Kapitel 8 - Die Bank im Garten

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Es waren einige Tage seit ihrer Ankunft Zuhause vergangen. Ihre Schwester Petunia verhielt sich relativ normal und sie verbrachten oft die Nachmittage zusammen. Abends zog Lily sich meist früh in ihr Zimmer zurück und vertiefte sich in ihre Schulbücher. In ein paar Tagen würden die ZAG Prüfungsergebnisse kommen. Der Gedanke betrübte sie, obwohl sie sich eigentlich darauf freute. So oft hatten Severus und sie sich ausgemalt wie es sein würde die Briefe mit den Ergebnissen zu bekommen und diese gemeinsam zu öffnen. Sie blickte traurig aus dem Fenster. Jetzt würde sie ihren Brief alleine öffnen. Sie schloss das Buch, dass sie sich vor einiger Zeit schon aus der Bibliothek in Hogwarts ausgeliehen hatte. „Magische Tierwesen und wo sie zu finden sind." Eigentlich fand sie das Buch spannend, konnte sich aber nicht so recht darauf konzentrieren. Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab. Sie erhob sich von ihrem Schreibtisch um nach unten zu ihrer Mutter in die Küche zu gehen. „Hey Mum, kann ich dir beim Abendessen helfen?" Rose Evans schob ihre Tochter sanft zur Seite. „Ach Lily Schatz, ja gerne. Könntest du den Salat vorbereiten? Danke." Sie drückte ihrer Tochter einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verschwand ins angrenzende Esszimmer.

Lily hatte gerade den Salat gewaschen als ihre Mutter wieder in die Küche gehuscht kam. „Wenn ich doch nur zaubern dürfte." Seufzte Lily. „dann wären wir schon längst fertig." Ihre Mutter lachte. „Ich glaube es ist schon ganz sinnvoll, dass ihr in den Ferien nicht zaubern dürft." Lily grinste. „Das sagst du nur weil du noch nie gesehen hast wie ein Essen sich wie von selbst zubereitet." Rose drückte ihrer Tochter lachend die Schüssel in die Hand, die sie aus dem Esszimmer geholt hatte und wandte sich wieder ihren Töpfen zu. „Schatz, ich habe Severus noch gar nicht gesehen. Sind die Snapes verreist?" Lily blickte nicht von ihrer Arbeit auf. „Sowas in der Art. " murmelte sie. Ihre Mutter hielt inne und schaute ihre jüngste Tochter an. „Sowas in der Art? Habt ihr euch gestritten?" Lily vermied den Blick ihrer Mutter. „Mum, ich... es ist kompliziert." Rose Evans runzelte die Stirn, sagte aber nichts weiter. Wenig später aßen sie alle gemeinsam zu Abend und Lily setzte sich nach dem Essen mit ihrem Buch auf ihre Lieblingsbank im Garten. Sie stand unter einem großen Apfelbaum an dessen linken Seite an einem der Äste noch eine Schaukel hing, auf der Petunia und sie als kleine Mädchen immer geschaukelt waren. Rechts unter dem Apfelbaum stand die schmiedeeiserne Bank, ein wenig von einer dichten Hecke verdeckt. Sie liebte diesen Platz. Es war eine laue Sommernacht und sie hatte sich eine Kerze mit raus genommen um noch ein wenig in ihrem Buch lesen zu können. Sie war schon ganz darin versunken als sich jemand neben sie setze.

Lily schaute nicht auf. Ihre Mutter saß dort und sagte kein Wort. Es machte den Anschein, als wolle sie die Worte die sie sagte mit Bedacht wählen. Nach einer Weile sagte sie mit ruhiger Stimme. „Lily, ich spüre dass du traurig bist. Du bist diese Ferien wie ausgewechselt." Lily schwieg. „Du musst es mir nicht erzählen wenn du nicht möchtest. Aber vielleicht tut es gut darüber zu sprechen. Vielleicht habe ich sogar den ein oder anderen mütterlichen Ratschlag." Sie lächelte ihrer Tochter aufmunternd zu. Lily überlegte was sie ihrer Mutter sagen sollte. „Mum. Severus und ich haben uns gestritten. Er hat..." Sie stockte. Ihre Mutter kannte den Ausdruck schließlich nicht. Deswegen erklärte sie. „ er hat etwas schlimmes zu mir gesagt. Und ich kann ihm einfach nicht verzeihen." Ihre Mutter saß da und schaute in den Nachthimmel. „Die Liebe ist nicht immer einfach mein Schatz." - „Liebe?" stotterte Lily. „Wir sind einfach Freunde. Die besten Freunde." Rose lächelte traurig. „Das bezweifelt niemand. Jeder der euch zusammen gesehen hat, sieht dass da etwas ist." Sie hielt inne, als wäre sie nicht sicher ob sie fortfahren sollte. „Ich war anfangs skeptisch. Ich wusste nicht was ich von diesem Snape Jungen halten sollte." Sie seufzte. „aber auf irgendeine Art scheint ihr euch gut zu tun. Zu ergänzen." – „Das war einmal." Lily versuchte ihre Tränen zu unterdrücken. „Mum..." ihre Mutter schaute sie aufmerksam an. „Mum, ich... ich fühle mich unvollständig ohne ihn. Er fehlt mir so sehr." Rose nahm sie in die Arme und drückte sie fest an sich. „Ich weiß." Sagte sie sanft und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich weiß mein Schatz." Sie blieben eine ganze Weile so sitzen. Sie wusste nicht wie viel Zeit vergangen war als ihre Mutter sie ein Stück von sich weg rückte, ihr eine Strähne aus dem Gesicht strich und sagte „Egal wie dein Herz entscheidet. Du solltest ihm folgen." Wieder hielt sie einen Moment inne, sprach aber weiter bevor Lily antworten konnte. „Dein Herz sieht, was für viele Menschen nicht sichtbar ist. Du bist fähig das schöne und gute in Menschen zu sehen." Sie nahm die Hände ihrer Tochter und streichelte mit den Daumen zärtlich darüber. „Ich würde sehr bedauern, wenn du diese Fähigkeit verlernen würdest und etwas so wunderbares zwischen zwei Menschen dadurch verloren ginge." Lily starrte in die Dunkelheit. Die Worte ihrer Mutter berührten und beängstigten sie gleichermaßen. Es berührte sie, dass ihre Mutter so über ihre Beziehung zu Severus dachte. Und es beängstigte sie, weil sie noch nie so über sich und Severus nachgedacht hatte. Ging hier wirklich etwas so besonderes verloren? Severus verachtete sie, sie war sich sicher, dass er ihre Beziehung niemals als etwas „wunderbares zwischen zwei Menschen" beschreiben würde. Sie verstand nicht wieso ihre Mutter das dachte. Vermutlich war das, was ihre Mutter zwischen Severus und ihr spürte keine Liebe, sondern einfach die Magie, die in ihnen beiden lebte und die sie verband. Nicht mehr und nicht weniger. „Und ich glaube..." unterbrach ihre Mutter die Stille. „...Tunia hat es noch viel früher bemerkt als wir alle. Ich glaube sie hat bei eurer ersten Begegnung schon gespürt, dass sie das Band zwischen dir und Severus niemals zerreißen kann. Ihre Eifersucht rührt nicht nur daher, dass du als einzige von uns zaubern kannst Lily. Ich glaube ihre Intuition sagte ihr, dass du jemanden gefunden hast – oder er dich..." sie lächelte ihre Tochter an „... der tiefer mit dir verbunden ist als es irgendjemand sonst je sein wird." Lily saß einfach da. Ihre Gedanken rasten. Sie hörte die Worte ihrer Mutter, aber sie verstand sie nicht. Sie sah in dem schwachen Kerzenschein Tränen in den Augen ihrer Mutter glänzen. Sie wusste nicht was sie sagen, geschweige denn fühlen sollte. Was redete ihre Mutter da bloß. Sie würde nicht so reden wenn sie Severus an dem Tag am See gesehen hätte. Wenn sie wüsste was er zu ihr gesagt hatte und was es bedeutete. Oder wie angewidert er sie die letzten Wochen immer wieder betrachtete. Den Hass in seinen schwarzen Augen. Die markanten Gesichtszüge, verzerrt vor Abscheu weil sie von Muggeln abstammte. Weil sie nicht so war wie er sie gerne hätte. Sie war müde. Ihr war alles zu viel. „Mum, ich... ich muss..." – „schon gut Liebes, gute Nacht." Ohne sich noch einmal umzudrehen und ohne ein Wort stand sie von der Bank auf, durchquerte mit rasendem Herzen den Garten und ging ins Haus. Petunia und ihr Vater saßen im Esszimmer und spielten Karten. Sie lachten. Eilig lief Lily an ihnen vorbei und murmelte nur ein kurzes „Nacht" als sie auch schon auf der Treppe nach oben verschwand. In ihrem Zimmer angekommen verschloss sie die Tür und sank an ihr hinab. Sie atmete ein paar mal tief ein und aus bis sich ihr Puls beruhigt hatte. Sie schlüpfte angezogen in ihr Bett und fiel erschöpft in den Schlaf. In dieser Nacht wurde sie von Alpträumen geplagt.

Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt