Es war der letzte Samstag vor den Sommerferien und gleichzeitig auch der Tag der lang ersehnten und doch so gefürchteten Apparierprüfung. Nervös stand Lily mit ihren Mitschülern auf dem kleinen Platz in Hogsmeade und wartete ungeduldig darauf von ihrem Apparierlehrer Twycross aufgerufen zu werden. Twycross, der mit einem Prüfer des Ministeriums etwas abseits der Gruppe stand rief sie in Alphabetischer Reihenfolge nach vorne, wo sie von dem kleinen Platz vor den drei Besen bis hinüber zu Scribbulus Schreibwarenladen apparieren sollten. Der Laden lag ein gutes Stück weiter die Straße hinunter. Das war von der Entfernung durchaus machbar, überlegte Lily und sah zu Amber hinüber, die extra für die Prüfung nach Hogwarts zurück gekehrt war, obwohl in wenigen Tagen bereits die Sommerferien beginnen würden. Es schien ihr besser zu gehen, denn sie lachte wieder öfter und gewann langsam etwas von ihrer Unbeschwertheit zurück, stellte Lily erleichtert fest und wandte sich wieder Twycross zu, der gerade Lilys Namen aufgerufen hatte. Mit weichen Knien und klopfendem Herzen ging Lily auf den kleinen, unscheinbaren Mann zu und lächelte zaghaft. Twycross blickte nur kurz von seiner Pergamentrolle auf und bedeutete ihr mit einem Kopfnicken anzufangen. Aus einem Gefühl heraus warf sie noch einen schnellen Blick über ihre Schulter, wo ihr Blick den von Severus traf, der sie mit unergründlicher Miene beobachtete. Ihr Herz wurde augenblicklich schwer und sie bereute es, sich überhaupt umgedreht zu haben. Sie schloss die Augen. Bitte lass mich nicht wieder zu Severus apparieren, dachte sie flehend und konzentrierte sich mit der ganzen Kraft ihrer Gedanken auf ihr Ziel. Scribbulus Schreibwarenladen. Dort wollte sie hin. Bedacht drehte sie sich um ihre eigene Achse und hielt den Atem an. Augenblicklich setzte dieses immer noch unangenehme Gefühl des Ziehens an ihrem Bauchnabel ein. Im nächsten Moment war sie wieder da und sah sich aufgeregt um. Sie hatte es geschafft. Sie hatte es wirklich geschafft. Strahlend drehte sie sich zu ihren Freunden um, die ihr ausgelassen zu jubelten. Sirius, der die Prüfung ebenfalls bereits bestanden hatte, hielt grinsend einen Daumen in die Höhe, als Lily ihren Freunden glücklich zu winkte und lachend zu ihnen zurück gelaufen kam.
Severus konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Sie kam strahlend die Straße hinauf gelaufen und er spürte wie ein leichtes Lächeln seinen Mund umspielte. Er schmunzelte, weil sie zurück lief. Sie hätte hier her zurück apparieren können, so wie alle anderen vor ihr, stattdessen rannte sie lachend und mit wehendem Pferdeschwanz auf die kleine Gruppe von Prüflingen zu. Sie hatte es geschafft, dachte er stolz und betrachtete wie gebannt den glücklichen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Sie war wunderschön wenn sie glücklich war. Wenn ihre Augen funkelten und diese ungezähmte Lebensfreude ausstrahlten, mit der sie ihn so oft angesteckt hatte. Traurig wendete er den Blick von ihr ab und versuchte wieder die Oberhand über seine Gefühle zu erlangen und sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Gelangweilt sah er dabei zu wie ein Schüler nach dem anderen nach vorne trat, verschwand und in der Nähe des Schreibwarenladens wieder auftauchte. Sie waren bereits beim Buchstaben „P" angelangt, also würde es nicht mehr lange dauern bis er selbst an der Reihe wäre. Potter und Prewett hatten ihre Prüfungen gerade bestanden. Nur Pettigrew war bis jetzt der einzige aus der gesamten Gruppe der durchgefallen war. Zwar war er annähernd am Zielpunkt angelangt, hatte sich jedoch den Fuß zersplintert und musste von Black und dem Werwolf, die ihre Prüfungen bereits abgelegt hatten, zurück zum Schloss gebracht werden. „Snape, Severus Tobias." Riss Twycross Stimme ihn aus seinen Gedanken. Mit zügigen Schritten ging er nach vorne, spürte dabei Lilys Blicke auf seinem Rücken und versuchte sie so gut es ging auszublenden. Auch er bestand die Prüfung auf Anhieb, was ihn nicht sonderlich überraschte. Bereits im Unterricht war er einige Male erfolgreich appariert und eigentlich gelangen ihm seit jeher sämtliche magischen Dinge auf Anhieb. „Außer ein simpler Patronus." Flüsterte eine leise missgünstige Stimme in seinem Kopf und er presste wütend die Zähne aufeinander. Bis zur Abschlussprüfung im nächsten Jahr musste er einen Patronus beschwören können, aber egal wie oft er diesen übte, es gelang ihm einfach nicht. Blacks Worte kamen ihm dabei immer wieder in den Sinn. „Todesser brauchen keine Patroni." Diese Worte beschäftigten ihn regelmäßig und er überlegte, ob er bereits so sehr in der dunklen Magie gefangen war, dass er tatsächlich keinen Patronus erzeugen konnte? Automatisch schweifte sein Blick wieder zu Lily, die sich gerade zu Amber gelehnt hatte und mit ihr über irgendetwas lachte. Sein Herz wurde schwer und er drehte sich augenblicklich wieder um. Zu seinem Glück war Twycross jetzt auch mit dem letzten Prüfling fertig und sie konnten endlich wieder hinauf zum Schloss gehen, nachdem Twycross und der Prüfer vom Ministerium sich von ihnen verabschiedet hatten. Seine Gedanken schwirrten wild durch seinen Kopf und die bestandene Prüfung trat mehr und mehr in den Hintergrund. Wenn er wirklich keinen Patronus erzeugen konnte, war vielleicht doch schon zu viel Böses in ihm. Das bedeutete jedoch wiederum, dass auch die Liebe zu Lily nicht genug Licht in sein Leben brachte um ihn vor sich selbst und der dunklen Seite in ihm zu retten. Wütend stieg er jetzt die Treppen zu den Kerkern hinab und lief zielstrebig zum Gemeinschaftsraum der Slytherins, den er mit großen Schritten durchquerte um unmittelbar danach im Schlafsaal zu verschwinden. Seinen Zauberstab fest umklammert setzte er sich auf sein Bett und starrte zur Tür, als könne er bloß mit seinem Blick verhindern, dass jemand durch sie hinein kam. Er wollte allein sein und war froh, dass die anderen noch irgendwo gemeinsam im Schloss feiern wollten und so schnell nicht wiederkommen würden. Ihm selbst war nicht nach feiern zumute. Lily ständig zu sehen löste zu viele Gefühle in ihm aus, die er nicht spüren wollte und auch nicht spüren durfte. Heute war wieder einmal ein Tag, an dem es ihm besonders schwer fiel seine Empfindungen zu bändigen. Wenn er Lily so glücklich und ausgelassen sah wie vorhin, verdeutlichte es ihm bloß die Ausweglosigkeit seiner eigenen Situation. Verzweifelt dachte er an seine Zukunft, die egal was er tat, für ihn nur Finsternis bereit zu halten schien. War das Leben als Todesser tatsächlich schon nicht mehr aufzuhalten? Er hob seinen Arm, dessen Hand seinen Zauberstab immer noch fest im Griff hatte. Er zögerte. Es gab kein Zurück mehr, wieso also quälte er sich selbst damit über eine andere, bessere Zukunft nachzudenken? Langsam schloss er seine Augen und dachte an den Kuss mit Lily und war völlig machtlos diesen Gedanken abzuwenden. Augenblicklich breitete sich eine wohlige Wärme in seiner Brust aus und ein sanftes Kribbeln fuhr durch seinen Körper. „Expecto Patronum." Flüsterte er unwillkürlich und erschrak, als aus der Spitze seines Zauberstabs ein blauschimmernder Patronus trat, der Gestalt annahm und durch den Raum wirbelte. Mit schwarzen Augen sah er ihm wie erstarrt nach, bis dieser wieder verschwand.
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Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und Licht
FanfictionDie Geschichte einer Liebe, die in einem Kampf zwischen Schatten und Licht ausgetragen wird. In einem stetigen Kampf zwischen den verschiedensten Gefühlen, Ängsten und Sorgen, müssen Lily und Severus Entscheidungen treffen, die ihr Leben für immer v...