Kapitel 130 - Schicksalhafter Auftrag

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„Lily ist WAS?", fragte James entsetzt und starrte zu Lily, die gerade die Treppe herunter kam und bereits ahnte, was ihm da gerade offenbart worden war. Lilys Blick wanderte von James entsetztem Gesichtsausdruck zu Ambers trotzigem und sie seufzte innerlich. „Unsere Lily ist jetzt mit Snape zusammen.", erklärte Amber kalt, wandte demonstrativ den Kopf ab und ging Richtung Porträtloch. James und Sirius sahen Lily mit großen Augen an und James schüttelte fassungslos den Kopf, während Sirius sich bereits aus seiner Erstarrung befreit hatte und Amber hinterher eilte. „Stimmt das?", fragte James sie leise und sah sie mit todtraurigen Augen an. Lily stand jetzt direkt vor ihm und nickte stumm. „Ja, James. Sie hat recht.", sagte sie und bemerkte in ihrem Augenwinkel, wie auch Remus und Peter sich unauffällig zurück zogen und ebenfalls verschwanden. „Und das zwischen uns?", fragte James mit brüchiger Stimme. „Ich habe dir bereits erklärt, was ich für dich empfinde, James. Mehrmals sogar. Und du bist doch auch jetzt mit Sophie zusammen, oder?", fragte sie sanft, woraufhin James schmerzerfüllt das Gesicht verzog. „Ja, hast du. Und nein, sind wir nicht. An dem Abend des Weihnachtsballs, nun, es ist einfach passiert.", erklärte er und errötete leicht. „Es tut mir wirklich Leid, James. Aber ich habe immer mit offenen Karten gespielt.", sagte sie und lächelte traurig. „Ja.", sagte James. „Ja, trotzdem dachte ich... naja es spielt jetzt wohl keine Rolle mehr was ich dachte.", sagte er leise und Lily war überrascht, dass er so ruhig reagierte. Sie hatte James und Ambers Reaktionen eher umgekehrt erwartet, allerdings kannte James ja auch nicht die ganze Wahrheit, dachte sie bedrückt und seufzte leise, bevor auch James sich mit einem knappen Kopfnicken von ihr verabschiedete.

Severus machte sich große Sorgen. Lily war seit den Weihnachtsferien sehr still geworden. Der Streit mit Amber machte ihr zu schaffen, und auch das Verhältnis zu Potter war etwas unterkühlt, was Severus nicht sonderlich gestört hätte, wenn Lily nicht so sehr darunter gelitten hätte. Sie stürzte sich in ihre Schularbeiten und lernte unermüdlich, während ihn selbst das schlechte Gewissen fast von innen zerfraß. Er war schließlich der Grund für die Auseinandersetzung mit ihren Freunden und somit auch an Lilys Unglück, das ihr deutlich anzusehen war. Sie war blass, aß kaum etwas und hatte dunkle Ränder unter den Augen, weil sie vermutlich viel zu wenig Schlaf bekam. Hätte er Lily einfach weiterhin die kalte Schulter zeigen und sich von ihr fern halten sollen? Dann wäre sie wenigstens glücklich, dachte er traurig und betrachtete sie, während sie ungeduldig einige Sätze auf ihrer Rolle Pergament durchkritzelte, um danach neu anzusetzen. Sie saßen gemeinsam in der Bücherei und es war bereits später Abend, weshalb Severus sanft nach ihrem Arm griff. „Wir sollten für heute Schluss machen, Lil.", sagte er leise und lächelte zärtlich. Lily erwiderte sein Lächeln, welches tatsächlich in letzter Zeit an Strahlkraft verloren hatte, und er dachte nicht zum ersten Mal darüber nach, wieso in Merlins Namen Lily ihrer Freundin alles über sein Geheimnis erzählt hatte. Jedoch kannte er die Antwort eigentlich. Lily war kein Mensch, der etwas auf einer Lüge aufbauen konnte, und schon gar nicht eine so enge Freundschaft wie mit Amber Prewett. Er wusste, dass Lily darauf vertraute, dass ihre Freundschaft stärker war als diese Unstimmigkeit, und dass Amber ihr irgendwann verzeihen würde. Severus konnte nur hoffen, dass dem wirklich so war und abwarten, auch wenn Lily ihm so wie sie war ganz und gar nicht gefiel. Er liebte sie zu sehr, um sie so leiden zu sehen und ohne den Schmerz in ihr am eigenen Leib zu spüren. „Wir sollten wirklich langsam ins Bett.", erwiderte sie und Severus begleitete sie zum Gryffindor-Turm, wo sie sich mit einem liebevollen Kuss und einer festen Umarmung voneinander verabschiedeten.

Danach ging er in Richtung seines eigenen Schlafsaals in den Kerkern, wurde jedoch aufgehalten, als er gerade die Stufen in die große Halle hinabsteigen wollte. Mit einem lauten Plöpp war ein Hauself vor ihm aufgetaucht und hatte ihm mit einer Verbeugung und einer Menge überschwänglicher Begrüßungsfloskeln einen Brief überreicht, bevor er mit einem weiteren Plöpp wieder verschwunden war. Severus erkannte die Handschrift auf dem Umschlag und öffnete diesen ungeduldig. Eine Nachricht von Dumbledore. Er wollte ihn sprechen, und das jetzt noch. Schweren Herzens änderte er seine Richtung und marschierte hinauf zum Schulleiterbüro. Seit seinem letzten Besuch bei Dumbledore hatte er jeden Tag mit einer Einladung gerechnet, bei der sie das weitere Vorgehen besprechen würden und er hatte sich bereits über die große Zeitspanne, die seitdem vergangen war, gewundert. Severus ahnte, dass ihm der Inhalt des Gesprächs wohl kaum gefallen würde und er wappnete sich innerlich vor dem schlimmsten. Vor einigen Tagen war schon einmal ein Hauself, wie aus dem Nichts, direkt vor seiner Nase in seinem Schlafsaal aufgetaucht und hatte ihm ebenfalls einen Brief übergeben. Dieser war von Malfoy gewesen und hatte ihm den nächsten Treffpunkt mitgeteilt, an dem er wieder mit zu Voldemort kommen sollte. Erst als Severus vor dem großen Wasserspeier stand, riss er sich von seinen Gedanken los, murmelte der großen steinernen Figur das Passwort zu und lief die Wendeltreppe nach oben. Dort angekommen, öffnete ihm der Schulleiter bereits die Tür und bat ihn herein. Sie setzten sich gegenüber an den Schreibtisch und Dumbledore begann ohne große Umschweife sein Anliegen vorzutragen. „Ich schätze, dass sie sich denken können warum ich Sie hergebeten habe.", begann er und Severus nickte langsam. „Es ist soweit. Ich habe den ersten Auftrag für Sie.", fuhr er fort und Severus stockte der Atem. „Ja.", flüsterte er heiser und bemühte sich die Ruhe zu bewahren. „Nun, es ist kein spezieller Auftrag.", erklärte Dumbledore. „Viel mehr der nächste Schritt in unserem Plan." Severus spürte Wut in sich auflodern. Unserem Plan, dachte er verächtlich und verzog das Gesicht. Falls Dumbledore seinen Unmut bemerkte, ignorierte er diesen geflissentlich, denn er sprach unbeirrt weiter. „Wann treffen Sie Voldemort das nächste Mal?", fragte er und Severus konnte seine Überraschung nur schwerlich verbergen. Konnte Dumbledore von der Einladung wissen, oder handelte es sich um einen bloßen Zufall? „Samstag.", antwortete Severus und diesmal sah Dumbledore ihn überrascht an. „An dem Hogsmeade Wochenende.", stellte er fest und strich sich gedankenverloren durch seinen langen Bart. „Wie finden Sie zu Voldemort?", fragte Dumbledore und Severus überlegte, was er verraten wollte und konnte. „Ich glaube, dass nur Todesser ihn auffinden können.", erklärte Severus nachdenklich. „Ich werde immer von einem abgeholt.", fügte er hinzu, verschwieg jedoch den Namen des Todessers. Auch wenn er Malfoy nicht leiden konnte, wollte er Dumbledore nicht all seine Geheimnisse preis geben. Wer wusste schon, wofür er manche der Informationen noch selbst gebrauchen konnte. „Gut.", sagte Dumbledore und blickte ihm forschend in die Augen. „Hat Voldemort bereits verlauten lassen, wann Sie ihr dunkles Mal erhalten werden?", fragte Dumbledore und Severus starrte ihn ungläubig an. „Nein... Nein, Sir. Nicht wirklich.", stotterte Severus unsicher. Er wusste nicht, was er von dieser Frage halten sollte und er hatte bis jetzt gehofft, dass er das ganze so lange wie möglich hinauszögern könnte. „Er hat bei einem der letzten Treffen angedeutet, dass das davon abhängig ist, wie meine Ermittlungen zu Slughorn verlaufen." Dumbledore nickte. „Wie weit sind Sie damit?", fragte er und Severus runzelte unverständlich die Stirn. „Nun, ich habe diesen Auftrag nicht weiter verfolgt.", erklärte er und wurde immer nervöser. „Severus, ich möchte ehrlich zu Ihnen sein und ich denke, dass sie bereits ahnen, was ich von Ihnen verlangen muss.", sagte Dumbledore ruhig und musterte ihn mit unergründlicher Miene. Severus Hände begannen zu zittern, weshalb er sie ineinander verschränkte und versuchte, sich auf den Schulleiter zu konzentrieren. „Ich... Ich bin nicht sicher, Sir.", erwiderte er heiser, woraufhin Dumbledore ihn traurig ansah. „Sie müssen alles dafür tun das dunkle Mal zu erhalten." Severus riss entsetzt die Augen auf. Ein eiskalter Schauer lief seinen Rücken hinab und er hatte das Gefühl, dass sein Herz für einen Moment aussetzte, bevor es so heftig weiter schlug, als müsse es Unmengen an Adrenalin durch seinen Körper pumpen, damit er nicht ohnmächtig werden würde. Das dunkle Mal. Er konnte und er wollte dieses Mal nicht. Wie sollte er das vor Lily verbergen und was würde mit seiner Seele geschehen? Todesser konnten keine Patroni erzeugen. Wenn er so gezeichnet war, würde er dann überhaupt noch lieben können? Würde er dann noch um Lilys Leben kämpfen können? „Ich kann mir vorstellen wie Sie sich fühlen.", sagte Dumbledore sanft und lächelte traurig. Severus wurde plötzlich wütend und sprang erzürnt von seinem Platz auf. „Können Sie das, Dumbledore? Können Sie das tatsächlich?", rief er aufgebracht und starrte den Schulleiter von Hogwarts mit vor Zorn lodernden Augen an. Dieser schien ihm seine Wut und die damit einhergehende unhöfliche Anrede nicht übel zu nehmen, denn er tadelte ihn nicht, sondern ließ bloß einen langen Seufzer verlauten. „Nein, Severus. Vielleicht haben Sie Recht. Aber Sie haben sich dafür entschieden sich beim Kampf gegen Voldemort zu beteiligen und zugesagt, dass sie bereit sind Opfer dafür zu bringen.", sagte Dumbledore, während Severus begann ruhelos in dem großen, runden Büro umher zu laufen. Abrupt blieb er stehen und sah zu dem großen Schreibtisch. „Ich habe nicht zugesagt gegen Voldemort zu kämpfen.", rief er laut. „Ich wollte, dass Sie Lily beschützen.", fügte er leiser hinzu und seine Stimme zitterte vor Verzweiflung und Wut. „Das eine geht mit dem anderen einher.", erklärte Dumbledore ernst und Severus schnaufte verächtlich. „Weil SIE sie damit hineingezogen haben. SIE haben sie in diesen bescheuerten Orden aufgenommen und wenn Sie ehrlich sind, kam es Ihnen gerade Recht. Wegen meines Fehlers haben Sie jetzt ein paar Mitglieder mehr, die für Sie diesen aussichtslosen Kampf führen und blind in den sicheren Tod rennen.", rief Severus voller Wut, bevor er seinen zornigen Marsch durch das Büro weiterführte. Er musste sich bewegen um seine Gedanken zu ordnen und seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Dumbledore beobachtete ihn eine Weile schweigend dabei. „Glauben Sie wirklich, dass dieser Kampf aussichtslos ist?", fragte er, ohne auf Severus Vorwürfe einzugehen oder sie abzustreiten. Das brachte Severus Wut noch mehr zum kochen und er ballte seine Fäuste, um nichts unüberlegtes zu tun. „Ja! Das glaube ich! Sie wissen nicht wozu der dunkle Lord fähig ist.", presste er hervor und spürte wie die Verzweiflung begann, jede Faser seines Körpers einzunehmen. „Doch, Severus. Das weiß ich und ich bin mir der Gefahr bewusst. Auch Miss Evans und die anderen neuen Mitglieder des Ordens habe ich auf die Gefahren hingewiesen und sie haben allesamt aus ihrem eigenen Willen heraus die Entscheidung getroffen, diesem Orden beizutreten.", erklärte Dumbledore ruhig. „Lily weiß nicht worauf sie sich da wirklich einlässt.", sagte Severus voller Schmerz. Er fühlte sich plötzlich unendlich müde und erschöpft. Kraftlos ließ er sich wieder in den Sessel fallen und senkte den Blick. „Severus.", begann Dumbledore sanft. „Niemand von uns weiß wirklich worauf er sich einlässt, bevor es soweit ist. Aber ich traue Miss Evans durchaus zu, solch eine Entscheidung für sich selbst zu treffen. Und wenn Sie sie wirklich so sehr lieben, sollten sie das auch tun." Betreten blickte Severus auf. In seinen Augen funkelten Tränen, die er krampfhaft versuchte zu unterdrücken. „Glauben Sie wirklich, dass Miss Evans Entschlossenheit nur daher rührt, dass ich sie gefragt habe? Glauben Sie nicht, dass sie diesen Weg nicht auch ohne mein Zutun gewählt hätte?", fragte er sanft und Severus schluckte. Er wusste tief in seinem Inneren, dass Dumbledore recht hatte und dass Lily das Böse in ihrer magischen Welt niemals einfach so hingenommen hätte. So oder so hätte sie sich für den unvermeidlichen Kampf entschieden.

Lily und Severus - Der Kampf zwischen Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt