Kapitel achtzig

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Mit einem schweren Schlucken griff ich seine Hand, straffte mich und trat hinunter in den Salon. Caspar saß am Flügel und spielte, während Anna über ihr Pad gebeugt in eine neue Arbeit vertieft war und zeichnete.

„Wir müssen mit euch reden.", eröffnete Roland. Ihr Blicke hoben sich gleichzeitig an uns. Caspar stellte das Spiel ein und erhob sich, um vor uns auf die Knie zu gehen. Roland betrachtete ihn wehmütig und schüttelte den Kopf. „Darum geht es." Er ließ die Finger über Caspars Choker gleiten. Entsetzen trat in Caspars Blick, er schüttelte fassungslos den Kopf, sah aus als wolle er vor Roland davonkrabbeln. „Nein... bitte Herr... bitte, ich..." Roland legte ihm bestimmend den Finger auf die Lippen und Caspars Blick glitt Hilfe suchend, nein voller Verzweiflung, zu mir. Der Ausdruck seiner Augen berührte etwas tief in mir, doch ich versuchte keinerlei Regung zu zeigen.

„Wir werden Dir den Choker nehmen." Caspar wollte abermals zurückweichen und führte die Bewegung sogar zu ende. Nun war es blanke Panik, die aus seinem Blick sprach. Ich drückte Rolands Hand... »von wegen kein Sadist,« dachte ich.

Roland zeigte vor sich auf den Boden und bedeutete Caspar zurück zu kehren, beziehungsweise zu verharren. „Zweifel Caspar, KEINE Zweifel. Du gehörst uns... mir und das wird sich nicht ändern. Aber Du wirst nicht länger Lena dienen." Zögerlich nickte Caspar und seine Panik wechselte zu tiefer Trauer.

„Bin ich zu weit gegangen Herr?", fragte er mit gebrochener Stimme. „Ich liebe euch... ich liebe euch Beide. Es liegt schon lange nicht mehr in meiner Absicht, mir etwas zu nehmen, dass mir nicht zusteht... ich... ich dachte... Du... ihr... seht... seht...das.", schluchzte er verzweifelt auf. Roland legte seine Hand an Caspars Wange, hob sein Kinn und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Nein, Du bist noch nicht weit genug gegangen." flüsterte Roland. Nun war es Verwirrung die aus Caspars Blick sprach. „Du kannst nicht ihr Sklave sein... weil ich möchte, ... das Du sie ausbildest."

Zweifel, Skepsis, Verwirrung, Glück, Vorfreude. All diese Gefühle sprachen zugleich aus seinem Blick. „I...ich?" Er zeigte auf sich selbst.. „D...Du willst...d...das i...ich sie au...ausbilde?" Roland konnte ein Grinsen nicht länger verbergen. „Ja Caspar, ich wünsche mir, das Du Lena bei bringst was es heißt zu dienen." Eine mehr als steile Falte entstand zwischen Caspars Augenbrauen. „Ich weiß zweifel und so, von mir aus peitsch mich blutig aber bist Du noch bei Sinnen? Hast Du Drogen genommen oder ist Dir etwas auf den Kopf gefallenen?" Er winkte mit der Hand vor Rolands Gesicht. „Erde an Roland ich bin es, der Dämon mit den Rabenschwingen, der Flüster der deine Frau gefordert und gefoltert hat... ich Caspar...du kennst mich? Wie...wieso? Wie... warum...?"

Rolands Haltung änderte sich und er griff nach Caspars Handgelenk.

„Ich weiß sehr, sehr gut was und wer Du bist und wir werden verdammt genau festhalten, was Du darfst und was nicht. Sie wird nicht Dein Eigentum ich verkaufe sie nicht an Dich, Du wirst sie ausbilden, Du wirst ihr geben was ich ihr nicht geben kann, damit sie Männern und Frauen wie Natow, Bellton und Nachtigall gewachsen ist."

Caspar schluckte schwer und nickte eilig.

„Natürlich Herr verzeih, Dein ...Großmut? Hat mich kurz überfordert...ich...ich bitte um Strafe." er straffte sich sichtlich. „Natürlich kann ich sie ausbilden, darin bin ich geübt, es ist nur die absolute Akrasia, dass Du MICH bittest und es nicht selbst tust."

„Nein Caspar, wenn ich es selber könnte wäre es akrasiches Verhalten, ich kann es aber nicht, ich habe schon am Steg mit Dir bemerkt, dass ich nicht streng genug zu ihr sein kann, Du hingegen schon. Hör auf Zweifel zu sähen wo keine sind Caspar, sonst werde ich Jules bitten ihre Ausbildung zu übernehmen. Sie muss auf das vorbereitet sein, was sie erwartet!", donnerte er und endlich verstand ich seine Beweggründe wirklich. Er wollte mir geben was ich brauchte um Frieden zu finden und Caspars Künste würden mir unweigerlich zugute kommen und Schutz für mich sein.

Caspar schüttelte hastig den Kopf. „Nein Herr, bitte vergib mir, es sind keine Zweifel an Dir, ich musste mir erst kurz darüber klar werden, dass ich wirklich geeignet bin, weil ich mich zu euer Beider Füßen sehe. Aber Du beweist einmal mehr, sehr großen Weitblick. Kaum einer weiß besser was Leute wie Natow von ihrer Ware erwarten und ich glaube Lena hat zwar eine sehr genaue, intuitiv richtige Idee davon, aber nicht erlebt, was es wirklich bedeutet zu dienen." „Ich danke Dir Herr, für dein Vertrauen und den Mut, ihr das zu geben was sie benötigt um gegen die Männer zu bestehen, die wir bekämpfen wollen.", flüsterte ich.

Roland drückte mich ein wenig fester an sich, hauchte mir einen Kuss ins Haar. „Ich will, dass alle so gut wie möglich auf das vorbereitet sind, was uns erwartet, wenn Jules in Ecuador Erfolge erzielt. Es ist noch ein weiter Weg bis dahin, aber ich danke Dir, dass Du Dich bereit erklärst mich auch dahingehend zu unterstützen.

Also frage ich Dich nochmal und offiziell: bist Du bereit und gewillt, deinen Sklavenkragen für eine Weile abzulegen um an meiner Seite und zu meinen und ihren Bedingungen ihre Ausbildung zu beginnen? Für sie sorge zu tragen und Dich an einen Vertrag zu binden, der den Rahmen ihrer Ausbildung bestimmt?"

Caspar zögerte keinen Moment mehr:

„Ich bin bereit meine Herrin und Deine Frau auszubilden und auf das vorzubereiten was sie erwarten wird, im Rahmen bestimmter, festgelegter Bedingungen und einer zeitlichen Begrenzung."

Roland beugte sich vor und nickte. „Dann soll es so sein, wir werden Deinen Kragen nun öffnen, Du sollst diese Nacht frei verbringen. Morgen werden wir uns zusammensetzen und die Bedingungen verhandeln." Damit nahm er den Schlüssel aus der Öffnung des Armbandes, das er niemals ablegte um sein Schloss zu öffnen. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich meinen Schlüssel noch nie gesehen hatte.

Roland wandte sich mir zu und lächelte verschmitzt. „Fragst Du Dich wo Dein Schlüssel ist?" Ich nickte und er griff meine Hand, fuhr mit meinen Fingerspitzen meinen Kragen entlang, bis ich unser Wappen ertastete. Mit einem sachten Druck auf dessen Rand hörte ich ein leises Klicken, nah meines Ohres. Wieder ließ er meine Finger über meinen Reif gleiten, dies mal an der Unterseite und tatsächlich spürte ich eine Winzigkeit aus dem Rand ragen. Als mir klar wurde was es war griff ich mit den Nägeln danach und zog den kleinen Schlüssel aus meinem Reif. Verwirrt lächelnd schüttelte ich die den Kopf.

„Hat mein Reif noch mehr verborgene Geheimnisse?" Roland biss sich auf die Lippen und zuckte mit den Schultern. „Maybe si, maybe no." Ich beließ es dabei und schloss meinen Teil von Caspars kragen auf. Das Schloss öffnete sich mit einem sachten Klicken und ich schob den Schlüssel zurück in das Versteck meines Reifes.

Roland nahm meine Hand und gemeinsam zogen wir den Choker von Caspars Hals, der ohne das arretierende Schloss soweit auf glitt, dass wir ihn über sein Haupt heben konnten. Caspars Hand glitt an seinen Hals und es lag Wehmut in seinem Blick.

„Bitte bewahrt ihn gut für mich auf, er ist ein wichtiger Teil von mir geworden und ich bin Euch unendlich dankbar, ihn getragen haben zu dürfen." Wir nickten gleichzeitig und hauchten ihm nacheinander einen Kuss auf die Lippen, eh ich meine Hand an seine Wange legte und ihn wehmütig betrachtete. Etwas hatte sich geändert, ja ich liebte es, so auf ihn herab zu sehen, das Vertrauen in seinen Augen zu erkennen, den Willen mir alle Wünsche von den Augen abzulesen und doch... es war nicht mehr Jesper der dort kniete und auch wenn es nicht der Mann zu sein schien, der mich gefoltert hatte, so war er doch... erhabener als »der jämmerliche Welpe«, wie er sich selbst bezeichnete.

„Heißt das Caspar darf heute Nacht ficken wen er will und sooft er will?", fragte Anna unverblümt und beinah hektisch. Auf unser Nicken sprang sie wie vom Blitz getroffen auf. „Dann hübscher Engel, ich glaube Du schuldest mir noch eine Menge Dank für Deine Bilder. Du ich, Gewölbe, gleich?" Unser Lachen erfüllte den Raum, als Caspar fast schon schüchtern nickte und sich von Anna mitziehen ließ, nicht ohne uns einen dankbaren Blick über die Schulter zuzuwerfen.


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