Kapitel siebenundzwanzig

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Als Caspar mich weckte sprach er kein Wort mit mir. Von einen auf den anderen Moment gab es kein Spiel mehr zwischen uns, keine Schlachten oder Plänkeleien. Nur diese alles erdrückende Stille, von der ich nicht wusste, wie ich sie hervorgerufen hatte, was der Grund seiner plötzlichen, alles überlagernden Wut auf mich war und warum sie mich so schrecklich leer fühlen ließ. Mit schmerzendem Hals und dem tiefen Gefühl der Scham folgte ich ihm unter die Dusche und versuchte die Tränen zurückzuhalten, die seine unberechenbare Art und die Erinnerung an sein brutales Handeln in mir hervorriefen.

Er reinigte mich nach Vorschrift, schon in ein Geflecht aus Seilen gewickelt, welches diesmal seinen stattlichen Schwanz präsentierte, statt ihn zu zügeln. Weiterhin wortlos begann er auch mich zu binden und ich streckte ihm folgsam jedes benötigte Körperteil entgegen, um ihm die Arbeit zu erleichtern.

Für den Bruchteil einer Sekunde erhaschte ich seinen Blick und ich fand darin den feuchten Glanz aufsteigender Tränen. Er wandte sich zu schnell ab, als dass ich mich hätte von der Richtigkeit meiner Beobachtung überzeugen können und verließ den Raum.

„Für einen Flüsterer hast du dich aber schlecht unter Kontrolle." Hauchte ich ihm unhörbar hinterher. Vielleicht war es auch nur ein neuerlicher Versuch, eine andere Methode um mich in sein Netz zu locken.

Im Versuch mich zusammenzureißen begab ich mich in die Küche und schnappte mir mein Tablett um erneut die abnehmende Zahl der Gäste zu bewirten, doch bald schon blieb kein Wunsch mehr offen.

Als alle Gäste versorgt und beschäftigt waren fragte ich Caspar mit heiserer Stimme, ob es mir erlaubt sei in den Garten zu gehen. Er nickte deutete aber auf mein Tablett. Ich nahm es mit, auch wenn ich noch keinen der Gäste hatte rausgehen sehen. Tatsächlich fand ich den Garten, der kaum mehr als die dicht bewaldete Insel darstellte, zu meiner Überraschung nicht gänzlich leer vor.

An den Stamm einer dicken Weide gefesselt stand die Herzogin, Roland saß daneben im Gras, seitlich zu ihren Füßen an den Baum gelehnt und schnitzte an etwas herum, dem ich keine Beachtung schenkte, schon allein weil ich ihn nicht beachten durfte, um mich nicht zu verraten.

Es fiel mir so unfassbar schwer die Beiden zu ignorieren, doch schließlich verlor ich meinen inneren Kampf und folgte nicht meinem Weg zum Steg, sondern wandte mich um, kniete neben ihnen nieder und bot ihnen mein Tablett dar. Tadelnd sah Roland mich mit erhobener Braue an und sprach scharf. „Die Herzogin zuerst, hast Du denn gar nichts gelernt?"

Mein Blick begegnete dem seinen fragend. Ich vermochte die Schärfe in seiner Stimme kaum zu ertragen. Langsam und mit gesenktem Kopf erhob ich mich und wollte der Herzogin das Glas an die Lippen halten, damit sie trinken konnte. Etwas traf scharf meinen durch die Fesseln hervorgehobenen Hintern und ich schrie erschrocken auf. „Nein!" Fuhr Roland mich mit ruhiger dennoch scharfer Stimme an.

Wieder lag Angst, Entsetzen und Schmerz in meinem Blick und die Tatsache, dass es diesmal Roland war, der diese Gefühle hervorrief ließ mich beinah verzweifeln. Die Herzogin jedoch lächelte mir warm zu und mir kamen ihre Worte in den Sinn, dass sie grausam zu mir sein müssten. Schwer rang ich meine Tränen nieder, musterte sie noch einmal flüchtig, nahm dann einen Schluck des kühlen, herben Weines in den Mund und trat nah an die wehrlose Frau heran.

Meine Lippen behutsam mit ihren einend, ließ ich den Wein vorsichtig in ihren Mund fließen. Sie ihrerseits schien es kaum erwarten zu können und saugte ihn gierig auf, hielt meine Lippen in einem Kuss gefangen und betrachtete mich mit einem gierigen Funkeln im Blick, als ich mich von ihr löste.

„Das hast Du sehr gut gemacht, Mädchen.", raunte Roland leise hinter uns und streichelte den Striemen, den er gezeichnet hatte. Es war als würde dieses kleine Lob mich für all das Vergangene der letzten Stunden entschädigen und es brachte ein sachtes Lächeln auf meine Lippen. Erst jetzt, als er die mit Schnitzereien verzierten Weidenrute an den Stamm lehnte, wurde mir bewusst, mit was Roland mich geschlagen hatte.

Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt