Kapitel siebzehn

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Mit gestrafften Schultern aber gesenktem Blick, folgte ich ihr. Als wir den großen Raum erreichten, den ich von Jules Video wiedererkannte, zuckte ich beinah unmerklich zusammen. Kaum atmend wagte ich es nicht den Blick zu heben, aber das klirren von Ketten verhieß nichts gutes. Verstohlen versuchte ich aus den Augenwinkeln zu erkennen, ob er noch da war und ob er noch die Fähigkeit besaß, zu erkennen, wer vor ihm stand. Der Raum in den wir getreten waren, war zu groß und wir kreuzen nicht die Mitte, so dass meine Frage vorerst unbeantwortet blieb.

Die Stimme der Hexe erklang entzückt: „Oh sieh nur wie hübsch Du bist kleine Lena. Schau Roland ist sie nicht hübsch?"

Unter Aufgebot all meiner Kräfte hielt ich den Blick gesenkt und kämpfte die Tränen nieder, als ich seine gepeinigte, brüchige Stimme vernahm.

„Lena... nein wieso...?", keuchte er schwer. „Du hast es versprochen Mutter, Du hast mir Dein Wort gegeben.", deutlich hörte ich wie die Ketten klirrten, als er sich aufbäumte und gleich darauf vernahm ich eines der schrecklichsten Geräusche meines Lebens, als ein Hieb auf seiner Haut niederging und Roland leise aufstöhnen ließ.

„Na, na mein guter Junge, ich habe mich an mein Versprechen gehalten. Er wird sie nicht bekommen und ihr wird kein Leid geschehen. Auch habe ich sie nicht mit Gewalt hergebracht, sie dient mir voll und ganz aus freien Stücken, ist es nicht so Lena? Sprich, sag uns ob Du freiwillig hier bist."

Noch einmal sammelte ich all meine Willenskraft und schaffte es meiner Stimme weder das stumme Weinen anhören zu lassen, noch den Hass oder den Ekel,  den ich dieser Hexe entgegenbrachte:

„Ja eure Hoheit, ich bin aus freien Stücken zu Euch gekommen."

Mit einer geraden Haltung knickste ich, nur den Kopf noch immer gesenkt haltend, Roland nicht ansehend, um kein Zeichen der Schwäche zu offenbaren und in der flammenden Hoffnung überzeugend zu wirken.

„Da siehst Du es mein Sohn, ich halte meine Versprechen stets. Willst Du denn jetzt ein guter Junge sein und Dich für den Empfang unserer Gäste herrichten, oder wünscht Du ihnen so zu begegnen?"

Aus den Augenwinkeln sah ich, dass sie sich ihm näherte und ballte voller Hass die Fäuste, bis meine Nägel sich tief in meine Handflächen gruben.

„Ja Mutter, ich will Euch ein guter Sohn sein und Eure Gäste als Gastgeber empfangen."

„Na also, war denn das so schwer?", sprach sie vergnügt. „Macht ihn los und spritz ihm was, damit er sich nicht so jämmerlich anhört und aufrecht stehen kann. Die Welt soll nicht sehen, was für einen nutzlosen Waschlappen ich zum Sohn habe."

Wieder zerriss das Klirren der Ketten etwas in mir und mein Herz setzte für einen Schlag aus, als Roland schwer zu Boden fiel. Es dauerte lange bis er sich aufzurappeln vermochte und alles an diesem Anblick ließ mich innerlich vor Verzweiflung aufschreien. Mit schmerzend zusammengebissenen Zähnen und beinah blutigen Halbmonden in den Handinnenflächen schaffte ich es, dieser widerlichen Hexe nicht den nächstbesten Gegenstand ins Auge zu rammen, um sie davon abzuhalten, weitere Bosheiten gegen Roland anbringen zu können.

„Und nun husch, husch in die Küche mit dir Lena. Man wird Dir erklären wann Du was zu servieren hast." Sie lachte als ich erneut tief knickste, in der Hoffnung sie nähme es mir ab und erkannte nicht, wie dringend ich sie hier und jetzt einfach mit dem Kopf gegen die Wand schleudern würde.

„Wenn in Roland doch nur ein Funken von Dir stecken würde, er hätte sich so viel Leid erspart. Nun ja wir sind von Binnenberg wir brechen nicht so leicht und dienen liegt uns, anders als Dir kleine Lena, gar nicht im Blut.

In deinem Blut liegt gar nichts du ekelhafte Schlampe, Du bist ein Nichts und Du wirst es immer bleiben, egal wen Du kaufst oder erpresst.' Schrie ich sie in meinen Gedanken an. Schwer kämpfte ich die Verzweiflung abermals nieder und folgte Josephine in die Küche.

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