Severus stand im Gang, der jetzt voll von Schülern war die in alle Richtungen strömten, und sah immer noch Lily hinterher, als er einen kleinen Tumult bemerkte. Neugierig ging er ein Stück näher, um besser sehen zu können. Er versuchte die Szene zu erfassen, die sich ihm bot. Dieser Trottel Pettigrew war offenbar gestürzt und einige Slytherins standen lachend um ihn herum, was darauf schließen ließ, dass es sich nicht um einen Unfall handelte. Er erkannte Mulciber, Rosier und Regulus Black in dem Gedränge, der Rest ging in der Menge unter, da jetzt auch noch Potter, Black und Lupin hinzukamen und das ganze schnell zu einem größeren Streit eskalierte. Er bemerkte, dass Regulus sich aus der Menge löste, die in eine lautstarke Diskussion und mittlerweile sogar in einige körperliche Rangeleien vertieft war. Im nächsten Moment war Regulus im Gang verschwunden und Severus konnte ein kleines verächtliches Lachen über die Feigheit dieses Jungen nicht zurück halten, bevor er sich umwandte und sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum der Slytherins machte. Dort angekommen setzte er sich in einen der Sessel vor dem riesigen Fenster, dass in den See blicken ließ und tagsüber den Gemeinschaftsraum in ein mystisches grünes Licht tauchte. Er hasste dieses Licht, seit Lily ihn hasste. Es erinnerte ihn zu sehr an das Licht unter ihrer Weide in Spinner's End. Er schlug die Beine übereinander und sah aus dem Fenster in den jetzt fast schwarzen See und dachte an die Begegnung mit Lily, die viel zu kurz gewesen war. Gerne hätte er wie früher den Abend mit ihr verbracht, einfach mit ihr zusammen in der Bibliothek gesessen, jeder in sein Buch vertieft aber die Nähe des anderen immer präsent. So wie er Lily kannte war sie mit Sicherheit immer noch in der Bibliothek, um das Buch ungestört lesen zu können. Zumindest war sie vorhin in diese Richtung gegangen, genau wie Regulus, dachte er und ein merkwürdiges Gefühl überkam ihn. Wenn er es sich Recht überlegte, war an Regulus Verhalten irgendetwas gewesen, was nicht zu passen schien. Es hatte zunächst so ausgesehen, als wäre Regulus als einer der Hauptbeteiligten in den Streit verwickelt gewesen, und dann verschwand er so plötzlich? In die Bücherei? Zur Abendessenszeit? Und was hatte Mulciber oben in dem Gang zu suchen gehabt? Er hatte in diesem Jahr keinen Unterricht mehr in Verwandlung. Das ungute Gefühl in seiner Brust wurde stärker und er stand auf. Er musste nachsehen, was Regulus vor hatte und was er trieb. Mit großen Schritten durchquerte er den Gemeinschaftsraum, ging hinaus und stürmte den Gang entlang zu den Stufen, von denen er zwei auf einmal nahm, bis er schließlich in die überfüllte Eingangshalle gelangte. Überall waren Schüler die zum Abendessen in die große Halle gingen und er sah sich hektisch um, in der Hoffnung zufällig Lily zu entdecken, die mit ihren Freunden unterwegs war, auch wenn eine innere Stimme ihm sagte, dass sie nicht hier war. Er schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter und setzte seinen Gang fort, langsamer als zuvor, da er in dem Gedränge von Schülern nur schwer voran kam. Mit klopfenden Herzen kam er schließlich an der Bibliothek an und ging leise hinein, um auch hier Ausschau nach Lily zu halten. Er hoffte inständig, dass er sie an einem der Tische entdecken würde, wie sie versunken in einem Buch da saß, doch sie war nicht hier. Die Bibliothek war menschenleer und er schob die irrationale Angst beiseite, dass etwas nicht in Ordnung war und ging wieder hinaus. Bestimmt war Lily in den Gemeinschaftsraum oder hinunter zum Essen gegangen und er entschied sich dafür, zuerst am Gryffindor-Turm nachzusehen, weil ihm das das Wahrscheinlichste war. Auf dem Weg überlegte er, dass es ihm gar nichts bringen würde zu den Gryffindors zu gehen, wenn er Lily nicht gerade dabei antraf wie sie den Turm betrat oder wieder verließ. Und wie würde er erklären, was er dort suchte wenn er Lily oder einen anderen Gryffindor traf? Wohl oder übel gestand er sich ein, dass sein Vorhaben keinen Sinn machte und blieb unschlüssig stehen. Er wollte gerade umkehren, als er verzweifelte Rufe hörte und er setzte seinen Weg fort, bis jemand aus einem der Klassenzimmer gestürmt kam, gegen ihn prallte und ins Wanken geriet. Er packte die Person an den Armen, zog sie hinauf und sah in das leichenblasse Gesicht von Regulus Black. „Snape." Keuchte er. „Du musst mir helfen. Lily..." Jeder Muskel in Severus Körper spannte sich an, und er fiel Regulus ins Wort. „Wo?" Fragte er mit schneidender Stimme, und stürmte, ohne die Antwort abzuwarten in das Klassenzimmer auf ihrer rechten Seite. Das blanke Entsetzen packte ihn, als er Lilys leblose Gestalt vor ihm auf den Boden liegen sah und er fiel neben sie auf die Knie, um nach ihrem Puls zu tasten. Ihre dunkelroten Haare lagen wie ein Kranz um ihr kalkweißes Gesicht, sie hatte die Augen geschlossen und ihre Lippen hatten eine beängstigende blaue Farbe angenommen. „Praefoco?" Fragte Severus mit bebender Stimme. „Ja." Presste Regulus hervor, der jetzt direkt hinter ihm stand und über seine Schulter auf Lily hinabblickte. Lilys Puls war schwach, aber vorhanden. Er zückte seinen Zauberstab und deutete damit auf Lilys Brust. „Rennervate" murmelte Severus und fühlte erneut Lilys Puls. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals und er versuchte verzweifelt gegen seine panische Angst anzukämpfen und einen klaren Kopf zu bewahren. Er flehte innerlich, dass er Belebungszauber seine Wirkung zeigen würde und stellte mit einer unendlichen Erleichterung fest, dass dem so war. Ihr Puls war immer noch schwach, aber immerhin kräftiger als er gerade eben noch gewesen war. Trotzdem brauchte sie dringend Hilfe. „Sie muss in den Krankenflügel, schnell!" befahl er und sprang auf. Regulus starrte immer noch auf die am Boden liegende Lily und Severus stieß ihn ungeduldig zur Seite, um etwas Platz zu haben, bevor ich er Lily mit seinem Zauberstab auf einer magischen Trage langsam ein Stück in die Höhe stiegen ließ. Dabei bemerkte er, dass neben ihr ein fremder Zauberstab lag. „Deiner?" Fragte er Regulus, der stumm den Kopf schüttelte. Severus hob ihn auf, steckte ihn in seine Umhangtasche und ohne weitere Zeit zu verlieren eilte er, Lily mit seinem Zauberstab vor sich herführend hinauf in den Krankenflügel. Severus Kopf war leer, er konnte an nichts anderes denken als daran, so schnell wie möglich zu Madame Pomfrey zu kommen. Wenige Minuten später war er außer Atem am Krankenflügel angekommen und Madame Pomfrey eilte ihm bereits mit besorgtem Gesichtsausdruck entgegen als er die Tür auf riss. Von Regulus, diesem miesen kleinen Troll war keine Spur mehr zu sehen, aber um ihn würde er sich später kümmern, jetzt zählte einzig und allein Lilys Leben zu retten. Madame Pomfrey hatte Lily bereits übernommen und vorsichtig in eines der Betten gelegt und fing an sie zu untersuchen. „Was ist passiert?" Fragte sie. „Ich weiß es nicht, ich habe sie so gefunden." Madame Pomfrey antwortete nicht, sondern eilte davon und kam wenig später mit einem kleinen Fläschchen zurück, dessen Inhalt sie Lily vorsichtig einflößte, in dem sie Lilys Kopf leicht anhob und die Flüssigkeit tröpfchenweise in ihren Mund träufelte. Dann drückte sie Severus die Flasche in die Hand. „Machen Sie weiter." Und eilte wieder davon. Severus trat an das Bett und betrachtete Lily einen Moment, voller Schmerz. Es war sein Zauber, der ihr das angetan hatte. Es war alleine seine Schuld, dachte er während er Lily die Flüssigkeit vorsichtig weiter einflößte. „Es tut mir Leid. Bitte. Es tut mir so Leid. Lass mich nicht allein." Flüsterte er ihr zu und strich liebevoll eine Strähne aus ihrem blassen Gesicht, das langsam wieder eine gesündere Farbe annahm. Madame Pomfrey kam mit einem kleinen Tiegel wieder und schraubte ihn mit den routinierten Händen einer Krankenschwester auf. „Ich habe Professor McGonagall informiert, und ich gehe davon aus, dass sie auch den Schulleiter über diesen Vorfall unterrichten wird." Jetzt tauchte sie zwei ihrer Finger in die Bernsteinfarbene zähe Masse in dem Tiegel und schmierte sie großzügig auf Lilys schlanken Hals, was Severus mit Beklommenheit beobachtete. „Wird sie... wird sie wieder..." Seine Stimme brach ab und Madame Pomfrey warf ihm einen kurzen nachdenklichen Blick zu, bevor sie ruhig antwortete. „Ja. Ja ich denke schon." Sie wandte sich gerade wieder Lily zu, als Professor McGonagall und Professor Dumbledore den Krankenflügel betraten und mit ernsten Gesichtern und schnellen Schritten auf sie zu kamen. Er bekam von dem Gespräch zwischen ihnen und Madame Pomfrey kaum etwas mit, denn ihre Stimmen drangen nicht zu ihm durch. Es war, als wäre er in einem dichten Nebel gefangen, in dem er bloß Lilys Körper auf dem Krankenbett liegen sehen konnte. Nichts anderes um ihn herum schien real zu sein, und nur langsam drangen die Stimmen an sein Bewusstsein. „Mr. Snape?" Fragte ihn jemand und er sah verwirrt auf. McGonagall stand an Lilys Bett und sah besorgt auf sie hinab, Dumbledore stand direkt vor ihm und sah ihn mit ernster Miene an. „Ja, Sir?" Fragte er schnell. „Ich denke, dass wir uns in Ruhe unterhalten sollten." Severus nickte stumm und folgte Dumbledore in sein Büro. Als sie beide gegenüber voneinander Platz genommen hatten, musterte Dumbledore ihn wachsam, während er zu sprechen begann. „Mr. Snape, Sie können sich denken, dass es sich hierbei um eine ernst zu nehmende Sache handelt. Miss Evans hätte ernsthaft zu Schaden kommen oder gar sterben können. Laut Madame Pomfrey hat dazu nicht mehr viel gefehlt." Severus Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken daran und er verzog schmerzerfüllt das Gesicht, bevor er mühsam ein „Ja, Sir" hervor brachte und angespannt zu Dumbledore auf der anderen Seite des Schreibtisches sah. „Ich nehme mal an..." Sagte Dumbledore, „...dass Sie nicht daran beteiligt gewesen sind." Severus riss entsetzt die Augen auf und krallte sich in die Lehne des Sessels. „Bei Merlin, nein!"Keuchte er und Dumbledore nickte. „Und Sie sind sich sicher, dass nicht etwa Ihre Nerven mit Ihnen durchgegangen sind? Aus Eifersucht?" Severus sprang von seinem Sessel starrte Dumbledore wütend an. „Bei allem Respekt, Professor. Wieso sollte ich Lily so etwas antun? Der Gedanke, dass sie..." Er verstummte, unfähig den Satz zu Ende zusprechen. Er ließ sich zurück in den Sessel fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Diesen Moment der Schwäche gestand er sich ein, denn er war zu aufgewühlt um seine Gefühle vor Dumbledore zu verbergen. Er blickte wieder auf, geradewegs in Dumbledores Augen, die Severus über die Ränder seiner Halbmondbrille ansahen. „Aber ich schwöre, wenn ich denjenigen..." Dumbledore unterbrach ihn. „Ich denke, Sie sollten mir zunächst die ganze Geschichte erzählen." Severus hielt inne, dann begann er zu erzählen, ohne jedoch Regulus oder den vorangegangenen Streit auf dem Gang zu erwähnen. Er berichtete lediglich, dass er Lily wegen eines Buches gesucht hatte. Bei der Erwähnung des Zauberstabs den Severus gefunden hatte, horchte Dumbledore auf, unterbrach ihn jedoch nicht, sondern wartete mit seiner Frage bis Severus geendet hatte. „Wo ist dieser Zauberstab jetzt?"Fragte Dumbledore und Severus griff in seine Umhangtasche, zog den Zauberstab heraus und reichte ihm Dumbledore, der ihn entgegen nahm und aufmerksam musterte, bevor er ihn schwang und ein grüner Nebel aus seiner Spitze trat. Severus wusste sofort, was Dumbledore dort tat und er erinnerte sich schaudernd daran, wie der dunkle Lord den Priori Incatatem an seinem eigenen Zauberstab vollzogen hatte. Jetzt beobachtete er Dumbledore, der mit dem gleichen fasziniertem Gesichtsausdruck dem Nebel folgte, der sich zu zwei Händen formte die etwas umschlossen, und mit einem weiteren Schlenker war der Nebel schlagartig aus dem großen runden Büro verschwunden. „Faszinierend." Flüsterte Dumbledore und betrachtete erneut den Zauberstab, bevor er wieder das Wort an Severus richtete. „Mr. Snape, was wissen Sie von dem anderen Vorfall, nur ungefähr eine Stunde bevor Miss Evans angegriffen wurde?" Snape erstarrte. Er durfte auf keinen Fall Regulus verraten, sonst wäre es nur eine Frage der Zeit bis man herausfand, was für eine Rolle er selbst in der Geschichte spielte. Ein schwarzer Zauber, und dann auch noch von ihm selbst erfunden und an jemand anderen weiter getragen, würde für ihn den Schulverweis bedeuten. Er konnte Lily nicht alleine lassen, nicht mehr. Er zögerte bevor er Wahrheitsgemäß antwortete. „Nun, Sir, ich habe bloß bemerkt, dass ein Streit zwischen ein paar Schülern ausgebrochen war, was mich nicht weiter interessiert hat und weshalb ich in den Gemeinschaftsraum der Slytherins gegangen bin, ohne mich weiter darum zu kümmern." Dumbledore musterte ihn erneut. „Unter welchen Schülern war der Streit ausgebrochen?" Fragte Dumbledore ruhig. „Das konnte ich aus dieser Entfernung nicht erkennen, ich stand einige Meter abseits." Dumbledore lehnte sich in seinem Sessel zurück, faltete die Hände im Schoß und betrachtete ihn nachdenklich. „Nun gut, Mr. Snape. Ich denke das reicht für heute." Er stand auf und Severus tat es ihm gleich. „Aber falls Ihnen noch etwas einfallen sollte, wissen Sie wo Sie mich finden." Severus nickte. „Sir." – „Gute Nacht, Mr. Snape." – „Gute Nacht, Professor." Mit weichen Knien ging Severus aus Dumbledores Büro und überlegte keinen Moment wo er jetzt hingehen sollte.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...