Kapitel 4 - Der letzte Tag vor den Ferien

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Der letzte Tag vor den Ferien war angebrochen. Lily saß am See und hielt Ausschau nach Remus. Sie wollte sich noch von ihm verabschieden und vielleicht ein paar Worte mit ihm wechseln bevor sie morgen Nachhause fahren würden. Sie hatte ihn seit einigen Tagen nicht mehr gesehen. Allerdings war es nicht ungewöhnlich, dass er ab und zu für ein paar Tage verschwand, deswegen machte sie sich weiter keine Gedanken darüber. Sie schaute gedankenverloren auf den großen See und bemerkte diesmal nicht, dass sie beobachtet wurde. James Potter stand nicht weit von ihr im Schatten eines großen Baumes und sah unsicher zu ihr hinüber. Aber auch Potter bemerkte nicht, dass ein schwarzes Paar Augen ihn ebenfalls beobachtete. Severus saß unter einem Baum ganz in der Nähe, sichtgeschützt durch zwei kleine Büsche und schaute zu, wie sich Potter aus dem Schatten des Baumes löste und langsam hinunter zum See ging, an dessen Ufer Lily saß. Ihre langen dunkelroten Haare fielen ihr offen über den Rücken und glänzten in der Sonne. Ihre Haut hatte durch das viele Lesen im Freien einen zarten Goldschimmer angenommen. Ihre Schönheit ließ Severus den Atem stocken. Wie sie gedankenverloren in die Ferne schaute. Eine Woge der Liebe überrollte ihn. Jedoch wurde sie mit jedem Schritt den Potter Lily näher kam, langsam durch eine unheilvolle Wut abgelöst. Er musste sich beherrschen diesen Nichtsnutz nicht mit einem netten kleinen Fluch zu belegen. Er hatte die letzten Tage an einigen Zaubern gearbeitet und konnte kaum der Versuchung widerstehen den ein oder anderen an diesem arroganten Schnösel auszuprobieren.

Aber er durfte es nicht tun, Lily würde es nicht verstehen. Die Angst und Unsicherheit die Potter ausstrahlte waren ihm in diesem Moment Befriedigung genug. Lily würde ihm eine ordentliche Abfuhr erteilen, mal sehen wie das seinem arroganten Ego bekommen wird. Snape grinste verächtlich. Wie gebannt schaute er auf die Szene am See. Potter, der Lily immer näher kam und sie schließlich, kaum einen halben Meter von ihr entfernt ansprach. „Hey Ev... äh.. Hey Lily. Darf ich mich zu dir setzen?" Lily schaute über ihre Schulter. Severus konnte in diesem Moment ihre smaragdgrünen Augen sehen. Doch er sah nicht die Ablehnung in ihnen, die er erwartet hatte. Sie schauten diesen Potter fast freundlich an. Im selben Moment spürte er wie die Verzweiflung durch seinen Körper strömte und jede Faser seines Körpers einnahm. Er war jedoch unfähig sich zu rühren. Er blickte wie erstarrt auf Lily, die nun die Augenbrauen hochzog und zu Potter sagte „Du kannst dich hinsetzen wo du willst." Potter schaute sie einen Moment unsicher an, gab sich jedoch einen Ruck und setzte sich neben sie auf den Boden ins Gras. Er sagte zunächst nichts. Snape hielt den Atem an als Potter nach kurzem Zögern sagte, „Lily, ich war ein Idiot." – „Ich weiß." Erwiderte Lily kalt. „Ich wollte deinen Schniefe.. äh deinen Snape nicht so bloßstellen." Lily funkelte ihn zornig an „Er ist nicht MEIN Snape. Es ist mir egal was mit ihm ist." Severus spürte, wie der letzte Funken Hoffnung, falls es diesen überhaupt jemals gegeben hatte, erlosch.

James schaute Lily erstaunt an. „Du hast ihm nicht verziehen." Es klang eher nach einer Feststellung als nach einer Frage. „Das geht dich nichts an, Potter." – „Schon gut, Lily." Einen Moment schien er mit sich zu ringen als er schließlich weiter sprach. „Eigentlich wollte ich dich auch nur fragen, ob du mal mit mir nach Hogsmeade gehen würdest." „nach den Ferien meine ich." Fügte er schnell hinzu.

Lily schaute ihn einen Moment an und schien zu überlegen. Severus war fassungslos. Was musste sie überlegen? Seine Gedanken rasten, seine Wut, Trauer und Verzweiflung schienen ihn fast zu erdrücken. Er sprang auf und zückte seinen Zauberstab. Seine Hand zitterte als Lily antwortete „Mal sehen." Sie lächelte zaghaft. Und in diesem Moment fiel es Snape ganz leicht. Wenn dieser Potter doch nur aufhören würde zu reden. Er murmelte „Langlock" und im selben Moment sah Lily zu ihm herüber. In ihren Augen stand ein Ausdruck von Erstaunen, der sich im Bruchteil einer Sekunde in ein wütendes Entsetzen verwandelte. Sie zog James im letzten Augenblick beiseite. Der Fluch prallte neben ihm auf den Boden. Jetzt schaute auch James entsetzt zu ihm herüber. Lily sprang auf und kam auf ihn zu. Ihr Gesicht war wutverzerrt. Sie war so beeindruckend wenn sie wütend war. Sie strahlte eine Kraft aus, die fast greifbar war. Mit einem Gefühl von Bewunderung, Angst und Sehnsucht schaute er sie an. Sie war so wunderschön. In diesem Moment öffnete sie ihren Mund.

Er erwartete dass sie ihn anschreien oder verfluchen würde, aber nichts dergleichen geschah. Ihr Gesichtsausdruck war plötzlich nicht mehr wütend, sondern eher traurig, enttäuscht und müde. Ja, sie sah unendlich müde aus als sie mit bebender Stimme flüsterte „wie konntest du nur, Severus." Ihre Worte versetzten ihm einen Stich. Noch nie hatte er diesen Klang in ihrer Stimme gehört wenn sie mit ihm sprach. Die Art wie sie seinen Namen ausgesprochen hatte, hatte ihn mehr verletzt als alles was sie hätte sagen können. Er stand wie von einem Schockzauber getroffen da als Lily sich umdrehte, Potter am Arm packte und ihn hinter sich her zurück zum Schloss zog. Sie verschwanden aus seinem Blickfeld und das einzige was blieb war diese eisige Leere in ihm. Lily. Der einzige Mensch den er liebte, je geliebt hatte und lieben würde. Der ihn liebte, zumindest als Freund. Das hatte ihm immer genügt so lange er nur bei ihr sein konnte. Lily. Der einzige Mensch der Licht in sein Leben gebracht hatte. Der einzige Mensch der das Böse aus seinem Herzen vertrieben und ihm einen Weg aufgezeigt hatte, der erleuchtet war. Aber jetzt verschwand dieses Licht. Der Weg wurde wieder  dunkel. Er hatte das Gefühl zu fallen. In ein tiefes Loch voller Hoffnungslosigkeit und Schmerz.

Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt