Es war bereits früher Abend, als Severus sich endlich aufraffen konnte aus seinem Bett aufzustehen. Seinen warmen Ort der Zuflucht und des Vergessens, so lange er nicht von Alpträumen gequält wurde. Ständig sah er die leichenblasse Lily, bei der er jedoch vergeblich den Puls suchte weil der Tod bereits Besitz von ihr ergriffen hatte. Er war zu spät gekommen, hatte sie nicht retten können. Jetzt saß er am Rand seines Bettes, in dessen Kante er sich mit seinen Händen krallte um nicht den Halt zu verlieren. Sein Körper und sein Geist rebellierten gegen ihn und er fühlte sich schwach. Er musste etwas Essen, das wusste er. Langsam stand er auf, ging in das an den Schlafsaal grenzende Bad, wusch sich mit eiskaltem Wasser das Gesicht und sah jetzt in sein bleiches Spiegelbild, das ihm unbarmherzig die Wahrheit offenbarte. Ohne Lily wäre er verloren. Wenn sie nicht mehr leben würde, gäbe es keinen Grund mehr für seine eigene Existenz. Aber er hatte seine Chance vertan, es gab kein Zurück, er hatte sich dem dunklen Lord bereits angeschlossen und es würde niemals ein gutes Ende für ihn und Lily geben. Dieser Gedanke ließ ihn verzweifeln. Seine Gefühle für sie brachten sie in Gefahr, und er durfte um keinen Preis zulassen, dass ihr etwas geschah. Das einzige, das er jetzt noch für sie tun konnte, war sie los zu lassen. Die Gesichtszüge seines Spiegelbildes verhärteten sich und er riss sich von dem düsteren Anblick im Spiegel los. Er ging zurück in den Schlafsaal und zog sich einen frischen Umhang über, bevor er nach oben in die große Halle zum Abendessen ging. Gerade als er die Eingangshalle durchquerte, kam Potter die Marmorstufen herunter gerannt. „Snape!" Brüllte er und kam direkt vor ihm zum Stehen. Sein Gesicht war wutverzerrt und seine Brille saß etwas schief auf seine Nase, was ihn auf eine seltsame Art noch wütender aussehen ließ. Snape schrak nicht zurück, sondern blieb wie angewurzelt stehen, eine Hand sicher an seinem Zauberstab in seiner Umhangtasche. „Was willst du Potter?" Fragte er gelangweilt und Potter lachte freudlos auf. „Du weißt genau was ich von dir will, Schniefelus." Snape zog die Augenbrauen hoch. „Ach? Weiß ich das? Ich wüsste nicht..." Potter unterbrach ihn indem er seinen Zauberstab zückte und auf Snapes Brust drückte. Snape sah weiter unbeeindruckt zu Potter, umklammerte jedoch noch fester seinen eigenen Zauberstab, den er ganz langsam ein Stück aus der Tasche seines Umhangs zog. „Mach dich nicht dümmer als du bist." Knurrte Potter. Mittlerweile waren einige Schüler stehen geblieben und beobachteten interessiert das Schauspiel, das sich ihnen bot. Von Potters Freunden war weit und breit keine Spur zu sehen, aber es war nur eine Frage der Zeit bis diese auch hier aufkreuzten. „Du warst es. Du hast Lily angegriffen, du elendes Schwein!" Seine Stimme hallte durch die Eingangshalle und Gemurmel brach unter den Schülern aus. Severus schnürte es die Kehle zu. Natürlich sah es so aus, als wenn er Lily angegriffen hatte, und als habe er sie nur aus Angst vor den Konsequenzen oder als Vertuschung im letzten Moment selbst noch gerettet. Diese Trottel, natürlich dachten sie das, alle. Als wenn jemals jemand etwas gutes über ihn gedacht hatte. Er schnaufte verächtlich. „Warum sollte ich das tun, Potter?" Fragte er schneidend und Potter drückte seinen immer noch erhobenen Zauberstab noch fester in Severus Brust. Es schmerzte, aber er ließ sich nichts anmerken. „Weil sie muggelstämmig ist, alleine deswegen. Du verachtest sie dafür, das hast du letzten Sommer ziemlich deutlich gemacht." – „Habe ich das? Nun, Potter, ich fürchte, ich muss dich enttäuschen. Ich habe nichts mit dem Angriff zu tun. Lily interessiert mich herzlich wenig. Ich habe sie zufällig gefunden. Was hätte ich sonst tun sollen? Meinst du ich möchte der Schule verwiesen werden?" In Potters Gesicht machte sich Fassungslosigkeit breit und in diesem Moment tauchten auch Black, Lupin und dieser Pettigrew auf. „Macht Schniefelus mal wieder Ärger, Krone?" Fragte Black grinsend, aber Potter antwortete nicht. „Was ist hier los?" Fragte jetzt Lupin, der abschätzend von einem zum anderen sah. „Krone, was bei Merlins Barte tust du da?" Ohne Snape aus den Augen zu lassen antwortete Potter gereizt: „Ich will Schniefelus eine kleine Abreibung verpassen. Dafür, dass er Lily fast umgebracht hat." Snape versetzte es einen kleinen Stich und er versuchte seine Wut zu beherrschen. „Nimm deinen Zauberstab runter, Potter." Sagte er leise aber Potter lachte nur. „Das war Schniefelus?" Warf Black wütend ein und griff ebenfalls nach seinem Zauberstab. „James! Sirius! Es reicht! Wie kommt ihr denn darauf?" Fragte Lupin laut und seine Stimme klang ungehalten. „Er hat Lily nach dem Angriff in den Krankenflügel gebracht." Erklärte James gehässig und Lupin sah ihn verwirrt an. „Und? Versteh mich nicht falsch, aber er hat damit Lilys Leben gerettet." – „Siehst du Potter? Endlich einer, der es kapiert. Und jetzt entschuldige mich." Sagte Snape gereizt und drehte sich um. Potter packte ihn jedoch grob an der Schulter, riss ihn herum und in diesem Moment zückte auch Snape seinen Zauberstab. Jetzt standen sich Potter und Snape direkt gegenüber und funkelten sich voller Zorn an. Auch Black, der immer noch einen Schritt hinter Potter stand, hatte seinen Zauberstab auf Snape gerichtet. Plötzlich herrschte eine unheimliche Stille in der großen Halle, alle sahen gebannt auf die beiden vermeintlichen Duellanten und erwarteten mit Spannung den ersten Angriff. Aber nichts geschah. Bebend vor Wut standen die beiden sich gegenüber und bevor einer den ersten Zauber los feuern konnte, kam Professor McGonagall mit strengem Gesichtsausdruck die Treppen hinunter. „Würden Sie mir erklären, WAS hier los ist? Mr. Potter? Mr. Snape?" Beide ließen, ohne den anderen eine Sekunde aus dem Auge lassend, langsam die Zauberstäbe sinken. McGonagall sah wie gerade eben noch Lupin von einem zum anderen. „Nun?" Fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. „Ich erwarte eine Erklärung, wieso Sie sich mit gezückten Zauberstäben gegenüber stehen, obwohl sie alle friedlich beim Abendessen sitzen sollten." Potter verzog das Gesicht. „Professor, ich bin mir sicher, dass Snape etwas mit dem Überfall auf Lily zu tun hat!" McGonagall musterte ihn kurz, bevor sie sich an die anderen wandte. „Bitte gehen Sie zum Abendessen!" Rief McGonagall den anderen Schülern zu, die mit ärgerlichen Gemurmel die Halle verließen. Es war offensichtlich, dass niemand sich die Szene entgehen lassen wollte, aber es wollte auch niemand Professor McGonagall widersprechen. Als alle Schüler, inklusive Lupin, Black und Pettigrew, verschwunden waren, fuhr McGonagall fort. „Mr. Potter, glauben Sie nicht, dass Professor Dumbledore Mr. Snape bereits verhört hat? Und meinen Sie, dass Mr. Snape noch hier wäre wenn Professor Dumbledore auch nur den geringsten Verdacht gehabt hätte, dass Mister Snape etwas mit diesem Vorfall zu tun hat?" Fragte sie streng und Snape entspannte sich etwas. „Aber..." Begann Potter doch McGonagall ließ ihn nicht ausreden. „Es reicht Potter. Ich kann verstehen, dass sie aufgebracht sind, weil ihre Freundin angegriffen wurde." Snapes Herz wurde schwer und Eifersucht kochte bei diesen Worten in ihm auf. „Wir sind alle bestürzt, aber es ist nicht ihre Aufgabe nach einem Schuldigen zu suchen. Verstanden?" Potter funkelte sie wütend an. „Bei allem Respekt, Professor..." Wieder unterbrach McGonagall ihn. „Von Respekt spüre ich nicht viel, Mr. Potter. Sie lassen es besser gut sein, bevor ich Gryffindor noch mehr Punkte abziehe." Potter starrte sie an. „Noch mehr?" – „Natürlich bekommt Gryffindor 20 Punkte Abzug für dieses Verhalten, was denken Sie denn?" Potter blickte sie empört an. „Und dieser Typ?" Er deutete mit einem Kopfnicken zu Snape. „Mr. Potter, seien Sie froh, dass ich hier war bevor es zu einem Kampf kam, sonst wären sie froh um die 20 Punkte Abzug." Sagte sie mit strenger Miene. „Sie gehen jetzt besser zum Essen." Potter drehte sich beleidigt um und ging zur Eingangstür zur großen Halle, und auch Snape machte Anstalten zu gehen. „Mr. Snape, Sie bleiben bitte noch einen Moment." Sagte McGonagall und Potter warf ihnen beiden noch einen kurzen wütenden Blick über die Schulter, bevor er in der großen Halle verschwand. „Mr. Snape, auch für Slytherin gibt es 10 Punkte Abzug." Snape sah sie ungläubig an. „Professor, dieser Potter hat mich angegriffen!" – „Das mag sein, deswegen auch nur 10 Punkte. Jedoch habe ich Sie ebenfalls in Kampfposition vorgefunden und ich muss davon ausgehen, dass Sie genauso bereit zu kämpfen waren wie Mr. Potter." Snape war fassungslos. „Ich wollte mich bloß verteidigen." Sagte er gereizt. „Sie hätten sich an das Lehrpersonal wenden können." – „Das ist lächerlich, Professor. Potter wollte mich angreifen, da halte ich mit Sicherheit nicht auch noch still, damit er besser trifft." Presste Snape hervor und McGonagall runzelte wütend die Stirn. „Mr. Snape. Da gibt es keine Diskussion. Hier an der Schule werden Duelle unter den Schülern nicht geduldet. Und jetzt entschuldigen Sie mich." Mit wehendem Umhang rauschte sie davon und Snape starrte ihr voller Wut hinterher. Dieser arrogante Potter. Eines war sicher, das würde er ihm heimzahlen.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...