Folge 3 - Teil 4: Geschichten wiederholen sich

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„Da können sie noch sehr lange warten, Frau Dr. Peters... Lauras Mutter wird ganz sicher nicht herkommen. Diese Frau Falken interessiert sich schon lange nicht mehr für ihre Tochter. Seit die kleine Nina auf der Welt ist... Da ist die ganze Beziehung zwischen Laura und Stefanie den Bach runter gegangen. Die beiden streiten sich nur noch."

„Ich kann mir den Grund auch denken.", gab Lea als Antwort und fügte an: „Laura hat mir erzählt, dass sie die leibliche Mutter von Nina ist. Und ich kenne Stefanie auch schon eine ganze Weile länger, wir haben zusammen studiert... Aber ist Nina denn nicht auch deine Tochter?"
„Ja, Laura und ich sind die Eltern von Nina. ... Aber Stefanie gibt Nina ja immer noch als ihr eigenes Kind aus, Laura darf mit der Kleinen nicht einmal im Park draußen spazieren gehen. Sie wird nur von der Kleinen abgeschottet. Stefanie ist überall dabei; selbst, wenn Laura nur mit Nina kurz zusammen ist, dann... Dann nimmt Stefanie ihr die Kleine weg. Es ist schrecklich anzusehen, wie Laura unter der Situation mit ihrer Mutter und der Kleinen leidet. Sie vermisst Nina sehr. Und sie gibt sich die Schuld am Tod ihres Geschwisterchens. Das ist eine ziemlich verfahrene Situation."

„Laura hat mir schon erzählt, was damals passiert ist. Aber, dass sie Schuld am Tod ihres Geschwisterchens trägt...", wollte Lea der ganzen Geschichte auf den Grund gehen und Paul nickte.
„Ja, ich... Stefanie war damals, als Nina auf die Welt kam... Hatte Stefanie vorher eine Fehlgeburt. Das war sehr schlimm für sie und... Und sie wollte sich damals nicht weiter behandeln lassen. Sie wollte nur noch nach Hause. Es war ein Unfall; Laura saß mit im Auto. Ihr und dem Baby war aber nichts passiert..."
„Und dann... hat Stefanie ihrer Tochter das Baby weggenommen, weil sie eine Fehlgeburt hatte?", schloss Lea aus den Erzählungen von Paul und der Neunzehnjährige nickte.

„Ja, Stefanie hat ihr eingeredet, sie wäre nicht fähig, ein Kind großzuziehen. So hat sie Laura auch dazu bekommen, dass Stefanie das Baby behalten durfte. Dabei liebt Laura die kleine Nina doch so sehr. Sie hat sich während der Schwangerschaft jeden Tag mehr auf das Baby gefreut. Und... Und jetzt darf sie nicht einmal zu ihrem Baby, wenn... Wenn die Kleine krank ist. Nina hatte erst vor drei Tagen ziemlich hohes Fieber; Stefanie hat es aber nicht für nötig geachtet, mit der Kleinen zum Arzt zu gehen. Und... Dann mussten wir mit dem RTW zu Nina, als sie einen schweren Fieberkrampf hatte... Sie war fast eine viertel Stunde in ihrem Krampf gefangen. Und das ist schließlich bei einem Baby sehr gefährlich... Zum Glück hat Bernd damals den Notarzt gerufen."
Lea fühlte sich bei Pauls Erzählung schon fast an ihre eigene Geschichte zurückerinnert und sie folgte den Ausführungen des Neunzehnjährigen weiterhin aufmerksam.
„Und... Wie hat Stefanie... Also Frau Falken darauf reagiert, als sie erfahren hat, was passiert ist?" „Die... Die ist total ausgeflippt, hat Laura die Schuld an allem gegeben. Laura hat sich dann zu mir geflüchtet, weil sie einfach nur noch von ihrer Mutter weg wollte. Ich kann das auch voll und ganz verstehen. Bei Stefanie und Bernd zu wohnen, da braucht man schon ein ziemlich dickes Fell... Da sind nicht viele Menschen dafür gemacht.", wusste Paul und Lea nickte zustimmend.

Sie wusste, wie Stefanie war, als die beiden zusammen studiert hatten. Aber wenn sie die Erzählungen von Paul und Laura hörte, wusste sie, dass ihre ehemals beste Freundin aus Studienzeiten ein noch viel schlimmeres Verhalten an den Tag legte.

„Aber... Ich möchte jetzt auch erst mal zu meiner Freundin. Darf ich denn zu Laura? Ich meine, ich bin ja kein Angehöriger von Laura. Ich bin nur ihr Freund. Aber wir kennen uns schon sehr lange. Ich habe Laura schon geliebt, als sie noch nicht dran denken konnte, dass so etwas überhaupt ging...", erklärte Paul und Lea nickte zustimmend.
„Laura hat schon vermutet, dass du nicht herkommen würdest, Paul. Aber jetzt bist du ja hier. Geh ruhig zu ihr; Laura wird sich bestimmt sehr freuen, wenn du bei ihr bist und sie besuchst..." Die Neurochirurgin sah ihren Schwiegersohn an und war sich sicher, dass dies wohl der richtige Freund für Laura war.

Besonders in dieser schweren Zeit würde er sicherlich ihrer geliebten Tochter sehr beistehen. Aber er wusste ja selbst noch gar nichts von der Diagnose von Laura. Sollte Lea vielleicht jetzt schon mit ihm reden? Oder sollte sie sich doch aus allem raus halten?

Lea war sich unsicher über die nächsten Schritte, doch dann dachte die Ärztin noch einmal nach und entschied sich, Paul noch nichts zu sagen. Laura würde es bestimmt selbst tun wollen.
„Paul. Wenn Laura dir irgendwas zu verheimlichen versucht... Lass sie bitte mit ihrem Geheimnis in Ruhe. Sie wird dir früh genug erzählen, was los ist...", erklärte Lea dem Freund ihrer Tochter und der Neunzehnjährige nickte, bevor er fragte: „Wo finde ich Laura jetzt eigentlich?"
„Ach... Das habe ich dir ja noch gar nicht gesagt...", fiel Lea ein und sie erklärte Paul den Weg zu Lauras Zimmer auf der Intensivstation.
„Laura... Laura liegt auf der Intensivstation?", fragte Paul erschrocken und Lea nickte, beruhigte ihren Schwiegersohn dann aber, als sie sagte, dass es nur zu Lauras Sicherheit war.



Mit vorsichtigen Schritten näherte sich Paul seiner Freundin, als er an der Intensivstation angekommen war und vor der Tür der fast Sechzehnjährigen stand.

„Hallo... Hallo Laura... Wie geht es dir denn?", fragte Paul seine Freundin und nahm die Hand der Fünfzehnjährigen, was Laura erschrocken vernahm.
„Paul... Paul, was machst du denn hier? Was... Was ist denn los?", wollte die Schülerin von ihrem Freund wissen. „Was machst du denn hier?"
„Ich wollte dich besuchen, Laura. Du hast mir doch eine SMS geschrieben, dass du im Krankenhaus liegst. Es war gar nicht so einfach, dich hier zu finden. Zum Glück habe ich draußen deine behandelnde Ärztin getroffen... Eine nette Frau... Ganz anders, wie deine Mutter..."
„Sie ist meine Mutter, Paul...", erklärte Laura ihrem Freund und schockte den Neunzehnjährigen mit dieser Aussage fast schon zu Tode.

„Das... Das heißt, Stefanie ist... Stefanie ist gar nicht deine Mutter..." „Nein, sie ist meine Adoptivmutter... Aber ich will mit dir darüber jetzt nicht reden. Ich muss... nachdenken...", erklärte Laura und drehte sich von ihrem Freund weg.
Paul, der genau merkte, dass Laura ihm irgendwas verheimlichte, setzte sich ans Bett der Fünfzehnjährigen und hielt deren Hand fest in seiner. „Laura... Was ist denn los? Du verheimlichst mir doch irgendwas, oder? Hast du irgendwas schlimmes?"
„Was... Nein, nein... Es ist nichts schlimmes... Ich bin einfach nur zusammen geklappt. Wegen meinen Tabletten. Du weißt doch... Und weil ich die nicht wirklich vertrage... Haben die Ärzte mich hier auf die Intensivstation verlegt, damit ich auf neue Medikamente eingestellt werden kann.", log Laura ihren Freund an und Paul wusste genau, dass seine Freundin wohl nicht mit ihm über das Thema sprechen wollte.

„Laura, ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach für dich ist, über dieses Thema zu reden. Aber ich bin für dich da. Egal, was auch immer passiert... Ich bin einfach immer an deiner Seite.", beruhigte der Freund von Laura seine Liebste und wollte ihr gerade noch einen kleinen Kuss geben.

Die Fünfzehnjährige jedoch nahm ihren Kopf zur Seite und schickte Paul vor die Tür. „Paul... Paul, ich möchte, dass du dir nicht... Dass du dir hier keinen Klotz ans Bein bindest. Einen Klotz, den du sowieso nicht mehr lange... haben wirst... Ich bin todkrank, Paul. Ich werde sterben..."

„Was? Was heißt das, Laura? Was ist denn mit dir los, Süße?", fragte Paul seine Liebste, doch Laura schüttelte den Kopf. „Ich will dich nicht noch... Ich will dich nicht noch in diese Probleme mit reinziehen. Ich werde sterben. Und das musst du dir nicht... ansehen..."

„Laura... Süße, was ist mit dir?", wollte Paul wissen, doch Laura schickte ihren Lebensgefährten mit erhobener Stimme aus dem Zimmer.
„Paul! Geh einfach! Ich will dich nicht in dieses Problem... Ich will dich nicht in dieses Problem reinziehen...", brüllte die Fünfzehnjährige ihren Freund an und Paul stand mit hängendem Kopf von Lauras Bett auf.
„Aber warum willst du denn, warum... Warum ich nicht hier bleiben darf... Was ist denn los, Laura?", fragte Paul, doch die knapp Sechzehnjährige schüttelte den Kopf und erklärte, sie wolle ihm nicht sagen, was los wäre.

„Ich will einfach nicht, dass du dir so einen verdammten Klotz ans Bein bindest. Einen Klotz, den du so einfach nicht los werden kannst... Du findest doch immer noch eine Freundin... Eine Freundin, die gesund ist...", erklärte Laura mit ernster Stimme und fügte dann leise flüsternd hinzu: „Ich möchte nicht... Ich möchte nicht, dass du dich auch noch damit vergnügen musst... Eine Krebspatientin auf ihrem letzten Weg zu begleiten..."

„DU hast... Laura, du hast was?!" Paul konnte nicht glauben, was ihm seine Freundin gesagt hatte. Er setzte sich wieder zu Laura ans Bett und sah seine Freundin mit ernster Miene an, bevor sich die Fünfzehnjährige ihm anvertraute.

„Paul, ich... Ich will dir eigentlich... nichts dazu sagen. Aber es gibt ein großes Problem... Ich hab... Du weißt doch, dass ich als zweijähriges Kind... schon einmal Leukämie hatte. Und jetzt... Jetzt hat die Ärztin... also meine Mutter... heraus gefunden, dass es wohl wieder auffällige Werte gegeben hätte. Das musst du dir mal vorstellen. Ich bin noch nicht einmal sechzehn Jahre alt und... Und habe seit 13 Jahren... keine Probleme mehr gehabt... mit dieser scheiß Krankheit... Und jetzt... Jetzt bin ich... Mama!"

Lauras Adoptivmutter Stefanie stand, mit der kleinen Nina auf dem Arm, in der Tür und sah auf die fast Sechzehnjährige, die erschrocken zwischen ihrer Adoptivmutter und ihrem Freund hin und her blickte.

„Laura... Ich wollte dich abholen. Wir fahren in eine andere Klinik. Ich werde es nicht zulassen, dass... Dass diese Frau Dr. Peters auch noch meine zweite Tochter auf dem Gewissen hat. Es reicht doch schon, dass... Dass sie mein erstes Kind umgebracht hat..."

„Stefanie! Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht deine Tochter bin! Du hast mich damals meiner Mutter weggenommen und mir immer gesagt, du wärst meine leibliche Mutter! DU hast mir mein ganzes Leben etwas vorgemacht! Ich bin nicht mehr deine Tochter. Ich werde zu meiner leiblichen Mutter ziehen. Und sie wird mich auch in den nächsten Tagen und Wochen hier unterstützen."

„Laura! Du weißt doch gar nicht, was du sagst... Natürlich bist du meine Tochter. Das, was ich dir gestern am Bett von Maja gesagt habe... Das war eine Lüge... Ich bin deine Mutter, du bist meine leibliche Tochter. Ich kann es dir Schwarz auf Weiß bringen, dass du mein Kind bist..."

„Ich will nichts mehr von dir hören, Stefanie. Gib mir MEIN Kind! Nina ist MEINE Tochter. Ich lasse mir mein Kind jetzt nicht mehr wegnehmen. Besonders nicht mehr von dir...", erklärte Laura ihrer Adoptivmutter mit ernster Stimme, doch Stefanie schüttelte energisch den Kopf und widersprach, sie wäre die leibliche Mutter von Nina.

„Du hast doch damals dein Kind bei dem Unfall verloren. Kannst du dich nicht mehr dran erinnern?", versuchte Stefanie, ihrer Adoptivtochter einzureden.
„Sie haben Laura das Baby weggenommen!", mischte sich nun auch Paul ein. „Ich bin Ninas Vater. Und ich werde meine Tochter jetzt auch zu mir nehmen!"
Resolut schritt der Neunzehnjährige auf Stefanie zu und nahm ihr das Baby aus dem Arm. „Sie ist meine Tochter! Und die Tochter von Laura!"
„Du kannst mir doch nicht einfach MEIN Kind wegnehmen! Nina ist meine Tochter! Ich habe sie auf die Welt gebracht! Ich war das, nicht Laura...", wollte Stefanie „ihre" kleine Tochter verteidigen, doch Paul legte die kleine Nina in Lauras Arm und stellte sich dann, seine Freundin und seine kleine Nina beschützend, vor Stefanie.

„Ich werde es nicht zulassen, dass Laura ihr Baby noch einmal weggenommen wird. Sie hat schon viel zu lange unter den Strapazen gelitten... Ich finde, das muss jetzt endlich mal ein Ende haben. ... Sie können Laura ja fragen, ob sie ihnen erlauben wird, Nina weiterhin zu sehen. Aber ich denke nicht, dass ihnen Laura noch länger erlauben wird, Nina für ihre Tochter auszugeben. Sie haben einer jungen Mutter absichtlich ihr Baby weggenommen.", erhob Paul seine Stimme Stefanie gegenüber und sah zu Laura, die den Kopf schüttelte und erklärte: „Ich will, dass du jetzt gehst! Stefanie, geh! Ich will dich nie wieder sehen..."
Die verbitterte Stimme von Laura durchzog das gesamte Zimmer, Nina fing zu schreien an und Laura drückte ihr Baby liebevoll an ihr Herz.
„DU hast dafür gesorgt, dass ich nicht bei meiner richtigen Mutter aufwachsen kann. Du hast meiner leiblichen Mutter genauso ihr Baby weggenommen, wie mir. ... Ich werde zu Lea ziehen; sie wird mir eine viel bessere Mutter sein, als du...", brüllte Laura und drückte die kleine Nina, die sich langsam zu beruhigen schien, beschützend an ihre Brust.

„DU wirst schon sehen, was du davon hast...", lachte Stefanie hämisch und warnte Laura: „Ich werde mir die Kleine zurück holen. Und dann wirst du Nina nie wieder sehen..."

Mit einem höhnischen Lachen verließ Stefanie das Zimmer von Laura und ließ ihre fünfzehnjährige Adoptivtochter und deren eigentlich erst zwei Monate alten Säugling allein zurück.

Leas BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt