Kapitel hundertsiebzehn

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Erst nach gefühlter Ewigkeit erwachte ich, durch Jacobs Stimme aus meinem Dämmerzustand und sah zwei Menschen in Kitteln vor uns stehen, die auf mich hinabblickten, während sie auf russisch zu mir sprachen.

„Ihr Mann hat den OP verlassen, es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Die Subclavia die Vene des Schlüsselbeins war punktiert, die Ärzte konnten sie verschließen. Allerdings hat ihr Mann sehr viel Blut verloren, was dazu führt, dass man nicht sagen kann, ob die Wiederherstellung der Vene und die Bluttransfusionen ausreichen um den Gesundheitszustand ihres Mannes aufrecht zu erhalten bzw. wieder vollkommen herzustellen. Im Moment ist er stabil, aber nicht ansprechbar, weil er in ...Schlaf gehalten wird, damit sein Körper leichter regenerieren kann."

Viel zu hastig erhob ich mich und merkte wie lang ich gesessen haben musste. Da ich meine Beine nicht spürte sackte ich ein Stück ein, doch Jacob sprang mir mit den Reflexen einer Raubkatze bei und hielt mich fest.

„Ich will zu ihm, ich muss ihn sehen!" forderte ich eindringlich und Irina übersetzte für mich. Der Arzt der die Worte an mich gerichtet hatte wiegte den Kopf. „Sagen sie ihm, dass Geld keine Rolle spielt, dass sie alles tun müssen, um Rolands Leben zu erhalten und mich jetzt sofort zu ihm bringen sollen. Auch wenn es gerade nicht so aussehen mag ich bin Gräfin von Binnenberg und ich MUSS meinen Mann nun sehen!" Irina lächelte matt und wechselte Worte mit dem Arzt, der resignierend seufzend nickte und kurz darauf führte man uns die langen, trostlosen Gänge entlang. Vor einer der zahlreichen Türen hob der Arzt die Hand und zeigte einen einzelnen Finger „Odin!" (Einer!) er deutete auf mich und ich nickt „Da, Spasibo"

Ungeduldig stürzt ich ans Bett meines Kriegers und Atmete tief aus. Er war blass unfassbar blass, aber er atmete ruhig und die Werte auf dem Screeningmonitoren waren allesamt grün hinterlegt. Zaghaft griff ich seine Hand, in der keine Kanüle steckte, zog mir einen Stuhl heran und ertrank in der Wärme seiner Anwesenheit, auch wenn seine Haut sich so unglaublich kühl anfühlte, dass es mir neuerlich die Tränen in die Augen trieb. Das kontinuierliche Heben und Senken seiner Brust schlug mich in seinen Bann, trotz der Kühle seiner Haut, dem zerbrechlich wirkenden Körper und der Blässe seine Teints, klammerte ich mich an die Hoffnung, die diese Bewegung verhieß.

Jedes Gefühl für Zeit war offensichtlich seit dem Angriff für mich verloren. Jetzt im Nachhinein kann ich nichts sagen ob ich stunden oder Tage an Rolands Bett saß, bangte, hoffte, ihm und mir selbst Mut zusprach, ihn anflehte.

Die Polizei befragte mich ein weiteres Mal und in regelmäßigen Abständen kam Jacob zu mir, brachte mir Getränke, Riegel aus einem Automaten und zuletzt eine Jogginghose, einen Hoodie und Sneaker. Ohne zu realisieren was ich sah, starrte ich auf die Sachen.

„Sie sitzen schon die ganze Nacht und den Tag hier, ich dachte sie würden vielleicht gerne aus ihrem Suit raus." Nur widerwillig löste ich den Blick von Roland und sah zu der Stimme auf, die es wagte, mich auf so fremde Art und Weise, vom Anblick meines Kriegers loszureißen. „Ich.... Kann den Suit nicht alleine ausziehen."

War alles was ich sagte und mein Blick fiel auf Roland zurück. Missmutig spürte ich, wie eine Hand mich zaghaft berührte, nicht die Hand meines Mannes, verwirrt betrachtete ich diese bis ich realisierte, dass sie Jacob gehörte. „Ich helfe ihnen Ma'am, ihr Mann wird nicht erfreut sein, wenn er erwacht und sie sich gar nicht mehr um sich gekümmert haben. Kommen sie, lassen sie uns ins Bad gehen, ich werde ihnen helfen und dann hier wachen, solange sie sich frisch machen." Es schien mir unmöglich direkt auf seine Worte zu reagieren. Erneut kämpfte ich mit den Tränen, aber ich erhob mich, ließ mich von ihm ins Bad bringen. Wie durch Watte spürte ich sein Zittern, als er die Schnallen meines Suits öffnete, aber auch das war mir gleichgültig. Er half mir die Stiefel zu lösen, und auch die Handschuhe, dann befreite er meine Arme und drehte mich zu sich um. „Schaffen sie den Rest alleine Ma'am?" Schwach nickte ich und er verharrte noch einen Moment, überzeugte sich davon, dass ich mich wirklich weiter entkleidete. Mühsam schälte ich mich gänzlich aus dem Suit und drehte die Dusche auf, erst dann verließ Jacob das Bad.

Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt