Graues Licht begann allmählich das Abteil zu fluten, als ich die Augen wieder aufschlug. Caspar lag sehr viel entspannter als im Rest der Nacht zuvor, in Rolands Armen. Lange betrachtete ich meine wunderschönen Männer, eh ich mich aufmachte die winzige, aber nur für uns bestimmte, Bordtoilette aufzusuchen.
Überrascht sah ich auf Jacob, der immer noch, oder schon wieder an einem der kleinen Tische saß und immer wieder die Türen in den Blick nahm. Mit verschränkten Armen, lehnte ich mich an die Abteilwand und betrachtete ihn offensiv. „Stimmt etwas nicht, Ma'am?" Eine Braue hebend fragte ich mit morgenrauer Stimme: „Hast Du gar nicht geschlafen?" Er ließ seinen Blick über das Display gleiten, eh er mir unvermittelt in die Augen sah. „Doch Ma'am, gute vier Stunden sogar." Ihn nicht aus dem Blick entlassend, trat ich an ihn heran und nahm ihm gegenüber Platz.
„Gute vier Stunden? Das klingt für mich nach einem Nap und nicht nach schlafen." Den Kopf schief legend zog er die Brauen zusammen. „Mir reichen drei bis vier Stunden Schlaf die Nacht vollkommen, Ma'am." Nachdenklich rieb ich mir die Stirn. „Dann hast Du eine Menge mehr Zeit als die meisten Menschen auf dieser Welt, was machst Du den Rest der Nacht?" Das Handy endgültig zur Seite legend, sah er mich eindringlich an. „Meinen Job, trainieren für meinen Job, lesen, noch mehr trainieren, meditieren." Ich wölbte abermals eine Braue.
„Und... wann hast Du Spaß?"
Ein beinah verächtliches Schnauben erklang aus seiner Richtung. „Ich verstehe die Frage nicht, was ich tue macht mir Spaß."
„Du kannst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass das alles in deinem Leben ist, arbeiten und lesen? Wtf Jacob, Du bist wie alt nochmal? 23? Selbst ich hatte vor dem hier mehr Leben als Du, wenn ich mir die Nächte an meinem Baby um die Ohren geschlagen hab, um Jules in irgendeinem Shooter zu besiegen und ich war ne nerdige, verkappte Autistin. Was ist Deine Ausrede? Wo sind Deine Freunde im Leben? was machst Du um Spaß zu haben? zum entspannen?"
Blitzschnell griff er über den Tisch und mein Handgelenk, welches er mit festen Griff umschloss und mich so ein Stück an sich heran zog. „Nein Lena, es gibt nicht mehr, denn wenn ich mich ablenken lasse, könnte ich nicht das, was ich kann um euch zu beschützen. Das vorhin, bevor Dein neues Spielzeug hier rein gefunden hat, das war verdammt knapp, nur eine Sekunde später und Caspar oder Damian wären tot gewesen. Trainieren, mich fokussieren, mir Wissen anlesen, sind mein Weg um Spaß zu haben und ich glaube nicht, dass es an Dir ist das zu verurteilen."
Hart schlucken nickte ich sacht, versuchte gar nicht erst mich aus seinem Griff zu befreien, sondern ließ mich vom Stuhl in die Knie sinken. Seine Wut überraschte mich nicht nur, sie traf mich unvorhergesehen hart und so griff ich zur einzigen Lösung die mir in diesem Fall angebracht erschien: „Du hast Recht, ich bitte um Vergebung, das war überheblich und überhaupt nicht angemessen. Ich bin Dir unfassbar dankbar für Deine Fähigkeiten, für die Tatsache, dass Du uns den Arsch rettest, damit ich ... damit ich meinen Spaß haben kann, bitte verzeih mir." Er ließ mein Handgelenk los und schaute beinah angewidert auf mich herab. „Nein Ma'am, das was Du jetzt tust ist unangemessen, das kannst Du bei Roland oder Caspar machen, ein einfaches Danke hätte gereicht." Lange verweilte ich so, blickte zu ihm auf, rieb mir mit den Fingerspitzen über den Nasenrücken. Er hingegen erwiderte meinen Blick nur kalt.
„Ich danke Dir." sagte ich schließlich und erhob mich in fließender Bewegung. Sein Blick ruhte weiter auf mir und nun war es an ihm langsam zu nicken. „Du bist meine Klientin, eine verfickte Gräfin, tu mir einen Gefallen und mach das nie wieder! Hast Du nicht genug Menschen mit denen Du spielen kannst?"
Ich wollte etwas schnippisches entgegnen, ließ es aber bleiben und wandte mich kommentarlos zum gehen. Die Art wie er mich sah schmerzte mich seltsam. „Die Kleine, wie ist ihr Name? Yeva? Sie ist süß, wirst Du sie behalten Ma'am?"
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Wunsch & Wille
ChickLitWas geschieht wenn man, nur um einen Zug zu erreichen, kopflos in eine Horde rivalisierender Fußballfans stolpert? Richtig, man gerät in Gefahr. Doch, dass diese Gefahr nicht von den Fans ausgeht, merkt Lena erst, als es schon längst zu spät ist. (K...