Voller Grauen sah Severus zu, wie unzählige verhüllte Gestalten mit ihren eisernen Masken nacheinander im Kreis um die Lichtung herum erschienen. Er wagte es nicht zu atmen, geschweige denn sich zu bewegen und stand weiterhin wie angewurzelt dar, seinen blickt stur geradeaus gerichtet. Vor dem Anblick, der sich ihm dort bot, graute ihm jedoch fast noch mehr. Voldemort, der immer noch vor ihm stand, die Arme immer noch ausgebreitet und jetzt in die Runde der Todesser blickend. „Meine treuen Diener.", dröhnte Voldemorts Stimme freudig erregt über die Lichtung. „Willkommen in meinem Kreis. Ich weiß, dass ihr es nicht abwarten könnt, aber noch ist es nicht soweit.", sagte er mit lauter Stimme, während die riesige Schlange vor den Füßen der Todesser ihre Kreise zog und unruhig über den Schnee schlängelte, der den Boden der großen Waldlichtung bedeckte. Severus traute sich immer noch kaum zu atmen und wartete voller Anspannung auf das, was gleich passieren würde. Unwillkürlich fragte er sich, was genau die Todesser Voldemorts Meinung nach nicht abwarten konnten, aber sein Verstand hatte Mühe überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen. „Zunächst einmal...", führte Voldemort seine Rede fort und richtete seinen Blick genau auf Severus. „...dürfen wir in unseren Reihen offiziell ein neues Mitglied begrüßen." Severus war einen Moment unfähig irgendetwas zu tun, rang sich dann aber zu einer Verbeugung durch, zu der sein Verstand ihn in Todesangst ganz automatisch bewegt hatte. Er spürte Voldemorts bohrenden Blicke auf sich und wünschte sich beinahe, dass er ihn einfach umbringen würde. Instinktiv spürte Severus, was als nächstes geschehen würde und er sträubte sich innerliche so heftig dagegen, dass er den Tod tatsächlich als attraktivere Alternative in Betracht zog. Er hob seinen Oberkörper wieder und sah Voldemort direkt in das fahle Gesicht. Dieser streckte seine weiße Hand mit den langgliedrigen Fingern nach Severus aus und Severus hob resigniert, aber ohne zu zögern, seinen linken Arm, den Voldemort mit erstaunlicher Festigkeit packte und Severus ein Stück an dich heran zog. Voldemort zückte seinen Zauberstab und fuhr dann ganz langsam über Severus Arm. Er begann oben und glitt weiter nach unten, wobei er Severus forschend in die Augen sah. Unten am Saum des Ärmels angekommen, schob Voldemort fast genüsslich und wie in Zeitlupe mit seinen Zauberstab den schwarzen Stoff nach oben und blickte mit lodernden Augen auf Severus bloßen Unterarm. Noch nie in seinem Leben waren Severus seine Verletzlichkeit und damit auch Sterblichkeit so sehr bewusst gewesen, wie in diesem Moment, und am liebsten hätte er einfach die Augen vor dem verschlossen, was jetzt kam. Aber er wusste, dass er von nun an jedes Zeichen von Schwäche bitter bereuen würde und er hielt mühsam seinen Blick auf die Stelle, an der Voldemort seinen Knochenartigen Zauberstab schmerzhaft in seinen Arm bohrte, bevor er plötzlich einen brennenden Schmerz auslöste. Es fühlte sich an, als würden Abertausende kleine Nadelstiche seinen Arm malträtieren, während seine gesamte Haut in Flammen zu stehen schien. Severus ballte seine Hand zu einer Faust, um nicht losschreien zu müssen und unterdrückte ein Keuchen. Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen beobachtete er, wie sich allmählich eine unnatürlich schwarze Farbe über seinen Arm ausbreitete und sich langsam zu dem Totenschädel formte, aus dessen Mund sich, wenn man es so nennen konnte, eine große Schlange schlängelte. Mit jedem Millimeter Farbe, die sich auf seiner Haut ausbreitete, breitete sich auch das Böse in ihm aus und er war sich nicht sicher, ob der Fluch des dunklen Mals diese Gefühle in ihm erzeugte, oder ob es nur gut versteckte Gefühle aus seinem Inneren hervorrief. Gefühle die schon immer da waren und jetzt herausgelassen werden wollten. Er spürte wie sich sein Denken allmählich veränderte. Es fühlte sich richtig an. Er gehörte hier her, denn nur hier akzeptierte man ihn. Was geschah hier mit ihm? Er blinzelte, als Voldemort seinen Zauberstab löste. Dann blickte er hinab auf seinen Arm und Übelkeit stieg ihn ihm auf. Er unterdrückte sie und nahm einen tiefen Atemzug der eiskalten Winterluft. „Herzlich Willkommen in unserem Kreis, Severus.", durchbrach Voldemort mit seiner schneidenden Stimme die unheilvolle Stille und hob erneut seine Arme. Ein Raunen ging durch die Reihe der Todesser, während Severus seine rechte Hand in seinen linken Arm krallte, den er verkrampft an seinen Körper hielt, um das Mal nicht sehen zu müssen. Die Schmerzen in seinem Arm waren in diesem Moment so stark, dass ihm schwindelig wurde und er Mühe hatte, Voldemorts Worten zu lauschen, die er jetzt wieder an seine Diener richtete. „Nun, meine treuen Gefolgsleute, es ist soweit.", rief Voldemort und legte eine bedeutungsschwere Pause ein, bevor er voller Euphorie weiter sprach. „Ihr kennt den Plan. Also schwärmt aus und tut, was getan werden muss.", sagte er laut und seine Stimme schallte zusammen mit einem unheimlichen Gelächter über die Lichtung. Severus spürte, wie eine Gänsehaut seinen ganzen Körper überzog. Ein allgemeines Gemurmel brach aus und wenig später verschwanden die maskierten Gestalten allesamt fast gleichzeitig von der Lichtung und die Geräusche des Disapparierens schallten so laut in Severus Ohren, dass er den Instinkt unterdrücken musste sich zu ducken. Plötzlich stand er allein vor Voldemort und dessen immer unruhiger werdenden Schlange, und vergaß vor lauter Angst sogar für einen Augenblick den stechenden Schmerz und die düsteren Gedanken, die ihn immer mehr einzunehmen versuchten. „Severus.", gurrte Voldemort förmlich und grinste. „Kehr an den Ort zurück, von dem du hergekommen bist und mische dich zunächst einfach ins Geschehen. Das nächste Mal erwarte ich den vollen Einsatz, hinter deiner Maske, die du dir bis dahin erschaffen wirst.", sagte er leise und Severus nickte, bevor er sich wieder leicht verbeugte. „Ja mein Lord.",, antwortete er mit krächzender Stimme, ohne zu wissen, was ihn gleich erwarten würde. Ein leichtes Beben ging durch seinen Körper, als er sich auf sein Ziel konzentrierte und wenige Sekunden später ebenfalls von der Waldlichtung verschwand.
Unsanft landete er in der Gasse, aus der er vorhin mit Malfoy disappariert war und geriet ins Taumeln. Eine unbändige Übelkeit überkam ihn erneut und er konnte sich mit Mühe noch an die Hauswand stützen, bevor er sich auf die, zum Teil von Schnee verdeckten Pflastersteine, erbrach. Er keuchte, drehte sich mit dem Rücken an die kalten Steine und atmete schwer. Langsam öffnete er die Augen und keuchte erneut. Diesmal vor blankem Entsetzen und Panik. Irgendetwas stimmte hier nicht und einen kurzen Augenblick fragte er sich, ob er überhaupt in Hogsmeade gelandet war. Selbst für einen Januartag war es ungewöhnlich dunkel und es lag eine undefinierbare Stimmung in der Luft. Vorsichtig schritt er durch die Gasse und noch bevor er das Ende dieser erreicht hatte, hörte er auch schon die Schreie und Rufe. Er wusste augenblicklich was los war, denn plötzlich spürte er auch die eisige Kälte, die nicht vom Wetter herrührte, sondern viel tiefer in die Knochen kroch und sämtliche Gefühle einzunehmen schien. Dementoren, dachte er und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Allerdings mussten sie weiter entfernt sein, weil er ihre Anwesenheit nicht so stark wahr nahm wie das letzte mal in der Nockturngasse. Es fühlte sich jetzt dumpfer und weniger einnehmende an. An der Hausecke angekommen, sah er auf die Hauptstraße des kleinen Zaubererdorfes und zuckte sofort zurück. Angsterfüllt drückte er sich in den Schatten und rieb sich mit den Händen durch das Gesicht. Einige Dementoren waren nur wenige Meter von ihm entfernt. Wieso hatte er ihre Präsenz nicht stärker wahrgenommen? Wieso störte sie ihn fast gar nicht? Er blickte zu seinem Arm hinab, der wieder in dem Ärmel seines Umgangs gehüllt war und griff unwillkürlich an die Stelle, an der jetzt das große dunkle Mal seinen Körper zeichnete. Ein Schwindel erfasste ihn im gleichen Augenblick wie auch die bekannte Übelkeit ihn wieder übermannte und er sich erneut direkt vor seine Füße erbrach. Er würgte und hustete, rang nach Luft und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Was sollte er jetzt tun? Was erwartete man von ihm was er tat? Und wessen Erwartungen sollte er hier gerecht werden? Severus griff nach seinem Zauberstab, zog seine Kapuze über den Kopf und atmete noch einmal tief ein, bevor er auf die Hauptstraße trat. Eilig und mit erhobenen Zauberstab sah er sich um und versuchte die Situation zu erfassen. Ein Stück weiter die Straße hinunter rannten panische Schüler durch die Gassen, die noch nicht disapparieren konnten und deswegen zu Fuß zu flüchten versuchten. Einige ältere Hexen und Zauberer duellierten sich mit den maskierten Todessern, die offenbar in Hogsmeade ausgeschwärmt waren. Severus sah leblose Gestalten auf dem Boden liegen und versuchte den Kloß in seinem Hals hinunter zu schlucken. Er wusste nicht ob sie tot waren, dachte aber, dass sie das, was ihnen geschehen war, vermutlich verdient hatten. Dann erschrak er über diesen Gedanken und schüttelte leicht den Kopf, als könne er das Böse in ihm damit abschütteln. Langsam ging er weiter, ohne die Dementoren, die über ihm schwebten, zu beachten. In diesem Teil von Hogsmeade hielten sich selten viele Menschen auf, und das Hauptgeschehen spielte sich vermutlich weiter unten an den beliebteren Geschäften und dem Pub „zu den drei Besen" ab. Severus Mund fühlte sich trocken an und ein schaler Geschmack löste immer wieder einen Brechreiz in ihm aus, den er verzweifelt versuchte zu unterdrücken. Plötzlich hielt er inne. Ein paar Schritte von ihm entfernt kauerte jemand auf dem Boden und duckte sich vor den Dementoren, die über der Person kreisten. Die Gestalt hielt schützend ihre Hände über ihren Kopf und schluchzte laut. Amber. Das Mädchen auf dem Boden war eindeutig Amber. Panik kam in ihm auf. Wo war Lily? Sie war im Schloss, fiel ihm augenblicklich ein und sein Herzschlag beruhigte sich wieder ein wenig. Er ging auf Amber zu und blickte mit einer ruhigen Gleichgültigkeit auf sie herab. Auch die Dementoren kamen näher, während Amber immer panischer wurde. Er betrachtete Lilys ehemals beste Freundin, wie sie unter dem Angriff auf ihre Seele litt, und er musste sich eingestehen, dass er kein Mitleid mit ihr empfand. Sie hatte Lily verletzt. Sie war kein guter Mensch. Lily hätte ihr an ihrer Stelle verziehen, aber Amber nahm in Kauf, dass Lily sich schlecht fühlte. Lily. Der Gedanke an sie machte ihn absurderweise wütend. Er war auf einmal rasend vor Wut und er wusste plötzlich, was er zu tun hatte. Mechanisch hob er seine Hand, in der er seinen Zauberstab hielt, und zielte.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...