Kapitel einundzwanzig

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„Lena endlich ein Zeichen von Dir, warum hast du dich nicht gemeldet? Haben sie die Uhr entdeckt?", ehrliche Sorge klang aus Witthoffs Stimme. Diesen Klang zu vernehmen, der mir so fremd sein sollte und doch so vertraut war ließ alle Dämme brechen. „Ich konnte nicht.", stammelte ich aus vollem Herzen heulend. „Oh Kind, nicht weinen, wir sind gleich bei Dir. Ich bin sicher du hast dein Bestes gegeben."

Die Tränen waren versiegt, als ich mich in den Sitz des SUV sinken ließ. Witthoff war allein, was mir recht war, Jules mein verheultes Gesicht zu zeigen wäre mir in diesem Augenblick unangenehm gewesen. Irgendwie gab mir die Anwesenheit Witthoff eine väterliche Geborgenheit, wie ich sie von meiner Familie nie gekannt, erwartet oder gewünscht hatte. Nicht das ich sie nicht liebte, sie waren meine Eltern und taten ihr Bestes mich so liebevoll wie nur möglich groß zu ziehen, aber ich habe mich ihnen nie so verbunden gefühlt, wie diesem Mann neben mir im Auto, den ich so wenig kannte. Seine gepflegt Hand tätschelte die meine.

„Ich bin sehr froh dich halbwegs wohlbehalten vorzufinden Lena, wir haben uns große Sorgen gemacht. Jules hat heute Morgen noch einmal eine Pixie gestartet um nach Dir zu suchen, aber auch das brachte keine Erkenntnisse. Sag bitte, wie ist es Dir ergangen?"

Seine Sorge vertiefte das Gefühl der Geborgenheit um ein vielfaches. Den Blick zu ihm aufwendend schluckte ich neuerliche Tränen herab: „Mir ist nichts geschehen, auch wenn sie natürlich ihre Spiele mit mir gespielt hat, bin ich weitestgehend unversehrt. Roland geht es den Umständen entsprechend gut, doch seine Rettung wird nicht so funktionieren wie wir es uns gedacht haben."

„TAUSENDSCHÖN!"

Jules sprang mir geradezu in den Weg und zu meiner Überraschung schloss er die Arme fest um mich. Die Augen fragend zusammengekniffen musterte ich ihn mit Skepsis im Blick. Schließlich lächelte er verschmitzt und ließ mich los. „Schön dich wohlbehalten ...", er stockte drehte mich währenddessen um die eigene Achse und begutachtete mich eingehend. „...wieder zu haben. Ich wüsste nicht was ich getan hätte, wenn es anders wäre."

Das Vertrauen, welches auch er in mir hervorrief, die Geborgenheit die es erweckte, gab es nie zwischen, nicht mal im Bett und es überwältigte mich geradezu. Bedächtig trat ich zurück versuchte krampfhaft zu analysieren warum diese Gefühle in meinem Leben plötzlich soviel Raum einnahmen. Gehörte das zum erwachsen werden? War das die verspätete Ausschüttung aller Pubertätshormone zu gleich oder hatte der Sonnenstich, der nun ein ganzes Leben hinter mir zu liegen schien, Teile meines Gehirns unwiederbringlich zerstört.

„Mir geht es gut Jarvis sie hat sich an den Vertrag gehalten ...", Wut ließ mich die Fäuste ballen. „... wenn auch nicht ganz so wie ich es mir vorgestellt hatte."

„Sehr gut, sehr gut.", er kehrte zur gewohnten Distanz zurück und irgendwie bekümmerte es mich fast. „Aber wo hast Du gesteckt? Ich hab mehrere Pixies versenkt aber du warst von keiner Seite aus zu sehen."

„Das Ding hat einen bunkergleichen Keller, der heute mein Einsatzort war.", ein offensichtlich merkliches Schütteln erfasste meinen Körper. „Hätte mir klar sein sollen, gehört ja auch irgendwie dazu. Lass mich raten, so wie man es sich in Horrorfilm vorstellt?"

Witthoffs Hand bettet sich auf meine Schulter, er hatte bemerkt, das es mich anwiderte darüber zu sprechen.

„Roland geht es den Umständen entsprechend, sie hat ihn mit einer Herzogin verheiratete. Ich weiß nicht aus welchem Land, vielleicht Niederlande oder Dänemark. Sie tut was sie muss aber auch sie steckt im Netz der Spinne, die etwas gegen die Beiden in der Hand hat, soviel konnte ich rausfinden. Alles was ich weiß ist, dass Roland der Hexe ein Versprechen abgenommen hat und sich damit an sie verkaufte. Oh, und sie genießt es Roland zu demütigen, beziehungsweise ihn von der Herzogin demütigen zu lassen. Wir werden ihn nicht einfach aus dem Gelände holen können, er steckt da viel, viel tiefer drin als das es so einfach wäre. Ich habe die Nummer der Herzogin, sie hat mich um Hilfe gebeten aber die nächsten zwei Wochen werden die Beiden noch auf dem Anwesen bleiben müssen. Ich kann nicht genau sagen, wie Roland zur Herzogin steht, aber er folgt ihr und wirkte nicht unwillig. Bei meinem nächsten Dienstantritt wird etwas anders sein für mich, soviel steht fest, denn die Herzogin warnte mich, dass sie grausam zu mir sein müsse. Roland hat kaum ein Wort zu mir gesprochen, aber trotz der Schmerzen scheint die Hexe ihn nicht gebrochen zu haben, er hat mir im Gewölbe beigestanden, als ich geprüft wurde."

Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt