Dicke Tropfen sangen laut das Lied des Abschieds auf das blecherne Dach der Gleishalle. Ich war mir nicht sicher ob ich diese durchaus prunkvolle Stadt je wieder besuchen würde und so blickte ich, trotz allen Schreckens, den ich hier erleben musste, mit einem kleinen Teil Wehmut zurück. Der Zug fuhr gerade ein, als Andrei und Damian das Gleis erreichten. Es würde noch eine gute halbe Stunde vergehen, eh wir uns in Bewegung setzten würden um Richtung Heimat zu gelangen.
Ein Mitarbeiter des Bahnpersonals führte uns zu unserem Wagon, der im vorderen Teil des Zuges lag und ich schüttelte ungläubig den Kopf. Der Wagon war unterteilt in Sitz und Schlafbereiche, einem Esstisch, sowie einem Schreibtisch. Der Sapsan würde uns über einen Umweg erst nach Moskau bringen und von dort aus würden wir nach Berlin fahren und irgendwann im laufe des nächsten Tages in Roermond enden. Ich konnte es kaum erwarten endlich wieder Anna in die Arme schließen zu können und mich meinen Leinwänden widmen zu dürfen.
Damian wirkte alles andere als glücklich, als er sich aus Andreis Armen löste und zu uns in den Zug stieg und auch der gestandene Mann, dessen Nachname Damian nun trug, wirkte als würden gleich Tränen in seinen Augen glitzern. „Wann wirst Du nachkommen?" Er wiegte sacht den Kopf. „Wenn alles so funktioniert, wie ich mir wünsche, dann ich werde sein da in drei Tagen, doch nur um vor Ort zu planen wie genau soll aussehen mein Rückzugsort und Platz für meine Tierchen." Fest drückte ich den hünenhaften Mann und musterte ihn mit Wehmut im Blick. „Wir werden gut auf ihn aufpassen und nichts verlangen, was er nicht zu geben bereit ist, das verspreche ich Dir." Unter einem knappen Nicken rang er sich ein Lächeln ab. „Ich weiß moya krasavitsa.(Meine Schöne) Ich wünsche euch eine gute Reise."
***
Lange noch stand der Grauhaarige am Gleis, während der Zug sich aus dem Bahnhof schob. Damian kniete zu meinen Füßen und ließ zu, dass ich ihm durchs Haar kraulte während Roland und Caspar schon dabei waren, Pläne für die verschobene Auktion zu schmieden.
Bald schon herrschte eine beinah heimelige Atmosphäre in dem Wagon und einzig Jacob, der immer wieder von seinem Handy aufsah, auf welchem er zu lesen schien, brachte Anspannung. Von Zeit zu Zeit erhob er sich, prüfte die beiden Türen und die dahinterliegenden Gänge, eh er wieder Platz nahm. Damian schien die Normalität in der Stimmung unseres Wagons gut zu tun, denn er entspannte sich mit jedem zurückgelegtem Kilometer mehr und bettete schließlich den Kopf an meinem Schenkel.
Als wir in den Bahnhof von Moskau einfuhren erhöhte sich Jacobs Spannung so sehr, dass er einem Tiger im Käfig gleich, durch den Wagon schritt und immer wieder in die Gänge starrte. Es war mittlerweile nach Mitternacht geworden, doch trotzdem war der Bahnsteig gut gefüllt und es herrschte reges Treiben. Selbst Roland und Caspar hatten ihre Planung beiseite gelegt und musterten die Menschen, die den Zug bestiegen oder verließen. Nachdenklich folgte ich, entspannt im bequemen Sitz zurückgelehnt, dem bunten Treiben der Hauptstadt, hier im Bahnhof und kraulte versonnen das Haar unseres Schützlings.
Ein Mädchen erweckte meine Aufmerksamkeit, sie schien in meinem Alter, vielleicht etwas jünger und schien, anders als die anderen Passagiere seltsam gehetzt. Irgendetwas an ihr faszinierte mich auf den ersten Blick.
Sie trug das schwarze Haar zum lockeren Pferdeschwanz, es war vielleicht schulter lang, Sie war vermutlich ein Stück kleiner als ich und wirkte eher rundlich als schlank. Ein riesiger Seesack war ihr Gepäck und sah, wie auch der Rest ihrer Kleidung, ein wenig heruntergekommen und abgeschrammt aus. Sie trug eine art... Militärparker, ein kartiertes Halstuch, das wirklich riesig war, ein T-shirt einer Band von der ich nie gehört hatte, Jeans und Chuks, in denen tatsächlich ein Loch klaffte. Auch wenn sie alles andere als dünn war, wirkte ihr Gesicht doch irgendwie..abgemagert, ja trotz ihres jungen Alters ausgezehrt.
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Wunsch & Wille
ChickLitWas geschieht wenn man, nur um einen Zug zu erreichen, kopflos in eine Horde rivalisierender Fußballfans stolpert? Richtig, man gerät in Gefahr. Doch, dass diese Gefahr nicht von den Fans ausgeht, merkt Lena erst, als es schon längst zu spät ist. (K...