Severus stockte der Atem, sein Kopf schwirrte und sein Herz klopfte wild vor Aufregung. Jemand würde den dunklen Lord besiegen, er wäre frei. Lily wäre frei. Sie könnten eine Zukunft haben, gemeinsam. Jemand packte ihn unsanft bei der Schulter und riss ihn herum. „Genug gelauscht." Grollte der Wirt und zerrte ihn in den Gastraum, ließ ihn los und streckte die Hand aus. „Du schuldest mir noch was." Fahrig griff Severus in die Tasche seines Umhang und fischte ein paar Münzen heraus, die er dem Wirt in die Hand drückte. Dieser ließ die Münzen in seiner eigenen Tasche verschwinden und bugsierte Severus weiter durch den Pub, öffnete die Tür und schubste Severus grob hinaus auf die Straße. Dieser geriet ins Taumeln und klammerte sich an jemanden fest, der gerade den Pub betreten wollte, während der Wirt bereits mit einem lauten Krachen der Tür wieder im Pub verschwunden war. „Snape." Fauchte ihn der Mann an, an den Severus sich immer noch Halt suchend klammerte. „Du stinkst wie ein verschüttetes Fass Feuerwhiskey." Severus sah geradewegs in das lange, blasse Gesicht von Lucius Malfoy, das ihn wütend anstarrte und er rappelte sich wieder auf. „Malfoy." Krächzte er heiser und Malfoy musterte ihn angewidert. „Der dunkle Lord." Keuchte Severus. „...jemand wird ihn besiegen." Malfoy sah ihn an, als wäre er verrückt geworden. „Reiß dich zusammen, Mann!" Schnauzte er Severus an, der ihn mit dunklen, glasigen Augen anblickte. „Du verstehst nicht. Eine Prophezeiung... Dumbledore ist dort drin... mit einer Wahrsagerin." Wieder musterte Malfoy den offensichtlich betrunkenen Snape abschätzig, und gleichzeitig voller Unsicherheit, wie er sich verhalten sollte und wie viel Glauben er Snapes absurden Schilderungen schenken sollte. Vermutlich wog er gerade ab, in welchem Fall seine Chancen besser standen, dachte Snape. Wenn er zuließ, dass Snape dem dunklen Lord dieses Märchen auftischte, machten sie sich vermutlich beide lächerlich. Wenn er Snape jedoch diesen Blödsinn ausredete und die Prophezeiung sich als echt herausstellte, der dunkle Lord auf anderem Wege davon erfuhr und herausfand, dass sie beide es gewusst hatten, würden sie sterben. Das war sicher. Ungeduldig zog Malfoy Snape in die Gasse neben dem Pub, packte ihn unsanft an den Schultern und blickte ihn eindringlich an. „Weißt du was du da redest?" Fragte er ernst und Severus spürte die Angst, die von Malfoy ausging. „Ja. Es war eine echte Prophezeiung." Beharrte Snape mit undurchdringlicher Miene, während ein wohliges Gefühl der Freude sich in seinem Inneren ausbreitete. Bald wäre dieser ganze Spuk vorbei. „Wie sicher bist du dir?" Fragte Malfoy mit Nachdruck in der Stimme und hielt ihn immer noch an den Schultern gepackt. „Ich bin mir sicher, dass es sich um eine echte Prophezeiung handelt. Du hättest diese Frau hören sollen, Lucius." Sagte Snape ruhig und in dem Bewusstsein, dass ihm bald nichts mehr geschehen konnte. Malfoy sah sich um, und im nächsten Moment verschwanden sie mit einem leisen Plöpp.
„Eine Prophezeiung?" Fragte Voldemort, neugieriger, als sie beide erwartet hatten. „Ja, mein Lord. Eine Prophezeiung darüber, dass jemand herannaht Euch zu besiegen." Antwortete Snape und Voldemorts roten Augen weiteten sich, als er einen angsteinflößenden Zischlaut von sich gab. Er ging einen Schritt auf Severus zu, der den Reflex unterdrückte vor der großen, schlanken Gestalt Voldemorts zurück zu weichen. Plötzlich fühlte er sich stocknüchtern und das Hochgefühl war einem beklemmenden Gefühl der Angst gewichen. „Sag mir was du weißt, mein treuer Diener. Jedes einzelne Wort!" Severus schluckte. „Sir, mein Lord, ich weiß nicht ob ich es noch Wort für Wort..." Aber bevor er den Satz zu Ende bringen konnte, war Voldemort bereits in seinen Geist eingedrungen, fand in Sekundenschnelle was er suchte und hatte sich wieder aus Severus Erinnerungen zurück gezogen, bevor dieser wirklich realisiert hatte, was mit ihm geschehen war. Voldemort stand regungslos vor ihm und starrte ihn mit lodernden Augen an. Severus konnte nicht sagen, welches Gefühl dieses Lodern wohl ausgelöst hatte, aber er glaubte Wut, Angst und eine Spur Misstrauen in Voldemorts Blick zu erkennen. „Es war richtig, dass du sofort zu mir gekommen bist." Voldemort drehte sich um und ging zu einer der Schalen, in denen eines der grünen Feuer flackerte. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und blickte gedankenverloren und mit finsterer Miene in die Flammen. „Wir werden dieses Kind finden." Sagte er mit bedrohlich leiser Stimme und einer Entschlossenheit, die Severus das Blut in den Adern gefrieren ließ. Wie kam der dunkle Lord überhaupt darauf, dass es sich bei dem Auserwählten um ein Kind handelte? Severus erschauderte erneut. Er hatte nicht bedacht, dass der dunkle Lord den Auserwählten natürlich suchen würde. Jedoch war die Prophezeiung so ungenau formuliert, dass es schwierig werden würde, den richtigen zu finden. Dieser Gedanke beruhigte Severus etwas, aber die Angst und die Enttäuschung blieben trotzdem. Hatte er sich zu früh über eine bessere Welt gefreut? Eine Zukunft, in der er an Lilys Seite leben konnte, ohne dass sie mit ihrem Leben spielten. Er hoffte inständig, dass der dunkle Lord den Auserwählten nicht finden würde, oder dass dieser seine Prophezeiung erfüllen würde, bevor Voldemort ihn fand.
Wenig später zurück in Hogsmeade ging es Severus elend, und er stapfte mit dröhnenden Kopfschmerzen und schwerem Herzen durch das kleine Zaubererdörfchen. Jedes noch so kleine Glücksgefühl war verschwunden und er fühlte sich einfach nur erschöpft. Wieso hatte er dem dunklen Lord von der Prophezeiung erzählt? Wieso nur hatte er sich so sehr betrunken, dass sein Verstand nicht mehr richtig funktioniert hatte? Tief in seine Gedanken versunken ging er weiter die Hauptstraße entlang und versank in dem Selbsthass, der so lange zu ihm gehörte wie er denken konnte. Absurderweise hatte dieses gewohnte Gefühl sogar etwas tröstendes, dachte Severus und ignorierte den Schnee, der ihm mit jedem Schritt entgegen wehte. Als er an den drei Besen vorbei kam bemerkte er einige Schüler, die vor dem beliebten Pub standen und erkannte sofort und trotz des starken Schneefalls, dass auch Lily unter ihnen war. Es war als hätte sie gespürt, dass er sie ansah, denn sie blickte genau im selben Moment in seine Richtung und winkte ihm lächelnd zu. Er hob die Hand zum Gruß und lief weiter.
Lily verabschiedete sich hastig von ihren Freunden und rannte Severus nach. Sie machte sich Sorgen um ihn. Er sah erschöpft aus und sein Gesicht war kreidebleich. In wenigen Metern hatte sie ihn erreicht und zupfte kurz an seinem Ärmel. „Hey." Grüßte sie fröhlich und er blickte sie überrascht an. „Lily. Hey." Sagte er leise und lächelte müde. Sie strahlte ihn unter ihrer Kapuze hervor an, die sie zum Schutz vor dem immer heftigeren Schneefall übergezogen hatte. In den Strähnen ihres Haares, die nicht von der Mütze geschützt wurden, hingen kleine perfekte Schneeflocken. Jede genauso einzigartig wie Lily, dachte er wehmütig und warf Lily noch einen verstohlenen Blick zu, bevor er sich wieder auf seine Schritte konzentrierte. „Was dagegen wenn ich dich zum Schloss begleite?" Fragte sie und er schüttelte bloß den Kopf. Sie ließ sich nicht von seiner wortkargen Reaktion beirren und ging so nah neben ihm her, dass ihre Arme sich hin und wieder streiften. „Wie war dein Tag?" Fragte sie und er zögerte. „Ganz in Ordnung, Ich habe nur ein wenig Kopfweh." Erklärte er schließlich und sie sah ihn besorgt an. „Soll ich dich in den Krankenflügel bringen?" Fragte sie, aber er schüttelte abwehrend den Kopf. „Nein. Geht schon." Antwortete er und lächelte sie zärtlich an.
Lilys Herz machte einen Sprung und ein warmes Gefühl, gefolgt von einem wohligen Kribbeln machte sich in ihrem Bauch breit. Lily wusste schon gar nicht mehr, wie lange sie dieses Lächeln an Severus nicht mehr gesehen hatte, aber erst jetzt spürte sie, wie sehr sie es vermisst hatte. Ihr Herz klopfte wie wild und sie versuchte ihre Nervosität zu überspielen, in dem sie ihm von ihren Weihnachtseinkäufen in Hogsmeade erzählte. Severus lauschte ihr schweigend und sie war sich nicht sicher, ob er sich langweilte oder ihr einfach nur sehr aufmerksam zuhörte. Aber sie entschied, dass reden besser war als sich den gesamten Weg anzuschweigen und wagte einen weiteren Vorstoß. „Was machst du an Weihnachten? Bleibst du hier?" Fragte sie neugierig und Severus schnaufte leise. „Ja." Antwortete er knapp und mies ihren Blick. Lily wusste, dass ihre Entscheidung hiermit endgültig fest stand. „Ich auch." Antwortete sie spontan und musste schmunzeln, als sie Severus verblüfften Gesichtsausdruck sah. „Wieso?" Fragte er überrascht und musterte sie mit ehrlichem Interesse. „Nun, meine Eltern feiern bei Tunia und ihrem Mann." Erklärte sie seufzend. „Klingt doch... nett." Sagte Severus und Lily lachte ihr glockenhelles Lachen. „ ‚Nett' Du hast es erfasst." Antwortete sie und formulierte in ihrem Kopf bereits den Brief an ihre Eltern, in dem sie ihnen versuchte zu erklären, dass sie über die Weihnachtsferien in Hogwarts bleiben würde. Severus blickte sie immer noch fragend an. „Du weißt doch was Tunia von unseres gleichen hält. Und Vernon, der seit dem Sommer ihr Ehemann ist, ist sogar noch ein wenig... naja sagen wir intoleranter." Erklärte sie, wobei es ihr nicht gelang den verbitterten Unterton in ihrer Stimme zu verbergen. „Verstehe." Murmelte Severus und starrte nachdenklich auf den Boden, während sie den Rest bis zum Schloss schweigend nebeneinander her liefen. „Vielleicht können wir Weihnachten zusammen verbringen?" Unterbrach Lily die Stille, kurz nachdem sie die Eingangshalle betreten hatten und wartete nervös auf seine Antwort. Severus blieb stehen und blickte sie einfach nur an, ohne etwas zu sagen. „Also, nun, weil wir ja beide hier in Hogwarts bleiben und naja..." Fügte sie hastig hinzu, aber er unterbrach sie und lächelte. „Sehr gerne." Sagte er und Lily strahlte. „Okay. Dann ist das abgemacht." Bestätigte sie und fühlte eine unbändige Freude. Sie wollte noch etwas sagen, wurde aber von James unterbrochen, der mit den anderen nur wenig später als sie in der Eingangshalle angekommen waren. „Kommst du Lily?" Rief James und Lily warf einen Blick über ihre Schulter, in die Richtung der Marmortreppe, an dessen Fuße ihre Freunde jetzt standen und auf sie warteten. „Ja. Sofort." Antwortete sie ihm und wandte sich wieder an Severus, dessen Miene sich merklich verdüstert hatte. „Ich muss los Sev. Wir sehen uns." Verabschiedete sie sich, nahm seine Hand und drückte sie kurz, bevor sie ihren Freunden nach oben folgte.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...