Die nächsten Tage verliefen den Umständen entsprechend ruhig. Die Stimmung zwischen Lily und James war angespannt, aber Lily war erleichtert, dass Severus tatsächlich am nächsten Tag aus dem Krankenflügel entlassen worden war. Seitdem hatte sie Severus allerdings immer nur im Unterricht oder beim Essen gesehen. Sobald er die Möglichkeit hatte zu verschwinden, tat er dies auch, ohne jede Spur oder die Chance ihn abzupassen. Das einzige, was Lily die Hoffnung nicht aufgeben ließ war Ambers Zuversicht, dass der richtige Moment schon kommen würde, und so konzentrierte sie sich wieder vermehrt auf die Schule und versuchte, sich nicht großartig ablenken zu lassen. Die meiste Zeit verbrachte sie mit Amber oder Remus, und empfand es als sehr angenehm, dass sie den beiden nicht erklären musste, warum sie manchmal nicht so gut drauf war. Im Apparierunterricht, der bis zum Ende des Schuljahres jeden Freitag Nachmittag stattfinden würde, versuchte sie es zu vermeiden, erneut in Severus Nähe zu apparieren. Auch wenn Amber sie immer noch damit neckte, dass Lily doch so oft in seine Arme apparieren solle, bis er mit ihr sprach, fiel es Lily tatsächlich schwer, sich überhaupt auf das Disapparieren zu konzentrieren. Lily seufzte, als sie jetzt ihr Buch zu schlug und aus dem Fenster sah, hinter dem bereits die Sonne über dem verbotenen Wald untergegangen war. Sie saß mal wieder bis spät in den Abend in der Bibliothek um zu lernen, und ihre Augen brannten bereits von dem vielen lesen bei dem schummrigen Licht der Laternen. Heute machte es wohl nicht mehr viel Sinn weiter zu lernen, beschloss sie und packte müde ihre Sachen zusammen.
Zur gleichen Zeit saß Severus Snape im Gemeinschaftsraum der Slytherins und sah ebenfalls aus dem Fenster, um eine kurze Auszeit von seiner Hausaufgabe zu nehmen. Jedoch sah er nicht auf die Weite des Schlossgeländes, sondern in die dunkle Tiefe des Sees. Er spürte, dass er beobachtet wurde, und hoffte, dass sein Beobachter ihn in Ruhe lassen würde. Das einzige was er wollte, war allein zu sein. Die letzten Wochen schlief er nicht gut, weil er von Alpträumen geplagt wurde, und er war dementsprechend müde und gereizt. In seinen Träumen sah er den dunklen Lord in seiner düstersten Erscheinung. Das was ihm jedoch die meiste Angst bereitete: Jedes Mal verlor er Lily. Immer und immer wieder. Jeden Abend vor dem zu Bett gehen betete er, dass er die kommende Nacht von dieser Pein verschont bleiben würde, aber vergebens. Lily tauchte in seinen Träumen auf, und starb. Und mit ihr, starb auch er. Alle Okklumentik Übungen waren zwecklos gegen diese tief sitzende Angst, die verhinderte, dass er die Gedanken an Lily verschließen konnte, was seine Angst wiederum noch mehr vergrößerte. Jemand setzte sich neben ihn und er verkrampfte sich unmerklich, obwohl er es geahnt hatte. Seit ihrem letzten Besuch beim dunklen Lord ließ Malfoy ihn kaum aus den Augen. Er hatte die leise Hoffnung gehegt, dass Malfoys Beziehung zu Narzissa Black Malfoy so weit ablenken würde, dass er ihn endlich in Ruhe lassen würde. Aber das war offensichtlich nicht der Fall. „Guten Abend, Lucius." Sagte er bemüht freundlich und sah in Malfoys arrogantes Gesicht. „Guten Abend, Snape." Antwortete Malfoy und musterte ihn argwöhnisch, bevor er seinen Blick suchend durch den Gemeinschaftsraum schweifen ließ. Dann wandte er sich wieder Snape zu. „So einsam an diesem Abend?" Fragte Malfoy und Snape sah ihn mit unbewegter Miene an. „So wie jeden Abend." Erwiderte er und Malfoy nickte kurz, bevor er sich erneut umsah. „Suchst du was?" Fragte Snape gereizt und Malfoy strafte ihn mit einem wütenden Blick. „Ich vergewissere mich nur, dass wir keine ungewollten Zuhörer haben." Erklärte er überheblich und Snape verdrehte fast unmerklich die Augen, zückte seinen Zauberstab und murmelte „Muffliato" und steckte seinen Zauberstab wieder ein. „Jetzt kann und keiner mehr hören. Was willst du?" Fragte Snape gelangweilt und Malfoy musterte ihn erneut mit argwöhnischer Miene. Er kannte des Zauber nicht, das wusste Snape, denn er hatte diesen erfunden und außer ihm kannte nur Lily ihn. Aber Malfoy beschloss wohl, dass es unter seiner Würde war ihn danach zu fragen, denn er seufzte und fragte stattdessen. „Nun. Eigentlich wollte ich nur Fragen, was unser kleines Problem macht." Snape verzog das Gesicht. Er ahnte was Malfoy mit kleines Problem meinte, war jedoch nicht gewillt sich auf eine solche Unterhaltung einzulassen. „Wir haben ein Problem?" Er sah Malfoy fragend an und Malfoy fuhr sich nervös mit der Hand über sein Kinn und rieb es kurz, während er sich offenbar die passenden Worte zurecht legte. „Du weißt ganz genau, welches Problem ich meine. Und ich frage mich, ob es wohl bereits gelöst ist, oder ob du noch an ihm fest hältst." Snape zog die Augenbrauen hoch. „Siehst du denn das Problem mit mir? Nun, ich schätze dann ist es wohl auch nicht da." Antwortete Snape gereizt und Malfoy lachte freudlos auf. „Snape, ich bitte dich. Jeder kann es sehen. Reiß dich endlich zusammen." Presste Malfoy wütend hervor und schlug ungehalten mit der Faust den Tisch an dem sie saßen, woraufhin sich einige der anderen Slytherins verwundert nach ihnen umdrehten. „Auf jeden Fall sehr bewundernswert, wie unauffällig du versuchst deineProbleme zu lösen." Bemerkte Snape sarkastisch, nahm seine Feder und tauchte sie in sein Tintenfass, um ungerührt seinen Aufsatz weiter zu schreiben. „Ich müsste sie nicht lösen, wenn du dir endlich dieses verdammte Schlammblut aus dem Kopf schlagen würdest!" Zischte Malfoy ungehalten und Snape sah wieder auf. „Ich verstehe nicht, was du von mir möchtest, Malfoy. Ich halte mich von ihr fern, es gibt also keinen Grund zur Sorge." Beharrte Snape. „Es geht nicht darum, ob du dich fern hältst, sondern wie du sie ständig anschmachtest." Fauchte Malfoy und Snape verkrampfte sich erneut unmerklich. Er hatte gedacht sich unter Kontrolle zu haben und dass er Lily erfolgreich ignorierte, aber war es wirklich für alle sichtbar, dass dem nicht so war? Das durfte nicht sein. „Ich werde mich bessern." Antwortete er erneut in einem vor Sarkasmus triefendem Tonfall und hoffte, Malfoy würde ihn endlich wieder in Ruhe lassen. Er war ja regelrecht besessen von seiner Idee, dass der dunkle Lord sie alle umbrachte, wenn er Lily zu oft ansah. Wie lächerlich, dachte er, aber eine leise Stimme in ihm sagte ihm, dass der dunkle Lord zu allem fähig war. Und er wollte ihn, Severus Snape unter seinen Anhängern. Snape wusste, dass nur sein umfassendes Wissen über schwarze Magie der Grund dafür war, dass der dunkle Lord ihn als treuen Diener wissen wollte, und auch dass das der Grund war, warum er trotz seiner vermeintlichen Schwäche für eine muggelstämmige überhaupt noch lebte. Das würde den dunklen Lord jedoch nicht daran hindern, einfach das Problem beseitigen zu lassen, dachte er verzweifelt. „Also hatte ich Recht." Stellte Malfoy fest und Snape verdammte sich für sein indirektes Geständnis. Malfoy sah sich wieder abschätzend um, bevor er noch leiser weiter sprach. „Sei froh, dass der dunkle Lord im Moment..., nun sagen wir mal, dass er besseres zu tun hat, als sich um die Liebschaften eines Teenagers zu kümmern. Aber wenn diese Sache abgeschlossen ist, hoffe ich, dass du zur Vernunft gekommen bist." – „Was für eine Sache?" Fragte Snape unvermittelt und Malfoys Gesicht wurde starr. „Du wirst früh genug davon erfahren. Guten Abend, Snape." Mit diesen Worten stand Malfoy auf und ging davon. Was für eine Sache konnte er meinen? Und wie um Merlins Barte sollte er noch mehr Abstand zu Lily nehmen? Nach seiner Empfindung vermied er, so oft es ging sie anzusehen, aber wenn selbst ein solcher Idiot wie Lucius Malfoy seine wahren Gefühle bemerkte, war Lily definitiv in Gefahr. Daran würde er arbeiten müssen, dachte er verbittert und starrte auf das Blatt Pergament vor ihm, unfähig noch einen klaren Gedanken zu fassen und ohne zu bemerken, wie die Zeit verstrich. Als er das nächste mal aufsah, war der Gemeinschaftsraum leer und er beschloss, ebenfalls zu Bett zu gehen. Auch wenn an Schlaf in dieser Nacht wohl kaum mehr zu denken war.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...