Lily stand alleine in dem leeren Kerkerraum und Tränen der Verzweiflung und Wut rannen ihr über die Wangen. Wieso vertraute Severus ihr nicht? Warum war ihm ihre Freundschaft nichts mehr Wert? Tausende Gedanken flogen wild in ihrem Kopf umher und wie mechanisch verließ sie die Kerker, ohne darauf zu achten wohin sie ging oder wem sie begegnete. Sie konnte es nicht verstehen. Sie hatte ihm die schlimmste Beleidigung gegen jemanden wie sie verzeihen können, aber würde sie ihm auch verzeihen können, wenn er sich wirklich den Todessern angeschlossen hätte? Nein, dachte sie traurig, aber fest entschlossen. Das wäre für sie unverzeihlich. Ob er schon richtig zu ihnen gehörte?Trug er vielleicht sogar schon das dunkle Mal? Eine Woge des Entsetztes rollte bei diesem Verdacht über sie herein und sie blieb wie erstarrt stehen. Eigentlich war sie sich mittlerweile sicher, dass er etwas mit Du-weißt-schon-wem und seinen Anhängern zu tun hatte. Das Treffen in der Nokturngasse konnte kein Zufall gewesen sein. Aber wie weit war er wirklich in diese Kreise vorgedrungen? Sie setzte sich wieder in Bewegung, schneller als zuvor, bis in die Eingangshalle hinauf und schlug dann direkt die Richtung zur großen Tür nach draußen ein. Sie musste sich bewegen, wollte einfach nur raus und niemanden sehen. „Lily!" Hörte sie jemanden rufen, kurz bevor sie die Tür erreichte und sie überlegte, ob sie einfach weiter gehen sollte. Aber diese Entscheidung wurde ihr abgenommen, als James im nächsten Moment schon neben ihr stand. „Hey Evans. Wohin des..." Begann er und brach mitten im Satz ab, als er in ihr Gesicht sah. „Was ist passiert?" Fragte er besorgt und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Schon gut." Antwortete sie knapp und lächelte zaghaft. „Sieht nicht so aus." Bemerkte James und bugsierte Lily sanft nach draußen. „Komm mit. Wir gehen ein paar Meter. Das wird dir gut tun." Sagte er und sie wollte erst protestieren, ließ sich dann aber doch von ihm mitziehen. Sie hatte gerade nicht die Kraft eine Diskussion mit James Potter zu führen und somit liefen sie Seite an Seite hinunter zum See. „Vielleicht magst du mir jetzt erzählen, wer dich zum weinen gebracht hat." Unterbrach James irgendwann die Stille und musterte sie neugierig von der Seite. „Ich schwöre bei Merlin, ich jage demjenigen meinen besten Flederwichtfluch auf den Hals." Erklärte er so inbrünstig, dass Lily leise lachen musste. „Danke James. Aber das kann ich schon alleine." Sagte sie schmunzelnd und James zuckte lässig die Schultern. „Ich weiß. Aber vielleicht hast du Hemmungen weil es jemand ist, der dir wichtig ist. Wie Moony oder so, was mich persönlich nicht abhalten würde. Ein Wort von dir und es kommen die prächtigsten Fledermäuse aus seiner Nase." Versicherte er ihr und kicherte dabei vergnügt. Lachend stieß Lily ihm in die Seite und sie gingen weiter den steilen Hang hinunter, bevor sie dicht am Ufer des Sees stehen blieben und eine Zeit lang auf ihn hinaus sahen. „Wir sollten wieder hoch gehen, sonst ist das Mittagessen gleich vorbei und wir müssen hungrig zum Verwandlungsunterricht." Sagte Lily irgendwann und seufzte. Sie wandte sich bereits zum gehen, aber James hielt sie lachend an dem Ärmel ihres Umhangs fest. „Das wäre wirklich unschön. Aber dafür habe ich die hier." Sagte er und zog zwei große Stücke Früchtekuchen aus seiner Tasche hervor. „James Potter, läufst du immer mit Essen in deinen Taschen herum?" Fragte sie neckend und James beugte sich mit verschwörerischer Miene zu ihr herüber. „Manchmal. Aber erzähl das hier bloß nicht Tatze. Ich habe ihm versprochen etwas für ihn vom Nachtisch zu stibitzen, weil er noch mit Amber losziehen wollte. Aber ich denke, dass er heute auch ohne Nachtisch auskommt." Sagte James und reichte Lily einen der Kuchen, die ihn grinsend entgegen nahm. „Komm, wir setzen uns einfach auf den Boden." Schlug er vor und sie ließen sich in das Gras fallen, bevor sie sich über die köstlichen Früchtekuchen her machten. „Was hast du unten in den Kerkern gemacht?" Fragte James völlig unerwartet, nachdem er den letzten Bissen des Kuchens verdrückt hatte und Lily sah ihn überrascht an. „Wir hatten Zaubertränke." Antwortete sie verwirrt und James zögerte kurz, bevor er weiter sprach. „Danach meine ich." Sagte er und musterte sie neugierig. Lily seufzte still in sich hinein, denn sie ahnte worauf er hinaus wollte. „Ich habe etwas länger gebraucht meinen Kessel zu reinigen." Erklärte sie, und es war noch nicht einmal gelogen. Sie hatte heute tatsächlich länger gebraucht als gewöhnlich. Warum sie sich jedoch so viel Zeit gelassen hatte, verschwieg sie ihm. „Es hat mich nur gewundert, weil Slughorn schon kurz nach uns beim Essen aufgetaucht ist und das Klassenzimmer immer gut hinter sich abschließt." Stellte er beiläufig fest und Lily schwieg einen Moment bedächtig, bevor sie ihm antwortete. „James, ich denke nicht, dass ich dir Rechenschaft über meine Zeiteinteilung schuldig bin." Sie sagte es freundlich, aber bestimmt und sah James dabei fest in die Augen. Dieser nickte bloß und senkte verlegen den Blick. Eine Weile schwiegen sie wieder, bis er irgendwann plötzlich aufsprang und ihr grinsend seine Hand entgegen streckte. „Wie wäre es mit einem kleinen Wettrennen zurück zum Schloss?"
Severus saß als einer der ersten im Klassenraum für Verwandlung und blätterte ziellos in seinem Buch herum, während er angespannt darauf wartete, dass Lily endlich herein kam. Es hatte etwas selbstzerstörerisches, dass er sie gerade jetzt unbedingt sehen wollte, aber er konnte nicht anders. Nervös sah er jedes Mal auf wenn die Tür zum Klassenraum geöffnet wurde, um dann wieder enttäuscht in seinem Buch hin und her zu blättern. „Was ist dein Problem, Snape?" Fragte Avery ihn irgendwann, aber Severus winkte genervt ab. „Kümmere dich um deinen eigenen Kram." Brummte Severus und richtete seinen Blick wieder auf die Tür. Avery verdrehte die Augen und wandte sich an den Mitschüler der rechts von ihm saß und mit dem er jetzt eine angeregte Unterhaltung begann. Es waren bereits fast alle Schüler da und langsam überkam Severus die Angst, dass Lily gar nicht mehr kommen würde. Dass sie so verletzt war, dass sie den Unterricht ausfallen lassen würde. Ungeduldig wippte er mit seinem Bein und sah sich in den Raum um. Es waren nur noch vier Plätze frei, unter anderem auch der neben Lupin, den für gewöhnlich Lily einnahm. Kurz versuchte er zu erfassen, wer sonst noch fehlte, als die Tür erneut auf ging und Black, Arm in Arm mit seiner Freundin herein stolzierte. Wo Black war, konnte Potter auch nicht weit sein, dachte Severus verächtlich und wollte den Blick gerade wieder senken, als Potter tatsächlich den Raum betrat. Lachend schlitterte er über den glatten Steinboden in den Raum hinein und Severus stockte fast der Atem als er erkannte, wer bei ihm war. Potter zog niemand anderen als Lily Evans hinter sich her, die sich lachend an seiner Hand fest hielt. Beide waren außer Atem und ihm entging ebenfalls nicht, dass die beiden ziemlich vertraut miteinander aussahen. Diese Erkenntnis bestürzte ihn so sehr, dass sich augenblicklich sein ganzer Körper verkrampfte und er Mühe hatte, einen klaren Gedanken zu fassen. Wie erstarrt beobachte er, wie dieser schleimige Potter seinen Arm um Lily legte und sie zu ihrem Platz neben Lupin begleitete. Er zog den Stuhl für sie hervor und lächelte sie an. Während Lily sich setzte, warf Potter Severus einen kurzen Blick über die Schulter zu, und zunächst dachte Severus, dass es Zufall sei. Jedoch trafen sich ihre Blicke zu zielgerichtet und auch das verächtliche Grinsen, das Potter ihm in dem Moment schenkte, war ziemlich unmissverständlich und konnte nur Severus gelten. Das Ganze spielte sich innerhalb von Sekunden ab, aber es reichte aus um Severus aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mit angehaltenem Atem beobachtete er, wie Potter sich von Lily verabschiedete, ihr kurz winkte und dann leichtfüßig zu seinem eigenen Platz hinüber zu Black ging, auf dem er sich selbstgefällig fallen ließ und Severus erneut einen triumphierenden Blick zuwarf. Diesmal war es nur ein leichtes Lächeln, aber es sagte mehr als tausend Worte jemals hätten sagen können. Potter wollte Lily und witterte seine Chance. Vielleicht wog er sich sogar aus irgendeinem Grund schon in Sicherheit. So sah es zumindest für Severus aus. Eine unbändige Eifersucht loderte in ihm auf und schaltete kurzzeitig seinen Verstand aus. All seine Gedanken schwirrten nun um Lily und Potter. Sein Herz raste so schnell, dass ihm übel wurde und er sich krampfhaft an die Sitzfläche seines Stuhls krallte, um keine Unüberlegtheit zu begehen. Er bekam von der folgenden Unterrichtsstunde kein einziges Wort mit und sie rauschte an ihm vorbei, wie in einer Art Trance Zustand. Nur Sekunden nachdem McGonagall die Stunde beendet hatte, war er bereits zur Tür raus und nur Sekunden später in den unzähligen Gängen von Hogwarts verschwunden.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...