Folge 6 - Teil 3: besorgte Eltern

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Wenige Minuten waren nach Frau Bönschs Anruf bei Michael Köster vergangen und schon hatte der Vater von Lena das Zuhause der besten Freundin seiner Tochter erreicht.
Während Lena jammernd auf dem Sofa lag und Schluck für Schluck warmen Tee trank, klingelte es und die beste Freundin von Lena, Luzie, rannte zur Tür und öffnete diese.

„Hallo Luzie... Wo ist Lena denn jetzt?", fragte Michael, der den Familienhund Rex mitgebracht hatte, die Freundin seiner Tochter und wurde von dem Geburtstagskind zu dessen kranker Tochter geführt.

„Lena... Lena, dein Papa ist da; du wirst jetzt abgeholt. Und dann macht dich dein Papa wieder gesund...", rief Luzie ihrer Freundin zu und Lena seufzte, bevor sie ihren Hund erblickte, der sich ganz artig vor das Sofa setzte und seinem Frauchen vorsichtig und sanft mit seiner nassen Zunge über die blasse Hand schleckte, bevor sich Frau Bönsch erhob und mit Michael in einer abgelegenen Ecke des Wohnzimmers über Lena sprach.
„Lena scheint irgendwie heute nicht so ganz bei sich zu sein. Es geht der Kleinen heute gar nicht so gut... Ich habe mich schon gefragt, warum sie ihre Tochter heute nicht zu Hause behalten haben, wenn die Kleine ganz offensichtlich krank ist. Das ist unverantwortlich von ihnen.", machte Luzies Mutter Frau Bönsch mit strenger Stimme und besorgten Blicken zu der kleinen Lena dem Vater der Sechsjährigen Vorwürfe.

Michael jedoch erwiderte sofort, seine sechsjährige Tochter habe heute Morgen weder über ihre starken Bauchschmerzen geklagt, noch hätte sie am Morgen bei der Kontrolle Fieber gehabt. „Ich habe doch extra selbst noch einmal bei ihr heute Früh, trotz, dass sie sich dagegen gewehrt hatte, die Temperatur gemessen. Die Kleine war in Ordnung. Und deswegen habe ich ihr die Feier auch nicht verbieten können... Sie wollte unbedingt mit Luzie Geburtstag feiern."
„Jetzt ist aber bei der Kleinen aber die Temperatur wieder sehr stark angestiegen... Ich habe vorhin einmal mit unserem Thermometer das Fieber bei Lena gemessen; da hatte die arme, kranke Zwecke da vorne auf dem Sofa schon weit über 39 Grad Temperatur... Und sie hat beim Fiebermessen auch so geschrien... Wie, als hätte ich ihr bei lebendigen Leib ihre Beine amputieren wollen...", machte Claudia Bönsch Lenas besorgten Vater noch mehr Vorwürfe; jedoch wollte sie die eigentlich alle gar nicht machen.

Schließlich hatte sich Claudia in den vier Jahre älteren Mann verliebt; traute sich allerdings auch nach den letzten drei Jahren, in denen sich die beiden durch den Kindergartenbesuch der beiden Mädchen kannten, leider nicht, ihn richtig auf ihre Gefühle ihm gegenüber anzusprechen. Stattdessen machte sie ausgerechnet jetzt ihrem Angebeteten Michael, der sich schon selbst die größten Vorwürfe und die allergrößten Sorgen um seine kleine Tochter machte, auch noch ein schlechtes Gewissen wegen Lena.

„Frau Bönsch. Sie wissen doch genauso gut, wie ich, dass Lena das Wichtigste für mich ist. Ich wäre der letzte, der meine Tochter mit Bauchschmerzen oder sogar mit hohem Fieber irgendwo auf eine Feier gehen lässt. Den einzigen Platz, den Lena hat, wenn sie Schmerzen oder Fieber hat, ist ihr Bett. Aber es ging ihr heute Früh schon wieder viel besser, sie war schmerzfrei. Und Fieber hatte ich zur Sicherheit auch noch bei ihr gemessen... Es ging ihr gut. ... Ich konnte heute Vormittag noch nicht ahnen, dass ausgerechnet jetzt bei Lena wieder diese verflucht starken Bauchschmerzen anfangen."
„Aber Lena meinte, sie hätten gestern Nacht mit ihrer kleinen Maus sogar die Notaufnahme der Uniklinik von innen gesehen.", erwiderte Frau Bönsch, worauf Michael erklärte: „Ja, das stimmt. Ich war gestern Nacht mit Lena in der Uniklinik. Und die Kleine wurde auch von der Ärztin dort ganz gründlich untersucht. Sie hat den Bauch der Kleinen abgehört, Blut bei meiner Maus abgenommen und sogar noch Fieber gemessen, während ich Lena auf dem Schoß liegen hatte. Nach der Untersuchung meinte die Kinderärztin, die sich meine arme Schnecke angeschaut hatte, dass die Schmerzen psychischer Natur sind und Medikamente nicht helfen würden... Sie hat mich nur gebeten, heute Früh, bevor Lena aus dem Bett aufsteht, bei der Kleinen zur Sicherheit lieber noch einmal das Fieber zu messen. Es könnte auch nicht ausgeschlossen werden, dass sie vielleicht eine Entzündung ausbrüten würde. Und deswegen habe ich auch heute Früh bei der Kleinen Fieber gemessen... Es ging Lena wirklich gut."

„Aber trotzdem hätten sie ihre Kleine auf keinen Fall heute Nachmittag wieder auf irgendeine Geburtstagsfeier lassen dürfen. Sie hat den ganzen Tag lang nur geweint und gejammert, das arme Kind...", fuhr Claudia Lenas Vater noch einmal mit erboster Stimme an, während der auf seine Tochter sah und erkannte, dass die zweifache Mutter wohl recht hatte.

„Aber... Frau Bönsch, wenn... Wenn Lena laut ihrer Aussage die ganze Zeit über schon Schmerzen gehabt hätte... Warum haben sie denn dann nicht früher angerufen? Sie hätten mich viel früher anrufen müssen. Ich hätte Lena doch sofort wieder abgeholt.", fuhr nun Michael die Frau an, die nun ebenfalls noch einmal auf die Sechsjährige, die mit ihrem Schäferhund Rex schmuste, schaute.
„Ich habe ja erst jetzt erfahren, dass es der Kleinen wohl schon seit heute Vormittag schlecht ging. Sie hat es mir nicht gesagt... Und weil mir die Kleine so heiß vorkam, hab ich bei ihr lieber noch einmal kurz bei der Kleinen zur Sicherheit Fieber gemessen.", erwiderte Frau Bönsch und Michael nickte, bevor er sich seiner Tochter widmete.

„Lena, Liebling. Wir müssen jetzt leider gleich noch einmal ins Krankenhaus fahren. Dein Bauch muss noch einmal untersucht werden... Wir fahren gleich zu der Frau Doktor, die dich gestern schon untersucht hat. Die war doch ganz lieb zu dir...", erklärte der besorgte Vater seinem Kind und streichelte ihr über den Kopf.

Lena jedoch schien schon bei dem Ausblick auf einen Besuch bei der Kinderärztin, die bestimmt noch einmal Fieber bei der Kleinen messen würde, panische Angst zu bekommen und sie weinte dicke Tränen der Verzweiflung.
„Neeeein... Nein, bitte nicht ins Krankenhaus, Papa. Ich möchte nicht in das blöde Krankenhaus. Die Frau Doktor muss mich sonst aufschneiden...", jammerte das kleine Kind und hielt sich an ihrem Hund fest.

„Wer sagt das denn? Du musst doch nicht von der Frau Doktor aufgeschnitten werden, nur, weil dir dein Bauch weh tut. ... Süße, ich fahre mit dir zu der lieben Frau Doktor, die gestern deinen Bauch abgehört hat und dann bei dir ganz sachte mit dem tollen Fieberthermometer mit dem Bello oben drauf deine Temperatur gemessen hat. Als ich mit dir ein bisschen gekuschelt habe, damit nichts Schlimmes mit meinem armen Mädchen passiert.", erklärte Michael seiner Tochter, doch Lena erzählte: „Hannas Mama ist auch Doktor. Und da hat mir die Hanna erzählt, dass man bei ganz schlimmen Aua im Bauch aufgeschnitten wird, wenn man ins Krankenhaus muss... Und das tut ganz schlimm weh, Papa. Ich möchte nicht, dass es ganz schlimm weh tut. Ich möchte das nicht...", jammerte die kranke Sechsjährige, doch ihr Vater versprach ihr: „Lena, du musst gar keine Angst haben. Du wirst gar nicht operiert, wenn wir beide zu der Tante Doktor fahren müssen. Aber dir tut dein böser Bauch ganz doll schlimm weh. Und das möchte ich nicht. Dass du ganz viel Aua haben musst..."

Beruhigend drückte Michael seine kleine Tochter an die Brust und Lena jammerte trotzdem weiter, sie wolle nicht ins Krankenhaus gebracht werden.
„Die Hanna hat mich doch schon operiert... Wir haben gestern im Hort Krankenhaus gespielt. Die Hanna war die Frau Doktor. Und ich war die Kranke... Und wo ich Hanna gesagt hab, dass mein Bauch wehtut, da hat sie mir eine ganz ganz große Spritze gegeben und dann hat sie meinen Bauch aufgeschnitten... Und das hat mir ganz ganz ganz doll schlimm weh getan."
„Das kann dir gar nicht wehgetan haben, Lena. Weißt du, Liebling. Wenn die liebe Hanna eine ganz große Spritze gegeben hat, dann bist du bestimmt danach schnell eingeschlafen... Das war nämlich eine ganz tolle Schlafspritze. Die bekommen die Menschen, damit sie bei einer Operation gar nichts merken, was der Doktor in einem ganz tollen Zimmer mit ihnen machen muss und dass diese Operation leider doch ein ganz ganz klein bisschen am Bauch wehtut."

„Ich will aber bitte... Bitte nicht operiert werden, Papi! Ich will das nicht, PAAAAPA! NEEEIN! BRING MICH BITTE BITTE BITTE NICHT INS KRANKENHAUS ZU DER FRAU DOKTOR! NEEIN! DIE OPERATION TUT GANZ DOLL WEH!", schrie Lena panisch, als sie von ihrem Vater ihre Jacke angezogen bekam und Michael seine kranke und kraftlose, weinende Tochter anschließend auf den Arm hob, um sie zum Auto zu tragen.

„Rex, komm. Wir gehen wieder zum Auto... Luzie, wenn deine Freunde dann wiederkommen... Du kannst ihnen sagen, dass ihr die Lena bald wieder besuchen könnt. Aber jetzt müssen Lena und ich erst mal zum Doktor fahren...", erklärte Michael der siebenjährigen Luzie, die ihrer besten Freundin, die sich schon seit dem Kindergarten ganz genau kannten, hinterher schaute und Lena eigentlich am liebsten ins Krankenhaus begleitet hätte.

Rex, der treuherzige und äußerst liebe Schäferhund, begleitete einmal kurz laut bellend seine Familie, während Lena versuchte, sich los zu strampeln. Doch ihr Vater hielt das Mädchen so fest, dass es seine kranke Tochter erschöpft nach einer oder zwei Minuten aufgeben musste, sich gegen das Tragen zu wehren.
„Die ganz ganz liebe Frau Doktor hilft dir doch, dass es dir bald wieder gut geht, Lena. Du musst keine Angst haben. Das wird alles gar nicht so schlimm, wenn du mit deinem Papa zum Doktor fährst. Dein Papa ist ja auch dabei und passt immer auf dich auf.", beruhigte Frau Bönsch das kranke Mädchen und streichelte dem Kind noch einmal über die etwas fiebrig erwärmte Wange, bevor sie anfügte: „Du musst auch ganz bestimmt nicht von deiner Frau Doktor aufgeschnitten werden. Sie gibt dir nur ein ganz kleines bisschen Medizin und dann darfst du wieder mit deinem Papi nach Hause fahren."

Lena jedoch hatte trotzdem noch immer panische Angst vor dem, was jetzt noch auf sie zukommen würde, wenn ihr Vater sie wirklich ins Krankenhaus bringen würde. Schreiend gegen ihren Vater tretend hoffte Lena, doch noch los zu kommen und sich dann verstecken zu können. Michael jedoch setzte seine Tochter schon im Auto in den Kindersitz und gurtete das Mädchen an.

„Lena, beruhige dich doch bitte wieder. Wir müssen zusammen ins Krankenhaus fahren; du hast Fieber und dir tut der Bauch weh. Ich möchte nicht, dass vielleicht irgendwas Schlimmeres mit dir ist.", beruhigte Michael seine Tochter noch einmal und schloss, nachdem er auch den Gurt von Schäferhund Rex befestigt hatte, die hintere Tür des dunkelgrauen Kombi.



Während Lea nach einem zweistündigen Besuch bei ihrer Tochter wieder zu Jenne auf die Kinderstation gegangen war und dort die kleine Emily besuchte, fiel ihr auf, dass ihr Lebensgefährte mit einem Baby auf dem Arm gar keine so schlechte Figur machte und unbeabsichtigt griff sich die Ärztin an ihren Bauch.
Bald, ja bald würde Jenne nicht nur seine Stiefenkelin auf seinem Arm halten können, sondern auch seine eigenen Kinder, die unter Leas Herzen heranwuchsen und sich mit jedem Tag, mit jeder Woche mehr und mehr bei ihrer Mutter bemerkbar machten.

Immer wieder fühlte sich Lea an die Schwangerschaft mit Laura zurückerinnert; sie spürte jede Bewegung ihrer heute sechzehnjährigen Tochter genauso, als wäre sie nicht mit ihren Zwillingen schwanger, sondern mit ihrer Laura.

„Laura...", flüsterte Lea mit stolzer Stimme und sie sah auf ihren geliebten Jenne. Ihr Lebensgefährte wäre ganz bestimmt ein sehr guter Vater, der sich exzellent um seine Zwillinge kümmern würde.

Plötzlich wurde die Neurochirurgin wieder an die Diagnose des Gynäkologen Dr. Ansbach zurückerinnert und sie dachte wieder an ihre Zwillinge, die noch unter ihrem Herzen wohnten. Wie sollte es weiter gehen, wenn die beiden Zwerge auf die Welt kamen und eines der Babys wirklich gleich nach der Geburt operiert werden musste?
Lea konnte und vor allem wollte gar nicht daran denken, wie es danach wohl weiter gehen sollte und sie streichelte sich noch einmal liebevoll über ihren Bauch.

„Natürlich kommt ihr beide gesund und munter auf die Welt.", machte sie sich noch einmal mit leiser Stimme selbst Mut, bevor sie bemerkte, dass ihr Lebensgefährte plötzlich neben ihr stand.

„Hey, Lea... Wie geht es Laura denn? Hat sich ihr Zustand wieder verbessert?" „Was? Ja... Ja, natürlich hat sich ihr Zustand verbessert. Ihr Vater ist ja jetzt schließlich bei ihr und passt auf sie auf.", wusste die Ärztin, bevor sie fortfuhr: „Markus ist jetzt noch ein wenig bei unserer Laura am Bett sitzen geblieben. Da kann er mich im Notfall gleich holen, wenn irgendwas ist."

„Und wie geht es unseren Zwergen?", fragte Jenne und Lea fühlte ein langes, breites Schwert, das ihr ins Herz gestochen wurde.
Sie stand vor einem Rätsel – sollte sie Jenne die Wahrheit über die schlechten Nachrichten des Gynäkologen überbringen? Oder könnte sie die Sache mit sich selbst ausmachen?
Jenne merkte, das mit Lea irgendwas nicht stimmte und die Neurochirurgin irgendwas mächtig auf dem Herzen lag.
„Lea?", fragte er mit sanfter Stimme und legte die kleine Emily, die er auf seinem Arm hatte, wieder ins Babybettchen, bevor er seinen Arm um seine Lebensgefährtin schwang. „Ist irgendwas nicht in Ordnung? Fehlt unseren Zwillingen irgendwas? Hast du Probleme mit der Schwangerschaft?"
„Was? Nein... Nein, ich habe keine Probleme...", antwortete Lea mit betrübt klingender Stimme und sie wand sich aus der Umarmung von Jenne heraus, um ihre kleine Enkeltochter aus medizinischer Sichtweise genauer zu betrachten.

„Haben die Kollegen von der Kinderstation denn noch mal nach der kleinen Motte geschaut?", wollte Lea ablenkend wissen und Jenne nickte. „Ja, nachdem Markus und du... zu Laura gegangen seid, kam diese Frau Dr. Voigt noch mal vorbei und hat sich nach der kleinen Maus erkundigt. ... Aber da schlief Emily gerade."
Einen verliebten Blick auf die kleine Emily werfend wandte sich Jenne anschließend wieder an seine Lebensgefährtin und fragte sie erneut, ob alles in Ordnung sei. „Du kommst mir so... niedergeschlagen vor...", erklärte Jenne seine Sorge und Lea atmete tief durch, nahm Jenne an die Hand und verließ mit ihm zusammen das Zimmer von Lauras kleiner Tochter Emily, damit der Säugling in Ruhe schlafen konnte.

Sie musste jetzt einfach mit Jenne über das Problem sprechen; ihre eigene Hilflosigkeit beenden und auf Hilfe von ihrem Lebensgefährten hoffen. Schließlich waren die beiden Zwerge in Leas Bauch nicht nur ihre Babys, sondern auch die Kinder von Jenne; auch er hatte eine gewisse Verantwortung für das noch winzige Leben unter Leas Herzen.



Allerdings machte sich im Moment nicht nur Lea um ihre Kinder Sorgen; auch Michael Köster, der seine knapp siebenjährige Tochter Lena von deren Freundin abgeholt hatte und mit der Kleinen jetzt wieder zu Hause war, machte sich um den Zustand seines Kindes Gedanken.

„Lena, meine Kleine...", flüsterte er, als er am Bett der Kleinen saß. „Es war vielleicht doch ein Fehler, dich auf die Geburtstagsfeier von deiner besten Freundin gehen zu lassen. Dabei habe ich doch deiner Mama ganz fest versprochen, immer auf dich aufzupassen."

„Mama..." Wieder dachte die Kleine an ihre Mutter, die sie vor knapp fünf Jahren bei einem Unfall verloren hatte. Oft hatte die heute fast siebenjährige Lena ihren Vater gefragt, warum ihre Mutter nicht mehr da war. „Wo ist Mama?", fragte sie auch heute und Michael atmete tief durch.
„Das kann ich dir leider alles gar nicht so einfach erklären, meine tapfere, kleine Süße. Weißt du, deine Mama... Deine Mama hatte damals einen ganz ganz schlimmen Unfall... Du, Mama und ich... Wir waren damals zusammen spazieren und du... Du wolltest plötzlich auf der anderen Straßenseite zu einem kleinen Hund, weil du ihn unbedingt streicheln wolltest. Du warst schon damals ein richtig fröhliches Mädchen...", erzählte Michael seiner Tochter, die ihm aufmerksam zuhörte.

„Warum... Aber warum ist Mama nicht mehr da? Wenn ich zu einem Hund wollte? Hat der Hund meine Mama..." „Du hast dich von Mamas Hand losgerissen, Süße. Mama konnte gar nicht so schnell reagieren, da warst du schon auf der Straße und wärst fast von einem Auto angefahren wurden. ... Mama konnte dich gerade noch rechtzeitig auf den Fußweg zurückstoßen...", versuchte Michael seiner Tochter zu erklären, doch die knapp Siebenjährige schien momentan nicht viel zu verstehen.
„Mama... Mama ist... überfahren wurden?", konnte das Kind sich allerdings trotzdem zusammenreimen und Michael nickte.
„Deine Mama hat dich auf den Fußweg zurück gestoßen und konnte dir nicht mehr rechtzeitig hinterher. ... Ich habe dich dann auf meinen Arm genommen und Mama... Mama ist angefahren wurden."

Wieder und wieder bauten sich die Bilder vor Michael auf – die Bilder dieses sehr schrecklichen Unfalls, als seine Frau ums Leben kam. Die schreckgeweiteten Augen seiner kleinen Tochter, die sich nicht mehr daran erinnern konnte, was damals wirklich passiert war.
Die Erinnerungen an den Unfall machten vieles noch ein wenig schwerer, als es eigentlich war. Michael, der seiner Frau in deren letzten Minuten versprochen hatte, gut auf Lena aufzupassen, sah immer wieder diese Bilder vor sich.

„Hat... Hat Mama denn sehr... große Schmerzen gehabt, als sie...", fragte Lena und hielt sich weinend ihren Bauch.
„Nein... Sie hat die ganze Zeit lang, als sie... Da hat sie dich gesehen, Süße. Und das hat ihr die Schmerzen genommen. ... Und kurz, bevor deine Mama... da ist der Notarzt da gewesen..." „Konnte der Arzt ihr denn wirklich nicht mehr helfen?", fragte Lena traurig und Michael schloss seine Tochter vorsichtig in den Arm.
„Nein, meine Kleine. Leider... Weißt du, manchmal... da müssen Menschen eben sterben, bevor sie alt sind...", erklärte Michael mit Tränen in den Augen und Lena nahm ihren Vater in den Arm. „Aber du hast ja noch mich, Papa... Ich bin immer bei dir und passe auf dich auf.", versprach das Mädchen mit liebevoller Stimme, bevor sie wieder kurz aufschrie und in sich zusammensank.

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