Kapitel dreiundachtzig

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Fast schon mitleidig, betrachtete ich die Handwerker, als ich im Bikini die Treppe runter rannte, mein Handtuch unter dem Arm. Caspar saß draußen und hatte eine Decke für uns ausgebreitet. Mich verwunderte irgendwie, dass er wie immer saß, das eine Bein untergeschlagen, das andere angewinkelt, die Linke Hand auf der rechten Schulter. Neben seinem Fuß lag sein Buch, in welchem er sich so sehr vertieft hatte, dass er mich kaum bemerkte. Aus einem mir nicht ersichtlichen Grund war es mir, die sich mehrfach und vor kurzer Zeit erst, das letzte Mal vor ihm ausgezogen hatte, unangenehm das er noch seine Sachen trug und ich ihm nur im Bikini gegenübertrat.

Langsam hob er den Blick und betrachtete mich skeptisch, als er meine Unschlüssigkeit bemerkte. Nachdenklich legte er den Kopf schief, beobachtete mich genauer und verengte die Augen.

„Hilf mir Lena, ich kann das Problem nicht sehen." Mit gekrauste Nase ließ ich mich auf die Knie sinken. Das Buch schließend erhob er sich langsam, trat auf mich zu und umrundete mich. Zwei Finger unter mein Kinn legend forderte er letztendlich meinen Blick, dann schüttelte er den Kopf. „Ich...es tut mir... es tut mir leid Lena, habe... habe ich etwas falsches gesagt?" Ohne dass ich den Grund nachvollziehen konnte, schoss mir augenblicklich die Röte in die Wangen und ich schüttelte den Kopf.

„Ich... ich weiß nicht warum, aber..ich... ich fühle mich gerade unfassbar ausgeliefert." Er stutzte, zog mich zu sich hoch und legte meine Hände an die Knöpfe seines Hemdes.

„Mach sie auf!" befahl er leise und entließ mich nicht aus seinem Blick. Was zur Hölle war los mit mir los? Dieser Mann hatte meinen Arsch an sich gerissen, mein Leben gerettet, gezeigt was es heißt einen Schwanz zur Gänze in den Mund zu nehmen und was es gottverdammt noch mal  hieß, jemanden zu beherrschen. Warum fühlte ich mich so winzig? Sehr genau spürte ich selber, wie schnell mein Atem ging und ich zu zittern begann, als ich seine Knöpfe nach einander öffnete.

„Was... was geschieht mit.. mit mir, warum... warum fühle ich mich... so hilflos?" Er ließ das Hemd von den Schultern gleiten und zog mich an sich, schloss die Arme in beschützender Geste um mich. Wie auf Knopfdruck begann ich an seiner Brust zu weinen und hätte selbst unter Folter nicht sagen können warum.

Sacht strich er mir durchs Haar, führte mich zu Decke und sank mit mir darauf nieder. Er bettete meinen Kopf in seine Schoß und las mir ungerührt von Zoltan und Brown vor und was sie in der Mohainewüste taten um zu überleben. Seine dunkle, warme Stimme beruhigte mich allmählich, aber der Grund für meine Verzweiflung offenbarte sich mir trotzdem nicht. In Blickrichtung seines Körpers lag ich schweigend da, sah auf das langsam weniger gerötete Brandzeichen, das wir ihm gegeben hatten und musste mich sehr zusammenreißen, die verkrusteten Wunden nicht zu berühren. „Tut es noch weh?" fragte ich unvermittelt in eine Satzpause. Seinen Blick zu mir hinab wendend, hielt er im lesen inne und musterte mich einen Moment schweigend. Mit zusammengebissenen Lippen deutete ich auf sein Zeichen und er schüttelte sofort den Kopf.

„Bereust Du es?" Verständnislosigkeit sprach aus seinen blauen Augen: „Wieso sollte ich bereuen, sein zu dürfen was ich immer sein wollte? Ich liebe euch Lena, es gibt nichts was mich mehr erfüllt als zu Roland und Dir zu gehören. Nein, ich bereue meinen Brand ganz und gar nicht und freue mich schon jetzt auf den Tag, an welchem er wiederholt wird."

Betreten senkte ich den Blick und flüsterte: „Wird Roland Dich dann alleine brennen, weil ich nicht mehr Deine Herrin bin, sondern Du mich ausbildest?" Bei diesen Worten kamen mir erneut die Tränen, ohne dass ich etwas dagegen ausrichten konnte und da wurde es mir schlagartig klar. Es lag nicht an seiner Kleidung, es lag an meiner Rolle. Ich vermisste meinen Sklaven und den hatte ich in seiner Sitzhaltung gesehen, ich vermisste es für ihn verantwortlich zu sein, zu sehen das es ihm gut ging und mich um ihn kümmern zu können. Alles was ich jetzt hatte waren zwei Herren, um darauf vorbereitet zu sein wie es war jemanden zu dienen und zufrieden zu stellen, der Ansprüche hatte.

Aber hatte ich das nicht auch ohne Ausbildung schon hervorragend gemeistert? War nicht das größte Zeil der Hexe mich in die Finger zu bekommen, weil ich eben war wie ich war?

„Vermisst Du Jesper?" fragte er leise, beinah ängstlich. Schwer schluckend nickte ich und schüttelte zugleich den Kopf. „Nein." sagte ich tränenerstickt, „Ich vermisse es zu herrschen, mich zu sorgen und zu kümmern, für Dich verantwortlich zu sein." behutsam strich er mir die Haare hinters Ohr und betrachtete mich abermals lange. „Ich weiß nicht ob ich es schaffe Caspar, ich weiß nicht ob ich dem hier gerecht werden.

Nicht weil ich Dir nicht dienen will, Du machst das großartig, ich... ich brauche einen Gegenpart. Roland sagt zwar, das er mein Hafen sein wird aber er ist und wird immer mein Herr bleiben, auch wenn er oben drauf noch mein Mann ist. Und Du? Du warst für mich das Gegenstück, das wo ich... mich fallen lassen konnte? Vielleicht hatte ich solche Angst vor diesem Tag, vielleicht erschöpft es mich so zu lernen, weil nun zwei Stücke in einer einzigen Waagschale liegen und keines mehr dagegen hält. Aber das alles sind nur Vermutungen, ich rate selber nur, was mich so unfassbar fertig daran macht."

Er sprach nicht, richtete mich aber auf und legte seinerseits seinen Kopf in meinen Schoß, den Blick zu mir aufgerichtet. „Es geht mir sehr ähnlich, aber ich weiß, dass ich zumindest Roland noch diene, also andersherum als bei Dir.

Möchtest Du das ich Roland sage, dass es so wenig Sinn macht, dich weiter auszubilden? Das wir uns eine andere Strategie überlegen müssen, sei es, dass Du das wenige was Dir fehlt lernst, in dem Du es Dir bei mir abschaust, wenn ich Dir diene oder wir... keine Ahnung irgendwie Schulstunden einrichten, in denen Du nicht meine Herrin bist, in der restlichen Zeit aber schon?"

„Er hat gesagt, dass es keinen Notausstieg gibt, dass es nicht echt wäre, wenn ich mich nicht darauf einließe und im Hinterkopf hätte, dass ich ja jederzeit sagen könnte, ich habe hierauf keine Lust." Ein trauriges Lächeln verdunkelte sein hübsches Gesicht, während er zu mir aufsah. „Weil er Angst um Dich hat, weil er glaubt Dich mehr vorbereiten zu müssen. Du hast die Hexe überlebt und Du hast meinen Vater überlebt, ich glaube das was Du von Natur aus in Dir trägst, was ich in Dir gesehen habe, als ich mich an Dich verlor, was er gesehen hat, das ist was Du brauchst, aber ich stelle ihn damit nicht in Frage und, auch wenn ich es vermisse Dir zu dienen, ich bin sehr gerne auch Dein Master." Die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen lächelte ich auf ihn hinab. „Das Bild, welches Dich aus der Perspektive zeigt, als hätte der Betrachter deinen Schwanz im Mund, finde ich mit Abstand das Beste von Dir. Ich sehe Dich auch gerne als Master und es macht mich an, wenn Du mit Annabelle spielst, ich glaube dies Endgültigkeit ist es, die es für mich so schwer macht. Es war so anders, als wir uns kennen lernten, weil es ein Spiel war, ein Machtkampf, auch wenn es dabei um alles ging... es war unbeschwert. Jetzt ist es... so ernst."

Er schaute auf sein Handy und erhob sich. „Wir probieren noch etwas anderes, bevor wir uns überlegen wie wir Dich glücklicher machen können, okay? Würdest Du bitte hoch gehen und Dich noch einmal in eines der beiden Outfits werfen? Anna wird zu Dir kommen und Dir weitere Anweisungen geben. Vertraust Du mir genug um darauf einzugehen?" Verwirrt krauste ich die Stirn. „Was für eine bescheuerte Frage, natürlich vertraue ich Dir genug."

Mit einem Ruck zog er mich auf die Füße und gab mir einen Kuss auf die noch immer in Falten gezogene Stirn. „Bis später Schönheit." Von mir selbst verwirrt, rannte ins Schlafzimmer. Diesmal wählte ich den Rock, doch weil es so heiß war, nahm ich dazu aber nicht die Bluse sondern ein Rüschentop das ich hatte. Trotz Hitze zog ich aber dennoch weiße Overknees an und Springerstiefel dazu. Mir hätte noch eine Schweißerbrille im Haar gefehlt um es für mich perfekt zu machen. Von einer seltsamen Aufregung erfasst, betrachtete mich im Spiegel und rannte ins Bad, nahm zwei Spangen mit schwarzen Schleifchen, drehte diese und klippste sie an den Rand der Strümpfe. Die Achterbahn die meine Gefühle heute absolvierten machten mich ganz schwindelig und ich konnte mein eigenes Handeln kaum fassen. Sorgfältig band ich meine Haare in zwei Zöpfe und mit meinen Sommersprossen sah ich wirklich aus, als wäre ich gerade irgendeinem Manga entsprungen.

Als Anna das Zimmer betrat blieb ihr der Mund offen stehen. Du siehst aus wie Michiru Matsushima!"

„Iiiich habe keine Ahnung wer das ist, aber ich hoffe es ist was gutes?!" „Ist es, so Maylad, ihre Fahrerin ist da, ich bitte mit mir die Fähre zu besteigen und Dich von nun an in duldsames Schweigen zu hüllen." Mit erhobener Braue folgte ich ihr. Mir war überhaupt nicht klar was das werden würde, aber so schweigsam wie wir übersetzten, nahm ich im Wagen platz und ließ mich von Anna fahren.


Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt