Folge 7 - Teil 8: erfolglose Fluchtversuche

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Wieder verkroch sich das kleine Mädchen unter ihrem Bett und Ralf hockte sich davor. „Lilly, hey... Lilly, meine Süße. ... Na, komm. Komm, meine Kleine, komm jetzt bitte bitte raus. Ich... Ich habe deinen Doktor heute Früh angerufen, bevor wir beide zusammen in die Praxis von deinem Doktor gefahren sind. Damit er weiß, dass du krank bist. ... Komm, Kleines. Wir sind in ein paar Minuten auch schon beim Auto und dann fahren wir gleich zum Papi nach Leipzig...", erklärte Ralf der kleinen Lilly, doch das Mädchen hatte zunehmend immer mehr Angst vor dem Arzt und sie weinte.
„Ich möchte nicht zum Doktor... Der macht bei mir immer Pieks in den Arm." „Ach, das stimmt doch gar nicht. Immer gibt der Doktor dir keine Spritze, meine Süße. Nur manchmal, wenn der Papi dich zum Doktor bringt, dann gibt es eine kleine Spritze für dich. Aber sonst nicht.", erklärte Ralf der kleinen Lilly und sah, wie sich das Mädchen wieder unter ihrem Prinzessinnenbett verkriechen wollte.

Schnell suchte Ralf nach einem Grund, Lilly hervor zu locken und ihm fiel sogleich die auf dem Kindersofa liegende Puppe „Emma" ins Auge.

„Lilly? Du hast deine Emma vergessen, schau mal. Hier liegt die Emma noch auf deinem kleinen Sofa. Möchtest du deine liebe Emma denn nicht holen?", fragte Ralf und machte sich dafür bereit, seine kleine Nichte zu fangen.
„Ich... Emma soll herkommen. ... Onkel Ralf, gib mir meine Emma... Die soll herkommen.", erklärte das kleine Mädchen, doch Ralf ließ Lilly so viel betteln und bitten, wie sie nur wollte – er brachte ihr die Puppe nicht.
Also wollte Lilly gerade unter dem Bett hervorkriechen, als Ralf die Puppe hochnahm und achtlos aufs Bett der kleinen Lilly warf.

„So, Lilly. Jetzt hast du ein Problem. Jetzt willst du sicherlich zu deiner Emma und jetzt liegt die Emma ausgerechnet über dir. Das tut mir jetzt aber leid. DU hättest einfach fangen müssen.", ärgerte Ralf das kranke Mädchen und Lilly kam unüberlegt unter ihrem Bett hervor, bevor sie die Hände ihres Onkels um ihre Hüfte spürte und wenig später auch schon auf ihrem bunten Schreibtischstuhl saß.
Energisch fing das kleine Mädchen zu weinen und zu schreien an, doch ihr Onkel reagierte nicht mehr darauf, sondern drückte Lilly die Puppe in die Hand und brachte die Kleine in den Flur, um ihr die Schuhe anzuziehen.
„Nein, ich will bitte bitte nicht. Ich will nicht zum Doktor... Der gibt mir gleich einen Pieks! Der macht mir einen bösen Pieks! Ich will nicht zu meinem Doktor! MAMA! MAMA! PAPA! MAMA! PAAAAAAPA! PAPA!", weinte und brüllte die kleine Lilly schon die ganze Zeit während ihr Onkel sie für die Fahrt zu ihrem Vater nach Leipzig vorbereitete.

Die Angst vor dem Kinderarzt, der beim letzten Besuch des kleinen Mädchens heute Morgen ein paar Tropfen Blut abgenommen hatte, schien immer größer zu werden und nur mit Mühe und Not bekam Ralf die Schuhe an Lillys linken und rechten Fuß.

„Lilly, jetzt mach hier bitte kein Theater mehr. Ich bringe dich jetzt doch nur zu deinem Papa. Und dort passiert dir gar nichts. Du musst nicht weinen... Es ist alles gut, Lilly.", tröstete Ralf seine kleine Nichte, die weinend und schreiend nach ihrem Vater rief und sich gegen die Handgriffe ihres Onkels wehrte, da sie immer noch dachte, Markus' Bruder würde die knapp Sechsjährige zur Praxis des Kinderarztes bringen.
„Ich will nicht zum Doktor! Ich will nicht! Ich... Ich will nicht! Ich will nicht zum Doktor! Ich will nicht zum Doktor! Ich will nicht zum Doktor!", weinte Lilly auch beim Anziehen der Jacke und Ralf schüttelte den Kopf, als er versprach: „Wir fahren jetzt wirklich nicht zu deinem Doktor, Lilly. Du hast die Untersuchung heute Früh schon hinter dich gebracht; der Doktor hat gesagt, wenn alles gut läuft, dann bist du nächste Woche wieder fit. Du kannst nächste Woche wieder in den Kindergarten gehen, Lilly. Aber jetzt müssen wir erst mal sehen, dass wir zwei zu deinem Papa fahren. Wenn du zu deinem Papa willst. Der wartet jetzt schon auf dich.", erklärte Ralf der kleinen Lilly und streichelte ihr über den Kopf.

Allerdings schrie das kleine Mädchen wieder von neuem: „Ich will nicht zum Doktor! Ich will nicht zum Doktor! Ich will nicht zum Doktor!" Ihr Wimmern wurde auch nicht weniger, während sie nach ihrem Vater rief und ihr Onkel versprach: „Ich verspreche dir, dass wir jetzt wirklich nicht zu deinem Doktor fahren. Wir fahren nach Leipzig zu deinem Papa. Dort wirst du doch auch schon erwartet..."



In der Leipziger Sachsenklinik hatte sich Lillys Papa Markus, nachdem er noch einmal kurz nach seiner kleinen Patientin Lena Köster gesehen hatte, wieder auf den Weg zu seiner fast sechzehnjährigen, schwer kranken Tochter Laura Estelle, der es immer noch sehr schlecht ging, gemacht.
Dort jedoch traf der Mediziner nicht nur auf seine besorgte Ex-Freundin Lea, sondern auch auf den Klinikchef Dr. Heilmann. Der hatte sich mit großen Sorgenfalten im Gesicht an Lauras Krankenbett gestellt und las gerade in der Akte der erst sechzehn Jahre alten Patientin, als Markus ins Krankenzimmer seiner großen Tochter trat.

„Lea? Was machst du denn hier? Ich dachte... dir geht es nicht gut?", fragte der Kinderarzt seine Kollegin und Ex-Freundin etwas verwirrt und sah zu Lauras Mutter, dann zu seiner immer noch vor Fieber seufzenden und krampfend in ihrem Bett liegenden Tochter.
„Was ist hier los? Ist etwa schon wieder irgendwas mit Laura Estelle nicht in Ordnung? Geht es ihr nicht gut?", wollte der besorgte Vater von seinen beiden Kollegen wissen und er wandte sich an seine große Tochter: „Laura, Kleines. Was ist denn mit dir los? Was hast du denn jetzt plötzlich? Geht es dir nicht gut? Hast du Schmerzen? ... Laura, meine große Maus. Tut dir irgendwas weh?"

Liebevoll setzte sich Markus zu seinem schwer kranken Kind ans Bett und streichelte ihr über die verschwitzte, heiße Stirn. „Süße, du hast ja schon wieder Fieber. Hm, mein großes Mädchen... Lea? Dr. Heilmann? Was ist denn mit Laura? Was ist denn schon wieder mit meinem Kind?"
„Laura hat momentan sehr starke Schmerzen im Bauch. Und es geht ihr auch nicht so besonders gut. Ich mache mir sehr große Sorgen um die Kleine... Ich kann mir nicht erklären, wo schon wieder dieses verflucht hohe Fieber bei Laura herkommt. Und warum sie solche starken Schmerzen hat. Ich... Markus, ich hab solche Angst um Laura. Sie... Sie wird sterben; unsere Tochter wird sterben...", erklärte Lea dem Arzt mit einem sorgenvollen Blick auf ihre gemeinsame Tochter Laura und Markus nickte kurz, als er seiner krampfenden und vor Fieber stark schwitzenden Tochter die feuchte Hand hielt.

„Süße... Mein armes Mädchen. Du tust mir so leid... Hey, Laura... Meine große tapfere Maus...", sprach der erfahrene Kinderarzt sein schwer krankes Kind an. „Ich habe gerade noch einmal kurz mit deinem Onkel telefoniert. Deiner kleinen Schwester geht es im Moment wohl auch nicht so besonders gut. Sie fühlt sich sehr schlapp, meint dein Onkel. Deswegen sind die Zwei jetzt gerade auf dem Weg zu uns nach Leipzig... Da kann deine kleine Schwester dich auch gleich besuchen kommen, wenn mit ihr alles wieder in Ordnung ist... Sie freut sich auch schon sehr auf dich."

„Ich hab Angst, Papi. Ich habe solche Angst. Bernd tut mir wieder so sehr weh. Er tut mir immer weh...", flüsterte Laura Estelle erschöpft und ihre Eltern sahen sich an, bevor Lea wieder leise und beruhigend auf ihre große Tochter einsprach: „Du musst jetzt gar keine Angst haben, mein kleiner Engel. Bernd wird dir ganz bestimmt nicht mehr weh tun. Wir sind doch jetzt für dich zuständig... Papa und ich sind bei dir und passen auf die arme kranke Laura Estelle auf... Pschscht, keine Angst. Du bist doch ein ganz ganz doll tapferes Mädchen. Und Papa und ich sind auch ganz besonders vorsichtig bei dir. Du wirst sehen; wir sind ganz vorsichtig und passen auf, dass wir dir nicht weh tun...", sprach Lea leise und beruhigend auf ihre Tochter Laura ein.

Endlich brachte Schwester Ulrike das Ultraschallgerät und stellte dieses neben dem Bett von Laura hin.
„So, Laura. Das kennst du doch ganz bestimmt auch schon von deiner Schwangerschaft mit der kleinen Emily, stimmts?" „Hmm...", bestätigte Laura Estelle Rolands Aussage nickend und sie klammerte sich an ihrer Mutter fest, bevor der Klinikchef etwas Gel auf Lauras nackten Bauch verteilte und anschließend die Untersuchung bei der krampfenden Tochter seiner beiden Kollegen durchführte.

„Dann wollen wir doch einmal kurz nach der Herkunft von deinen starken Bauchschmerzen forschen. ... Ganz ganz still liegen bleiben, Laura. Du musst doch jetzt vor der Untersuchung gar keine Angst haben. Es tut dir gut, wenn ich deinen Bauch untersucht hab. Schau mal, Laura. Das tut dir bestimmt ganz und gar nicht so sehr weh... Dann schauen wir doch einmal..."

Ganz vorsichtig ließ Roland den Ultraschallkopf über Lauras Bauch fahren und Lea, Markus und der Klinikchef sahen gebannt auf den Monitor des Ultraschallgerätes. Die fast sechzehnjährige Patientin, der es sichtlich nicht besonders gut ging und die große Schmerzen zu haben schien, versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und biss ihre Zähne zusammen. Je länger die Untersuchung der Schülerin allerdings dauerte, desto stärker wurden die Schmerzen von Laura und als sie es nicht mehr aushielt, schrie die Fünfzehnjährige lautstark los.

„Was ist denn los, Kleines?", fragte Lea erschrocken und sie blickte in die von tausenden Tränen angefeuchteten Augen ihres Kindes, als Roland kurz den Ultraschallkopf hochnahm und fragte: „Hast du bei der Untersuchung große Schmerzen, Laura?"
„Mir... Mir tut der Bauch so weh... Ich will... Ich will nach Hause. Gleich kommt Bernd und... und dann tut er mir wieder weh...", weinte die Schülerin und ihre Mutter legte ihre Hand auf Lauras nassgeschwitzte Finger.

„Süße, du brauchst überhaupt keine Angst zu haben. Du bist hier bei uns in der Klinik in Sicherheit. Hier kommt keiner an dich heran, der nicht zu unseren Kollegen oder zu unserer Familie gehört. Die Schwestern draußen vor der Tür passen auf dich auf, damit dir auch wirklich nichts passiert. ... Was meinst du denn eigentlich damit, dass dir... Dass Bernd dir wehtut?" „Ich... Er...", flüsterte Laura, doch eine Antwort auf Leas Frage kam nicht.

„Süße, was ist denn los?", wollte nun auch Markus von seiner fünfzehnjährigen Tochter wissen und legte seine Hand auf Lauras schweißnasse Stirn, die von den hunderten Schweißperlen nur so triefte. „Maus, du bist brennend heiß. ... Was ist denn nur mit dir? Haben wir dich etwa zu früh aus dem künstlichen Koma geholt?"
„Ich... Mama, ich will... Ich will nach Hause...", flüsterte Laura und versuchte, aus dem Bett aufstehen zu können, doch Lea hielt die fast Sechzehnjährige sogleich fest und erklärte ihrem Kind: „Du kannst jetzt noch nicht nach Hause, Kleines. Du bist doch noch viel zu schwach. Ich will nicht riskieren, dass sich dein Zustand noch weiter verschlechtert."

„Hältst du die Schmerzen jetzt noch ein kleines bisschen aus? Ich bin mit der Untersuchung noch nicht ganz fertig.", wandte sich nun auch noch Roland an die Patientin und deutete auf das Ultraschallgerät, das noch angeschaltet war. „Ich habe da eine Stelle entdeckt, die ich mir gerne noch einmal genauer anschauen möchte. ... Wir können dir zur Not, wenn es gar nicht geht, auch eine kurze Narkose geben..."
„Nicht... Ich will keine Narkose... Ich will nicht... Ich...", seufzte Laura und ihre Hände fingen sogleich wieder zu zittern an, bevor sie spürte, wie sich die Bauchmuskeln wieder zusammenzogen und die starken Schmerzen noch massiver wurden.

„AAAAA...", brüllte die Schülerin und Leas Herz blieb bei dem Schrei ihres Kindes für einen kurzen Augenblick stehen, als sie sah, wie sehr Laura doch unter den aktuellen Schmerzen litt. „Ich will... Ich will nach Hause...", weinte Laura und Lea legte ihre Hand auf die Brust ihres Kindes.

„Süße, ich kann dich noch nicht nach Hause holen. Du bist noch viel zu schwach; du würdest doch nicht einmal schaffen, aus der Klinik zu laufen." „Ich... Ich bleibe im Rollstuhl sitzen, Mama. Ich will nach Hause. Bitte, hol mich... AAA... Ich will hier weg."
Die Tränen, die Laura Estelle im Moment über das Gesicht liefen, wurden mehr und Markus blickte seine Ex-Freundin an, bevor er zu Roland meinte: „Wir sollten die Untersuchung wohl abbrechen, wenn Laura so starke Schmerzen hat. Sie leidet doch. Sehen sie das denn nicht?", fuhr der Mediziner seinen Chef an, doch Roland schüttelte den Kopf.
„Ich muss die Untersuchung beenden, Herr Kollege. Am besten, sie halten Lauras linke Hand fest, während Dr. Peters die rechte Hand nimmt. Und lenken sie ihre Tochter ein bisschen ab. Dann wird sie keine Schmerzen mehr haben.", schlug der Klinikchef vor.

Doch Laura wehrte sich nur noch gegen das Festhalten und Roland wandte sich nun noch einmal an die Patientin: „Laura, ich muss mir die eine Stelle noch einmal genauer anschauen. Es ist wichtig, dass wir wissen, was mit dir los ist. ... Komm, ich bin auch ganz vorsichtig bei dir. Und deine Eltern kümmern sich auch um dich, versprochen."

Leas BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt