Kapitel dreizehn

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Leonie stellte keine Fragen, als ich ich dankend ihre geliehenen Sachen zurück gab, allerdings hielt sie mich zurück als ich in den Mietwagen steigen wollte.

„Mein Vater wollte dich sprechen, er wollte mir nicht sagen worum es geht, aber es scheint wichtig zu sein. Er ist im Büro würdest Du zu ihm gehen, wenn Du noch einen Moment Zeit hast?"

Natürlich kam ich der Bitte nach und erklomm die Gittertreppe welche an der Außenseite des Gebäudes zu Meiers Büro führte. Mit schweißnassen Händen klopfte ich und er sprang geradezu von dem Chefsessel auf, dessen Kunstleder sicher schon bessere Tage gesehen hatte, als er mich sah, um mich herein zu bitte. Warum erwartete ich etwas schlechtes, wenn der Vater meiner Freundin mit mir sprechen wollte?

„Bitte schließ die Tür, komm nur, komm, nimm Platz." Er wirkte aufgebracht, eher freudig als ängstlich und doch sehr geheimniskrämerisch. Er ließ sich in seinen Sessel fallen und tippte, einem Superschurken gleich, die Fingerspitzen aneinander.

„Frau von Binnenberg hat mich kontaktiert." Eröffnete er das Gespräch und zuckte offenbar merklich zusammen, denn er wandte beschwichtigend ein. „Nein, nein, keine Sorge, sie hatte keine Beschwerden, im Gegenteil, sie war mehr als zufrieden mit deiner Arbeit, sehr viel mehr als nur zufrieden. Sie würde sich gerne persönlich bei Dir bedanken und hat mich gebeten ihr Deine Nummer oder Adresse zu übermitteln." Entsetzen zeichnete sich offenbar in meinem Gesicht ab, denn wieder hob er beschwichtigend die Hand.

„Keine Sorge, ich gebe grundsätzlich keine Informationen an irgendwen über meine Mitarbeiter preis. Allerdings habe ich sehr wohl mitbekommen, das es auf dem Fest einen Vorfall zwischen Dir und.." Er schwieg einen Moment nachdenklich.

„...Ich glaube nicht, dass er einfach nur ein Gast war, gab. Nichts desto trotz hat sie keine Information von mir zu Dir bekommen, doch weißt Du was? Ich habe ein sehr, sehr ungutes Gefühl bei dieser Dame. Sie scheint mir eine Menge Einfluss zu besitzen und mich würde nicht wundern, wenn sie einen Weg findet an deine Daten zu kommen. Zumindest hat sie mich gebeten, Dir ihre Kontaktdaten zu übermitteln, mit der höflichen Bitte Dich bei ihr zu melden."

Er reichte mir einen sehr altertümlich wirkenden Brief. Mit einem Mal wurde mir plötzlich sehr warm und mir fehlte spontan die Fähigkeit meine Stimmbänder dazu zu bewegen Töne zu erzeugen, die man hätte Worte nennen können. Schließlich nickte ich sachte, erhob mich, räusperte mich und straffte die Schultern um mit überraschend fester Stimme zu entgegnen: „Das werde ich tun, vielen Dank für ihre Diskretion, Herr Meier. Es war mir wie immer eine Freude bei ihnen einspringen zu können."

Er musterte mich skeptisch und als ich mich zum gehen wandte sagte er leise aber sehr fest:

„Pass auf Dich auf Lena, es gibt Leute mit denen legt man sich einfach nicht an." Mit gehobener Braue warf ich ihm einen kurzen Blick zu, eh ich das Büro verließ. Seine Worte klangen mehr nach Drohung als nach Fürsorge, aber ich vermochte sie nicht genau einzuordnen.


Der Sitz des Mietwagens war unangenehm warm, als ich mich hinein sinken ließ. Zum ersten mal seit dem Moment als Jules mein Handy beinah panisch in die Blechdose gestopft hatte öffnete ich diese. Er hatte sie mir vor unserer Abfahrt von ihrer "Black site" wie sie es nannten, zurückgeben. Ängstlich starrte ich auf den, noch ungeöffneten Brief auf dem Armaturenbrett, eh mein Blick in die Dose fiel. Neben meinem Handy lag ein Zettel darin mit den Kontaktdaten die zu Herrn Witthoff gehörten. Mit sacht zitternden Finger legte ich den Brief in die Dose zu meinem Handy und beschloss zumindest noch einen wenig unerreichbar zu bleiben, bis ich wusste wie ich reagieren sollte, oder warum ich eine so allumfassende Angst vor einem Stück Papier verspürte.

Als ich den Vorgarten unseres Hauses betrat lag die Hexe bräsig in der Sonne und blinzelte mich missmutig an. Ich ließ mich in die Hocke sinken und kraulte ihr mit leiser Stimme die Ohren: „Ich werde dich nie wieder Hexe nennen, egal wie oft Du mich kratzt." Zu meinem Erstaunen begann sie zu schnurren und reckte mir das Köpfchen entgegen, eh sie in einer blitzschnellen Bewegung nach meiner Hand schlug und mir einen langen, blutigen Kratzer zuzufügen. Seufzend lächelte ich, stieg an ihr vorbei die letzte Stufe hinauf und schloss die Tür auf.

Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt