Die Füße eines Mannes

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„Nun Silas, du bist jetzt ein Haussklave", fuhr Anek fort und ließ sich bei jeder Silbe scheinbar unendlich lange Zeit. „Und leider ist es sehr unüblich, Haussklaven auszupeitschen." Er wartete und Silas überlegte, ob seine Feststellung denn etwas Gutes bedeuten konnte. „Doch zum Glück gibt es noch andere, ich möchte sagen, sogar wirksamere Mittel, einen Sklaven recht zu erziehen und zu formen."

Da Silas immer noch auf den Boden blickte, konnte er nicht sehen, mit welchen Gesten Anek seine Worte begleitet hatte, doch es musste ein Handzeichen dabei gewesen sein, das die übrigen Anwesenden als Befehl verstanden hatten und nun umzusetzen begannen. Zwei Männer packten ihn an den Oberarmen und zwangen ihn, sich auf den Boden zu setzen. Zwei andere näherten sich seinen Beinen. Sie hatten einen langen Stab, an dessen Enden ein Seil festgeknotet war.

Als sie sich zu ihm hinunterbückten, konnte er ihre Gesichter sehen, stellte jedoch fest, dass er sie nicht kannte. Anek hat seine eigenen Männer mitgebracht, schoss es ihm durch den Kopf und es war ihm sofort klar, dass dies für ihn nur ein weiterer Nachteil sein konnte. Anek war inzwischen um ihn herum gegangen und hinter ihm stehengeblieben. Er musste einen Stock in der Hand halten, denn als Silas seinen Oberkörper in Folge eines weiteren unerwarteten Fußtrittes rückartig aufrichtete, fuhr er ihm mit der Spitze des Gegenstandes grob die Wirbelsäule entlang.

„Der Rücken eines Mannes, Silas", begann Anek gönnerhaft, „hat seine Nachteile. Er stumpft gegenüber der Peitsche schnell ab. Und setzt man sie ein bisschen härter ein, bleibt einem bald nichts mehr als ein paar Hautfetzen." Silas versuchte ruhig zu atmen. Seine Hände zitterten und er drückte die Handflächen noch fester auf den kalten Marmorboden. Die Männer hoben seine Beine hoch und positionierten den Stab etwas oberhalb seiner Fersen. Das lose Seil lag scheinbar zwecklos über dem Fußrücken.

„Die Füße dagegen", fuhr Anek langsam und genüsslich fort, „stumpfen niemals ab. Jeder Schlag bedeutet neue Qual, eine Tortur, die den ganzen Körper erfasst. Und weißt du, was das Beste ist, Silas?" Er wartete und Silas war es, als sei die Luft um ihn herum, als sei der ganze Raum von jener boshaften Lust erfüllt, die von Anek ausging. „Weil die Haut so lange nicht reißt", fuhr er endlich fort, „kann die Strafe beinahe endlos ausgedehnt werden."

Silas rang mit seiner Fassung. Es war ihm heiß und kalt zugleich, er zitterte jetzt am ganzen Körper und es gelang ihm daher nur mühsam, seine Füße ruhig auf dem Stück Holz liegen zu lassen. Doch zumindest darüber brauchte er sich bald keine Gedanken mehr zu machen. Denn die Männer drehten den Stab nun in eine Richtung ein, wodurch das Seil aufgewickelt wurde und seine Füße bald schon schmerzhaft auf dem Holz fixierte. Jetzt drückte ihm Anek seinen Stock auf die Brust und zwang ihn damit, den Oberkörper weiter nach hinten zu neigen. Silas wollte seinem Herrn nicht ins Gesicht sehen, denn er hatte Angst, dass der Nehab das als Provokation deuten könnte. Deshalb richtete er seinen Blick starr auf die eigenen Füße. Er beobachtete, wie einer der Diener seine beiden großen Zehen zusammenband.

„Es ist eine Methode", hörte er Anek spöttisch dozieren, „in der wir Ägypter der restlichen Welt weit voraus sind."

Er schwieg, schien dabei aber wieder mit einer Geste einen Befehl erteilt zu haben, denn im selben Moment zogen die Männer die Stange in die Höhe, sodass Silas die Beine völlig durchstrecken musste. Er hielt kurz den Atem an und versuchte, nachdem Anek den Stock von seiner Brust genommen hatte, eine Position zu finden, in der er das Gewicht seines Oberkörpers halten und zugleich die Spannung, die von seinen Beinen ausging, ertragen konnte. Erst jetzt bemerkte er, dass es in dem Raum zwei hölzerne Pfosten mit mehreren Einkerbungen gab. An diesen wurde nun die Stange befestigt und Silas Schicksal damit besiegelt. Anek selbst genoss die Zeremonie offensichtlich in vollen Zügen. Er hatte sich von einem seiner Knechte eine dünne, hölzerne Weinrebe geben lassen. Damit fuhr er behutsam über Silas Fußflächen.

„Was meinst du, dummer griechischer Bastard, soll ich dir zeigen, wie man es macht?", erkundigte er sich zynisch.

„Ich bitte euch darum, Nehab", stieß Silas gepresst hervor. Tränen schossen ihm in die Augen und er betete, dass Anek sie nicht sehen konnte. Anek lachte selbstgefällig.

„Ich bin gespannt, wie viel du aushältst", meinte er sanft und holte zugleich zum ersten Schlag aus.

Silas schloss instinktiv die Augen, doch der Schmerz kam nicht. Vielmehr hörte er ein dumpfes Geräusch wie von einem Aufprall, dann ein Gewirr an aufgebrachten Stimmen. Als er die Augen öffnete, sah er, dass Anek gekrümmt am Boden lag. Sein Körper schien eigenartig zu zucken, doch die vier Männer hatten sich alle zugleich über ihn gebeugt und so konnte Silas kaum etwas erkennen. Sie riefen aufgeregt durcheinander, nur einzelne Wortfetzen drangen zu Silas durch. Dann hoben sie Anek mühsam hoch und schleppten ihn aus dem Raum. Eine Tür schlug krachend zu und Silas blieb allein zurück.

Er brauchte eine Weile, bis er wieder ruhig atmen konnte und seine Emotionen einigermaßen unter Kontrolle hatte. Als nächstes begann Silas zu überlegen, was er dazu beitragen konnte, dass seine Position erträglicher würde. Da er sich unbeobachtet wusste, probierte er verschiedene Möglichkeiten aus. Schließlich beschloss er, dass es das Beste war, mit dem Oberkörper flach am Boden liegen zu bleiben und die Zehenspitzen nach oben zu strecken. Dadurch ließen sich die Wadenmuskeln entspannen und die Streckung der Knie zumindest ein wenig verringern. Zugleich hatte Silas aber auch bemerkt, dass das waagrechte Präsentieren der Füße die Schmerzen, welche von der unnatürlichen Strafposition ausgingen, deutlich verstärkte. Angesichts der neuen Erkenntnis erschien ihm Aneks Ankündigung, dass man diese Art von Strafe über einen längeren Zeitraum ausführen konnte, noch um einiges bedrohlicher.

Er schloss die Augen und überlegte, wie lange es dauern mochte, bis Anek zurückkommen würde. Der Steinboden unter ihm war hart und Silas legte die Hände schützend unter seinen Hinterkopf. Dadurch aber wurde der Druck im Kreuz verstärkt. Also richtete er sich ein wenig auf und stützte das Gewicht seines Oberkörpers auf den Unterarmen ab. Die Zeit verging und Silas wunderte sich, dass er noch immer allein war. Allmählich begann er sich zu fragen, ob der Nehab an diesem Abend überhaupt zurückkehren würde oder ob er auf ihn vergessen hatte.

Er öffnete wieder die Augen und musterte die zwei Pfosten, an denen die Querstange befestigt war. Ihre beiden Enden lagen auf metallenen Trägern, die offensichtlich unterschiedlich hoch in die Holzpfeiler gesteckt werden konnten. Vermutlich würde es genügen, sein Becken mit einer einzigen kräftigen Bewegung nach oben zu schieben und die Stange, auf der seine Füße fixiert waren, müsste aus ihrer Verankerung springen. Doch Silas wagte es nicht, einen derart klaren Akt des Ungehorsams zu vollziehen. Also wartete er. Wieder und wieder verlagerte er sein Gewicht, legte sich hin, setzte sich auf und versuchte, die immer schärfer werdenden Schmerzen zu ignorieren. In der Erinnerung spielte er noch einmal die Unterredung mit Anek durch. Dabei hörte er in seinem Inneren die eigenen Antworten und die Scham lastete schwer auf seiner Brust.

Priester und KönigeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt