Kapitel 81 - Schrecken der Nacht

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Lily rannte wieder diesen dunklen Flur entlang. Voller Angst rannte sie immer weiter und weiter. Sie wurde verfolgt, wusste aber nicht von wem. Todessern? Sie glaubte es. Hektisch tastete sie nach ihrem Zauberstab und fühlte ihn wie gewohnt in der Tasche ihres Umhangs. Ohne langsamer zu werden rannte sie weiter. Sie wusste nicht wo sie war, oder wo sie hin sollte, hatte aber auch keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Sie musste rennen, sie musste weg, das war das einzige das sie wusste. Plötzlich war da erneut dieser dunkle Abgrund, der sie zu verschlingen drohte. Direkt vor ihr. Sie taumelte. Jemand packte sie am Arm, riss sie zurück und bewahrte sie wie beim letzten mal davor in die Schwärze hinab zu stürzen. Sie keuchte vor Entsetzen auf, wusste diesmal jedoch sofort wer sie gerettet hatte. Die Schritte hinter ihr wurden lauter. Eine erneute Woge der Angst überkam sie. Sie drehte sich zu der Person, die sie am Arm gepackt hatte und sah sie verzweifelt an. „Sev, ..." flüsterte sie. „...Hilf mir..." Sein Gesicht blieb ausdruckslos und sein Blick schweifte in Richtung des Ganges aus dem sie gekommen war. Aus dem Augenwinkel nahm sie die Gestalten war, die sie verfolgten und ihr stockte der Atem. Genau in diesem Moment fühlte sie einen kräftigen Stoß gegen ihre Brust, und blankes Entsetzen erfasste sie, als sie das Gleichgewicht verlor und nach hinten fiel. Severus hatte sie in den Abgrund gestoßen. Sie fiel, schrie und plötzlich war nichts mehr da.

Lily wurde durch einen ersticken Schrei aus dem Schlaf gerissen und setzte sich erschrocken in ihrem Bett auf. James war aufgesprungen und sah sie bestürzt an. Er stand direkt vor ihrem Bett und streckte seine Hand in ihre Richtung, hielt aber jetzt in der Bewegung inne. Seine andere Hand hielt seinen Zauberstab mit er sich Licht gemacht hatte. Lilys Herz schlug ihr bis zum Hals und sie sah sich verwirrt in dem fast dunklen Raum um. „Es hat jemand geschrien." Keuchte sie und sah mit großen Augen zu James, der seine Hand langsam wieder sinken ließ. „Du hast geschrien Lily. Du hast dich die ganze Zeit schon so unruhig hin und her gewälzt." Erklärte er ernst und setzte sich vorsichtig auf ihre Bettkante. Beklommen wischte Lily sich den Schweiß von der Stirn und fuhr sich danach fahrig durch ihr Haar. Sie kannte den Traum. Vor fast einem Jahr hatte sie ihn schon ein mal geträumt, damals in den Sommerferien, Zuhause in ihrem eigenen Bett. Wieso träumte sie ausgerechnet heute noch einmal davon? James musterte sie besorgt. „Möchtest du etwas trinken?" Fragte er und zauberte bereits frisches kaltes Wasser in das Glas, das auf ihrem Nachttisch stand und reichte es ihr. Gierig trank sie es mit nur wenigen Zügen leer. Sie war vollkommen aufgelöst und die Angst vor ihren Verfolgern und dem Sturz steckte ihr noch tief in den Knochen. „Ist alles in Ordnung mit dir?" Fragte James sanft und nahm ihr das Glas wieder ab. „Ich habe nur schlecht geträumt... aber es war so... so real." Stammelte sie und schlang die Bettdecke enger um ihren fröstelnden Körper, was jedoch nichts brachte. Das Frösteln schien tief aus ihrem Inneren zu kommen und war für die Wärme einer Decke unerreichbar. James nickte verständnisvoll. „Ja, Träume können einen ganz schön in die Irre führen." Sagte er seufzend und verschränkte seine Hände ineinander. „Möchtest du darüber reden?" Fragte er vorsichtig und Lily überlegte einen Moment, ob sie sich ihm anvertrauen wollte. Sie entschied sich jedoch schnell dagegen und schüttelte langsam den Kopf. „Nein. Nein, ich... Schon gut. Es ist albern." Wehrte sie ab und dachte daran, dass James nicht der Richtige war um über Severus oder diesen bescheuerten Traum zu sprechen. „Ängste sind niemals albern." Erwiderte er mit ernster Stimme und sah gedankenverloren auf den Boden, bis Lily die Stille durchbrach. „Wir sollten wieder schlafen gehen." Sagte sie und versuchte die Gedanken an den Traum weit von sich zu schieben. James betrachtete sie skeptisch. „Okay. Aber wenn du mich doch noch brauchst..." Sagte er und Lily nickte dankbar. „Weiß ich, wo ich dich finde." Ergänzte sie schmunzelnd und lächelte müde. James grinste und gerade als er zu seiner Matratze gehen wollte, hielt Lily ihn aus einem Impuls heraus auf. „Könntest du..." Begann sie unsicher und er drehte sich neugierig zu ihr um. „Ja?" Fragte er und runzelte besorgt die Stirn. „Könntest du vielleicht, also würde es dir etwas ausmachen wenn..." Sie errötete und James zog erwartungsvoll die Augenbrauen in die Höhe, unterbrach sie jedoch nicht. „Würde es dir etwas ausmachen dein Lager neben meinem Bett aufzuschlagen?" Fragte sie schüchtern und er sah sie einen Moment überrascht an. „Nein. Kein Problem." Sagte er schließlich und lächelte sanft. Er hob seinen Zauberstab und flüsterte „Accio Matratze", woraufhin sein provisorisches Bett sich in die Luft begab, auf sie zu schwebte und mit einem Schlenker seines Zauberstabs direkt neben Lilys Bett auf den Boden plumpste. „Ich hoffe, dass dich mein Schnarchen nicht stört." Bemerkte er vergnügt und krabbelte wieder unter seine Decke. Lily stützte ihren Kopf auf ihre Hand und sah zu ihm hinunter. „Ich habe einen tiefen Schlaf. Außerdem höre ich dein Schnarchen auch wenn du auf der anderen Seite des Raumes schläfst." Erklärte sie schmunzelnd, wurde jedoch schnell wieder ernst. „Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe." Entschuldigte sie sich, aber James schüttelte abwehrend den Kopf. „Schon gut. Für dich jederzeit, Evans." Sagte er grinsend und ein fürchterlich schlechtes Gewissen überkam Lily in diesem Moment. Machte sie James falsche Hoffnungen in dem sie ihn um so einen Gefallen bat? War es zu egoistisch von ihr nach einem schlimmen Alptraum nicht alleine sein zu wollen und sich nach der Nähe eines vertrautem Menschen zu sehnen? Nein, aber sie musste ehrlich sein, beschied sie. „James." Begann sie zögernd. „Mhm?" Lily lehnte sich ein Stück weiter über den Rand ihres Bettes. „Ich mag dich und..." Wollte sie erklären aber James fiel ihr ins Wort. „Lil, es ist alles in Ordnung. Wirklich." Sagte er, etwas zu ruppig, verschränkte seine Arme hinter dem Kopf und schwieg, bevor er in einem Tonfall, der seine Verbitterung kaum verbarg, hinzufügte: „Ich habe verstanden, dass du mich nicht willst." Lily biss sich auf die Lippe. „Es liegt nicht an dir. Du bist wunderbar..." – „Aber du liebst Snape." Unterbrach er sie unwirsch und starrte an die Zimmerdecke. „James..." Versuchte sie ihre Erklärung zu beginnen, aber er fiel ihr erneut ins Wort. „Ich dachte, dass du dir diesen Freak endlich aus dem Kopf geschlagen hast." Sagte er frustriert und Lily seufzte, während sie sich in ihrem Bett aufsetzte. Sie betrachtete James, der immer noch auf seiner Matratze neben ihrem Bett lag und mit wütendem Gesichtsausdruck zur Decke hinauf sah. „Es tut mir Leid." Flüsterte sie und James schüttelte den Kopf. Er sagte nichts mehr und Lily legte sich resigniert wieder hin. Es machte jetzt keinen Sinn mit ihm zu reden, so lange er so verletzt und voller Eifersucht war. Und so hing sie eine Weile ihren eigenen Gedanken nach. Wieder einmal überlegte sie, ob das was sie für James empfand nicht doch Liebe war. Sie war sich sogar sicher, dass sie ihn liebte. Aber auf diese Weise? Auf die gleiche Weise wie Severus, aber nur weniger? Oder doch ganz anders? Sie wusste es nicht. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Frustriert drehte sie sich auf die Seite, die von James abgewandt war. Wann würde dieser ganze Spuk bloß aufhören, dachte sie verzweifelt und schlief irgendwann erschöpft über ihre wilden Gedanken ein.

Bereits in der Morgendämmerung wachte sie wieder auf und sah auf die Uhr. Als sie die Uhrzeit erkannte, stöhnte sie leise. Es war erst 5 Uhr und sie hätte gerne noch ein wenig weiter geschlafen, jedoch spürte sie, dass sie nicht mehr in den Schlaf finden würde. Gerade überlegte sie, was sie jetzt machen sollte, als James sie unerwartet ansprach. „Auch schon wach?" Fragte er mit rauer Stimme und sie seufzte erneut. „Du auch." – „Jepp." Antwortete James und gähnte hörbar. Lily drehte sich auf die Seite und sah zu ihm hinunter, konnte jedoch in dem dämmrigen Licht bloß seine Umrisse erkennen. „Lily. Ich habe nachgedacht." Sagte er plötzlich und Lily blinzelte gegen die Dunkelheit an, um seine Gesichtszüge erkennen zu können. „Es tut mir leid. Das mit vorhin meine ich. Ich habe nicht das Recht sauer zu sein." Erklärte er niedergeschlagen. „Du kannst nichts für deine Gefühle." Antwortete Lily verständnisvoll und lächelte zaghaft. „Und du nicht für deine." Ergänzte er und Lily nickte leicht, in dem Wissen, dass er es eh nicht sehen würde. „Nein. Das stimmt. Auch wenn ich manchmal wünschte es wäre anders." Flüsterte sie traurig und atmete hörbar aus. „Was nicht ist kann ja immer noch werden." Sagte James mit einem frechen Grinsen, das sie eher spürte als wirklich sah. Sie musste unwillkürlich über seine Beharrlichkeit lachen und James stimmte in ihr Lachen ein. In vielerlei Hinsicht tat ihnen dieses Lachen gut. Es nahm die Anspannung die seit gestern wieder zwischen ihnen geherrscht hatte und sorgte dafür, dass sie wieder unbeschwerter Miteinander umgehen konnten. Und Lily war froh darüber, auch wenn sie nicht wusste was sie von James tiefem Glauben halten sollte, das sie ein Paar werden würden wenn er nur hartnäckig genug bleiben würde. Ihr behagte der Gedanke nicht, dass er nicht locker lassen würde bis sie nachgab. Aber darum konnte sie sich immer noch kümmern wenn ihr sein Werben um ihre Gunst zu viel werden würde. 

Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt