Folge 7 - Teil 17: „Wir müssen uns damit abfinden"

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„Lilly? Lilly, mein kleines Mädchen... Was machst du denn hier unten, hm? Ist alles in Ordnung mit dir? ... Hey, meine kleine Maus... Na, komm. Ganz ruhig... Ganz ruhig, mein kleines Mädchen. Es ist alles gut.", beruhigte Markus das aufgeregte Mädchen, das auf dem Boden neben dem Bett saß und dicke Tränen weinte. „Was machst du denn auf dem Boden, mein Kleines?"
„Ich... Ich will... Ich will zu... Laura... Sie hat doch... Angst ohne... Sie hat Angst, wenn...", keuchte Lilly erschöpft und Markus hob die Fünfjährige liebevoll wieder in ihr Krankenbett, wo das kleine Mädchen sogleich in ihr Kissen einsank. „Ich... Meine Schwester... Ich hab Angst, dass... sie ganz... alleine ist..."

„Pschscht, Lilly. Es ist alles gut. Versuch mal bitte, ein wenig ruhiger zu atmen, Süße. Es ist doch gleich alles wieder vorbei...", beruhigte Markus seine Tochter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Du bist hier in Sicherheit. Ich bin bei dir. Und deine große Schwester ist auch nicht alleine... Lilly, meine Große."

„Ich... will zu... meiner großen... Schwester... Bitte, Pa...pa... Ich will zu... meiner großen... mein... meiner großen Schwester.", versuchte Lilly noch einmal, ihrem Vater, der die Kleine gerade mit dem Stethoskop abhörte, davon zu überzeugen, dass sie zu ihrer großen Schwester Laura Estelle auf die Intensivstation musste. „Bitte, Papa. Ich will... zu meiner großen Schwe... zu meiner großen Schwester... Ich... will zu... Laura..."

„Süße, du darfst dich jetzt bitte nicht so aufregen... Dein Herz rast sehr stark... Komm bitte erst mal wieder zur Ruhe, Lilly." „Siehst du, Papa... Ich muss auch... operiert werden... Wie das... Baby von der Tan... te Lea...", bestätigte Lilly ihren Verdacht. „Ich hab... auch ein ganz krank... krankes Herz..."

„Lilly, bei der Tante Lea ist es eine ganz andere Sache. ... Süße, ich muss jetzt erst mal raus finden, was mit dir nicht in Ordnung ist. Nach Hause wirst du erst mal nicht zu können, wenn sich dein Zustand vielleicht sogar noch verschlechtert.", meinte Markus und steckte sein Stethoskop wieder weg, bevor er sich noch einmal an seine Tochter wandte und sie fragte: „Lilly, meine Große. Tut dir irgendwas weh?"
„Nein, Papa... Ich... will zu Lau... Laura. Sie will... mich doch kennen ler... lernen... Sie ist doch meine... meine große Schwester...", keuchte Lilly und Markus machte sich immer größere Sorgen um sein fünfjähriges Kind.

„Dass du so schwer atmest gefällt mir gar nicht. ... Lilly, Maus. Wir machen morgen im Laufe mal ein paar Untersuchungen. Aber da brauchst du gar keine Angst davor zu haben; ich bin dabei und passe auf dich auf.", erklärte Markus seiner bald fünfeinhalbjährigen Tochter und drehte sich dann zu der Krankenschwester, die neben ihm stand und auf die kleine Patientin blickte, während der Kinderarzt ihr anwies: „Schwester Bianca, wir machen erst mal zur Vorsicht ein komplettes Labor bei meiner Kleinen. Und dann schauen wir mal, was das Labor sagt..."

Die Krankenschwester wusste sofort, was sie nun zu tun hatte und lief los. „Ich hole schon mal die Sachen für die Abnahme."

Mit einem letzten kurzen, mitleidigen Blick auf die kleine Patientin ging die Krankenschwester in Richtung Schwesternzimmer, während sich Markus wieder an seine knapp fünfeinhalbjährige Tochter wandte und ihr sagte: „Engel, ich weiß, du kannst das nicht ausstehen. Aber es muss sein. Und ich bin auch ganz vorsichtig bei dir, meine kleine Maus. Du musst also gar keine Angst haben. Die Blutabnahme ist auch nur ganz kurz schlimm und geht ganz ganz schnell wieder vorbei; das verspreche ich dir hoch und heilig..."
„Ich will aber... nicht. Papa, ich... ich will nicht... Ich will zu... meiner großen... Schwester... Ich will... zu meiner großen Sch... Schwester...", keuchte die fünfjährige Lilly immer noch aufgeregt und sah ihren Vater ängstlich an, während sich der Kinderarzt ans Bett des Mädchens setzte und seine Tochter auf seinen Schoß nahm, was Lilly sehr zu gefallen schien.

„Lilly, meine Kleine. Du brauchst doch gar keine Angst haben. Ich bin doch ganz ganz vorsichtig bei meinem kleinen Mädchen. Und, weißt du... Eigentlich machen das die Krankenschwestern hier. Aber extra für dich gibt es eine Ausnahme. Bei dir macht das nämlich dein lieber Papa... Und du weißt doch, bei mir musst du doch nicht einmal weinen."
„Ich hab... Angst... Laura... soll bei... mir sein... Tante Lea... und Laura sollen... hier sein.", weinte Lilly und sie schmuste sich noch ein wenig enger an ihren Vater, der dem fünfjährigen Mädchen über den Kopf streichelte und sie ein wenig beruhigte.

„Du musst keine Angst haben, mein kleines Mädchen. Die Schwester kommt gleich wieder und dann hast du es in ein paar Sekündchen auch schon geschafft. ... Du merkst auch gar nichts, versprochen.", meinte Markus beruhigend und gab seiner kleinen Tochter einen Kuss auf die Stirn, als Schwester Bianca wieder ins Zimmer der kranken Lilly kam und Markus die Sachen für die Blutabnahme reichte.

„Möchtest du dich lieber auf dein Bettchen legen, mein Schatz? Oder möchtest du auf meinem Schoß sitzen bleiben?", bot Markus an und Lilly hielt sich am Hals ihres Vaters fest. „Ich will... bei dir... Ich will... bei dir... bei dir bleiben. Du bist... Ich will zu Laura... MAMA!", weinte die knapp Fünfeinhalbjährige und fing noch mehr zu weinen an, als sie die Nadel und die vorbereiteten Röhrchen in der Schale, die neben ihrem Vater auf dem Bett stand, sah.
„Du brauchst keine Angst haben, Lilly. ... Guck mal, das geht ganz schnell. Du merkst davon gar nichts. ... Die Mama kann nicht jetzt auf der Stelle zu dir kommen, meine Große. Mit ihr muss ich morgen erst mal telefonieren, dass sie Bescheid weiß, dass du hier im Krankenhaus liegst. Lilly, mach jetzt bitte kein Theater wegen der Blutabnahme. Du merkst davon doch gar nichts, meine Große. Also... Komm, meine Große."

„Mama... Mama soll hier... Mama soll hier sein... Ich will... Mama haben... MAMA!", brüllte Lilly und konnte sich kaum beruhigen, während ihr Vater seine knapp fünfeinhalbjährige Tochter für die Blutabnahme vorbereitete.

„So... Schau mal, das ist doch eine ganz kleine Nadel, meine Große. Du bist auch ganz ganz tapfer, meine Maus. ... Pschscht, keine Angst. Ich bin bei dir und passe auf dich auf.", beruhigte Markus das Mädchen, das leicht panisch die Nadel mit ihren Augen verfolgte und nach wenigen Augenblicken auch schon aufschrie, während ihr Vater bei der Blutabnahme ganz vorsichtig vorging und seiner Tochter nach dem Einstich der Nadel auch schon einen Kuss auf den Kopf drückte. „Du musst keine Angst haben, das schlimmste an der ganzen Sache hast du schon hinter dir.", beruhigte der Mediziner seine kleine Tochter und gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. „Dann wird nur noch ganz vorsichtig die Nadel raus gezogen und dann darfst du wieder in dein Bett krabbeln."

„Aber... Tut... AUA... AUA!", brüllte Lilly und Markus konnte gar nicht hinsehen, wie seine Kleine unter der Abnahme litt. Aber sie musste eben sein und Lilly hatte es ja auch gleich geschafft, redete sich Markus zur Beruhigung selbst ein, während er versuchte, seine kleine Lilly zu beruhigen.



Nachdem sie ihren Jenne angerufen hatte, der die kleine Maja abholen kam, hatte sich Lea wieder auf die Intensivstation geschlichen und schaute noch einmal nach ihrer fünfzehnjährigen Tochter, die sich wohl auch nicht ganz wohlfühlte.

„Laura... Laura, ist irgendwas nicht in Ordnung? Hast du Schmerzen?", erkundigte sich Lea bei ihrer Tochter und die Fünfzehnjährige schüttelte den Kopf und flüsterte: „Ich... Ich will... Ich will nach Hause... Ich hab... ich hab Angst, dass Stefanie kommt und... und mich abholt. Sie... wird mich... Sie will mich ent... Sie will mich von dir... wegholen.", meinte Laura und kuschelte sich an die Hand ihrer Mutter, die Lea liebevoll an Lauras linke Wange legte.

„Meine Maus, du brauchst keine Angst zu haben. Ich passe immer auf dich auf.", versprach Lea ihrer fünfzehnjährigen Tochter, doch Laura schüttelte den Kopf.

„Sie... Sie will mich... wegholen. Entführen. Sie... Sie hat noch nicht... Sie hat sich noch nicht damit... abgefunden, dass ich... nicht mehr bei ihr wohnen will. Sie... WO IST MEIN BABY?" Plötzlich fiel Laura wieder ihr Kind ein und sie schaute erschrocken links und rechts neben sich, doch außer ihrer Mutter an ihrer linken Bettseite und einer Krankenschwester in der Tür sah Laura nichts. „Ich... MEIN BABY! SIE HAT MEIN BABY! SIE HAT MEINE... SIE HAT... SIE HAT MEIN BABY!"

„Laura... Laura, ganz ruhig. Keine Angst. Deine kleine Maus ist in Sicherheit. Sie liegt auch bei uns auf der Station; es ging deinem kleinen Mädchen nicht besonders gut und da hab ich sie für weitere Untersuchungen in die Klinik gebracht. Vor einer viertel Stunde war ich noch einmal bei der kleinen Maus und da hat sie ganz lieb und brav auf der Kinderstation in ihrem Babybettchen gelegen und tief und fest geschlafen. Deine kleine Maus ist in Sicherheit."

„Aber... Sie will mein Baby... Sie will mein Baby haben. Ich kann ihr mein Baby nicht geben. Ich kann es ihr... Ich hab... Ich habe meine kleine Maus doch... fast verloren... Sie kam doch... viel zu früh auf die Welt. Sie kam viel zu früh..."

„Süße, mach dir keine Sorgen um deine kleine Maus; Emily ist in Sicherheit. Sie kann auch bestimmt bald wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden und dann kümmert sich Jenne, dein Stiefpapa um das kleine Mädchen, wenn das für dich in Ordnung ist." „Ja... Ich... ich will mich selbst... Ich will selbst für mein... Baby da sein. Ich will... meine kleine Maus... bei mir haben, Mama."

„Sie könnte theoretisch bei dir im Zimmer liegen, aber da gibt es ein Problem, meine Große. Wenn irgendwas nicht mit deinem Mäuschen in Ordnung ist, würdest du dich viel zu sehr um dein Baby sorgen und nicht mehr in deinem Bett liegen bleiben. Ich möchte, dass du dich jetzt erst mal ausruhst, mein kleines Mädchen. ... Ich werde dich morgen mal mit deiner kleinen Maus besuchen; aber jetzt musst du schlafen, Laura. Das ist ganz ganz wichtig. Sonst kommst du nicht mehr zu Kräften. Und das ist ganz wichtig... für die Tortour, die du noch vor dir hast. Dafür brauchst du sehr viel Kraft, meine Süße."

„Ich... Ich habe... Ich will nicht wegen dieser schrecklichen Krankheit behandelt werden, Mama. Ich... ich will meine kleine Maus nach Hause bringen und... Und dann... Ich muss doch... Ich muss meine kleine Tochter beschützen; sie braucht mich doch...", flüsterte Laura voller Erschöpfung und Müdigkeit und ihre Mutter beruhigte die schwer kranke Fünfzehnjährige sehr liebevoll. „Du brauchst keine Angst haben; ich bin jetzt bei dir und passe auf dich auf. Und deine süße, kleine Tochter ist auch sehr gut versorgt. Markus, dein Papa, schaut ganz regelmäßig nach deiner kleinen Emily. Und ich habe auch erst vor einer Viertelstunde geschaut, wie es der Süßen geht. Da war alles in Ordnung."
„Ich will nicht mehr... Ich will... nicht gegen die... Ich will nicht behandelt... werden. Das... Das ist viel zu... zu anstrengend für mich. Ich... schaffe das nicht.", jammerte die Fünfzehnjährige, doch Lea schüttelte sofort abweisend den Kopf und erwiderte: „Nein, damit fangen wir doch gar nicht erst an, Laura Estelle. Ich möchte, dass du dich von uns behandeln lässt und diese schreckliche Leukämie besiegst. ... Du hast sehr sehr gute Chancen, diese schreckliche Krankheit wirklich gut zu überstehen. Wir werden bei dir bald eine Chemotherapie beginnen; die wird dich zwar sehr sehr schwächen. Aber... Du musst unbedingt behandelt werden. Ich lasse dich nicht einfach gehen, Maus."

„Aber du musst mich vielleicht gehen lassen, Mama. Ich werde... Das ist nicht das erste Mal, dass... ich diese schlimme Krankheit... habe. Ich weiß doch, was das heißt. Bernd... und Stefanie... haben mir gesagt, dass... Dass ich... Dass das für mich das Todesurteil..."

„Laura!" Lea sah ihre Tochter an und Laura konnte ganz genau die Tränen in den Augen ihrer Mutter sehen. „Ich lasse nicht zu, dass ich mein Kind zum zweiten Mal verlieren muss. Ich... Ich schaffe das kein zweites Mal. Du wirst überleben; ich weiß das. Du schaffst das, mein kleines Mädchen. Ich glaube an dich... Aber du musst kämpfen und darfst dich auf keinen Fall jetzt schon aufgeben. Du wirst den Kampf gewinnen; das weiß ich, Laura. Du musst kämpfen. Du musst es schaffen, mein kleines Mädchen. Ich brauche dich."

„Wir müssen uns damit abfinden, dass... Dass ich vielleicht sterben muss, Mama. Und dafür möchte ich alles vorbereiten. ... Natürlich werde ich um mein Leben kämpfen, aber wenn es eben nicht mehr geht, dann geht es auch nicht mehr. Und dann musst du das auch akzeptieren, Mama.", bat Laura ihre Mutter und legte ihre Hand auf die Hand ihrer Mutter.

„Aber... Aber natürlich, meine Große. Aber... Du wirst nicht sterben; das verspreche ich dir. Wir werden hier alles tun, damit du diese schreckliche Krankheit... Dass du wieder gesund wirst. Ich bin immer in deiner Nähe. Und wenn es dir während der Chemotherapie schlecht gehen sollte, dann haben wir noch andere Möglichkeiten, um dir zu helfen. Hier in der Sachsenklinik lassen wir keinen Patienten einfach so sterben; gestorben wird erst, wenn wir aufgeben. Und bei meinem kleinen Mädchen geben wir niemals auf...", versprach Lea ihrer Tochter und sagte zu sich selbst: „Ich hoffe es jedenfalls, dass... Dass meiner großen Maus nichts passiert."

„Aber wir müssen uns mit der Situation auch beschäftigen, Mama.", erwiderte Laura noch einmal und Lea nickte, bevor sie sagte: „Wir schaffen das, Laura. Ich werde für dich da sein, wenn du mich brauchst.", beruhigte Lea ihre Tochter und streichelte ihr liebevoll über den Kopf. „Ich werde immer in deiner Nähe sein, mein großes Mädchen. ... Aber dich bedrückt doch irgendwas, meine Süße. Sag es mir ruhig, was dich beschäftigt. Vielleicht finden wir eine Lösung... Gemeinsam, hm...", schlug Lea vor, doch ihre Tochter wollte nicht sagen, was sie bedrückte und warum sie auf einmal so traurig wirkte.
„Ich... Ich will... Ich habe Angst, Mama. Ich habe Angst vor der Therapie, den ganzen Chemomedikamenten und... Und davor, dass der ganze Kampf vielleicht doch... Dass ich vielleicht doch sterben sollte. Ich habe einfach Angst.", seufzte Laura erschöpft und traurig wirkend und ihre Mutter streichelte ihr liebevoll über den Kopf, bevor sie sagte: „Mein kleines Mädchen, du musst keine Angst haben. Ich werde immer in deiner Nähe sein. Du kannst auch über alles mit mir sprechen; wir finden gemeinsam einen Ausweg..."

„Mama... Mama, kannst du... Kannst du mir etwas versprechen?", fragte Laura traurig und sie blickte Lea, die ihre Tränen beim Anblick ihres todkranken Kindes nicht mehr zurückhalten konnte, tief in die Augen, aus denen die salzigen Tränen wie aus Bächen flossen.

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