Kapitel hundertachtundsechzig

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Ein weiter Raum eröffnete sich mir, der dem ähnelte, der hier zuvor untergebracht war. Alles war in rotem Samt und schwarzem Leder gehalten ganz wie man es sich vielleicht vorstellte. Überall hingen Spiegel in prunkvollen vergoldeten Rahmen und auch am goldenen Gittergeflecht an der Decke, das aus ineinander geflochtenen Fleur de Lille bestand, waren über den Nischen die gleiche Art Spiegel angebracht. Die Bar war geschwungen und aus dunklem Holz gefertigt. Auch sie war indirekt beleuchtet aber anders als oben, handelte es sich um Glasscheiben, die irgendwie verspiegelt schienen und doch leuchteten. Zu meiner absoluten Überraschung hingen einige wenige meiner Werke aus den letzten Monaten hier unten, die entweder Caspar, Andrei oder Personen zeigten, die ich aus reiner Freude an ihrem Aussehen gemalt hatte und die ich meist nicht einmal kannte. Keines der ausgestellten Bilder zeigte aber explizit etwas meiner geliebten Menschen und manche stellten auch einfach Kotenko, Nebesa und Shchenok in ihren Suits dar. Mir wurde klar, dass wenn hier einmal Leben Einzug hielt, würden viele weitere dazu kommen und mein erstes Motiv saß gleich mit Caspar in einer der Nischen. Es war ein Mann mittleren Alters. Er wirkte annähernd so groß wie Caspar aber er war das vollkommene Gegenteil. Dieser braungebrannte, langhaarig blonde Mann sah aus wie der Prototyp eines Surferboys und irgendwie hätte ich Wetten darauf abgeschlossen, dass er mit dem Skateboard hier war.

„Sie müssen Richard Adener sein." trat ich dem Gespräch der beiden Männer bei und reichte ihm die Hand. Es war Caspar der mich verwirrt ansah, hatte ich doch keines der Bilder gesehen, die den Bewerbungen beigefügt war. Richard lächelte mir warm entgegen und musterte mich wenig verborgen. „Und ich habe die Ehre mit?" Einen Mundwinkel hebend schob ich mich an Caspar vorbei, der sich erhob um mich auf die Bank der Nische rutschen zu lassen. „Lena, Personalabteilung dieses Hauses, doch lassen sie sich nicht von mir stören, Herr Ulfricson führt das Gespräch mit ihnen, ich bin quasi gar nicht da."

„Du bist hier aber nicht die Praktikantin, oder?" Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass unsere Jugend ihm zu schaffen machte, denn er weigerte sich konsequent älter zu werden. Das war seine Schwachstelle, das Alter. Ich wusste sofort, seine Frauen waren allesamt jünger und vom Typ, nicht viel fragen, schnell die Schenkel öffnen. Versteht mich nicht falsch, das meine ich nicht verurteilend, jeder soll sich auf seine Weise ausleben dürfen und seine schien mir möglichst viele, möglichst oft, möglichst wechselnd. Bei einer weiteren unausgesprochenen Wette hätte ich auf Vanillasex mit sehr viel blasen als Vorliebe getippt, aber dessen war ich mir noch nicht ganz sicher. Wahrscheinlich auch ne Menge Tantra und Anfassen.

Freundlich lächelnd schüttelte ich den Kopf „Nein nicht ganz, aber wie gesagt, lass Dich nicht von mir stören."

Für einen kurzen Moment schien er Caspars Zorn geweckt zu haben, doch ich störte mich nicht an seiner Art, ahnte ich doch, dass sie aus Neid entstand.

Caspar fragte ihn aus und er antwortete, für meine Begriffe ehrlich und umfassend, warum er seine Stelle in einer der letzten Hotelketten aufgab, dass er schon Teams geleitet hätte usw.

Am Ende des Gespräches wandte sich Caspar mir zu. „Hast Du noch Fragen Mistress?" Die Mimik möglichst ausdruckslos, ließ ich mir mein Schmunzeln nicht anmerken, hielt Richard im Blick, der sich tatsächlich erlaubte, eine Braue zu heben. Bedächtig nickte ich.

„Darf ich offen sprechen, Richard?" Mit einem Schulterzucken nickte er. „Klar, dafür sind wir ja hier, oder?" Einen Mundwinkel hebend nickte auch ich.

„Bist Du Dir sicher aushalten zu können, dass es hier Paarungen geben wird, die nicht im klassischen Sinne Sex haben werden?" Er wollte schon abwehren aber ich unterband es mit einer Geste. „Nein lass mich ausreden, ich spreche nicht davon, dass Dein Mindeset zu eng ist, um freie Liebe zu akzeptieren, egal welchen Geschlechtes, sondern davon dass es hier in Deinen Augen vielleicht nicht sehr gleichberechtigt zugehen wird. Das Caspar mich Mistress nannte hat Dich ziemlich irritiert, aber wie wirst Du reagieren, wenn ein Top von Dir verlangen wird den Drink den Du ihm oder ihr servierst, sagen wir... zum Beispiel auf den Boden zu schütten, damit sein oder ihr Buttom es aufleckt?"

Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt