Kapitel sechzehn

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Als der Wagen außer Sichtweite war konnte ich nicht mehr an mich halten und übergab mich geräuschvoll und ausgiebig, vor dem Zaun der Cateringfirma. Plötzlich war ich mir ganz und gar nicht mehr sicher, ob ich mich für diese Mission eignete. Ein dunkler Audi hielt neben mir und Witthoff bot mir vom Rücksitz an einzusteigen. Er hatte augenscheinlich dort auf mich gewartet. Als ich Platz nahm, bat ich Marco sitzen zu bleiben, damit ihn niemand unnötig sah, da reichte mir Witthoff ein Taschentuch. Offenbar hatte er gesehen wie ich mich übergab, was mich sichtlich beschämte.

„Wie fühlst Du Dich Lena? Denkst Du, dass Du diesem Unterfangen gewachsen bist? Noch kannst Du zurück, wir finden einen anderen Weg ihn da raus zu holen." Vehement schüttelte ich den Kopf. „Verzeihen sie, dass sie das mit ansehen mussten aber diese Frau ist einfach so unfassbar widerlich. Aber nichts was ich nicht ertragen kann um Roland beizustehen."

Mit noch immer zittrigen Fingern reichte ich ihm den Briefumschlag und er brach das Siegel nicht, er zerquetschte es mit einem solchen Hass in den Augen, wie ich ihm niemals zugetraut hätte. Er warf die Wachs Brösel aus dem Fenster und schnaubte. „Gustav würde sich im Grabe herumdrehen wenn er das sehen müsste."

Er las den Vertrag sorgfältig und hob eine Braue. „Oha, sie will Dich wirklich, das sind sehr großzügige Konditionen. Sie garantiert Dir vollkommene Unversehrtheit bei einem Aufgabengebiet, das wirklich kaum größer ist als auf dem Empfang, den Du beschrieben hast."

Er reichte mir ein Bild herüber, das aussah als wäre es tatsächlich im 1800 Jahrhundert abgelichtet worden. Die Kleidung glich der, die ich auf dem Empfang getragen hatte, nur das dieses Kleid über dem Knie endete und kurze gepuffte Ärmel aufwies. Die Länge des Kleides war auch hier noch weit mehr als die der Shorts, die ich manchmal an heißen Tagen trug, also nichts womit ich nicht leben konnte. Als ich das Bild umdrehte war auch eine Rückenaufnahme zu sehen. Hier wies das Kleid einen etwas tieferen Rückenausschnitt auf, aber auch das war nichts, womit ich nicht leben konnte. Die Stiefelette hatten einen kleinen Absatz und waren ein wenig höher in der Schnürung als die des Kostüms das ich zuvor getragen hatte und die Frisur waren zwei schlichte offene Zöpfe, die nach vorne getragen wurden. Ein bisschen kindlich für meinen Geschmack aber auch nicht untragbar.

Nachdenklich reichte ich ihm das doppelseitige Bild zurück und nahm den Vertrag in Empfang, der Tatsächlich dem ersten glich, nur das hier Daten und Zeiten eingetragen werden konnten und der Ort auf die Niederlande festgelegt war.

„Ich denke die Bezahlung sollten wir drastisch erhöhen. Sie will Dich wirklich und sie weiß wie schwer zu bekommen ist, was Du zu bieten hast. Wir sollten Dein Studium ein wenig finanziell absichern und eine Null an den Betrag fügen. Ob sie darauf eingehen wird obliegt ja dann ihr."

Erst hob ich eine Braue und blickte dann zweifelnd drein. „Ich glaube kaum, dass sie darauf eingeht, aber wer weiß. Zumal mir ja auch gegebenenfalls anfallende Trinkgelder alleine zustehen sollen. Aber Versuch macht kluch, wie mein Vater immer sagt. Sie hat mir dieses mal sogar Kontaktdaten anvertraut.

„Ja, die Du aber niemals von Deinem Handy oder Festnetz anwählen wirst, versprich mir das. Ich habe ein sicheres Gerät für Dich und mit sicher meine ich, wirklich sicher. Sicher wie das eines Regierungschefs, wenn Du verstehst." Er zog ein Handy aus seiner Sakkoinnentasche, das nicht anders aussah als jedes andre Smartphone auch.

„Ich habe Dir all unsere Kontakte schon angelegt, zudem Notfallnummern die du jederzeit anwählen kannst, um aus irgendeiner Situation geholt zu werden, die Dir nicht behagt. Außerdem hat Jules Dir eine Uhr besorgt, der man auch nach sorgfältiger Prüfung ohne Deinen Fingerabdruck nicht ansehen kann, dass sie mit deinem Handy verbunden ist."

„Wird sie nicht stutzig, wenn sie meine Handynummer checkt und keine Daten zu mir findet?"

„Ja, den Punkt hat Jules auch bedacht und sie wird eine Lena Haarmann finden, aber nicht Dich, Dein GPS wird zu jedem Zeitpunkt angepasst auf den Ort, an dem Du sein solltest, nicht an dem Du wirklich bist. Wir werden Dir gleich ein Taxi rufen und Dich an ein Haus bringen in dem eine Lena Haarmann wohnt. Von dort aus wird Deine Reise dann wohl beginnen, so Du sie Dir noch zutraust."

Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt