Kapitel hundertneunzig

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Von außen wirkte das alte Gebäude aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts dunkel und bedrückend, doch überraschte uns das Restaurant mit seiner helle, edlen und weitläufigen Ausstattung die modern und einladend wirkte, trotz der relativ großen Zahl der Gäste. Man schien schon an der Tür zu wissen, wer uns erwartete, denn wurden wir vom Personal zum Tisch geleitet, an welchem Daniello ungewöhnlich präsent auf uns wartete. Er erhob sich, hauchte einen Kuss auf meinen Handrücken und begrüßte Roland mit einem freundschaftlichen Handschlag mit halber Umarmung. „Caspar kann frühestens in dreißig Minuten dazu stoßen, er ist noch in Gespräche eingebunden." Eröffnete Roland und Daniello nickte. „Er sagte mir schon, dass er nicht pünktlich sein könne, aber vielleicht ist es ganz gut, dass wir erst einmal zwischen uns klären, was offenbar zwischen uns steht."

Daniello wirkte in den maßgeschneiderten und sehr taillierten Anzug nicht weniger seriös und atemberaubend als Roland, trotzdem fiel es mir so schwer wirklich zu begreifen mit wem wir hier gerade sprachen. Ich mochte den Barkeeper und auch den Einbrecher im Hoddy und das passte für mich soviel besser zu ihm.

„Lena hat mir gesagt, dass sie sich bei Dir aufgehalten hat, verrätst Du mir, wie es dazu kam? Ihr seid mit uns aufgebrochen, Du hast sie mit uns gesucht, was waren Deine Absichten?"

Daniello stützte den Kopf auf die übereinander gelegten Handrücken und nickte. „Ich habe Deine Strafe ausgeführt, ich stehe zu meinen Schwüren. Auch wenn ich mit der Art der Bestrafung nicht einverstanden war, das zu entscheiden liegt nicht in meiner Hand. Auch wenn es mir wirklich, wirklich schwergefallen ist und ich darunter ebenso litt und das nicht wegen Sara, habe ich getan was Dein Wunsch war und versucht nicht daran zu zweifeln. Ich dachte Lena wäre fein damit, sie sah glücklich aus, als ihr gingt, sie war ruhig und ausgeglichen, als sie ins Bad trat, bei unserem Gespräch davor sah ich keinerlei Anzeichen dafür, dass sie Dir grollen würde oder mit der Situation überfordert wäre.

Ich weiß von mir selber das Schmerz und Angst, einen oft erst übermannen, wenn man die Wunde sieht, ich habe das leider schon oft mit ansehen müssen, wenn Leute... von uns gingen. Da Caspar und ich für Lenas Wohlergehen zuständig waren habe ich mir große Vorwürfe gemacht, weil ich eben vorher nicht erkannte, dass sie das ganze doch nicht so gelassen sehen konnte. Darum habe ich meine Männer natürlich an der Suche beteiligt.

Ich weiß aber auch, dass wenn man wegläuft um sich über Dinge klar zu werden, es ziemlich kontraproduktiv ist, wenn der, vor dem man davonläuft einen sucht.

Aber versteh mich nicht falsch, ich hätte nicht anders gehandelt, ich hätte sie genauso suchen müssen, denn ich verstehe wie wenig Du ohne sie leben kannst. Mir war auch klar, dass sie in mir das gleiche Monster sehen wird wie in Dir, Caspar, ja sogar in Jacob, darum habe ich mich nicht aktiv an der Suche beteiligt, sondern meine Männer geschickt. Was sie getan haben ist, ihr einen sichern Ort anzubieten, an dem sie sich darüber bewusst werden kann, was sie sich wünscht.

Ehrlichkeit ist eine Deiner Regeln und ich habe schon Lena gesagt, mein erster Gedanke als sie weglief war: Das ist meine Chance! Weil ich bin was ich bin, ein Mann der immer bekommen hat was er wollte. Aber... und auch das habe ich Lena schon gesagt, ich weiß dass ich auch wenn ich sie an mich gerissen hätte, niemals das bekäme, was Du an ihr hast, denn man kann niemanden Hingabe aufzwingen. Man kann Menschen dazu bringen sich zu beugen, dir zu gehorchen und auch dich anzunehmen, aber das was Lena zu geben fähig ist, ist weder mit Gewalt noch mit Geld erhältlich. Ich bin kein dummer Mensch Roland, ich weiß, dass weder Du noch Jacob mir auch nur ein Stück über den Weg trauen und das ist auch gut so, aber ich möchte dass Du verstehst, dass ich Dir einen Schwur geleistet habe, weil ich Teil von euch sein will und nicht um Dir etwas aus den Armen zu reißen. Niemand hat Lena gedrängt in das Auto zu steigen, niemand hat gesagt: Steig ein, dann wird alles gut, sondern sie haben ihr Angeboten sie an einen Ort zu bringen, an dem sie nicht kopflos nach dem nächsten Loch suchen muss, in das sie kriechen kann um vermeintlich sicher zu sein.

Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt