Lily und ihre Freunde stürmten in den Krankenflügel, wo Madam Pomfrey sich ihnen bereits an der Tür in den Weg stellte und sie mit erhobenen Händen aufhielt. „Aber, aber meine Lieben.", flüsterte sie tadelnd und legte sich den Zeigefinger an ihren Mund. „Nicht so stürmisch. Die meisten schlafen.", fügte sie leise hinzu und nickte mit dem Kopf in Richtung der Betten, von denen fast alle belegt waren. „Wie geht es Amber?", platzte es aus Sirius heraus, während er versuchte über Madam Pomfrey hinweg einen Blick auf die Krankenbetten zu erhaschen. „Miss Prewett geht es gut.", sagte sie beschwichtigend und lächelte sanft. „Sie braucht nur ein wenig Ruhe. Einer von Ihnen darf gerne zu ihr.", bot sie an und bevor sie ausgesprochen hatte, war Sirius bereits an ihr vorbei geeilt. „Was ist mit Severus Snape? Ist er auch hier?", fragte Lily besorgt und ignorierte dabei James wütenden Seitenblick, den er ihr in diesem Moment zuwarf. „Es tut mir Leid, Miss Evans, aber Mr. Snape ist nicht hier.", antwortete Madam Pomfrey und erneut stieg Angst in Lily auf. Natürlich war es eigentlich gut, dass Severus nicht hier war, aber es konnte auch bedeuten, dass etwas noch schlimmeres geschehen war. Sie wussten noch kaum etwas über das Ausmaß des Anschlags auf das kleine Zaubererdorf, also auch nicht, ob jemand dabei ums Leben gekommen war. Madam Pomfrey schien ihre Unruhe jedoch zu bemerken, denn sie legte beruhigend eine Hand auf ihren Arm. „Keine Sorge. Es geht ihm gut.", sagte sie und Lily sah sie mit großen Augen an. „Ihr Freund war hier, aber er wollte nicht bleiben, weil ihm nichts fehlte. Ich habe ihm allerdings trotzdem nahegelegt sich nach der ganzen Aufregung auszuruhen und hoffe, dass er das gerade auch wirklich tut.", fügte Madam Pomfrey erklärend hinzu und wandte sich wieder zum Gehen. „Entschuldigen Sie mich bitte, ich muss mich weiter um meine Patienten kümmern.", sagte noch schnell und eilte bereits wieder davon. Ratlos sah Lily ihr nach und überlegte, was sie jetzt tun sollte. Eigentlich hatte sie das Bedürfnis nach Severus zu sehen und sich zu vergewissern, dass es ihm wirklich gut ging. Jedoch wollte sie auch, dass er sich in Ruhe erholen konnte. Mal abgesehen davon, dass sie sowieso nicht in die Räume der Slytherins kommen würde. „Mhm, nun, wir sollten gehen.", unterbrach Remus ihre Gedanken und sie bemerkte, dass James sie immer noch anstarrte. „Ich denke nicht, dass dein Snape von seinen eigenen Freunden angegriffen wurde, also bleib locker.", knurrte er verächtlich, woraufhin Lily ihn stirnrunzelnd ansah. Aus seinen Augen funkelte ihr blanke Wut entgegen und sie konnte seinen Hass auf Severus förmlich spüren. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und trat durch die Tür nach draußen. Eilig folgten Remus und sie ihm, nachdem sie einen ratlosen Blick getauscht hatten. Die gesamte Wut, die James seit Wochen unterdrückt zu haben schien, bahnte sich nun ihren Weg nach draußen. Sie hatten kaum den Gang betreten und die Tür hinter sich geschlossen, da wandte er sich wieder zu ihr um. „Wann kapierst du endlich, dass dieser Typ gefährlich ist, Lily?", fragte er aufgebracht und Lily sah aus dem Augenwinkel, dass Remus beschwichtigend eine Hand hob. „Krone, nicht hier.", flüsterte er, aber James ignorierte ihn geflissentlich. „Seit wann bist du so dämlich?", fragte er provokant. „James.", sagte Lily sanft und legte ihre Hand an seinen Oberarm, obwohl seine Worte sie zutiefst verletzt hatten. „Fass mich nicht an.", fauchte er sie an und sie wich erschrocken zurück. James verzog das Gesicht und Lily sah ganz deutlich den Schmerz hinter seiner Wut. Eine erdrückende Stille trat ein und keiner der drei sagte etwas, bis James plötzlich wieder das Wort ergriff. „Wieso er?", fragte er mit leiser und brüchiger Stimme, aus der eine ehrliche Verzweiflung sprach. Lily blickte ihn mit trauriger Miene an und verlagerte unwillkürlich ihr Gewicht von einem auf das andere Bein. „James. Das Thema hatten wir doch schon.", sagte sie und James schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber ich verstehe es nicht.", sagte er, stemmte die Hände in die Hüften und blickte stur auf den Boden vor ihm. „Du musst es nicht verstehen.", antwortete Lily ernst. „Aber du musst es akzeptieren. Ich bin mit Severus zusammen und davon wird mich nichts so schnell abhalten.", fügte sie hinzu und James schüttelte wieder den Kopf, während Remus sichtlich beklommen neben ihnen stand und unsicher von einem zum anderen sah. James hob seinen Blick und sah Lily direkt in die Augen. „Auch nicht, dass er ein Todesser ist? Dass er und seine Freunde Amber und den ganzen anderen unschuldigen Schülern das da angetan haben?" Er deutete mit der Hand in Richtung Krankensaal. „James, es reicht.", sagte Lily mit fester Stimme. „Severus ist kein Todesser. Und ich verbitte mir, dass du das ständig behauptest.", sagte sie und ballte wütend ihre Hände zu Fäusten, während sie sich bemühte die Ruhe zu bewahren. „Wir sollten wirklich woanders weiter sprechen.", warf Remus erneut ein, was die beiden jedoch überhaupt nicht wahrzunehmen schienen, da sie sich sich bloß weiterhin wütend anstarrten. „Ja.", sagte James schließlich. „Vielleicht ist es wirklich besser, wenn ich gehe." Er sah noch einmal zu Lily und schien zu überlegen, ob er noch etwas sagen sollte, ging dann jedoch ohne ein weiteres Wort an ihr vorbei und den Gang entlang zu den Treppen, die nach unten führten. Bevor er hinunter ging, drehte er sich doch noch einmal nach ihnen um. „Ich habe nur noch eine Frage.", begann er und legte eine kurze Pause ein, bevor er seine Stimme ein wenig senkte und weiter sprach. „Was glaubst du, warum dein toller Freund nicht im Orden ist. Hast du dich nie gefragt, warum Dumbledore ihn nicht auch gefragt hat, oder warum er keine Anstalten gemacht hat dazuzugehören?" Wie vom Donner gerührt stand Lily da, während James nun endgültig aus ihrem Sichtfeld verschwand. Remus machte Anstalten ihm zu folgen, warf Lily jedoch einen unsicheren Blick zu, weil er offenbar nicht wusste, zu wem er in diesem Fall halten sollte. „Er braucht dich jetzt mehr.", sagte Lily leise und Remus nickte stumm, bevor er James schließlich folgte.
Lily sah den beiden hinterher. Sie fühlte sich müde und erschöpft, wusste aber nicht was sie jetzt tun sollte. James Worte klangen unheilvoll in ihren Ohren nach, aber sie verdrängte die Gedanken daran. Gerade als sie ebenfalls gehen wollte, kam Sirius aus dem Krankenflügel und sah sich suchend um. „Wie geht es Amber?", fragte Lily, bevor Sirius selbst seine Frage stellen konnte und sah ihn mit besorgter Miene an. Vorsichtig schloss Sirius die Tür hinter sich und ging einen Schritt auf sie zu. „Den Umständen entsprechend. Die Dementoren sind ihr offenbar sehr nah gekommen und sie muss schreckliches durchlitten haben.", sagte er traurig und Lily zog ihn in ihre Arme, drückte ihn an sich und strich ihm beruhigend über den Rücken, bevor sie sich wieder von ihm löste und ihn zaghaft anlächelte. „Die Hauptsache ist erst einmal, dass sie in Sicherheit ist und sich erholen kann.", sagte sie, woraufhin Sirius nachdenklich nickte. „Zum Glück ist nichts schlimmeres passiert.", sagte er mit brüchiger Stimme und fuhr sich fahrig mit der Hand über das Gesicht. „Dank Snape." , fügte er ernst hinzu, woraufhin Lily ihn verblüfft ansah. „Was meinst du damit?", fragte sie und Sirius lächelte schief. „Er hat sie hierher gebracht.", erwiderte er und Lily wusste einen Moment nicht, was sie sagen sollte. „Er hat sie gerettet?", fragte sie und verspürte eine Mischung aus Stolz, Erleichterung und Angst. Severus war also auch in direkter Gefahr gewesen. Und beiden war nichts geschehen. Merlin sei Dank, dachte sie und atmete erleichtert auf, während Sirius ernst nickte und einen Blick in Richtung Tür warf. „Ich glaube ich gehe besser wieder rein, falls Amber wach wird.", sagte er entschuldigend, umarmte sie kurz, aber herzlich und schlüpfte schnell durch die Tür zurück in den Krankenflügel.
Wieder stand Lily alleine in dem Gang. Allein mit sich und ihren rasenden Gedanken und unschlüssig wohin sie gehen sollte. Einen Moment stand sie einfach dar und lauschte der Stille, bevor sie schließlich entschied zur Bibliothek zu gehen und sich die Zeit bis zum Abendessen mit Büchern zu vertreiben. Falls Severus sie suchen würde, dann würde er es vermutlich auch zuerst dort versuchen, weil sie eigentlich genau da verabredet gewesen waren. Außerdem konnte sie sich so von ihren wilden Gedanken und Gefühlen ablenken, was ihrer Meinung nach dringend notwendig war.
Severus Kopf schmerzte und er überlegte einen Augenblick, ob er zurück in den Krankenflügel gehen und um einen Schmerztrank bitten sollte. Aber das Risiko, dass Madam Pomfrey ihn doch noch dabehalten würde, erschien ihm zu hoch und er beschloss seinem dringendstem Bedürfnis zu folgen. Eilig zog er sich seinen nassen und verschmutzen Umhang über den Kopf und schlüpfte in einen neuen, den er hastig aus dem großen Reisekoffer vor seinem Bett gezogen hatte. Er kämpfte immer noch mit den Gefühlen, die das dunkle Mal in ihm aufwühlte, aber der Drang Lily zu sehen, sie zu berühren und Trost in ihrer Umarmung zu finden, war einfach zu groß. Er wollte bei ihr sein, weshalb er mit aller Macht die Dunkelheit ignorierte, die ihm seit einigen Stunden zu schaffen machte. Er spürte, dass sie ihn, wenn er jetzt nichts tat, langsam verschlingen würde und das konnte er nicht akzeptieren. Schnell lief er hinauf in die Eingangshalle, in der mittlerweile wieder Ruhe eingekehrt war und in der man nur noch vereinzelte Schüler umherlaufen sah. Während er mit großen Schritten auf die marmorne Treppe zu ging, überlegte er, ob er zuerst zum Gryffindor Turm gehen, oder in der Bibliothek nach Lily suchen sollte. Vielleicht wartete sie sogar dort auf ihn und machte sich Sorgen, weil er nicht zu ihrer Verabredung gekommen war. Noch bevor er das Ende des Ganges erreicht hatte, erblickte er Lilys roten Haarschopf, nur wenige Meter von ihm entfernt und sein Herz machte einen Sprung. Sie schien tatsächlich auf dem Weg in die Bibliothek zu sein, weshalb er seine Schritte noch einmal beschleunigte, um sie einzuholen. Als hätte sie gespürt, dass er hinter ihr war, drehte sie sich um und sah ihm geradewegs in sein Gesicht. Er war nur nur noch gute zwei Meter von ihr entfernt und ihre Augen weiteten sich vor Überraschung. „Sev.", flüsterte sie, machte einen Satz auf ihn zu und schloss ihn fest in ihre Arme. Noch bevor er ihre Umarmung richtig erwidern konnte, drückte sie ihn wieder eine Armeslänge von sich weg und betrachtete ihn forschend. „Geht es dir gut? Bist du in Ordnung?", fragte sie besorgt und er nickte stumm. Natürlich hatte sie von den Geschehnissen in Hogsmeade gehört, wie hatte er anderes vermuten können. Die tiefen Sorgenfalten auf ihrer Stirn verrieten ihm ihren Gemütszustand nur zu deutlich und ließen sein Herz zusammen krampfen. Tränen glänzten in ihren Augen und sie schlang erneut die Arme um ihn. Vorsichtig legte auch er seine Arme um ihren warmen Körper und zog sie an sich. Augenblicklich entspannte er sich und spürte das vertraute Kribbeln in seinem Bauch, welches alle anderen düsteren Gefühle und Gedanken für einen Moment vertrieb. Er schloss die Augen, genoss einfach nur ihre Nähe und das Kribbeln. Dann, nach einer Weile, schob er Lily ein Stück von sich fort, nahm ihr Gesicht vorsichtig in seine Hände und küsste sie sanft.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...