Kapitel hundertsechundvierzig

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Erst jetzt verstand ich, dass es eine Strickleiter war und runzelte die Stirn. „Was ist das?" er knurrte. „Geh hoch und verrate es nicht!" Krampfhaft begann ich, in meinen Diorstiefeln die Leiter zu erklimmen und es gelang mir erstaunlich gut. Es dauerte eine ganze Weile, dann spürte ich einen Widerstand, der sich nach nach einigem Drücken bewegte. Angestreng öffnete ich mit der Schulter die Luke und zog mich durch die Öffnung.

Eine sehr dunkle, rote Lampe leuchtete in eine der unteren Ecken, ich hatte das Licht nicht wahrnehmen können, als ich noch unten war.

Ich befand mich in einem vielleicht 4m² kleinem Raum, wenn überhaupt. Es war ein gemütliches kleines Baumhaus, ausgestattet mir einer Isomatte, auf der eine Luftmatratze lag, unzählige Kissen und Decken. Auf einem kleinen Tischchen aus Korbgeflecht, stand ein angefangenes Abendbrot und auf einem Tablet war ein Film angehalten worden. Lachend und kopfschüttelnd sah ich mich um, und ein Helm schaute durch die Luke, bevor auch der Rest des Wachmanns folgte.

„Hast Du das gebaut?" Er schüttelte den Kopf und hakte sich mit einem Tragegurt in ein Seil ein, das wieder zur Luke führte, eh er sie schloss und die Läden zur Seeseite öffnete. „Hier passiert erstaunlich wenig, dafür das wir so viele sind und ich kann nicht nur rumstehen und in die Gegend starren. Außerdem brauche ich einen Ort für mich, an dem ich meine Ruhe habe." Nachdenklich legte ich den Kopf schief. „Aber warum zeigst Du ihn mir dann? Hast Du keine Angst, dass ich zu Kowalski renne und dich verpetze?"

„Du wirkst ziemlich verzweifelt, also zumindest gerade noch." Er zuckte die Schultern. „Ich habe nicht nachgedacht aber irgendwie habe ich befunden, dass dies hier vielleicht ein Rückzugsort sein kann, zumindest ist es meiner." Er reichte mir die Hand. „Ich bin übrigens Piet, hi und willkommen in meinem Wolkenschloss."

Grinsend nahm ich seine Hand „Freut mich Prinz Piet der edle Retter vom Wolkenschloss. Lena, Lena ohne Schloss aber mit Anwesen, von Binnenberg, die, weswegen Du hier bist und die, die sich eigentlich auch vor euch verstecken wollte."

Er zog die Brauen zusammen. „Dann liebe Lena ohne Schloss, bist Du aber ziemlich dumm, Dich an einem Ort zu verstecken, an dem wir für Schutz sorgen, oder nicht? Was hast Du erwartet? Das wir Dich in einem Gebüsch hocken lassen und so tun als sehen wir dich nicht?"

Leichtfertig zuckte ich die Schultern und zog die Beine an den Leib. „Eigentlich habe ich gar nichts gedacht, aber meistens ist es doch so, dass ihr euch für uns unsichtbar macht, keine Ahnung, damit wir uns nicht gestört fühlen, oder so." Er legte blitzschnell einen Finger an meine Lippen und nahm sein Gewehr, klappte das Fernglasdings runter und starrte durch eine der Läden in die Dunkelheit. Er tippte sich ans Ohr und sagte leise. „Check." dann entspannte er sich sichtlich.

„Man sucht nach Dir, da unten nähert sich jemand namens Caspar, willst Du ihn sehen?" Den Kopf unter meinen Armen vergrabend schüttelte ich selbigen. „Später, außerdem findet er dann ja Dein Schloss." Er tippte sich an den Helm, öffnete die Luke und seilte sich blitzschnell ab."

Leise hörte ich sie sprechen, verstand aber nicht annähernd was sie sagten. Vorsichtig spähte ich aus einem der Läden und sah die Beiden schemenhaft auf dem Weg stehen und Piet in Richtung des Tors zeigen. Caspar nickte und ging in die Richtung und dann hörte ich ihn rufen. „Lena von Binnenberg, wenn Du Deinen Arsch nicht in zehn Minuten ins Haus bewegt hast bekommst Du die Snake zu spüren und diesmal nicht nur drei mal!" Dann wendete er sich zum gehen und ich hörte wie Piet die Leiter erneut erklomm. „Was ist eine Snake? Wirft er Dich einer Schlange vor?" Fragte er, noch bevor er sich gänzlich durch die Luke gezogen hatte. Wieder hakte er sich ins Seil ein und ich verstand warum.

„Das ist eine sehr, sehr schmerzhafte, kurze Peitsche." Antwortete ich wahrheitsgemäß und sah angewidertes Entsetzen in seinem Gesicht aufflammen. „Soll... soll ich die... Polizei informieren? Amnasty? Irgend ein Frauenhaus?" Mit einem schmunzeln schüttelte ich den Kopf. „Nein schon okay." Er zog die Braue weit in die Stirn. „Wer war das, dass er Dich peitscht? Dein Mann heißt doch Roland, wenn ich mich nicht irre?" Leise seufzte ich auf und bettete erneut den Kopf auf meine, über den Knien gekreuzten Armen. „Es ist kompliziert. Wenn Du magst frag Jacob, ich werd ihm sagen, dass er es Dir erklären darf, oder Ilyas, er wird es Dir auch so bestimmt gerne erzählen. Aber nun sollte ich gehen, denn ausgepeitscht zu werden zählt nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen und Caspar pflegt nicht zu scherzen." Wehmütig öffnete ich die Luke und kreischte auf, als Piet mich ohne Vorwarnung packte, an sich presste und blitzschnell abseilte.

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