Folge 6 - Teil 17: „Wann kommt Laura wieder zu sich?"

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„Und... Ich weiß trotzdem immer noch nicht, was mit der kleinen Lena los ist. Die Lumbalpunktion gestern hat zu keinem Ergebnis geführt; eine erneute Sonographie war ebenfalls... ohne Befund. Langsam bin ich mit meinem Latein wirklich am Ende. ... Die kleine Lena hat immer noch Fieber; zwar nicht mehr über 40 Grad... Aber immerhin noch knapp unter der 40er-Marke."

„Haben wir schon ein neues Labor?", erkundigte sich Roland und Markus nickte mit einem Blick auf Leas Mutter, die etwas neben sich stehend in der Cafeteria saß. „Ja, ich habe ihr heute Nacht... Ich war heute Nacht noch mal hier und hab noch einmal nach der armen, kleinen Lena geschaut. Dabei hab ich ihr gleich noch mal ein wenig Blut abgenommen. Die Entzündungswerte sind weiterhin... stark erhöht..."

„Dann werden wir sehen müssen, wie es mit der Kleinen weitergeht. ... Kommen sie, Herr Kollege. Wir machen gleich unsere Dienstbesprechung. Im Team finden wir bestimmt noch eine andere Lösung.", versprach Roland, doch Markus hatte ein anderes Ziel und das hieß... Professor Ludwig Peters.
Der saß in der Cafeteria und rührte in seiner Tasse herum. Als er Markus, den er gestern Nacht kurz bei seiner Enkelin getroffen hatte, erblickte, lächelte er seinen Ex-Schwiegersohn freundlich an und begrüßte ihn.

„Ah, Dr. Blankenburg... Markus. Schön, dass wir uns heute Früh hier treffen.", lächelte Leas Vater, während sich Markus zu ihm setzte.
„Ja, schön... Was machen sie denn heute Morgen hier? Wollten sie zu Laura?" „Ja... Ich wollte eigentlich zu Laura ins Zimmer. Aber ich hatte Angst, dass Lea wieder bei ihrer Tochter ist und mich nicht an mein Enkelkind heran lässt. Sie ist gestern Abend so... So herzlos gewesen, als ich bei Laura war und sie besuchen wollte. Dabei habe ich doch auch ein Recht darauf, mein Enkelkind zu sehen.", wusste Leas Vater und Markus nickte.
„Da haben sie Recht, Herr Professor Peters. ... Ich werde später, wenn ich Lea wiedersehe, noch einmal mit ihr ein ernstes Wort über das Thema sprechen. Wir finden gemeinsam sicherlich eine Lösung im Sinne von unserer kranken Laura. Sie freut sich doch schließlich bestimmt auch, wenn ihr Opa und Ihre Oma bei ihr sind und ihr in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten während ihrer Behandlung jederzeit zur Seite stehen...", versprach Markus seinem Ex-Schwiegervater und der Vater von Lea schöpfte aus dem Gespräch mit dem Mediziner gleich wieder neue Hoffnung.

„Es ist ja auch nicht so, dass ich mich nicht für meine tapfere, große Enkelin und ihre Gesundheit interessieren würde. Oder dass ich meiner armen Laura nicht während der schweren Zeit ihrer Behandlung beistehen wollte. Aber... Lea lässt mich einfach nicht zu meiner Enkelin. Und das macht mich sehr traurig und... auch ein bisschen enttäuscht von meiner Tochter. Ich meine, während der Behandlung wird unsere arme Laura alle Hilfe brauchen, die sie nur bekommen kann. Eine Krebsbehandlung... und dann auch noch bei einem Rückfall... ist bestimmt kein Sonntagsspaziergang.", wusste Ludwig und Markus nickte.

„Wir kriegen das bestimmt wieder hin. Für Lea ist nur momentan alles ein kleines bisschen zu viel. Ihre Schwangerschaft, die Erkrankung ihres ungeborenen Babys... Und dann auch noch der schlechte Zustand von Laura und dann auch noch dieses plötzliche Wiedersehen mit mir. Sie braucht jetzt ein wenig Zeit..."


Bei Lea zu Hause saß die Ärztin an Esstisch, während sich ihr Lebensgefährte Jenne um das Frühstück kümmerte.
„Ich könnte dir doch helfen.", gähnte die Neurochirurgin, als sie von ihrem Platz aufstand und sich der Kaffeemaschine widmete.

Doch Jenne schüttelte den Kopf und erwiderte, Lea habe die ganze Nacht kein Auge zubekommen und wäre sichtlich müde.
„Bestimmt nicht, Jenne. Mir geht es gut. Ich bin nicht müde...", widersprach die Ärztin und nahm die Kaffeetasse in die Hand, doch wieder begann sie, kräftig zu gähnen.

„Na, siehst du. Hab ich doch gesagt, du bist hundemüde... Setz dich hin, ich mache das schon.", wies Jenne seine liebste an und Lea betrachtete ihn dabei.

Hatte Markus vielleicht wirklich recht? War sie wirklich so sehr von ihrem Jenne abhängig, um nicht zu merken, dass Laura in ihrem schlechten Zustand nicht von ihm so viel Besuch bekommen sollte? Hatte sie sich in den letzten Tagen, seit Laura im Krankenhaus lag, genug um ihr schwer krankes Kind gekümmert?

„Lea? An was denkst du denn jetzt schon wieder? Geht es deiner armen Laura nicht gut? Oder hat es etwas mit Markus zu tun?"

Woher wusste Jenne, an was Lea gerade dachte? Hatte sie ihm gestern Abend vielleicht doch schon etwas von ihrer Sorge erzählt?

„Woher... Woher willst du denn wissen, an was ich denke? Hab ich mit dir über Markus gesprochen und weiß es selbst nicht mehr?", wollte Lea wissen, doch Jenne erwiderte, Lea hätte nicht mit ihm über Markus gesprochen.
„Nein, mit mir gesprochen hast du nicht. Aber du hast die ganze Nacht lang gemurmelt, dass du mich lieben würdest und ich bei Laura bleiben dürfe. Habt ihr über deine Große gesprochen?"
„Markus ist nicht begeistert, wenn du bei unserer Tochter bist. Er meinte, dass es unsere Laura sehr durcheinander bringen würde, wenn du bei ihr sitzen würdest. Laura würde dich nicht kennen..."

„Da muss dein Markus gerade reden. Er hat sein Kind doch im Stich gelassen, als sie ihn brauchte. Wir haben tagelang mit ihm geredet, er solle nach Leipzig kommen und seiner Tochter beistehen. Wenn er nicht an der Klinik angefangen hätte, dann würde er jetzt noch nicht bei Laura gewesen sein. Und jetzt maßt er sich an, über mich zu urteilen? Laura wäre komplett alleine gewesen, wenn wir beide uns nicht um sie gekümmert hätten.", erklärte Jenne und nahm sich vor, mit Markus zu sprechen, wenn er das nächste Mal auf den Mediziner treffen würde.

„Sag mal, Lea. Wann holt ihr Laura eigentlich aus der Narkose raus? Ich dachte, Laura dürfte bald wieder aufwachen?", wandte sich Jenne an seine Lebensgefährtin und Lea zuckte kurz mit der Schulter.
„Ich weiß nicht, warum Laura nicht wieder zu sich kommt. Die Narkose ist seit gestern raus. Langsam sollte die Große wieder aufwachen. Aber lass uns jetzt erst mal essen."

Die Frage von Jenne war allerdings langsam berechtigt; schließlich lag Laura schon seit einigen Tagen auf der Intensivstation der Sachsenklinik und die Narkosemedikamente waren seit gestern Abend nicht mehr in Lauras schwachen Körper gepumpt wurden.
Doch trotzdem kam die fast Sechzehnjährige einfach nicht zu sich, weswegen sich Lea insgeheim große Sorgen um ihre Tochter machte. Aber sie durfte diese Sorgen nicht so einfach an sich heranlassen; schließlich war der Zustand von Laura im Moment nicht so besorgniserregend, wie von anderen Patienten, die in der Klinik lagen.

„Laura wird sicherlich in den nächsten Stunden; vielleicht auch erst morgen wieder zu sich kommen. Ich meine, sie hat die Narkosemedikamente noch abzubauen, die in ihrem Blut umher schwimmen. Das geht nicht von Jetzt auf Gleich, dass die Komapatienten wieder zu sich kommen. Momentan läuft aber alles noch geplant."
„Meinst du wirklich? ... Lea, ich habe dich gestern Abend im Schlaf jammern hören. Du hast gesagt, Laura sei tot und sie würde nicht mehr zu sich kommen. Du hast Dr. Heilmann und Dr. Globisch im Schlaf die Schuld gegeben, dass Laura nicht wieder wach wird. ... Irgendwas ist doch nicht in Ordnung; ich spüre das, Lea."
„Doch, es ist alles OK. Wir haben Lauras Werte gestern Nacht noch einmal überprüft... Das heißt, Markus hat Laura Blut abgenommen und ich habe sie zur Beruhigung ein wenig gestreichelt. Sie hat sehr große Angst vor dem Blutabnehmen; allgemein vor Spritzen fürchtet sich mein armes, kleines Mädchen. Und ich will ihr den Aufenthalt in der Klinik bei uns so angenehm, wie nur möglich machen... Mein armes krankes Töchterchen darf einfach keine Angst haben; weder bei den ihr bevorstehenden Untersuchungen, noch bei der Behandlung ihrer Leukämie...", nahm sich die Neurochirurgin fest vor und stocherte in dem Salat von gestern Abend, den Jenne seiner Liebsten aufgehoben hatte, appetitlos herum.

„Lea? Hast du keinen Appetit?", erkundigte sich Jenne und Lea nickte kurz, bevor sie bestätigte: „Ja, ich... Ich hab irgendwie... überhaupt keinen Hunger, wenn ich an den Zustand von Laura denke... Sie ist immer noch so schwach und müde..."
„Ich dachte, der Zustand von Laura wäre in Ordnung und ihr würdet nur noch darauf warten, dass sie endlich wieder zu sich kommt." Jenne schien im Moment mit den Aussagen von Lea nicht wirklich Bescheid zu wissen und er sah seine Lebensgefährtin kurz fragend an.

„Ich... Markus und ich, wir haben gestern Abend... Laura ging es gestern Abend wieder sehr viel schlechter, als am Morgen. Sie hatte wieder sehr hohes Fieber und... Ihr Atem gefiel uns auch nicht. Aber wir konnten eine Lungenentzündung bereits ausschließen.", erklärte Lea, doch die Aussage der Ärztin schien für Jenne nur ein Tropfen auf den hohlen Stein gewesen zu sein.

„Laura geht es also doch wieder schlechter... Ihr habt sie doch noch auf der Intensivstation gelassen, Lea? Oder habt ihr Laura schon wieder von der Intensivstation geholt und... auf die Normalstation verlegt?"
„Nein, Jenne. Natürlich liegt Laura in ihrem schlechten Zustand noch auf der ITS. Markus schaut auch regelmäßig nach ihr... Aber wir müssen jetzt auch nicht über den Zustand MEINER Tochter sprechen. Sie ist bei meinem Ex-Lebensgefährten in guten Händen.", wusste Lea, doch als die Ärztin einen Bissen von ihrem Brötchen abbeißen wollte, drehte sich ihr Magen um und sie lief schnelleren Schrittes ins Bad.



Inzwischen waren in der Sachsenklinik alle diensthabenden Ärzte zusammengekommen und besprachen die wichtigsten Fälle im Kollegenkreis. Während allerdings Roland, Philipp und Kathrin sehr intensiv miteinander sprachen, schien Markus nicht ganz bei der Sache zu sein.

„Markus?", sprach Philipp den ehemaligen Kommilitonen an. „Markus? Hey, ist alles in Ordnung? Hast du irgendetwas?" „Nein... Nein, Philipp. Es ist alles OK... Ich denke nur gerade an meine kleine Lilly. Ihr schlägt wohl die Trennung von ihrer Mutter und mir und mein Wegzug ziemlich auf den Magen. Mein Bruder hat gestern Abend hier angerufen; meine kleine Lilly würde seit Tagen nur noch weinend in ihrem Bett liegen und sich gegen den Kindergarten wehren."
„Das ist das Alter.", wusste Philipp, doch Markus widersprach sofort. „Nein, das ist nicht das Alter, Philipp. Lilly ist ein sehr sensibles Kind; sie reagiert auf sämtliche Veränderungen sofort mir irgendwelchen Infekten oder dergleichen."

„Hast du mal selbst mit deiner Tochter gesprochen?", erkundigte sich Philipp, doch Markus schüttelte den Kopf. „Die Kleine hätte mit knapp 39 Grad Fieber im Bett gelegen. Sie ist schon bei 38,5... komplett apathisch und fühlt sich unwohl. Als sie drei Jahre alt war, musste ich nachts mit der Kleinen sogar ins Krankenhaus fahren, weil sie knapp 39 Grad Temperatur hatte und sich nicht mehr bewegen wollte. Damals hatte sie eine Herzmuskelentzündung... Und heute... Ich würde am liebsten zu meiner Kleinen fahren und meine Lilly besuchen."
„Aber sie haben Dienst, Dr. Blankenburg.", erinnerte Roland den neuen Kollegen an die Regeln und Markus nickte. „Das weiß ich sehr gut, Dr. Heilmann. Deswegen habe ich mit meinem Bruder auch besprochen, dass er sich meine Kleine schnappt und nach Leipzig kommt."
„Das ist eine gute Idee... Dann können sie ihre Kleine hier in der Klinik betreuen. Wenn es wirklich ein körperliches Problem bei dem Mädchen gibt.", erklärte Kathrin, bevor sie zum nächsten Patienten wechselte.

„So... Dann kommen wir mal zu unserer kleinen Sorgenpatientin auf der Kinderstation... Lena Köster, knapp sieben Jahre alt. Einlieferung nach Zusammenbruch. Dr. Blankenburg, sie sind der behandelnde Arzt. Was denken sie, was der Kleinen fehlt?"
„Das Mädchen zeigt unerklärliche Symptome. Sie klagt über starke Bauchschmerzen; zunächst bestand der Verdacht auf Appendizitis. Aber der hat sich zum Glück nicht bestätigt... Allerdings ist auffällig, dass sich der Zustand der Kleinen oft verschlechtert, wenn sie alleine ist..."

„Meinst du vielleicht, dass die Kleine ihre Symptome nur vorspielt, um Aufmerksamkeit von ihrem Vater zu bekommen?", riet Philipp, doch Markus widersprach seinem ehemaligen Studienkollegen sogleich: „Nein, Philipp. Das glaube ich nicht. Aber es ist auffällig, dass sie hohes Fieber hat, sobald ihr Vater nicht bei ihr ist... Wir haben bereits an Meningitis gedacht, aber die Lumbalpunktion war ebenfalls negativ. Die Kleine ist ein medizinisches Rätsel."

„Vielleicht fehlt ihr auch ihre Mutter...", riet Dr. Kaminski, doch Roland wusste genau, dass ein Besuch der Mutter nicht möglich wäre.
„Die können wir leider nicht herzuzaubern. Die Mutter ist vor einigen Jahren bei einem Unfall verstorben", erklärte der Klinikchef.

„Dann sollten wir uns noch mal die anderen Blutwerte anschauen. Haben wir ein aktuelles Labor von der Kleinen da? Mich würden besonders die Nierenwerte interessieren...", gab Kaminski als Anweisung und Markus reichte dem Urologen die Krankenakte der Kleinen.
„Die Nierenwerte sind soweit... in Ordnung. ... Nur die Entzündungswerte sind stark erhöht. Haben sie schon einmal über eine genetische Disposition für Erkrankungen nachgedacht? Ich meine, sie könnten mit dem Vater über Vorerkrankungen in der Familie..." „Wurde bereits erledigt, Herr Kollege. Der Vater weiß nichts von familiären Problemen... Weder von seiner eigenen Seite, noch von Seiten der Mutter."
„Dann bleibt nur noch eines: die Kleine hat eine versteckte Appendizitis. Sie sollten mit dem Vater darüber sprechen, dass eine Blinddarm-OP nötig sein könnte. Wenn sich der Zustand der Kleinen immer wieder verschlechtert, dann ist vielleicht doch eine Appendizitis der Auslöser..."

Plötzlich stürmte Pflegeschüler Kris Haas ins Zimmer und rief den Kinderarzt zu seiner kleinen Patientin. „Lena Köster geht es wieder schlechter. Sie sollten kurz nach ihr sehen; ich glaube, sie hat eine Blinddarmentzündung...", vermutete der Auszubildende und Dr. Blankenburg erhob sich von seinem Platz.

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