Kapitel sechsundsechzig

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Ich hätte gerne gemalt aber ich ließ es bleiben, denn erstens wusste ich nicht ob meine Bilder ein Drama hervorrufen würden und zweitens wollte ich mir die frisch gemachten Nägel nicht ruinieren. So ging ich der Büroarbeit nach, die ich am Tag zuvor aufgeschoben hatte, während Jesper zu meinen Füßen „Der Mann in schwarz floh durch die Wüste und der Revolvermann folgte ihm.", zu lesen begann. Für meinen Geschmack eine der epischsten Eröffnungen eines Buches überhaupt.

Schnell begann sich Jesper in seine Lektüre zu verlieren, bis Roland uns aufscheuchte. „Arbeit, Arbeit mein Lieblinge, die Fähre setzt über mit einem Prunkstück darauf das auf Händen getragen werden möchte und ausnahmsweise nicht meine Frau ist." Awwww erklang die eine Stimme in meinem Geist, die andere würgte, wie immer lauthals. Mit den Händen durch mein Gesicht reibend, fuhr ich die Rechner runter und schloss den Raum ab, nachdem ich mich versichert hatte das er leer war und Jesper auch sein Buch nicht vergessen hatte.

Vier Männer und ein Flügel in einer Farbe wie ich ihn noch nie gesehen hatte, glitten langsam auf uns zu und auch Annabelles Kunde, trat mit halb fertigem Tattoo ans Ufer, um das Prachtstück zu bewundern. Da wir zu zehnt waren, war es kaum so schwer wie ich angenommen hatte, den Flügel, der eine halbe Tonne wog, die wenigen Meter ans Ufer zu heben. Der Weg zum Salon und seine letztendlichen Standort war schon mit decken und breiten Planken ausgelegt. Es war nicht das erste Riesenteil, das seinen Weg aufs Anwesen fand, wenn auch für mich, das erste Mal, dass ich dem beiwohnen konnte.

Es dauerte keine halbe Stunde da stand das gute Stück an seinem Platz und Jesper ließ sich mit einem breiten Grinsen auf den Hocker sinken. „Er wird sicherlich noch nicht klangrein sein, der Transport ist nie leicht für ein solches Meisterstück, also bitte vergebt ihr wenn sie ein wenig missmutig klingt." raunte er und wirkte unfassbar glücklich, als er die Finger beinah ehrfurchtsvoll über die Tasten gleiten lies, ohne ihnen Töne zu entlocken.

Die ersten Töne die erklangen waren unglaublich und gar nicht mit denen des Klaviers zu vergleichen, obwohl sich die Instrumente von der reinen Mechanik nicht wesentlich unterscheiden. Bald schon musste ich mit den Tränen kämpfen, als seine tiefe Stimme zu seinem Spiel zu singen begann: „Und ich sitz schon wieder barfuß am Klavier
Ich träume Liebeslieder und sing dabei von Dir."

Roland schlang die Arme um mich und Annabelle sank anbetend neben dem Klavierhocker nieder. Erst als das Lied endete, wagte es ihr Kunde mit einem Räuspern, auf sich aufmerksam zu machen und ihr schien wieder einzufallen, dass sie ja noch Arbeit vor sich hatte.

Jesper hörte erst auf zu spielen, als Annabelle ihm Bescheid gab, das ihr letzter Kunde weg sei und sie nun an ihm weiter arbeiten konnte und selbst dann schien es ihm schwer zu fallen sich von seinem Prachtstück zu entfernen. Den Rest des Abends verbrachten wir in gemütlicher Runde, scherzten viel, schauten Annabelle bei ihrer Arbeit und Jesper beim stillen Leiden zu und waren einfach glückliche, junge Menschen die zusammen einen schönen Abend verbrachten.

Jesper dankte mir, als ich auch seine Füße mit Seilen, die noch Bewegungsfreiheit ließen am Bett fixierte und nicht nur seine Armfesseln in den Choker hakte, der an einer weiteren Kette am Bett befestigt wurde. Es war weit nach Mitternacht als wir endlich die Augen schlossen und um sechs würde der letzte Wecker klingeln, damit wir es schafften mit Anziehen und Friseure pünktlich um zehn beim Standesamt zu sein.

 Es war weit nach Mitternacht als wir endlich die Augen schlossen und um sechs würde der letzte Wecker klingeln, damit wir es schafften mit Anziehen und Friseure pünktlich um zehn beim Standesamt zu sein

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