„Lily Schatz, könntest du bitte noch schnell die Vorspeisenplatten zu Ende anrichten?" Fragte Rose Evans ihre Tochter und war im nächsten Moment auch schon wieder aus der Küche verschwunden. Lily schnaufte leise, sah sich kurz um und zog eilig ihren Zauberstab aus dem Ausschnitt ihres Kleides, den sie heute Morgen vorsorglich dort versteckt hatte. Als sie sich noch einmal versichert hatte, dass wirklich niemand in der Nähe war, zauberte sie schnell die Dekoration, die aus allerlei hübsch zurecht geschnittenem Gemüse bestand, auf die vorbereiteten Platten und steckte ihren Zauberstab danach hektisch wieder ein. Im nächsten Moment kam auch schon ihre Mutter zurück in die Küche und betrachtete mit einem Stirnrunzeln die fertigen Vorspeisenplatten. Fragend und mit hochgezogener Augenbraue blickte sie zu Lily hinüber, die schuldbewusst grinste. Ungeduldig schüttelte ihre Mutter bloß den Kopf und Lily beeilte sich die bereitstehenden Speisen in den Garten zu tragen, damit ihre Mutter nicht auf die Idee kam ihr doch noch eine Standpauke zu halten. Natürlich hatte sie bemerkt, dass Lily Magie verwendet hatte, aber vermutlich wollte sie einfach kein Aufhebens darum machen. Lily hegte insgeheim den Verdacht, dass ihre Mutter das von Petunia auferlegte Zauberverbot ebenfalls übertrieben fand. Schließlich unterlag Lilys Zauberei strengen Gesetzen der Geheimhaltung und es lag nur in ihrem eigenen Interesse, sich von keinem anderen Muggel dabei erwischen zu lassen. Allerdings war diese Hochzeit schon langweilig genug, da musste sie nicht auch noch jedes einzelne Radieschenscheibchen liebevoll auf einem Silbertablett arrangieren, dachte sie vergnügt und sah sich in dem Garten ihrer Eltern um, der heute voller unausstehlicher Menschen war. Die meisten Gäste waren entfernte Verwandte von Petunias Ehemann Vernon oder Freunde der beiden. Die Evans hatten keine weiteren Verwandten, weswegen Lily hier kaum jemanden kannte und sich deshalb bereits den ganzen Tag in die Organisation aller möglichen Dinge vertieft hatte. Sie war nicht gerade erpicht darauf sich länger mit jemandem zu unterhalten als nötig, und sie war zutiefst dankbar, dass sie sich in diesem Moment noch etwas im Hintergrund halten konnte, weil die Gäste immer noch damit beschäftigt waren dem frisch vermählten Brautpaar zu gratulieren. Leider hatte dieser Zustand natürlich nicht den ganzen Tag angehalten und sie war Wohl oder Übel irgendwann gezwungen gewesen freundliche Konversation zu betreiben und lächelnd die humorlosen Witze von Vernon und seinen anstrengenden Verwandten zu ertragen. Dazu kam noch erschwerend hinzu, dass sie von den meisten Gästen behandelt wurde als hätte sie irgendeine geistige Störung. Diese Tatsache bestätigte Lily in ihrer Vermutung, dass Petunia nicht nur Vernon die Geschichte erzählt hatte, dass Lily etwas „anders" war und deswegen auch eine weit entfernte Schule besuchte, die niemand kannte, sondern auch allen anderen Anwesenden. Lily ärgerte sich unglaublich darüber, versuchte jedoch sich nichts anmerken zu lassen, um ihrer Schwester diesen Tag nicht zu verderben. Trotzdem brodelte es unheilvoll in ihr und sie überstand den Rest des Tages mit einer Mischung aus gespielter Unbekümmertheit und einer großen Portion Ignoranz. Erst als sich am späten Abend endlich die letzten Gäste auf den Weg Nachhause machten und endlich wieder Ruhe in das Haus der Evans einkehrte, atmete Lily erleichtert auf. „Der schlimmste Teil der Arbeit kommt doch noch." Stöhnte ihre Mutter, nachdem sie auch das Brautpaar in ihr eigenes Heim verabschiedet hatten, in das die beiden heute noch unbedingt fahren wollten. Lily lächelte müde. „Nein Mum. Jetzt kommt das einfachste." Sagte Lily und zog erneut ihren Zauberstab hervor. Fasziniert beobachtete Rose Evans wie ihre Tochter in Windeseile und nur mit Hilfe dieses unscheinbaren Holzstabs sämtliche Aufräum- und Putzarbeiten erledigte. Auch ihr Vater betrachtete wie gebannt das ihm gebotene Schauspiel und grinste stolz, nachdem Lily lachend ihren Zauberstab sinken ließ. „Wow. Es zu wissen ist das eine, es tatsächlich zu sehen noch mal was ganz anderes." Erklärte ihr Vater bewundernd und auch ihre Mutter lächelte sie strahlend an. „Du bist wirklich etwas besonderes." Sagte ihre Mutter und schloss sie liebevoll in ihre Arme. So unterschiedlich waren die Meinungen über ihre Gabe, dachte Lily traurig und schmiegte sich kurz an ihre Mutter, bevor sie zu ihrem Vater hinüber ging um ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. „Was sagst du, hast du Lust auf ein Glas Wein mit deinen alten Eltern?" Fragte ihr Vater fröhlich und ging bereits zur Vitrine in der die Weingläser standen. „Danke, nein." Sagte Lily lächelnd und klemmte sich eine Strähne hinter ihr Ohr, die sich aus ihrem Knoten gelöst hatte. „Ich würde gerne noch ein bisschen spazieren gehen." Erklärte sie ihren Eltern, die sie erst erstaunt ansahen, dann aber verständnisvoll lächelten. „Es ist schon spät. Pass bitte auf dich auf." Sagte ihre Mutter besorgt und strich ihr fürsorglich über den Rücken. „Was soll mir schon passieren?" Erwiderte Lily lachend und ging Richtung Flur. „Ich nehme meinen Zauberstab mit." Fügte sie hinzu, winkte kurz und verschwand in den Flur. Ihr Kleid hatte sie bereits gegen Tshirt und Leggins getauscht und musste jetzt nur noch in ihre Turnschuhe schlüpfen, bevor sie in die laue Sommernacht trat.
Sie lief langsam die Straße hinab und sah dabei in den sternenklaren Nachthimmel. Ihr Kopf war voll und gleichzeitig wie leer gefegt. Sie dachte an die Demütigungen des heutigen Tages und ihre Stimmung verdüsterte sich augenblicklich. Es war ihr egal was andere, und vor allem diese Muggel, über sie dachten. Aber es verletzte sie, dass ihre Schwester sich offenbar so sehr für sie schämte, dass sie der Meinung war, dass sie Lilys Abwesenheit während des Schuljahres mit einer unverschämten Lüge begründen müsse. Hätte sie nicht einfach nur sagen können, dass Lily auf ein Internat ging? So wie ihre Eltern es taten? Die Frage warum nur ihre jüngste Tochter auf ein Internat in den schottischen Highlands ging beantworteten ihre Eltern seit je her souverän mit der Antwort, dass Lily sich schon immer sehr für Naturwissenschaften interessiere und diese irgendwann studieren wolle, und deshalb natürlich auch eine Schule mit einem solchen Schwerpunkt besuche. Nur ihre Schwester behauptete regelmäßig, dass sie auf eine Schule für schwer erziehbare Kinder ging, weil sie Angst hatte, dass ansonsten Fragen gestellt werden würden. Frustriert kickte Lily einen Stein über den Gehweg und schnaufte leise. Sie dachte daran wie eifersüchtig Petunia damals gewesen war als Lily den Brief aus Hogwarts bekommen hatte. Ihre Schwester hatte sogar so sehr damit gehadert, dass sie einen Brief an Dumbledore geschrieben hatte, mit der flehenden Bitte auch in Hogwarts aufgenommen zu werden, was dieser natürlich aufgrund ihrer fehlenden magischen Fähigkeiten hatte ablehnen müssen. Seit diesem Zeitpunkt verleugnete Petunia ihre Schwester bei jeder Gelegenheit, dachte Lily traurig und steuerte auf den Spielplatz zu, auf dem Tunia und sie als Kinder immer zusammen gespielt hatten. Lily setzte sich auf eine der Schaukeln und schwelgte eine Weile in Erinnerungen an die gemeinsame Kindheit mit ihrer Schwester. An die Zeit, in der sie noch Freundinnen gewesen waren und gedacht hatten, dass sie niemals etwas trennen könnte.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...