Wärst du stolz?

351 28 4
                                    

Regulus' POV

Vorsichtig, als ob er jeden Moment hier auftauchen würde, betrat ich nach einigen Jahren wieder einmal das Zimmer meines älteren Bruders. Seit er abgehauen war, hatte ich es nicht über mich gebracht, in sein Zimmer zu treten. Ich hatte es nicht über mich gebracht, auch nur einen längeren Blick in das Zimmer zu werfen. Zu viel Angst hatte ich davor gehabt, dass jenen Erinnerungen mich erneut einholen würden.

Zu viel Angst hatte ich davor gehabt, von jenen Erinnerungen überrumpelt zu werden. Ich hatte es gewollt, dass ich durch jene Erinnerungen womöglich schwach werden würde. Dass ich mich womöglich vergessen würde und die anfange zu weinen.  Dass ich mich schwach, verletzlich zeigte. Doch jetzt hatte ich das Gefühl, dass dies nicht der einzige Grund gewesen war.

Dass es mir in dieser Angelegenheit nicht nur darum gegangen war, nicht schwach dazustehen. Dass es noch einen weiteren Grund gehabt hatte. Dass ich das Gefühl hatte, es nicht ertragen zu können, wie mich all dies an früher erinnerte.

An unser früheres Verhältnis, dass noch so vertraut gewesen war. Unser früheres Verhältnis von dem wir gedacht hatten, es würde ewig halten. An unser früheres Verhältnis und daran, dass ich schuld daran war, dass es nun in Trümmern lag. 

Dass ich schuld daran war, dass wir uns nun niemals wieder versöhnen würden. Dass es nicht mehr zu einer Versöhnung zwischen den beiden Black- Brüdern kommen würde, da die Zeit nicht mehr dazu reichte. Weil das Schicksal des Einen dies nicht mehr zulassen wollte. Weil irgendjemand, oder irgendwas einfach nicht wollte, dass dies passierte. Weil ich zu wenig Zeit hatte. Viel zu wenig.

Gryffindor- Flaggen hingen an den Wänden des Zimmers. Bilder von Muggeln zierten zwischen ihnen die Wände und ich konnte ein leichtes Schmunzeln nicht unterdrücken.  Trotz der jetzigen Situation. Trotz dem Wissen, dass ich bald sterben würde, brachte es mich leicht zum Schmunzeln, wenn ich daran zurück dachte, wie verzweifelt Mutter versucht hatte, all dies von den Wänden des Zimmers zu entfernen.

Wie hysterisch sie gewesen war, als all ihre Zauber sich als nutzlos erwiesen hatten. Wie empört sie stets gewesen war, dass man einen Raum in ihrem Haus nur so verunstalten konnte. Sirius jedoch, schien sich in diesem Zimmer so ziemlich verewigt zu haben.

Er schien seine Spuren im Hause Black hinterlassen zu haben, die nicht so leicht zu verwischen wären. Er hatte unseren Eltern und dem Rest der Familie so ziemlich klar gemacht, dass er nie, niemals so sein würde, wie sie.

Seufzend ließ ich mich in einen Sessel in seinem Zimmer sinken und sah zu Boden. Kaum waren meine düsteren Gedanken für eingeladen Momente lang verschwunden, so waren sie auch fast augenblicklich wieder da. Ich werde sterben, Sirius. Ich werde sterben, und es gibt keinen Weg, dies zu vermeiden.

Wie er wohl reagieren würde, wenn er es wüsste? Wenn er wüsste, wie mein Tod immer näher rückte? Wie meine Zeit, die ich noch hier hatte immer weniger wurde? Wie er wohl reagieren würde, wenn er wüsste, dass ich den dunklen Lord hintergehen würde?

Wenn er wüsste, dass ich meine Meinung geändert hatte. Dass ich nun auf der richtigen Seite stand, auch, wenn dies mein Leben kosten würde. Wenn er wüsste, dass ich dem Glauben meiner Familie den Rücken gekehrt hatte und nun bereit war, das Richtige zu tun. Wenn er wüsste, dass ich von einem der wichtigsten Geheimnisse des dunklen Lords erfahren hatte. Wenn er wüsste, dass ich versuchte, einen der wichtigsten Pläne des Lords zu vereiteln.

Ob er wohl stolz auf mich wäre? Ob er merkte würde, dass ich nicht der stolze, verdorbene Todesser war, für den er mich wohl hielt? Ob er mich wieder als seinen Bruder bezeichnen würde, wenn er wissen würde, wofür ich all das tat? Wenn er wüsste, dass ich nun endlich das Richtige tat? Dass ich nun dafür bezahlen würde, was ich getan hatte? Dass ich eingesehen hatte, wie falsch ich gelegen hatte?

Ob es ihn überhaupt interessieren würde, dass ich nicht mehr da war? Ob er überhaupt eine Miene verziehen würde, wenn er von meinem Tod erfahren würde? Ob er überhaupt auch nur ein wenig um mich trauern würde? Ich bezweifelte es. Ich glaubte nicht, dass es ihm sonderlich nah gehen würde, von dem Tod eines weiteren Todessers zu hören.

Von dem Tod eines weiteren Gegners, eines weiteren Feindes zu hören.  Eines Feindes, mit dem er seit Jahren nichts mehr zu tun gehabt hatte. Den er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Genau genommen, nach seinem Schulabschluss.

Schon seit zwei Jahren, hatten wir uns nicht mehr gesehen. Seit zwei Jahren, standen wir auf verschiedenen Seiten. Seit zwei Jahren, hatte er sich wohl nur noch auf seine neuen Freunden konzentriert. Seit zwei Jahren hatten wir rein gar nichts mehr miteinander zu tun gehabt.

Ob er sich überhaupt noch an mein Aussehen erinnern würde? Ob er mich überhaupt noch erkennen würde, wenn wir uns zufällig in der Winkelgasse über den Weg laufen würden? Ich konnte es nicht sagen. Doch ich konnte sagen, wie sehr es weh tat, auf diesem Weg auseinander zu gehen. ' Geht nie im Streit auseinander. Man weiß nie, was kommt.', das hatte meine Großmutter Irma Black so oft gesagt.

Wie sie dort auf einem der Sessel im Salon gesessen und ihren Gedanken nachgegangen war. Damals hatten wir uns nicht sonderlich viel daraus gemacht, schließlich hatten wir nicht gewusst, was eines Tages passieren würde. Wir hatten nicht gewusst, dass unser Verhältnis in wenigen Jahren in Trümmern liegen würde. Wir hatten es einfach ohne groß darüber nachzudenken abgetan.

Heute wusste ich, wie wahr dieses Zitat gewesen war. Man wusste nie was kommt. Man wusste nie, ob man sich jemals wieder versöhnen würde. Man wüsste nie, ob und wann man sich wiedersehen würde. Ob man jemals die Chance haben würde,  sich wieder zu vertragen.

Denn genau diese Chance hatten Sirius und ich nicht. Genau diese Chance, blieb uns verwehrt. Weil ich sterben würde. Ich würde sterben,  und niemand würde den wirklichen Grund dafür kennen. Niemand, außer mir und Kreacher.

Mich wunderte es, wie sehr dieser Gedanke mir zu schaffen machte. Schließlich hatte ich in den letzten Wochen oft daran gedacht. Schließlich hatte ich es schon längst in Betracht gezogen.

Mich gedanklich schon von den meisten Familienmitgliedern verabschiedet. Von Mutter und Vater. Von Andromeda. Von Cissy. Ja, sogar von Bellatrix. Doch trotz allem, schien sich mir dieser Gedanke dieses Mal wirklich ins Gehirn zu brennen. 

Als würde mir erst jetzt wirklich klar werden, was sterben bedeutete. Aks würde mir erst jetzt klar werden, dass es von dem Tod keine Wiederkehr gab. Dass ich meine Cousinen niemals wieder sehen würde. Dass ich Sirius nie wieder sehen würde. Und dann tat ich das, was ich seit zwei Jahren nicht mehr wirklich getan hatte.

Was ich zuletzt getan hatte, nachdem Sirius von zu Hause abgehauen war. Was ich mir seit damals nie mehr wirklich erlaubt hatte, um nicht zu zeigen, wie zerbrechlich ich tatsächlich war. Doch nun tat ich es. Nun spielte es keine Rolle mehr. Ich ließ meinen Tränen freien Lauf.

AN: Soo, das nächste Kapi ist draußen XD wie fandet ihr es so? Lasst mir gerne eure Meinung dazu da und joa 😉😊 dann bis bald ❤

LG: Drawaine

Born to die || Regulus Black Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt