„Ich weiß, dass ihr es getan habt!" Mit wutverzerrtem Gesicht stand Snape vor Mulciber und Rosier, die ihn höhnisch angrinsten. „Ach, ja? Was denn?" Fragte Rosier provokant und zog erwartungsvoll seine Augenbrauen hoch. Snape stand dicht vor ihm, die Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Der Gemeinschaftsraum war an diesem Morgen bereits menschenleer, weil die meisten schon beim Frühstück oder auf dem Weg zum Unterricht waren. Er hatte zufällig Rosier und Mulciber angetroffen, als er völlig übermüdet aus dem Krankenflügel gekommen war, in dem er die ganze Nacht an Lilys Bett gewacht hatte. „Du weißt genau was ich meine!" Presste Snape drohend hervor und umklammerte seinen Zauberstab fest in der Tasche seines zerschlissenen Umhangs. „Ist etwas mit deinem kleinen hübschen Schlammblutmädchen?" Fragte Mulciber unschuldig, jedoch mit unüberhörbarem Sarkasmus in seiner Stimme, und Snape spürte wie in seinem Inneren eine unbändige Wut zu brodeln anfing, wie ein Vulkan, der kurz vor seinem Ausbruch stand. Wie heiße Lava durchflutete diese Wut seinen Körper und bahnte sich ihren Weg durch seine Adern. Rosier grinste höhnisch. „Hübsch ist sie tatsächlich. Es ist wirklich ein Jammer, dass die kleine von schmutzigem Blut abstammt. Wäre sie eine Reinblüterin, oder wenigstens eine Halbblüterin, ich würde nicht nein sagen, wenn du verstehst was ich meine." Die letzten Worte flüsterte Rosier und blickte Snape dabei direkt in die Augen, die vor Begierde funkelten. „Vielleicht überlege ich es mir noch, gegen ein kleines Abenteuer spricht ja eigentlich nichts." Ekel stieg in Severus auf und er spürte jeden einzelnen Schlag seines Herzens in seiner Brust, das mit der Lava aus Wut angetrieben wurde und immer schneller schlug. Er hörte Mulciber glucksen und versuchte seinen blanken Hass gegen Rosier zu bändigen. Auf keinen Fall durfte er sich seinen Gefühlen hingeben, denn das war genau das, was diese widerwärtigen Trottel wollten, einfach weil es ihnen Spaß machte andere zu quälen. Er durfte sich nicht anmerken lassen, was er für Lily empfand. Das einzige woran er denken konnte war sie zu beschützen, was nur gelingen konnte, wenn er sich beruhigte und besonnen handelte. Rosier grinste ihn immer noch an. „Wenn ich es mir Recht überlege, hat sich der kleine Rotschopf ziemlich gut angefühlt." Er sah jetzt hinauf zur Decke als würde er in den herrlichsten Erinnerungen schwelgen und das Pochen in Severus Kopf wurde stärker, genau wie das Rauschen in seinen Ohren. „So schön wild, war gar nicht begeistert dass ich sie festgehalten habe, aber ich denke, dass es ihr insgeheim ganz gut gefallen hat." Wieder gluckste Mulciber dümmlich über Rosiers widerwärtiges Gerede und Snape hatte das Gefühl, dass es ihn gleich zerreißen würde, dass die Explosion kurz bevor stand. Er musste verhindern, dass Rosier weiter sprach, durfte nicht die Beherrschung verlieren. Das würde Lily nur weiter zur Zielscheibe werden lassen. „Ihr riskiert es für einen dummen Schuljungenstreich an einem Schlammblut von der Schule geworfen zu werden? Sehr weise, Rosier. Wirklich sehr weise." Sagte Severus ruhig und sah die beiden mit einem angedeuteten Lächeln voller Ironie an. „Und jetzt entschuldigt bitte, ich habe besseres zu tun als mit euch über eure dummen Späße zu plaudern." Sagte er in einem bemüht gelangweilten Ton und ging langsam durch den Gemeinschaftsraum davon und in den Schlafsaal der Jungen. Sobald er die Tür verschlossen hatte, lehnte er sich gegen sie, schloss die Augen und atmete tief ein und aus um seinen Pulsschlag zu beruhigen. Er hörte wie Mulciber und Rosier lachend den Gemeinschaftsraum verließen und glitt erleichtert an der Innenseite der Tür hinab. Ein heftiges Zittern überfiel ihn und er zog seine Knie eng an seinen Körper. Verzweifelt vergrub er das Gesicht in seinen Händen. Rosiers Worte, die Bilder von der leichenblassen Lily am Boden des Klassenzimmers und der Gedanke daran, dass Lily hätte sterben können waren unerträglich und nahmen ihm jegliche Luft zum Atmen. Er hatte das Gefühl, selbst zu ersticken und schnappte keuchend nach Luft, als er taumelnd aufstand. Mit letzter Kraft schleppte er sich zu seinem Bett und ließ sich erschöpft darauf fallen. Ihm wurde alles zu viel und als wenn sein Körper wusste, wie sehr er eine Pause von all dem Wahnsinn brauchte, fiel er augenblicklich und wider Erwarten in einen tiefen traumlosen Schlaf.
Lily musste eingedöst sein, denn als sie die Augen aufschlug hatte es bereits zu dämmern begonnen, woraus sie schloss, dass es später Nachmittag war. An der Tür klopfte es und Madame Pomfrey eilte zur großen Flügeltür, die sie einen Spalt breit öffnete. „Bitte, nicht alle auf einmal." Ermahnte Madame Pomfrey streng. „Zwei müssen für den Anfang genügen. Miss Evans ist noch schwach und der Schulleiter möchte heute Abend auch noch mit ihr sprechen." Lily hörte wildes Gemurmel hinter der Tür und schließlich traten zwei Personen ein, die schnell auf ihr Bett zu kamen. Sie erkannte Amber und Remus, die jetzt mit besorgten Gesichtern an ihrem Bett standen und sie leise begrüßten, als sie sich neugierig Richtung Tür wandten, wo eine der anderen Personen sich nicht abwimmeln zu lasse schien. „Bitte, Madame Pomfrey. Ich will nicht bleiben, nur kurz nach ihr sehen. Wirklich, ich bin schneller weg als Sie Murtlap Essenz sagen können." Sagte eine Stimme liebenswürdig und Madame Pomfrey trat schließlich schnaufend beiseite, um der Person Einlass zu gewähren. James Potter kam hereingestürmt und Amber warf Lily ein kleines Lächeln zu. „Lily!" Sagte James und stand jetzt ebenfalls an ihrem Bett und ergriff ihre Hand, nachdem Amber und Remus ihm etwas Platz gemacht hatten. „Wie geht es dir?" Fragte er und blickte sie erwartungsvoll an. „Schon besser." Sagte sie heiser. „Darf nicht viel sprechen." Er nickte verständnisvoll. „Wir haben uns solche Sorgen gemacht, Lily." Sagte Amber jetzt. „Wir sind fast verrückt geworden vor Angst, und weil wir nicht zu dir durften." Jemand räusperte sich. „Mr. Potter?" Sagte Madame Pomfrey warnend und James sah zerknirscht zu Lily hinab. „Ich muss wieder gehen." Er beugte sich ein Stück über sie und sah sie mit unergründlicher Miene an. „Ich finde das Schwein, das dir das angetan hat." Lily lächelte ihn müde an, als Madame Pomfrey sich ein zweites Mal räusperte und James unschuldig zu ihr hinüber sah. „Ich bin ja schon so gut wie weg, Madame Pomfrey." Er drückte Lily einen sanften Kuss auf die Stirn und ging wieder zur Tür, wo Madame Pomfrey erneut das Wort an ihn richtete. „Und Mr. Potter..." James drehte sich überrascht zu ihr um. „Sie werden sich nicht heute Nacht hier her schleichen." James grinste, aber Madame Pomfrey fuhr unbeirrt fort. „Dass Mr. Snape die Nacht hier verbracht hat, war eine absolute Ausnahme und ich habe ihn nur nicht hinausgeworfen, weil er ebenfalls etwas neben der Spur war, nachdem er Miss Evans hierher gebracht hat. Aber heute Nacht werde ich keinen Besuch dulden!" James Gesicht war bei ihren Worten blass geworden und sein Ausdruck wechselte im Verlauf von Überraschung, über Bestürzung bis hin zu Wut und Lily bemerkte, dass er die Fäuste ballte. „Mr. Snape." Murmelte er und sah fragend zu Lily hinüber. Lily spürte, dass auch Amber sie anstarrte und Remus betreten zu Boden sah. James drehte sich wieder zu Madame Pomfrey und verschwand ohne ein weiteres Wort aus dem Krankenflügel. „Snape hat dich hergebracht? Und die ganze Nacht hier verbracht?" Fragte Amber jetzt ungläubig und auch Remus sah sie neugierig an. Lily nickte. „Glaub schon. Kann mich nicht ganz erinnern." Bei jedem Wort plagte sie der stechende Schmerz in ihrer Kehle und sie musste husten. Amber reichte ihr schnell das Glas Wasser auf dem Nachttisch. „Nicht sprechen, Liebes." Sagte Amber sanft und nahm ihr das Glas wieder ab, nachdem sie ein paar Schlücke genommen hatte. „Du kannst uns alles erzählen, wenn es dir besser geht." Lily lächelte sie dankbar an und auf Ambers Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. „Obwohl ich ziemlich neugierig bin." Remus lachte leise. „Ich kann es auch kaum erwarten davon zu hören." Bestätigte er mit einem Zwinkern und Lily lachte heiser. Da ihr das Sprechen immer noch schwer fiel, erzählten Amber und Remus ihr von ihrem Tag und berichteten ihr, was sie im Unterricht für Themen behandelt hatten. Lily hörte aufmerksam zu und war froh über ein bisschen Ablenkung. Remus verabschiedete sich bald um nach James zu sehen, aber Amber blieb noch eine Weile und plauderte munter über alles was ihr in den Sinn kam. Lily lauschte ihren ausgeschmückten Erzählungen, bis sie so erschöpft war, dass ihre Augenlieder schwer wie Blei wurden und sie den Schlaf, der sie übermannte, nicht mehr aufhalten konnte.
DU LIEST GERADE
Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...