Kapitel 32 - Dumbledores Bedenken

29 1 0
                                    

Severus schaute Lily hinterher als sie Dumbledores Büro verließ. Es fühlte sich an, als würde ein schwarzes Tuch über ihn und seine Gedanken gelegt werden. Das Licht war wieder aus seiner Welt verschwunden. Dumbledore hatte ihn beobachtet und richtete jetzt das Wort an ihn. „Severus, Sie wissen vermutlich, weshalb ich Sie alleine sprechen möchte." Severus nickte langsam. „Ich denke schon, Sir." – „Ich muss zugeben, dass Sie mich heute Abend sehr überrascht haben." Severus sah Dumbledore verwundert an, sagte jedoch nichts. „Sie haben zweifellos mutig und selbstlos gehandelt. Sie hätten einen Lehrer informieren können, haben sich jedoch dafür entschieden alleine auf die Suche nach ihren Mitschülern zu gehen. Nun, ich möchte nicht behaupten, dass dies eine kluge Entscheidung war. Aber durchaus nachvollziehbar und mutig." Dumbledore lehnte sich zurück und faltete die Hände auf seinem Schoß während er Severus nachdenklich musterte. „Allerdings..." begann Dumbledore. „... möchte ich nicht leugnen, dass ich auch meine Bedenken habe." Severus runzelte die Stirn und blickte Dumbledore fragend an. „Sie haben Ihren Mitschülern heute Abend aus einer äußerst brenzligen Situation geholfen und ich bin mir sicher, dass ich auch den Grund dafür kenne." Snapes Magen verkrampfte sich. „Sir, Ich verstehe nicht." Antwortete er und versuchte seine Mimik zu beherrschen und Dumbledore gleichmütig anzusehen. „Oh Severus, ich denke dass sie sehr wohl verstehen." Dumbledore lächelte. „Wissen Sie Severus, jemanden zu lieben ist keinesfalls eine Schwäche. Ich denke, es ist eines der edelsten Motive um für etwas zu kämpfen." Snape starrte ihn an. Es behagte ihm nicht, dass Dumbledore offenbar von seinen Gefühlen zu Lily wusste. Dumbledores Miene wurde wieder Ernst. „Severus, mir ist bewusst dass Sie mir oder Remus Lupin nicht zur Loyalität verpflichtet sind. Ich möchte Sie jedoch trotzdem eindringlich bitten, über den heutigen Abend und auch über Mister Lupins Krankheit Stillschweigen zu bewahren." Snapes Gedanken rasten. Lupin war mit Lily befreundet, eng befreundet. Er war eine Gefahr für sie. Und eine Gefahr für ihn. Lily und Lupin standen sich mittlerweile sehr nahe. Wenn Lupin der Schule verwiesen würde, hätte er eine Sorge weniger. Einer weniger der um Lilys Gunst warb. Dumbledore unterbrach seine Gedanken und als könne er diese erraten, sprach er weiter. „Wissen Sie, Severus. Es gibt Menschen die so sehr von Liebe erfüllt sind, dass sie die Gabe besitzen verzeihen zu können. Nicht immer sofort, aber sie verzeihen irgendwann." Er sah Severus eindringlich an. „Bedenken Sie jedoch, dass auch der erfüllteste Mensch nicht verzeihen wird, wenn man denen schadet, die er liebt." Snape versteifte sich. Er wusste, dass Dumbledore Recht hatte. Lily würde ihm einen Verrat an Lupin niemals verzeihen. Dessen war er sich sicher. Schließlich nickte er unwillig. „Ich werde dieses Geheimnis bewahren. Sie haben mein Wort, Sir." Er zögerte bevor er hinzufügte: „Ich möchte Sie allerdings auch um etwas bitten." Dumbledore sah ihn überrascht an, aber Snape fuhr unbeirrt fort. „Bitte verraten Sie Niemandem, warum. Warum ich schweige." Dumbledore runzelte die Stirn und sah ihn nachdenklich an. „Gespräche die in diesem Büro geführt werden, verlassen dieses für gewöhnlich auch nicht. Vor allem wenn Sie das so ausdrücklichen wünschen, Severus." Snape spürte eine tiefe Erleichterung, aber Dumbledore sprach weiter. „Ich frage mich jedoch, warum Sie so sehr darauf bedacht sind, das Beste an Ihnen zu verbergen." Snape schwieg einen Moment. Er wollte sich nicht erklären. „Bitte, Sir." Sagte Severus eindringlich und Dumbledore nickte. „Natürlich, Severus." Versprach Dumbledore und Snape entspannte sich etwas. Dumbledore stand auf. „Ich denke, Sie sehnen sich jetzt ebenfalls nach ihrem warmen Bett." Dumbledore zwinkerte ihm zu und Severus erhob sich von seinem Sessel. Sie gingen gemeinsam Richtung Tür. „Ich für meinen Teil könnte jetzt gut eine Mütze Schlaf vertragen." Dumbledore lächelte Severus an, der kurz an der Tür stehen blieb. „Gute Nacht, Professor." – „Das wünsche ich Ihnen auch, Severus." Severus ging hinaus und atmete tief durch. In seinem Kopf war ein riesiges Durcheinander. So viel war heute geschehen das er nicht einzuordnen wusste. So viel über das er nachdenken musste. So viele Fragen. Plötzlich fühlte er sich unendlich müde und erschöpft. Traurig dachte er an Lily. Noch vor ein paar Stunden war er ihr so nah gewesen. Und jetzt? Dachte er verbittert. Jetzt fühlte es sich an, als wäre sie unendlich weit von ihm entfernt und er wünschte sich, dass das alles heute Abend nie geschehen wäre. Aber er hatte Lily retten müssen, sie war in Lebensgefahr gewesen. Ein Gedanke schlich sich in seinen Kopf und blankes Entsetzen erfasste ihn. Er hätte sie heute verlieren können, für immer. Ein unerträglicher Schmerz stieg in ihm auf. Er blieb in dem dunklen Gang stehen, lehnte sich gegen eine Wand und versuchte an ihr halt zu finden. Sein Atem ging schnell. Langsam schlich sich noch ein weiteres Szenario in seine Gedanken. Lupin hätte sie beißen können, ohne sie zu töten. Dann wäre sie jetzt genau so eine Kreatur wie er. Jeden Monat aufs Neue würde sie sich in ein Ungeheuer verwandeln das unfähig wäre seine blutrünstigen Triebe zu kontrollieren. Ihm wurde übel. Sie wäre eine Aussätzige. Aber sie wäre immer noch Lily, kam ihm in den Sinn. Seine liebevolle, fröhliche Lily. Er würde sie immer lieben, niemals würde sie in seinen Augen dieses Monster sein. Trotzdem war er unendlich froh, dass Lily wohlauf war. Langsam beruhigte sich sein Herzschlag und er ging weiter, die dunklen Gänge entlang, hinab in den Kerker.

Lily lag in ihrem Bett und dachte nach, obwohl sie sich vorgenommen hatte, sich einfach nur schlafen zu legen. Aber sie fand einfach keine Ruhe. Amber lag in ihrem Bett neben Lilys und schlief tief und fest. Madame Pomfrey hatte ihren Knöchel mit ein paar einfachen Zaubern geheilt, ihr aber ein kleines Fläschchen Schlaftrank mitgegeben. Lily hatte diesen dankend abgelehnt, da sie so müde gewesen war, dass sie dachte sie würde sofort einschlafen sobald ihr Kopf das Kissen berührte. Jetzt schwirrten ihre Gedanken umher und sie dachte über vieles nach. Sie hoffte, dass es Remus gut ging. Und sie dachte wieder an die merkwürdigen Tiere, die ihnen heute Abend zur Hilfe gekommen waren. Und woher hatten Dumbledore, McGonagall und Slughorn überhaupt gewusst, dass Amber und sie in Gefahr waren? Und wohin waren James, Sirius und Peter verschwunden wenn sie nach dem Essen nicht nach draußen gegangen waren? Es waren einfach zu viele unbeantwortete Fragen in ihrem Kopf um ruhig einschlafen zu können. Das was sie allerdings am meisten beschäftigte seit sie den verbotenen Wald verlassen hatte, war Severus Rolle in dem ganzen Geschehen. Sie konnte immer noch nicht begreifen, dass er wirklich da gewesen war. Sie beschützt hatte. Sie dachte daran, wie sie sich an den Händen gehalten hatten als sie gemeinsam aus dem Wald gegangen waren. Das vertraute Gefühl von früher war wieder da gewesen und sie musste sich eingestehen, dass sie sich in diesem Moment gewünscht hatte, dass er sie nicht mehr los lassen würde. Und wieso hatte er diese Nähe überhaupt zugelassen? Sie war ein Schlammblut und er hasste sie. Sie versuchte diese Gedanken zu verdrängen. Vermutlich war es einfach Angst gewesen. Angst vor den Bedrohungen, die der verbotene Wald in sich barg. Rückten nicht die schlimmsten Feinde in so einer Situation und nach solch gemeinsamen Erlebnissen für einen Moment näher zusammen? Es fühlte sich jedoch nicht an als wäre Severus ihr Feind. Ein kleiner Funken Hoffnung keimte in ihrem Herzen auf. Tief in ihrem inneren wusste sie, dass Severus sie nicht verachtete. Aber dieses Wissen war zu tief in ihr verborgen, als dass sie diesem zu viel Bedeutung schenken konnte. 

Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt