Enttäuschung

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Regulus' POV

" Erkläre mir das!", sagte Mutter und hielt mir mein Zeugnis entgegen. Ich wusste, dass sie von den drei 'E's sprach und sah beschämt zu Boden. Sie wirkte zwar ruhig, doch ich wusste, wie sehr diese Tatsache sie in ihrem Inneren aufregte. Doch sie war gut darin, ihre Gefühle für sich zu behalten. Gleichgültig zu spielen. Etwas, woran ich noch viel arbeiten musste. Mutter's  Maske passte perfekt. Sie wirkte kühl. Unergründlich.

" Ich habe-", Fing ich an, doch Mutter hob abwehrend eine Hand. Eine stumme Aufforderung, den Mund zu halten. " Es interessiert mich nicht, was passiert ist. ", sagte sie kalt. Ihre Gesichtszüge waren angespannt und aus ihrem Blick sprach etwas bedrohliches. Doch ich konnte auch einen stummen Vorwurf darin erkennen. Ich hatte versprochen, dieses Jahr besser abzuschneiden. Doch ich hatte nicht gehalten. Nicht halten können. Ich hatte mich bemüht, doch war gescheitert. Vielleicht hatte mein Onkel gar nicht so Unrecht gehabt, als er mich vor einigen Jahren mal mit unfähig bezeichnet hatte.

Ich war damals fünf gewesen. Wir sollten Besuch von der Familie Rosier bekommen und dementsprechend sollte alles vorbereitet werden. Sirius hatten damals den Auftrag bekommen, den Tisch zu decken. Ich, der damals einen großen Berg an Tellern trug, sodass ich bei meiner damaligen Größe  nicht drüber schauen konnte, hatte ohnehin schon Schwierigkeiten, mit den Tellern zu laufen. Ich war gerade noch so durch das Wohnzimmer getorkelt, bemüht, nicht hinzufallen.  Doch schließlich war das Unvermeidbare passiert. Ich war mitsamt Tellern hingefallen. Die Teller waren natürlich kaputt gegangen  und die Scherben schnitten in meine Handflächen.

Noch heute konnte ich einige Narben der Schnitte erkennen, die besonders tief gewesen waren. Denn an einigen Stellen hatten die Scherben besonders tief geschnitten. Jedoch wusste ich nicht, was die tiefere Narbe hinterlassen hatte. Die Scherben an sich, oder, dass es meine Eltern nicht interessiert hatte, dass ich mich verletzt hatte. Im Gegenteil. Stattdessen hatten sie mich angeschrien.  Das fünfjährige Kind, das Aufgrund der Wunde sowieso schon am Weinen war, bekam auch noch eine Ohrfeige.  Von seinem eigenen Vater. 'Idiot! Zu nichts zu gebrauchen!', hatte Vater damals behauptet. Ich hatte den enttäuschten, beschämten  Blick meiner Mutter bis heute nicht vergessen. Ihren enttäuschten Blick, während Onkel Cygnus nur kopfschüttelnd an der Wand gelehmt und irgenwas von unfähig geredet hatte.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dieser Blick würde ewig währen.  Als würde sie mich immer so sehen. Als Enttäuschung. Als Idiot. Als könnte sie mich nicht ansehen, ohne, dass die Enttäuschung sie überkam. Auch jetzt musterte sie mich mit diesem Blick und ich konnte es kaum ertragen.  Mein Zeugnis war eine Schande, für jemanden aus der Familie der Blacks. Ich war eine Schande für die Familie der Blacks. " Du solltest dich schämen. Selbst dein Bruder hat bessere Noten. ", sagte Mutter . Wie immer völlig gefühlskalt. Natürlich. Wieder einmal war ich nur ein Schatten von Sirius. Wieder einmal war ich der Schlechtere. Eine Kopie von ihm, die  nicht mal ansatzweise so gute war, wie das Original.

" Ich weiß, Mutter." Die eben Angesprochene haute mit der Faust auf den Tisch, sodass die darauf stehenden Weingläser klirrten. Ich zuckte kurz zusammen und sah sie erschrocken an. " Ich weiß, Mutter.", äffte sie mich in ziemlich treffendem, ängstlichen Ton nach. " Ich weiß, Mutter. Wann wirst du dir endlich deiner Verantwortung gegenüber deiner Familie bewusst werden? Merkst du nicht, wie sehr du deinen Eltern zur Last fällst? ", Fragte sie, nun mit unverhohlener Wut in der Stimme. " Es tut mir leid, Mutter."

Im nächsten Moment spürte ich einen kurzen, brennender Schmerz an meiner Wange. Ich fuhr mit der Hand über die noch immer pochende, gerötete Stelle. Ehe ich mich wieder sammeln konnte, spürte ich den gleichen Schmerz nochmal. Nur dieses Mal auf der anderen Wange.  Tränen schossen mir in die Augen und meine Sicht verzerrte sich. Ich sah verschwommene Umrisse des Sofas, das nicht weit entfernt von mir, in der Mitte des Raumes stand. Das grelle Licht der Lampen, blendete noch mehr als sonst. Ich versuchte, die Tränen wegzublinzeln, doch es klappte nicht. Schließlich ließ der Schmerz langsam nach." Hör auf zu heulen.  Sofort!", schimpfte Mutter und schlug erneut mit der Faust auf den Tisch. " Du bist ein Black. Kein Schwächling!"

Sie musterte mich einen Moment lang, bevor sie sagte:" Oder vielleicht doch? Ist es das, was du bist, Regulus? Ein erbärmlicher Schwächling und nichts weiter?". " Nein, Mutter." Nein. Das war ich nicht. Schwäche war keine Eigenschaft eines Blacks. Und ich war schließlich einer. Dann hatte ich mich doch auch gefälligst so zu benehmen, wie ein Black. Mutter hatte recht. Ich führte mich hier gerade auf, wie der größte Idiot. Ich war Teil, einer der mächtigsten und wichtigsten Zaubererfamilien aus ganz England. Ich durfte keine Schande über den Familiennamen bringen. Niemals.

Mutter's Blick wurde etwas milder. " Das hoffe ich doch.", sie strich mir mit ihren kalten, rauen Hand über die Wange. Normalerweise wäre dies eine Geste der Zuneigung. Doch bei mir löste sie noch mehr Unwohlsein aus. Ich war es nicht gewöhnt, so behandelt zu werden. Überhaupt war Körperkontakt immer eine sehr spezielle Sache bei  mir. Sobald jemand den Arm hob, um ihn mir um die Schultern zu legen, zuckte ich meistens  aus Reflex weg. Aus Angewohnheit. Aus Angst, Schläge zu bekommen. In der Erwartung, Schläge zu bekommen.

Ich verzog etwas das Gesicht, ließ mir aber sonst nichts anmerken. Sie sollte nicht denken, ich hätte Angst. Nicht schon wieder. " Regulus.  Du bist kein dummer Junge. Im Gegenteil. Du weißt, was es bedeutet, Teil dieser Familie zu sein.", säuselte Mutter. Bei dem Ton in ihrer Stimme musste ich an eine Spinne denken, während die gerade ihre Opfer umgarnte. Die sie langsam aber sicher in die dünnen, weißen Fäden einhüllte. Sie ganz in ihrer Gewalt hatte. " Ja, Mutter. ", antwortete ich fast schon automatisch und starrte stur geradeaus. " Du weißt, dass es dem Ruf der FAMILIE schadet, solche Noten mit nach Hause zu bringen. Nicht wahr?", Fragte sie weiterhin in diesem säuselnden Tonfall. Und irgendwie machte mir dieser noch viel mehr Angst, als der wütende Tonfall.

" Ja, Mutter. " , " Aber  man merkt, dass es dir leid tut. Man merkt, dass du dich schämst. Dass du, nächstes Schuljahr deinen Fehler wieder gut machen wirst." Ich nickte nur. Ich würde es versuchen.  Und ich würde es schaffen. Ich würde besser sein, als alle anderen in meinem Jahrgang. Viel besser. Nochmals spürte ich einen kurzen Schmerz an der linken Wange. " Leere Versprechen. Die  nicht gehalten werden. ", sagte Mutter kalt und senkte die Hand.

" Versprich es mir, Regulus. Versprich mir, dass du diese Schande wieder gut machst. " " Ich verspreche es." Schließlich nickte sie mir zufrieden zu. Sie schien sich beruhigt zu haben . " Sehr gut. Ich sehe, wir verstehen uns. Und jetzt geh in dein Zimmer. Sofort!", sagte Mutter . Das musste man mir nicht zweimal sagen. Kaum hatte sie dies gesagt, ging- rannte ich viel mehr in mein Zimmer und knallte die Türe zu. Ich legte mich auf mein Bett  und vergrub mein Gesicht in meinem Kissen. Trauer und Enttäuschung überkamen mich. Aber auch Wut. Wut auf mich selbst. Plötzlich hörte ich, wie jemand von außen die Türe zu meinem Zimmer öffnete. " Regulus. Kann ich rein kommen?"

AN: Soo, ein neues Kapi😊 wie fandet ihr es so? Lasst mir gerne eure Meinung dazu da und joa 😉 dann bis bald ❤

LG: Drawaine

Born to die || Regulus Black Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt