Folge 2 - Teil 5: "Meine WAS?!"

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„Meine... leibliche Mutter? Wie meinst du das? Was soll das heißen – meine leibliche Mutter? Bin ich etwa... adoptiert?", fragte Laura erschrocken und sah zwischen Stefanie und Bernd hin und her.

Doch weder von ihrem Vater, noch von ihrer Mutter Stefanie bekam die Fünfzehnjährige eine Antwort, mehr noch – Stefanie schaukelte Säugling Nina noch einmal ein wenig auf ihrem Arm und verabschiedete sich dann von Maja: „Maja, es tut mir leid. Aber die Kleine... will nach Hause. Ich muss mich um Nina kümmern. Aber Laura bleibt bestimmt bei dir und kümmert sich um dich. ... Bernd, kommst du. Wir müssen nach Hause. Nina sollte noch nicht so lange draußen... sein."

„Mama...", rief Maja ihrer Mutter hinterher, doch die zog ihren Mann hinter sich her, winkte Maja noch einmal zum Abschied zu und verließ dann mit Bernd und der schreienden Nina im Kinderwagen zusammen das Zimmer in Richtung Heimat.
Auch Bernd, der sich schnell von Maja und Laura verabschiedet hatte und seine fast sechzehnjährige Tochter einfach stehen ließ, verließ schnell das Zimmer von Maja, um Stefanie zu folgen.

„Stefanie, warte doch einmal bitte auf mich... du kannst doch nicht schon wieder unsere Maja alleine lassen. Und dann sagst du Laura auch noch, dass sie nicht unsere Tochter ist...", rief der Familienvater seiner Frau hinterher und fügte anschließend an: „Wir waren uns doch von jeher einig, dass wir nicht in einer schwierigen Situation mit Laura darüber reden wollen, sondern es ihr in Ruhe und ohne Aufregung sagen wollten. Unsere Laura kann doch nichts dafür, dass sie... Dass sie nicht unsere leibliche Tochter ist. Und dass dann auch noch ihre leibliche Mutter hier in der Klinik arbeitet, in der Maja behandelt wird... Davon konnten wir nichts wissen."
„Ich... Es tut mir leid, dass die Wahrheit plötzlich aus mir... herausgesprudelt ist. Ich kann nichts dafür; Laura Estelle und ich haben in den letzten Wochen kein gutes Verhältnis zueinander gehabt. Deswegen habe ich einfach nicht darauf geachtet, was ich sage."
„Aber es war nicht das erste Mal, dass du einen Fehler gemacht hast, was in Zusammenhang mit unserer Großen steht..."

„Sie ist nicht unsere Große...", brüllte Stefanie und schaukelte die kleine Nina auf ihrem Arm, bevor sie den Säugling in den Kinderwagen legte und die Klinik verließ; allerdings blieb ihr Bernd dicht auf den Fersen.
„Stefanie! Du kannst Maja jetzt nicht alleine lassen.", brüllte Bernd seiner Frau hinterher, doch die junge Frau wollte einfach die Klinik verlassen.
„Du bist doch keine Mutter, Stefanie. Jedes Mal, wenn es Probleme bei unseren Kindern gibt, verschwindest du. Das war bei Laura das selbe. Als sie damals... mit zwei Jahren im Krankenhaus lag und... Da warst du für die Kleine auch nicht da. Du musstest dich ja um deine Nichte kümmern. Warum hast du überhaupt Kinder bekommen? Wenn du dich sowieso nicht darum kümmern willst. Dann musst du auch keine Kinder in die Welt setzen."

„Bernd, du hast gut reden. Du weißt ganz genau, dass Nina mit einem Herzfehler auf die Welt kam. Du hast doch die Worte von Dr. Grenz damals nach Ninas Geburt auch gehört. Aber... Du weißt ja alles besser. ... Du fährst mich und unsere kleine Tochter jetzt besser nach Hause. Dann kannst du ja gerne wieder hier in der Klinik rum sitzen. Aber wehe... du sagst Laura die volle Wahrheit. Ich warne dich. Sie ist unsere Tochter. Und dabei bleibt es.", brüllte Stefanie ihren Mann an, doch Bernd schüttelte den Kopf.

„Stefanie... Laura ist zwar schon sehr lange bei uns. Aber... Sie ist nicht unsere leibliche Tochter. Das weißt du genau. Und dass ich dafür bin, dass wir Laura und ihre Mutter einmal zusammenführen. Aber du willst ja Laura immer für dich behalten; sie weiter anlügen. Sie hat ein Recht darauf, zu wissen, dass sie adoptiert ist und vor allem, wer ihre leibliche Mutter ist.", brüllte Bernd seine Frau an, bevor Ulrike aus dem Schwesternzimmer schoss und die Eltern maßregelte.
„Wir sind hier in einem Krankenhaus. Sie können hier nicht einfach so herumbrüllen. Wenn sie sich streiten müssen, dann gehen sie doch bitte nach draußen. Oder fahren sie nach Hause.", maßregelte die Krankenschwester die streitenden Eltern, die sogleich den Kinderwagen der kleinen Nina in Richtung Fahrstuhl schoben und die Klinik verließen.

Oberschwester Ulrike schaute ihnen kopfschüttelnd hinterher und betrat dann mit den Dingen, die sie zum Blutabnehmen brauchte, das Zimmer der sechsjährigen Maja, wo sie die fast sechzehnjährige Laura bewusstlos am Boden liegen sah.

„Frau Dr. Peters...", rief Ulrike mit besorgter Stimme nach der Ärztin, die gerade am Zimmer der kleinen Maja vorbei lief. „Kommen sie bitte schnell. Die Schwester der Patientin ist kollabiert..."
Während Lea das Zimmer betrat und erkannte, was passiert war, berichtete die Oberschwester: „Ich wollte gerade noch einmal versuchen, der Kleinen Blut abzunehmen. Und da ist mir das Geschrei von Maja aufgefallen. Ich habe gedacht, irgendwas anderes wäre los. Aber dann habe ich die Schwester der Kleinen hier liegen sehen... Maja, mach dir keine Sorgen. Die Frau Doktor Peters kümmert sich um deine Schwester. Du brauchst keine Angst zu haben, wir kriegen Laura wieder auf die Beine."

„Ich habe es doch gewusst, dass etwas mit Majas Schwester nicht stimmt. Und jetzt wollte ich sie untersuchen. ... Laura... Laura, hallo... Laura? Kannst du mich hören? ... Bringen sie sofort eine Trage her. Wir bringen die Patientin in den Behandlungsraum und machen eine Blutprobe. ... Laura... Hallo, kannst du mich verstehen?"
Lea bemerkte, dass ihre Patientin langsam wieder zu sich kam und sie tätschelte vorsichtig die Wange der fast Sechzehnjährigen, die verwirrt links und rechts neben sich blickte und erst nach einigen Augenblicken erkannte, wo sie zu sein schien.
„Wwas ist... Was ist denn... Was ist denn plötzlich mit mir passiert? Warum liege ich denn plötzlich hier? Ich habe doch gerade noch mit meiner Schwester geredet... Wo ist Maja?", fragte Laura verwirrt, als sie sich versuchte, aufzusetzen. Daran allerdings wurde sie von Lea gehindert.

„Maja ist in ihrem Bett, mach dir keine Sorgen. ... Aber ich mache mir im Moment auch weit weniger Gedanken um deine Schwester, als um dich... Du bist ohnmächtig hier zusammen gebrochen und warst mehrere Minuten nicht bei Bewusstsein. ... Wie geht es dir? Hast du Schmerzen?"
Laura schüttelte erschöpft den Kopf und antwortete auf Leas Fragen: „Nein, ich habe keine Schmerzen. Und mir geht es auch wunderbar; ich bin in Ordnung. Das habe ich ihnen doch schon einmal gesagt, Frau Dr. Peters... Ich will... Ich will jetzt erst mal wieder hoch. Könnten sie mir bitte dabei helfen?"
Noch einmal versuchte die Schülerin, sich aufzusetzen, doch Lea hinderte sie mit ernstem Blick daran. „Du bleibst jetzt lieber hier auf dem Boden liegen, Laura. Wir bringen dich erst mal in den Untersuchungsraum und schauen, was mit dir los ist und warum du hier bewusstlos zusammengebrochen bist. Bevor wir nicht hundertprozentig wissen, dass mit dir alles in Ordnung ist, lassen wir dich nicht nach Hause."

Hans-Peter und Ulrike brachten währenddessen eine Trage ins Zimmer und Laura wurde darauf gelegt und unter den Augen ihrer Schwester, in den Behandlungsraum gebracht.


Im Behandlungsraum, nur wenige Türen von Majas Zimmer entfernt, kümmerte sich Lea sorgfältig um ihre Patientin und nahm ihr gerade ein wenig Blut ab, um das Labor aufzuscheuchen.
Der Verdacht der Ärztin, was der Schülerin fehlte, reichte von einem einfachen grippalen Infekt bis hin zu einer schwereren Erkrankung; im schlimmsten Fall, und das wusste Lea, könnte es auf Leukämie hindeuten.
Dieser letzte Verdacht wurde vor allem davon unterstützt, dass es wohl Probleme bei der Blutgerinnung zu geben schien...

„Das geht bitte sofort ins Labor, Herr Brenner. Und die Ergebnisse kommen so schnell wie möglich zu mir. Ich muss wissen, was mit Laura los ist... Die Ergebnisse liegen am besten noch gestern vor." Lea übergab dem AiPler, der neben ihr stand, die drei Blutabnahmeröhrchen und Hans-Peter nickte bestätigend.

„Machen sie doch nicht gleich so einen Aufstand, Frau Dr. Peters. Nur, weil ich einmal kurz zusammenklappe und für ein paar Sekunden wohl nicht ganz so gut ansprechbar bin. ... Mit mir ist alles in Ordnung... Glauben sie mir. Und deswegen müssen sie mir auch nicht gleich 500 Liter Blut abzapfen...", beschwerte sich Laura bei der Ärztin und drückte den Wattebausch fest auf die kleine Einstichstelle, die immer noch stark blutete.
„Es waren doch nur drei Röhrchen, Laura. Und ich weiß genau, dass du um ein Vielfaches an Blut mehr in deinem Körper hast...", erwiderte Lea lächelnd und sah mit einer Taschenlampe in Lauras Augen. „Wir müssen herausfinden, warum du plötzlich zusammengebrochen bist. Du warst mehrere Minuten nicht bei Bewusstsein... Es kann einiges dahinter stecken. Von einer einfachen Erkältung über eine Grippe bis hin zu einer schlimmeren Erkrankung... Ich will im Moment noch nicht die Pferde scheu machen."

„Sie wollen nicht die Pferde scheu machen? Was soll das heißen? Haben sie schon irgendeinen Verdacht, was nicht mit mir stimmt? Was ist denn los?", wollte Laura wissen, doch Lea schüttelte den Kopf und wiederholte: „Wie gesagt, es ist momentan nur ein Verdacht. Bevor ich keine endgültigen Beweise dafür habe, dass mein Verdacht stimmt, werde ich nichts sagen..."

„Frau Dr. Peters, was soll das denn? Ich bin kerngesund. Dass ich zusammen gebrochen bin, hat nur etwas damit zu tun, dass ich nichts gegessen habe und... Und nicht schlafen konnte.", erklärte Laura mit energischer Stimme und richtete sich auf.
„Ich... Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich irgendein gesundheitliches Problem habe. Ich habe einfach nur mein Gleichgewicht kurz verloren und bin dann mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen, deswegen war ich bewusstlos. Ich bin einfach komplett überarbeitet. Ich habe meine beiden kleinen Schwestern zu versorgen. Und in der Schule war auch bis zuletzt Stress. Wir kamen mit dem Stoff nicht hinterher. In drei Fächern müssen wir im nächsten Jahr noch Stoff von diesem Jahr aufholen. Ich weiß einfach nicht, wo mir der Kopf steht."

„Du bist zweimal innerhalb von knapp einer Stunde zusammen hintereinander gebrochen; beim zweiten Mal warst du mehrere Augenblicke nicht ansprechbar. Das ist nicht normal. Wir wissen schon, warum wir dich hier in der Klinik behalten werden. Ich kann es nicht verantworten, dass du nach Hause gehst.", erklärte Lea mit energischer Stimme und trug die Blutdruckwerte, die Hans-Peter gemessen hatte, in die gerade angelegte Krankenakte von Laura ein.
„Ich habe halt immer mal wieder Probleme mit meinem Blutdruck, das ist ganz normal. Mal ist er zu tief, dann ist er wieder zu hoch. Das ist alles nur der Stress, der auf mich einfällt. Aber sonst ist alles in Ordnung. Und ich kontrolliere den Blutdruck immer regelmäßig; jeden Morgen und jeden Abend. Ich habe dafür extra ein Messgerät zuhause. Und heute Morgen waren keine Auffälligkeiten, sonst wäre ich zu meinem Hausarzt gegangen. Die Medikamente, die ich nehme, sind auch sehr gut eingestellt; ich komme sehr gut damit klar. Ich habe eben nur ein bisschen zu wenig geschlafen."

„Du nimmst Medikamente für den Blutdruck? Was sind das für Medikamente, Laura? Und seit wann nimmst du die? Weiß dein Hausarzt etwas davon, dass du Medikamente für den Blutdruck nimmst?", erkundigte sich Lea und Laura holte eine Packung blutverdünnender Tabletten aus ihrer Handtasche.
Lea betrachtete die Tablettenschachtel, die sie Laura aus der Hand nahm, bevor die Fünfzehnjährige auf die Frage der Ärztin antwortete: „Die Tabletten nehme ich jetzt seit guten drei Monaten. Und ja, mein Hausarzt weiß davon. Ich habe nämlich den besten Hausarzt – mein Vater... Er hat sie mir selber verschrieben, als er einen zu niedrigen Blutdruck diagnostiziert hatte. ... Ich... Ich kann doch... selbst entscheiden, wann ich die Klinik verlasse. Ich bin doch wohl mit meinen fünfzehn Jahren alt genug, um das selber entscheiden zu können, Frau Dr. Peters."

„Mit Achtzehn bist du alt genug, um das selber zu entscheiden. Vorher müssen deine Eltern das entscheiden. Und die werden sicherlich froh sein, dass mal dein Zustand untersucht wird..", erklärte Lea und setzte sich neben die Fünfzehnjährige.
„Ich kann es einfach nicht verstehen, dass du so unvernünftig bist und einfach wieder nach Hause gehen willst. Obwohl wir noch nicht wissen, was mit dir los ist. Du bist nicht einfach so zusammen gebrochen und warst danach knapp fünf Minuten ohne Bewusstsein. Wir müssen ausschließen, dass sich schwerere Erkrankungen dahinter verstecken. Und außerdem solltest du dich mal richtig ausruhen. Das wirst du allerdings bestimmt zu Hause nicht machen."

Lea war sich sicher, ihre Patientin richtig einzuschätzen, doch Laura erwiderte: „Doch, ich ruhe mich aus, Frau Doktor. Glauben sie mir; sie können mir vertrauen. Ich mache alles, was sie wollen. Und deswegen werden sie mich jetzt auch entlassen... Und außerdem haben sie mir doch jetzt Blut abgenommen, da wissen sie doch alles von mir..."
„Laura, ich glaube nicht, dass du dich zu Hause ausruhst... Dann bleib doch einfach hier bei uns und wir kümmern uns um dich. Wir müssen, wenn der Zusammenbruch wirklich von deinem Blutdruck kommt, deine Medikamente umstellen. Das kann in der Regel nur stationär erfolgen.", erklärte Lea mit ernster Stimme und nickte. „Also bleibst du hier in der Klinik. Das werden dir auch ganz sicher deine Eltern sagen..."

„Das sind doch gar nicht meine richtigen Eltern; das sind verdammte Lügner...", schluckte Laura und Lea sah die Patientin erschrocken an.
„Deine Eltern sind gar nicht deine richtigen Eltern? Wie meinst du das?", erkundigte sich Lea mit erschütterter Stimme bei ihrer Patientin. „Haben sie dir denn gesagt, dass du adoptiert wurden bist?"
„Ja, sie... Stefanie, also meine Mutter... Falsch, sie ist ja nur meine Adoptivmutter... hat mich vorhin, als wir noch gemeinsam bei Maja im Zimmer waren, angeschrien, ich wäre doch gar nicht ihr richtiges Kind. Und als ich dann nachgefragt habe, wie sie das meinen würde... Da ist sie mir ausgewichen und hat... Und ist dann einfach abgehauen."

Die Stimme von Laura versagte langsam und Lea nahm die Hand ihrer Patientin in ihre. Schon zu Beginn hatte die Neurochirurgin das Gefühl, dass irgendetwas in der Familie nicht stimmte. Aber dass ausgerechnet die Tochter nicht die Tochter war?

Ohne auf einen weiteren Satz von ihrer behandelnden Ärztin zu warten, bettelte Laura noch einmal, wieder entlassen zu werden.
„Frau Dr. Peters, ich kann unmöglich hier in der Klinik bleiben. Bitte, lassen sie mich doch wieder nach Hause! Ich muss mich doch noch um meine Schwester kümmern; Nina kam mit einem Herzfehler auf die Welt. Sie... Sie kam drei Monate zu früh auf die Welt, wir haben... Wir haben sie erst vor zwei Monaten aus der Klinik abholen können. Meine T... Meine kleine Schwester braucht mich doch."
„Deine kleine Schwester kann auch von deiner Mutter betreut werden, um die musst du dich im Moment nicht kümmern, Laura. Du bist krank, wir haben dich bewusstlos im Krankenzimmer deiner Schwester gefunden. Und wir konnten dich eine ganze Weile nicht aus deiner Bewusstlosigkeit wecken... Es ist wichtig, dass wir jetzt herausfinden, was mit dir nicht in Ordnung ist. Wenn deine Medikamente nicht wirklich... deinen Zustand wieder in Ordnung bringen können, dann müssen wir wahrscheinlich die Medikation umstellen. Das dauert alles seine Zeit."

„Ich... Ich kann nicht hier bleiben. Geben sie mir so ein komisches Formular von wegen Entlassung auf eigene Verantwortung... Ich muss doch nach Hause!", erklärte Laura selbstsicher und stand von der Trage auf. Doch erneut brach sie in den Armen von Lea zusammen und die Ärztin wandte sich an Ulrike: „Geben sie sofort Dr. Stein Bescheid. Ich brauche ihn hier."

Leas BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt