte nur meine Konditionen annehmen müssen. Aber nein, er wollte mit mir über die Herrlichkeit seines Gottes sprechen." Abermals wallte das Gelächter auf. „Und das vor zwei kampfbereiten Legionen", rief Gabinius aus. Mit einer triumphalen Geste riss er die Arme in die Luft und die Festgesellschaft tobte. Gabinius nahm einen großen Bissen Fleisch und trank aus dem Kelch, den er in seiner linken Hand hielt. Er hat eben Mut, dachte Peitholaos, doch der Satz brannte wie ein stechender Schmerz in seiner Brust.

„Morgen", grölte Gabinius. „Morgen, meine Freunde, holen wir den fetten Priester aus Jericho, lassen ihn in den Tempel einmarschieren und machen noch einmal ein Fest!"

Angewidert wandte sich Peitholaos ab. Doch wohin sollte er seinen Blick richten? Auf Phasael und Herodes, die gut gelaunt in der Nähe ihres Vaters speisten? Oder auf Eleazar, der sich angeregt mit Marc Anton unterhielt? Am Ende der Schlacht, als der Sieg bereits sicher war, hatte Gabinius die beiden beauftragt, die letzten spärlichen Rebellengrüppchen aufzuspüren und unschädlich zu machen. Die beiden Feldherren hatten sich schnell geeinigt, was unter unschädlich zu verstehen war, und hatten mit großer Gewissenhaftigkeit dafür gesorgt, dass die Eingangshalle der Baris und die große Treppe, die zum Saal im ersten Stock führte, mit den Leichen derjenigen Soldaten gepflastert werden konnten, die bis zuletzt unter Alexanders Standarte Widerstand geleistet hatten. Sie haben keinen einzigen Gefangenen gemacht, sagte sich Peitholaos bitter. Natürlich waren Eleazar und Marc Anton für ihre Grausamkeit über alle Maßen gelobt worden. Er selbst dagegen war zuerst von Antipater, dann von Gabinius gerügt worden, weil er Alexander durch seine Untätigkeit zur Flucht verholfen hatte.

Peitholaos war der Tadel gleichgültig. Sollten sie ihn doch seines Amtes entheben. Und wenn ich auch nach Thecoa zu meiner Frau gehe und dort die Ziegen meiner Schwester hüte, ging es ihm durch den Kopf. Alles ist besser, als Seite an Seite mit diesem Abschaum zu kämpfen. Der Gedanke hatte etwas Befreiendes und doch konnte Peitholaos sich nicht der drückenden Last erwehren, die er in seiner Seele spürte. Draußen am Schlachtfeld lagen beinahe viertausend Leichen, mehr als drei Viertel davon Juden. Den Tempelbezirk hatten die Römer abgeriegelt und darin trotz der Proteste der Priester weitere dreitausend Gefangene eingepfercht. Die meisten Verwundeten würden die Nacht nicht überleben und diejenigen, die am Leben bleiben würden, waren dafür bestimmt, Gabinius und seine geldgierigen Offiziere noch reicher zu machen. Abgesehen von den Maklergebühren würde der gesamte Erlös aus dem Verkauf der Kriegsgefangenen am Sklavenmarkt in die Taschen des Prokonsuls und seiner Vertrauten gehen.

Das grelle, fast weibische Lachen des Phasael hob sich klar vom lauten Stimmengewirr ab. Er und sein jüngerer Bruder amüsierten sich offenbar köstlich. Auch waren nach und nach immer mehr Dirnen in den Saal gelassen worden, sodass das Essgelage bald reibungslos in eine Orgie übergehen würde. Peitholaos stand auf und ging, ohne ein Wort des Grußes an Malichos oder die anderen Offiziere zu richten, hinaus in die dunkle, mondlose Jerusalemer Nacht.

Priester und KönigeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt