Folge 8 - Teil 12: „Ich werde mein Baby nicht töten lassen!"

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„39,3 Grad. Maja, das gefällt mir im Moment leider noch gar nicht... Du hast doch ganz bestimmt irgendetwas, was dir weh tut. Oder tut dir wirklich nichts weh?"
„Mein Bauch... AUA... AUA... Mein Bauch... Laura, mein Bauch tut ganz doll weh...", gab das Mädchen nun endlich zu und Markus schlug sogleich die Decke des Kindes zurück, um die kleine Schwester seiner Tochter ganz vorsichtig am ihr Schmerzen bereitenden Bauch zu untersuchen.

Sanft drückte er auf dem Unterbauch der kleinen Patientin herum und Maja zuckte kurz zusammen, als der Arzt auf die ihr ein wenig Schmerzen bereitende Stelle kam.

„Hier tut dir der Bauch am meisten weh?", fragte der erfahrene Kinderarzt und die kleine Maja, die ihren Arzt anschaute, nickte ängstlich, bevor sie sagte: „Meiner armen... Meiner Laura Estelle hat das auch schon mal ganz ganz doll weh getan. Und da hat Papa und Mama meine große Schwester ins Krankenhaus gebracht... Aber Laura Estelle hat dann im Krankenhaus auch immer so viel geweint."

„Maja meint die Sache vor drei Jahren; da war ich schon einmal mit... mit großen Bauchschmerzen und heftigen... heftigen Fieberattacken im Krankenhaus... Es bestand schon damals der Verdacht darauf, dass vielleicht die Leukämie schon wieder zurück gekommen ist. Und da hatte ich soo große Angst davor, weil... Weil die Behandlung von... meiner Leukämie schon beim ersten Mal eine ganz knappe Angelegenheit war. Hatte mir meine Mutter... Hatte mir Stefanie damals gesagt. ... Und... Und dass ich bei meiner ersten Leukämiebehandlung immer sehr hohes Fieber hatte, weil ich die... Die Medikamente nicht vertragen habe... Und deswegen habe ich sehr viel im Krankenhaus geweint, weil ich nicht schon wieder Leukämie haben wollte. ... Aber es war dann zum Glück auch nur eine Entzündung an meiner linken Niere gehabt; deswegen hatte sich ziemlich viel in meiner Niere gestaut... Und deswegen hatte ich ein paar Tabletten bekommen und nach ein paar Tagen, in denen ich die Tabletten genommen habe, war alles wieder gut..."

„Ach, mein armes, großes Mädchen." Markus atmete tief durch; er wusste, dass seiner Tochter die schrecklichen Strapazen einer Chemotherapie in wenigen Wochen schon wieder bevorstanden.
Dem Mädchen standen die Tränen der Angst in den Augen und sie weinte plötzlich kräftig los, als wäre sie jetzt schon dabei, ihre Medikamente gegen die Leukämie erneut zu bekommen.

Natürlich wusste Markus, dass er seiner Tochter in dieser Situation jetzt nicht helfen konnte, aber trotzdem hätte er am liebsten seine Laura Estelle jetzt in den Arm genommen und ihr gesagt, dass alles wieder in Ordnung kommen würde.
Doch er wusste auch, dass eine zweite Leukämieerkrankung für seine Tochter kein Zuckerschlecken mehr sein würde. Laura würde noch mehr Kraft brauchen, um die Krankheit ein zweites Mal zu überstehen. Und im jetzigen Zustand seines Kindes wäre das nicht möglich; zumal Laura auch noch schwanger war und sich schon beim letzten Gespräch mit ihren Eltern gegen eine Abtreibung entscheiden hatte.
Hoffentlich, so dachte Markus, würde er seine Tochter noch umstimmen können, dass sie ihr Baby für ihre eigene Gesundheit aufgab und einer Operation so schnell wie möglich zustimmen würde. Ansonsten müssten sie vielleicht auch noch ohne Lauras Zustimmung handeln und das Mädchen in Narkose legen, um eine Abtreibung schnellstens durchzuführen.

„Süße... Wir müssen dann auch noch einmal miteinander reden...", wandte sich Markus an seine Tochter und Laura nickte zustimmend, bevor sie fortfuhr: „Das nächste Mal... Das nächste Mal war ich dann im Krankenhaus, als meine kleine Emily auf die Welt kommen wollte. Viel zu früh... Ich hab mein Baby nicht beschützen können, dass sie noch ein bisschen in meinem Bauch bleiben... in meinem Bauch bleiben dürfte... Damals war ich nach einem Streit mit... mit dieser... mit Stefanie in der Schule die Treppe runter gestürzt und hatte danach schon die ersten Wehen. Aber die... die nächsten zwei Stunden hatte ich noch mitgemacht, bevor ich dann in der großen Pause schlussendlich doch noch in mich zusammengesackt bin und ich dann per RTW ins Krankenhaus gebracht werden musste. Mit starken Wehen und einer geplatzten Fruchtblase. Ich bin dann sofort operiert worden und... meine kleine Emily kam zur Welt. Aber ich durfte mein kleines Mädchen ja nicht behalten... Stefanie hat mir die kleine Maus ja auch weggenommen... Wie sie mir mein ganzes Leben auch schon wirklich alles weggenommen hatte..."

Maja rutschte sofort zu ihrer fünfzehn Jahre alten Adoptivschwester und drückte ihr zur Beruhigung und zum Trost einen dicken Kuss auf die Wange.
„Laura Estelle... Du bist doch meine ganz tapfere große Schwester... Eine ganz ganz tapfere große Laura, die tapferste Laura, die ich kenne... Ich will nicht, dass du weinst.", flüsterte das Mädchen und streichelte Laura, bevor sie sagte: „Komm zu mir ins Bett, Laura. Wir kuscheln zusammen... in meinem Bett... Dann werde ich auch wieder gesund... Laura, ich will nicht, dass du jetzt so sehr... so sehr weinst." „Ich weine doch auch gar nicht... Höchstens, wenn ich wieder von Stefanie aus... aus dem Krankenhaus weggeholt werden muss, weil ich hier meine richtige Mama und meinen... meinen richtigen Papa habe und keinen Kontakt zu den beiden haben darf..."

„Laura, meine Große. Lea und ich lassen auf keinen Fall zu, dass Stefanie dich hier aus dem Krankenhaus holt. Stefanie darf nicht einmal mehr zu dir auf die Intensivstation. Und sobald du... sobald du auf die Normalstation verlegt wurden bist, werden Jenne, Lea und ich regelmäßig an deinem Bett sitzen und auf dich aufpassen. ... Komm, meine Große. Dir geht es schlecht; ich werde dich jetzt erst einmal zur Sicherheit wieder auf dein Krankenzimmer bringen. Du kippst doch hier auch gleich in dich zusammen, wenn es so weiter geht. ... Komm, Große."

„Ich will nicht... Ich will wieder zu... zu Mama nach Hause... Ich will zu meiner richtigen Mami... Ich will zu meiner richtigen Mamaa...", wehrte sich Laura Estelle voller Panik und wurde in ihrem Rollstuhl immer kleiner und unscheinbarer.

„Laura Estelle, ich möchte jetzt, dass du dich entspannst... Komm, ich bringe dich in dein Zimmer, damit du dich ausruhst. Und dann reden wir noch einmal miteinander... Maja, ich komme in ein paar Minuten noch einmal zu dir und dann kümmere ich mich um dich..."


Markus begleitete seine knapp sechzehnjährige Tochter Laura behutsam in ihr Krankenzimmer im Nebenraum und half dem Mädchen in ihr Bett. „Na, meine Große... Mein Mädchen... Komm, ich helfe dir.", beruhigte Markus seine Tochter und streichelte Laura Estelle liebevoll über die Stirn, als die Fünfzehnjährige wieder in ihrem Krankenhausbett lag und von ihrem Vater beruhigt wurde.

Aufgeregt versuchte die Fünfzehnjährige, plötzlich aus ihrem Krankenbett wieder aufzuspringen und zu ihrer kleinen Schwester zu laufen. „Ich muss doch jetzt wieder... Ich muss doch jetzt bitte bitte wieder zu meiner... zu meiner kleinen Schwester Maja... ich muss zu meiner kleinen Maus... Meine kleine Maja... Meine Maja braucht mich doch... Papi, ich muss zu meiner... zu meiner armen kleinen Maja... Maja braucht mich, Papa. Sie muss mich... Sie muss doch... von mir beschützt werden. Ich liebe Maja so sehr... Ich will nicht, dass... Dass die Kleine... Dass die Kleine wirklich ganz alleine in ihrem Krankenbett liegt."

„Du brauchst dir absolut keine Sorgen zu machen, meine Kleine... Beruhige dich jetzt bitte wieder, meine arme... meine arme Maus. ... Ich bin doch bei dir. Und wenn du dich beruhigt hast und wieder schläfst, dann gehe ich auch gleich wieder zu deiner kleinen Schwester zurück. Du muss t dir doch absolut keine Sorgen mehr um deine kleine Schwester machen. Maja Amélie wird auf keinen Fall alleine sein."

„Aber sie ist doch meine kleine Schwester... Sie braucht mich, wenn... Wenn sie krank ist. Ich will nicht, dass... Ich will nicht, dass die Kleine alleine ist. ... Papa, ich muss zu Maja zurück. Sie braucht mich in ihrer Nähe... Wenn ich mich nicht um die Kleine kümmere, dann... Dann könnte sie Angst bekommen. Besonders jetzt, wenn sie krank ist. Sie braucht mich..." Laura Estelle regte sich immer mehr auf und ihr Vater streichelte ihr beruhigend über den Kopf, um seiner Tochter liebevoll dabei zu helfen, zu entspannen.
„Meine arme, kleine Maus; mein großes, kleines Mädchen... Es ist doch bestimmt bald alles wieder in Ordnung. Deine kleine Schwester wird wieder gesund. Und dann kannst du mit Maja Amélie auch ganz bald wieder spazieren gehen...", beruhigte Markus seine Tochter, doch Laura Estelle sah ängstlich zwischen Markus und der Zimmertür hin und her. „Ich will zu meiner... Ich will doch wieder zu meinem... zu meiner kleinen Schwester. Sie braucht mich doch... Ich will zu meiner... zu meiner kleinen Schwester. Sie will nicht alleine sein. Und deswegen... Deswegen muss ich unbedingt zu ihr ins Zimmer."

„Süße, bleib jetzt bitte in deinem Zimmer.", beruhigte Markus seine Tochter und streichelte liebevoll über den Kopf der Fünfzehnjährigen. „Du bist krank; meine Große, du brauchst absolut keine Angst haben. Und bald... Bald kannst du bestimmt auch wieder zu deiner kleinen Schwester ins Krankenhaus."

„Aber... Papi, ich möchte, dass meine kleine Schwester... Dass meine arme kleine Schwester... Ich will nicht, dass meine kleine Maus alleine ist... Ich muss mich doch um Maja kümmern. Sie braucht mich. Besonders jetzt, wenn sie krank ist. Sie hat doch bestimmt große Angst, Papa. Lass mich doch bitte bitte wieder zu meiner kleinen Schwester; Maja braucht mich... Papa. Bitte, ich... Ich will zu Maja. Ich muss sie beschützen. Ich muss meine kleine Schwester beschützen und... und ich kann doch auch bei Maja im Bett schlafen. Dann ist Maja nicht alleine und ich... Ich kann bei ihr bleiben und... Und dann... Ich will nicht, dass Maja alleine ist."
„Deine Maja ist doch auch gar nicht alleine; sobald du eingeschlafen bist und es dir soweit gut geht, schaue ich sofort wieder nach deiner kleinen Adoptivschwester... Du brauchst dir absolut keine Sorgen um die Kleine zu machen. Es wird alles in Ordnung kommen, wenn du mir vertraust...", versprach Markus seiner Tochter und streichelte ihr ein wenig zur Beruhigung über den Kopf. „Ich bin doch immer bei dir. ... Komm, Maus. Mach deine Augen jetzt zu und dann schläfst du ganz schnell ein..."

„Mein Baby... Mein Baby...", jammerte Laura Estelle plötzlich und sie griff sich an ihren Bauch. „Mein Baby ist... Was ist mit meinem Baby... Was passiert mit meinem Baby?" „Du brauchst dir auch um dein Baby absolut keine Sorgen zu machen. Ich rede mit unserem Gynäkologen. Und sobald er einer Abtreibung zustimmt... Dann werden wir dich sofort in den OP schieben und dann geht es auch schon los..."
„Ich will aber keine Abtreibung, Papa. Ich will das Baby behalten... Ich will dieses Baby, Papa. Ich muss es einfach bekommen... Ich muss dieses Baby... Ich muss es bekommen... Egal, wie es mir dann geht. Aber dieses Baby... Ich will einfach mein Baby nicht verlieren. Nicht nach Emilys Geburt... Ich will dieses Baby...", jammerte die Schülerin und ihr Vater versuchte, die Fünfzehnjährige vorsichtig zu beruhigen, was allerdings nicht ganz zu funktionieren schien.

„Maus, du kannst nicht noch die ganze Schwangerschaft dein Baby mit dir herschleppen... Das geht nicht, meine kleine Maus. Du... Du bist im Moment schon viel zu schwach; wir müssen dringend mit der Chemotherapie beginnen, sonst... Sonst kann ich dir nicht versprechen, dass... Dass du vielleicht sogar vor der Geburt deines Babys schon stirbst... Süße, nach der Chemotherapie, wenn du endlich wieder ganz gesund bist, kannst du jederzeit noch ein neues Baby bekommen; zusammen mit deinem Paul. Aber dieses Baby... Schau, du könntest sterben. Und ich will das deiner Mama nicht antun müssen. Ich will nicht, dass du stirbst und... Und Lea zum zweiten Mal ein Baby verliert. Du bist schon viel zu erschöpft und zu schwach für die Schwangerschaft..."
„Ich will dieses Baby...Papa, ich will dieses Baby bekommen. Du musst mir die Chance geben, dieses... Ich stimme einer Abtreibung nicht zu! Ich werde dieses Baby bekommen; Egal, ob du es willst oder nicht. Aber ich will dieses Baby... Ich will nicht, dass... Dass ihr mein Baby tötet!", fuhr Laura voller Panik ihren Vater an und Markus versuchte, seine Tochter doch noch zu überzeugen, dass sie das Baby abtreiben müsste.

„Süße, es tut mir leid, aber... Du kannst dieses Baby... Dieses Baby in deinem Bauch nicht bekommen. Es geht einfach nicht. Meine Große... Ich weiß, dass du Angst vor einer Abtreibung hast. Und deinem Baby diese Qualen auch... auch eigentlich ersparen willst. Aber wir können nicht anders handeln, als so, wie wir es vorhaben. Du könntest auch schon während der Schwangerschaft sterben. Und dann wäre dein Kind auch tot... Süße, bitte... Ich möchte doch nur, dass... Dass es dir gut geht und du keine Schmerzen haben musst, wenn... Wenn wir den Eingriff bei dir vornehmen müssen... Ich verspreche dir auch ganz hoch und heilig, dass dein Baby von der Abtreibung nichts merkt. Du wirst eine Spritze in den Arm bekommen, davon wirst du ganz schnell müde und dann fallen dir die Augen zu. Und sobald du dann auch schon tief und fest eingeschlafen bist und nichts mehr merkst, dann nehmen wir die Abtreibung vor. Es wird dir nicht weh tun; und dein Baby in deinem Bauch wird auch keine Schmerzen spüren..."

„Aber... Ich will mein... Ich will mein Baby trotzdem bekommen, Papa. Ich muss dieses Baby bekommen; egal, ob du... ob du noch ein zweites Mal Opa werden willst oder nicht. Aber ich werde dieses Baby auf jeden Fall auf die Welt bringen. Ich will nicht schon wieder ein Baby verlieren... Es ist doch meine Entscheidung, Papa. Es ist doch jederzeit... Es ist doch meine Entscheidung, ob ich das Baby bekommen will oder... Oder ob ich das Baby vielleicht doch abtreiben will.", erklärte Laura ihrem Vater mit ernster Stimme und sie sah beunruhigt zu Markus, der ihr ganz vorsichtig und sanft über die Wange streichelte.
„Du brauchst dir keine Sorgen machen, meine Große. Es ist alles in Ordnung... Aber jetzt müssen wir erst einmal dafür sorgen, dass du bald wieder auf die Beine kommen kannst. Und dann werden wir... dich bald endlich mit nach Hause nehmen können.", versprach Markus seiner Tochter und Laura nickte, bevor sie sagte: „Ich bin froh, wenn ich endlich... Wenn ich endlich aus dem Krankenhaus raus kann. Schließlich liege ich schon mehrere Tage hier im Krankenhaus; zusätzlich auch noch... auch noch die Zeit, in der ich im künstlichen Koma gelegt wurden war und tief und fest geschlafen hatte. ... Ich muss hier wieder raus."

„Jetzt werden wir dich erst einmal auf die Normalstation verlegen, damit du dich ein bisschen von dem ganzen Tumult hier auf der Intensivstation erholen kannst. ... Aber das Gerät da, was deinen Zustand überwacht, wirst du leider leider noch nicht los. Das dauert.", erklärte Markus seiner Tochter und Laura Estelle nickte.
„Ich bin froh, dass ich... Dass ich... endlich hier von der Intensivstation runter kommen kann und... und nicht mehr hier liegen muss.", erklärte die Fünfzehnjährige seufzend. „Ich werde hier auf der Intensivstation schließlich noch verrückt, wenn ich die ganze Zeit dieses Gepiepse und Gepiepe hören muss."

„Das kann ich sehr sehr gut verstehen, meine Große. Und deswegen verlegen wir dich auch heute Abend schon auf die Normalstation... Solange sich dein Zustand nicht doch noch innerhalb der nächsten Stunden verschlechtert. Dann werden wir dich dann auf die Normalstation verlegen. ... Dann kannst du auch endlich deine Halbschwester Lilly Sophia kennen lernen. Sie freut sich schon sehr auf dich, Laura Estelle.", meinte Markus zu seiner Tochter und Laura erwiderte: „Ich... Ich habe außer Maja noch eine Halbschwester... eine echte Halbschwester? Oder ist die Kleine auch adoptiert? Genauso, wie ich..."

„Natürlich ist die Kleine deine richtige Halbschwester. ... Aber jetzt solltest du dich trotzdem noch ein wenig ausruhen, damit es dir in ein paar Minuten nicht doch noch schlechter geht. Sonst könntest du vielleicht doch nicht auf die Normalstation verlegt werden. Wir wollen schließlich bei dir kein Risiko eingehen, meine Große...", meinte Markus zu seiner Tochter.

Leas BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt