„Lena...", erschrak Michael und streichelte seiner nun immer mehr weinenden Tochter vorsichtig über den Kopf. „Wir sollten jetzt wirklich ins Krankenhaus fahren, meine Süße. Wenn es doch etwas Schlimmeres ist..."
„Ich will aber nicht ins Krankenhaus, Papa. Ich hab Angst...", jammerte Lena noch einmal und hielt sich mit einem traurigen Seufzen ihren Bauch. „Ich will von Rexi wieder gesund gemacht werden, Papa... Der Rexi macht meinen Bauch wieder ganz schnell gesund... Siehst du, Rexi macht mich wieder gesund..."
Der Schäferhund der Familie kam angelaufen und legte seinen Plüschhund, den braunen Schlappohrhund, auf Lenas Bauch. Anschließend bellte er zweimal laut und legte seinen Kopf, der von Michael gekrault wurde, auf die Bettkante.
„Siehst du, Papa. Rexi möchte mich wieder gesund machen...", bewies Lena, die ihren Hund ebenfalls kraulte und ihrem Freund und Beschützer einen Kuss auf den Kopf drückte, was der braune Schäferhund mit einem kurzen Schlecken über Lenas Bauch beantwortete.
„Aua... Aua...", jammerte die Sechsjährige und stieß Rexi weg, was der Schäferhund erst nicht verstand, dann aber akzeptierte und sich neben das Bett der Erstklässlerin legte.
Plötzlich klingelte es an der Tür und Michael wandte sich, bevor er seine Tochter alleine ließ, noch einmal an die Kleine: „Lena... Du bleibst noch ein bisschen hier im Bett liegen. Ich schaue mal, wer vor der Tür steht... Schön in deinem Bettchen liegen bleiben, Liebling."
Lena nickte bestätigend und Michael ging zur Tür.
„Herr Köster..." Frau Uhlenmann, Michaels direkte Nachbarin auf der linken Seite, stand mit in die Seite gestemmten Händen, vor Lenas Vater. „Ich hoffe doch wohl, dass sie mit ihrer Tochter bald mal zum Arzt fahren... Das klingt ja schrecklich, wie die Kleine schon wieder weint. Und normal ist das auch nicht."
„Was geht sie das an, Frau Uhlenmann?", erkundigte sich Michael bei seiner Nachbarin, bevor er fortfuhr: „Ich hatte eigentlich vor, mit Lena zum Arzt zu fahren. Aber sie hat viel zu große Angst. Deswegen... wollte ich die Kleine erst mal hier zu Hause behalten und sehen, ob es mit ein bisschen Ruhe nicht auch besser wird. Außerdem waren wir schon gestern Nacht im Krankenhaus; die Ärzte dort haben gemeint, dass mit Lena alles in Ordnung wäre. Sie hat wohl nur ein bisschen zu viel Stress im Moment. Für sie ist es auch noch neu, dass sie in die Schule geht."
„Aber die Kleine weint jetzt schon seit gestern Abend...", fiel der Frau ein und Michael nickte noch einmal bestätigend.
„Das weiß ich selbst...", antwortete der besorgte Vater auf den Hinweis seiner Nachbarin. „Aber Lena hat im Moment einfach viel zu verdauen. Es ist doch ganz normal, dass ihr auch einmal etwas auf den Magen schlägt... Sie ist erst knapp sieben Jahre... Und geht seit einem halben Jahr regelmäßig zur Schule. Sie braucht viel Zeit, um sich dran zu gewöhnen.", wiederholte Michael, bevor wieder die Stimme von Lena zu hören war und er die Tür vor der Nase seiner geschwätzigen Nachbarin schloss.
„Jenne... Jenne, ich muss mit dir reden... Es geht um ein sehr schwieriges Thema... und in gewisser Weise um unsere Beziehung und unsere Kinder...", begann Lea, als Jenne und sie gemeinsam in eine etwas abgelegene Ecke der Klinik gingen und sich dort niederließen.
„Was ist denn los, Lea? Fehlt den Zwillingen irgendetwas? Ist mit der Schwangerschaft was nicht in Ordnung? Oder... Sind die Babys doch nicht von mir?"
„Doch... Doch, die Babys sind von dir, Jenne. Es... Es ist nur... Wenn wir hier in der Klinik... einen Säugling nach der Geburt... sofort operieren müssen...", begann Lea, ohne selbst zu wissen, was sie eigentlich damit ausdrücken wollte.
Jenne allerdings erkannte, was los war und er fragte: „Die Babys sind krank und du willst mir jetzt sagen, dass du es nicht aushalten würdest, die Zwillinge auf die Welt zu bringen. Du weißt nicht, ob es richtig ist, aber du hast einen Termin für einen Abbruch deiner Schwangerschaft gemacht...", reimte sich Jenne die Aussagen von Lea zusammen, doch die Ärztin schüttelte den Kopf.
„Wer redet denn von einem Abbruch der Schwangerschaft? Ich freue mich doch schon so sehr auf meine... auf unsere Babys... Aber... Du hast Recht... mit deiner Vermutung, dass etwas nicht stimmt. Eines der beiden Babys hat... Jenne, eines der Babys hat einen Herzfehler... Zwar steht es noch nicht zu Hundert Prozent fest, aber die Neunzig Prozent Wahrscheinlichkeit sind schon fast erreicht. Meint unser Gynäkologe..."
Jenne konnte im ersten Moment keinen klaren Gedanken fassen, als er von der Wahrheit über seine Zwillinge erfuhr und er stotterte erschrocken: „Wie... Wie lange weißt du das denn schon, Lea? Wann hast du erfahren, dass die Babys... Dass die Babys krank sind?"
„Es sind nicht beide Babys, die vermutlich krank sind.", verminderte Lea die Sorge von Jenne, bevor sie erklärte: „Es... Es ist seit gut... einer Stunde bekannt..."
„Warum warst du bei eurem Gynäkologen? Du hattest doch heute keine Vorsorgeuntersuchung, oder?", wollte Jenne wissen.
Nun war für Lea guter Rat teuer – sollte sie Jenne verunsichern und ihm etwas von den Komplikationen erzählen? Sollte sie ihren Lebensgefährten in noch größere Sorgen um sie und ihre gemeinsamen Kinder bringen?
„Ich... Ich habe... mit Markus gesprochen und... hatte plötzlich so ein schmerzhaftes Ziehen im Bauch. Und... Markus hat darauf bestanden, dass ich mich von unserem Gynäkologen untersuchen lasse. ... Vermutlich hat sich unser Baby, das wahrscheinlich mit einem Herzfehler auf die Welt kommen wird, gemeldet..."
„Und warum weiß ich davon nichts?", wollte der immer noch geschockt wirkende, werdende Zwillingsvater von seiner Lebensgefährtin wissen und Lea merkte, dass es wohl ein Fehler war, ihm die Wahrheit zu sagen.
„Ich... Ich habe mir selbst Sorgen um unsere Zwillinge gemacht, als... Als mich Markus in Stress gebracht hat... Ich hab doch nicht damit gerechnet, dass... Dass der Gynäkologe... bei der Untersuchung etwas findet. ... Außerdem hast du dir heute schon genug Sorgen um die kleine Emily machen müssen. Ich wollte dir auch gar nicht sagen, was los ist.", erklärte Lea.
„Ach?! Und weil ich nachgefragt habe... musstest du mir jetzt ein ganzes Paket voller Sorgen und Angst schnüren? Oder was soll ich davon halten?", fragte Jenne und sah auf Leas Bauch. „Was... Was passiert denn eigentlich mit unserem Baby, wenn es wirklich krank auf die Welt kommen sollte? Hat es eine Chance, zu überleben?"
„Sollte das Baby mit einem Herzfehler zur Welt kommen, werden die Ärzte das kleine Würmchen nach der Geburt auf die Intensivstation bringen; ein wenig aufpäppeln und eine oder zwei Wochen nach der Geburt... in den OP bringen...", versuchte Lea, die Hektik und Sorge aus Jenne heraus zu bekommen.
Doch das Gegenteil war passiert – Jenne sah Lea mit erschüttertem Blick an und fragte: „Unser Baby wird gleich nach der Geburt... auf die Intensivstation gebracht? Alleine? Von seinen Eltern getrennt? ... Was... Was soll das bedeuten, Lea? Was... Was wird dann passieren? Wird... Wird unser Kleines... Schmerzen haben, wenn es operiert wird?"
„Der Zwerg bekommt vor der Operation natürlich eine Narkose, Jenne.", widersprach Lea ihrem Lebensgefährten, bevor sie fortfuhr: „Ich weiß doch selbst nicht, wie es jetzt weiter geht. Lass uns doch erst mal die weiterführenden Untersuchungen abwarten... Dann können wir genaueres sagen... Aber du brauchst dir akut auch noch keine Sorgen um unsere Zwerge machen; sonst wäre ich jetzt schon auf der Gynäkologie und würde für eine Operation vorbereitet..."
Noch geschockter blickte Jenne auf die Neurochirurgin und fragte mit erschütterter Stimme: „Für eine Operation... Was..." „Man kann einen Herzfehler bei einem Ungeborenen auch schon innerhalb der Schwangerschaft korrigieren, Jenne. Aber so weit sind wir noch lange nicht. ... Lass uns jetzt erst einmal abwarten, wie es unserem Zwerg in ein paar Wochen gehen wird, wenn wir unser Baby dann endlich auf der Welt begrüßen dürfen... Wir sind jetzt in der 19. Woche, Jenne. Bis zur Geburt sind noch 21 Wochen. Bis dahin kann so viel passieren..."
„Aber der Herzfehler wird sich nicht von selbst beheben, Lea. Unser Baby wird auf jeden Fall als... in einem lebensbedrohlichen Zustand auf die Welt kommen...", wusste Jenne genau, doch Lea nahm ihm die Angst erneut. „Unser kleiner Zwerg wird zwar nicht richtig gesund auf die Welt kommen, aber... es gibt viele Kinder, die mit einem Herzfehler geboren werden und dann ganz normal aufwachsen. Zwar müssen wir aufpassen, dass unser Sorgenkind sich nicht überanstrengt. Aber vielleicht kann die oder der Kleine auch ohne Operation wie alle anderen Kinder aufwachsen. Das werden die Untersuchungen nach der Geburt zeigen, Jenne. Warte doch bitte ab..."
„Ich werde aber... Lea, ich werde dich und die Zwillinge... nicht im Stich lassen. Egal, was auf uns beide zukommen wird.", wusste Jenne genau und Lea lächelte, als sie sich über den Bauch streichelte: „Dann können wir drei ja ganz beruhigt in die Zukunft schauen."
Am nächsten Morgen betrat Dr. Rolf Kaminski gegen halb Neun, pünktlich zum Dienstbeginn, die Sachsenklinik und sah in der Cafeteria eine niedergeschlagene Dr. Lea Peters sitzen, die Schluck für Schluck Kaffee trank. Entschieden ging er auf Leas Tisch zu, doch seine Kollegin schien ihn gar nicht zu bemerken.
„Dr. Peters...", sprach der Urologe seine Kollegin an; die Neurochirurgin jedoch war im Moment anscheinend gar nicht auf ein Gespräch scharf.
Vorsichtig schob Dr. Kaminski den Stuhl, gegenüber von Lea, zurück und setzte sich.
„Frau Dr. Peters?", fragte er noch einmal behutsam und Lea stellte die Kaffeetasse weg, wobei Dr. Kaminski auffiel, dass es nicht Kaffee war, den die Chirurgin trank, sondern nur Kräutertee.
„Haben sie ein Problem? Geht es Laura wieder schlechter?", fragte Dr. Kaminski vorsichtig und Lea zuckte mit den Schultern. „Ich... Ich war seit gestern Nachmittag gar nicht mehr bei meinem Kind... Ich weiß nicht, wie es Laura geht. Aber... heute hat Dr. Blankenburg seinen ersten Arbeitstag hier...", fügte die Ärztin an und blickte aus der großen Fensterfront.
„Und deswegen sind sie so niedergeschlagen, Frau Kollegin?", fragte Dr. Kaminski mit vorsichtiger Stimme noch einmal nach; Lea jedoch antwortete nicht, sondern fügte an: „Ich werde ab heute nicht mehr im Dienst sein, Dr. Kaminski..."
Die Hand der Neurochirurgin, auf der zwischen dem Wegstellen der Tasse und jetzt die Hand von Dr. Kaminski lag, ging automatisch auf ihren Bauch, der schon eine beachtliche Größe angenommen hatte, und vorsichtig streichelte Lea darüber, was Dr. Kaminski auf den Verdacht brachte, dass wohl etwas mit dem Baby nicht in Ordnung sein musste.
„Ist etwas mit ihren Zwillingen nicht in Ordnung?", wollte Dr. Kaminski wissen, doch wieder schüttelte Lea den Kopf, obwohl er mit seinem Verdacht der Wahrheit schon einen beachtlichen Schritt näher gekommen war.
„Aber irgendwas muss doch nicht in Ordnung sein, Frau Kollegin. Sonst wären sie weitaus fröhlicher... Sie sind schwanger; bekommen mit einem Mal zwei wunderbare Geschenke des Himmels. Ich kann ihnen sagen; Kinder zu haben, ist das Größte."
'Aber nicht, wenn die Kinder schwer krank sind', sprach Lea ihre Gedanken nicht laut aus, sondern hörte ganz tief in sich hinein. Irgendwas wollten ihre Zwillinge ihrer Mutter sagen, doch für den Moment wusste die Chirurgin nicht, was das sein sollte. 'Was wollt ihr beide mir denn jetzt sagen, Mäuse?', versuchte sie in ihren Gedanken, mit ihren Babys Kontakt aufzunehmen. Auf eine Antwort der Zwei wartete die werdende Mutter allerdings vergeblich; auch noch, als sie sah, dass ihr Ex-Freund in die Klinik kam und am Eingang der Sachsenklinik auf Dr. Heilmann, Schwester Arzu und Dr. Brentano traf.
Mit all ihren Gedanken bei ihren beiden Kindern, seufzte Lea laut und sie erhob sich, als sie die Tasse weggestellt hatte, von dem Stuhl, auf dem sie geschlagene drei Stunden bereits saß.
Dr. Kaminski konnte der Neurochirurgin nur noch hinterher schauen und er erhob sich, nachdem Lea die Cafeteria der Sachsenklinik verlassen hatte, ebenfalls von dem Stuhl, auf dem er saß.
'Ich kriege schon noch heraus, was mit ihnen nicht stimmt, Dr. Peters... Machen sie sich darüber mal keine Gedanken.', nahm sich der ca. 1,75m große, ziemlich pfiffige Urologe bei der Betrachtung seiner Kollegin vor und er folgte der Neurochirurgin zum Klinikempfang, wo Dr. Blankenburg schon wenige Augenblicke mit seiner Ex-Freundin Lea über ihre gemeinsame Tochter Laura Estelle sprach.
„Und wie geht es Laura?", erkundigte sich Markus gerade, als Lea mit den Schultern zuckte.
„Ich weiß es selbst nicht", gab Lea zu und fügte an: „Als ich Jenne erzählt hab, was..." Leas Blick ging auf ihren Bauch. „hier los ist, hat er mich nach Hause entführt. Ich wollte nur heute Morgen bei der Besprechung dabei sein, damit ich weiß, was mit Laura passiert..."
„Lea, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.", raunte Markus seiner Ex-Freundin vorsichtig zu. „Ich kümmere mich um deine Zwerge, sobald sie ihre Mama und ihre große Schwester kennen lernen wollen. ... Ach, ich hab übrigens mit meiner Tochter telefoniert. Lilly freut sich schon, wenn sie bald auch hierher nach Leipzig ziehen darf. Sie hat schon gefragt, ob du dich um sie kümmern wirst, wenn sie bei mir wohnt."
„Das werde ich ganz bestimmt einrichten können. Ich habe ja jetzt, wo ich offiziell krank geschrieben bin... ziemlich viel Zeit, bis meine Zwillinge auf die Welt kommen werden...", gab Lea zur Antwort.
„Sie hat mir wortwörtlich gesagt: 'die Tante Lea ist eine ganz tolle Ersatzmama, wenn meine richtige Mama mal keine Zeit hat. Dann soll mich meine liebe Tante Lea vom Kindergarten abholen.' Sie ist richtig vernarrt in dich. Und das muss bei Lilly etwas heißen...", berichtete Markus seiner Ex-Freundin und schloss die Ärztin, in deren Augen sich Tränen sammelten, in seinen Arm. „Hey... Lea, wir kriegen alles hin. Das verspreche ich dir. ... Egal, was passiert; deine Zwerge und unsere Laura sind bei uns in den besten Händen."
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Leas Baby
FanfictionSchwanger - für Lea Peters die schockierendste Nachricht, die sie jemals bekommen konnte. Wo sie sich doch erst vor einigen Wochen von ihrem Lebensgefährten getrennt hatte. Nun steht sie vor einem Rätsel... Soll sie das Baby bekommen? Und dann tauch...