Kapitel 129 - Ambers Schmerz

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Lily blickte auf, als Severus an sie heran trat. Sie saß in einer der Fensternischen im fünften Stock und las. „Sev.", sagte sie sanft und rückte ein Stück zur Seite, damit Severus sich neben sie setzen konnte. „Lily. Es tut mir Leid.", erklärte er niedergeschlagen und erwartete, dass sie sauer auf ihn war, aber sie legte bloß ihre Hand auf seinen Arm und lächelte. „Ist schon okay. Ich verstehe, dass du Angst hast.", sagte sie und rutschte ein Stück näher an ihn heran. „Ich habe auch Angst.", gestand sie und Tränen glänzten in ihren Augen. „Aber jemand muss etwas tun.", sagte sie und Severus nickte stumm. „Ich weiß.", flüsterte er und griff nach ihrer Hand. „Wir schaffen das. Für uns. Damit wir irgendwann in Frieden leben können.", sagte sie leise und Severus legte seinen Arm um ihre Schultern. Sie lehnte sich an ihn und schloss ihre Augen. „Lass uns an etwas anderes denken.", flüsterte sie, blickte noch einmal auf und küsste Severus, bevor sie sich wieder an ihn schmiegte. Er nickte und streichelte ihr liebevoll über das offene Haar, das in dem Licht der Fackeln rotbraun funkelte. Sie schwiegen eine Weile und Severus dachte über ihre Worte nach. Frieden. Wie schön das klang. Nicht nur in ihrer Welt, sondern vielleicht auch in ihrem Leben würde irgendwann Frieden einkehren, wenn sie jetzt für das kämpften was sie liebten. Dieser Gedanke ließ ihn ruhiger werden, auch wenn seine Angst immer noch allgegenwärtig war. „Erstmal wartet etwas auf uns, das mir fast noch mehr Angst bereitet.", unterbrach Lily die Stille und Severus blickte sie verwundert an. „James und Amber.", sagte sie knapp, woraufhin Severus leise schnaufte. „Ja.", sagte er bloß, wobei Potters Meinung ihn herzlich wenig interessierte. Er freute sich sogar sein dummes Gesicht zu sehen wenn er erfuhr, dass er jetzt mit Lily zusammen war. Ambers Reaktion hingegen bereitete ihm schon eher Sorgen. Lily würde Amber von seiner jüngster Vergangenheit erzählen, dafür kannte er sie zu gut, und Amber würde mit Sicherheit nicht gnädig darauf reagieren.

„Lily.", rief Amber und fiel Lily um den Hals, sobald sie sie in der großen Halle entdeckt hatte. „Wie waren deine Ferien?", fragte Amber aufgeregt und mit leuchtenden Augen,  bevor sie Lily noch einmal an sich drückte. „Gut siehst du aus. So entspannt.", fügte sie fröhlich hinzu und Lily lachte. „Amber. Lass mich doch auch mal zu Wort kommen.", sagte Lily und begrüßte auch ihre anderen Freunde, bevor sie sich alle gemeinsam zum Abendessen an den Gryffindor-Tisch setzten. Seit heute Nachmittag standen wieder die vier großen Haustische in der großen Halle und Lily freute sich über den wieder einkehrenden Trubel, auch wenn sie die ruhige Zeit durchaus genossen hatte. Vor allem die Zeit mit Severus, dachte sie und versank in Erinnerungen an die Weihnachtsferien, während Amber aufgeregt über ihre eigenen Ferien berichtete. „Hörst du mir überhaupt zu, Evans?", fragte Amber amüsiert und musterte sie forschend. „Wie waren denn deine Ferien?" Lily lächelte, obwohl sie innerlich vor Aufregung platzte. „Sehr schön.", antwortete sie und Amber zog verwundert ihre Augenbrauen hoch. „Deine Augen glänzen so und deine Wangen sind ganz gerötet. Du hast dich doch nicht etwa verliebt?", flüsterte Amber aufgeregt und beugte sich verschwörerisch zu ihr hinüber. „Hast du dir Snape endlich aus dem Kopf geschlagen?", fragte sie grinsend schien in ihrem Geiste bereits die möglichen Kandidaten durchzugehen. Als Lily nicht antwortete, sondern nur verlegen lächelte, sah Amber sie mit großen Augen an, warf dann einen kurzen Blick zum Tisch der Slytherins und beugte sich noch näher an sie heran. „Du bist mit Snape zusammen?", fragte sie überrascht und musterte Lily, die langsam nickte. „Ja.", antwortete sie. „Wieso...", begann Amber, aber Lily unterbrach sie. „Ich erkläre es dir nachher in Ruhe.", sagte sie und Amber warf einen erneuten Blick zum Nachbartisch. 

Tatsächlich hatte Amber sich geduldet bis sie abends alleine im Schlafsaal waren. Lauren und Mary waren noch im Gemeinschaftsraum und somit hatten sie jetzt ein wenig Zeit, ungestört miteinander zu reden. „Also, du und Snape?", platzte es aus Amber heraus und Lily war sich nicht sicher, ob sie neugierig oder entsetzt klang. Lily nickte stumm und machte es Amber gleich, indem sie sich auf die Kante ihres Bettes setzte. „Lily, ich möchte ehrlich zu dir sein.", begann Amber und Lily sah sie aufmerksam an. „Ich hatte das Gefühl, dass Severus irgendwie etwas mit den Geschehnissen in der Nokturngasse zu tun hatte. Du warst so merkwürdig wenn es um ihn ging.", erklärte Amber und klang besorgt. „Ich habe gehört, dass er immer noch mit Lucius Malfoy rumhängt. Und dass der ein Todesser ist, ist ja schon eher ein offenes Geheimnis." Lily seufzte. „Amber. Deswegen wollte ich mit dir reden.", sagte Lily und knetete nervös ihre Hände. „Ich möchte, dass du die Wahrheit kennst. Du hast es verdient die ganze Geschichte zu erfahren.", sagte Lily ernst und Amber schwieg. In ihren dunkelblauen Augen blitzte Furcht auf und Lily fühlte sich schrecklich. Ihr Vater und ihr Onkel waren im Kampf gegen Voldemort gestorben. Wie sollte sie Amber nur erklären, dass Severus zu genau diesen Anhängern gehört hatte? „Amber, Severus hat tatsächlich eine kurze Zeit etwas mit Du-weißt-schon-wem zu tun gehabt.", gestand Lily und ihre Freundin starrte sie entgeistert an. Sämtliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen und sie schien nach Worten zu ringen. „Er ist wirklich ein Todesser?", hauchte sie und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Nein. Er war es. Oder auch nicht. Er war kein echter Todesser und er möchte das alles nicht mehr.", erklärte Lily, aber Amber schüttelte abwehrend den Kopf, während sie immer noch mit ihren Tränen kämpfte. „Macht das einen Unterschied?", fragte Amber und Lily blickte ihr fest in die Augen. „Für mich schon.", sagte sie und beobachtete wie Amber sich auf die Lippe biss. Über ihren Wangen rollten dicke Tränen und Lily griff nach ihrer Hand. Amber zuckte zurück und ihr Gesichtsausdruck wurde wütend. „Wieso bist du bloß immer so verflucht nett? Bei Merlin, Lily. Wie kannst du ihm das nur verzeihen?", rief Amber aufgebracht und Lily spürte, wie verletzt sie war. Für sie musste es sich anfühlen, als hätte Lily sie auf das Übelste verraten. „Amber.", begann Lily sanft. „Er möchte sich ändern und sucht einen Ausweg aus dieser Situation. Es tut ihm wirklich Leid.", erklärte sie aber Amber schnaufte nur verächtlich. „Klar hat er das gesagt. Weil er schon immer krankhaft in dich verknallt ist und ganz genau weiß, dass du zu nett bist, um sein wahres Gesicht zu sehen.", fauchte Amber und Lily erschrak über die Härte ihrer Worte. „Er würde alles sagen, damit er bei dir sein kann." Lily hielt dem Blick ihrer Freundin stand und bewegte leicht den Kopf hin und her. „Ich glaube ihm.", beharrte sie und beobachtete wie Amber von ihrem Bett aufsprang. „Klar glaubst du ihm. Wer sonst würde einem Todesser mit einem beängstigendem Wissen über schwarze Magie glauben, dass er das alles plötzlich gar nicht mehr so spannend findet.", rief Amber wütend und es verletze Lily, dass sie so mit ihr sprach. „Könntest du dieses Geheimnis bitte für dich behalten?", fragte sie, worauf Amber sie nur noch wütender anfunkelte und ohne ein weiteres Wort in ihr Bett krabbelte, mit einem Schlenker ihres Zauberstabs die schweren Samtvorhänge zu zog und Lily mit ihrem Kummer allein ließ. Sie verstand warum Amber so aufgebracht war und, dass sie Schwierigkeiten damit hatte Severus zu vertrauen, aber sie hatte sich ebenfalls Verständnis von ihrer besten Freundin gewünscht. Schließlich wusste Amber, wie sehr sie der Streit und die Funkstelle mit Severus mitgenommen hatten. Sie hatte Lily immer unterstützt, aber die Tatsache, dass Severus beinahe ein Todesser geworden wäre, konnte Amber ihm offenbar nicht verzeihen. Damit musste Lily erst einmal leben. Zumindest war sie sich sicher, dass dieses Geheimnis bei Amber trotzdem sicher aufgehoben war.

Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt