Kapitel hundertsechsunddreißig

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Wir schafften es ohne Bedrohungen aus dem Zug und dem Bahnhof, in die beiden Wagen zu steigen, die auf uns warteten um uns die letzten Kilometer zu unserem Zuhause zu bringen. Jacob, Roland und ich bestiegen den ersten der Wagen, Caspar, Damian und Yeva den, der von Kowalski gefahren wurde. Unser Fahrer war mir unbekannt, ein junger Mann vielleicht ein wenig jünger als Roland, der sehr schlank und sehr sportlich wirkte. Er trug eine Brille und das auffallendste an ihm waren die wirren, blonden Locken, die ihm fast schon in den Augen hingen. Etwas an ihm ließ mich an einen Vampirfürsten denken, obwohl ihm überhaupt nichts düsteres anhaftete, im Gegenteil er wirkte sehr viel mehr lebenslustig als finster. Und doch der edle Schnitt seiner Gesichtszüge... ich kann es einfach nicht besser beschreiben. Er stellte sich als Ilyas vor und ich mochte ihn sofort. Jacob, Roland und er schienen sich zu kennen, denn sie gaben sich auf fast freundschaftliche Weise die Hand. „Schön euch halbwegs lebendig begrüßen zu dürfen Sir." Ich mochte den Klang seiner Stimme, sie war rau und brüchig, nicht sehr tief und trug doch Bass. Es war die gesamt Komposition, die ihn mir in den ersten Sekunden unfassbar sympathisch machte und mir war klar, dass dies der Mann war, den Roland als meinen zweiten Personenschützer sah und auch warum. Ilyas zwinkerte mir zu, als Roland seine Hand entließ. „Es freut mich sehr endlich ihre Bekanntschaft zu machen Ma'am." Seufzend lehnte ich den Kopf zurück.

„Bitte Roland, hast Du die Weisungsbefugnis ihnen zu verbieten mich Ma'am zu nennen? Ich habe es fast geschafft das Jacob mich beim Namen nennt, da bringst Du mir den nächsten, den ich erziehen muss." Als Roland Ilyas fast entsetztes Gesicht zu meinen Worten sah, prustete er los. „Ich fürchte, darüber habe auch ich keine Macht meine Königin, aber ich bin mir sicher, dass wenn Du es geschafft hast Jacob davon abzubringen, gelingt es Dir bei jedem. „Hat sie nicht, Sir." Fest drückte ich meine Füße in den Sitz vor mir und stieß Jacob so in den Rücken. „Ich sagte fast!"

                                                                  ***

Niemals zuvor in meinem Leben hatte ich ein so allumfassendes, erfüllendes Gefühl von Heimat, als die Fähre übersetzte. Mit Tränen in den Augen stand ich am Bug, gehalten vom Mann dem ich das hier alles verdankte, zu meinen Füßen Caspar, den ich nie wieder missen wollte, Damian und Yeva die voller Spannung auf das Anwesen blickte. Ilyas und Jacob standen hinter uns und ich wusste ich würde malen müssen was gerade geschah.

Anna stand schon am Steg als wir anlegten und ich war die erste die ihr beinah in die Arme sprang. Sie drückte mich, küsste und hielt mich und ich sah tatsächlich Tränen den Freude in den Augen der lebenslustigen, immer gut gelaunten Frau.

„Bitte lass mir noch was dran, bevor Du sie gänzlich zerquetscht." tönte Rolands Stimme und sie löste sich von mir, nur um auch ihn in die Arme zu schließen. „Vorsichtig!" Mahnte er und sie schluckte.

„Willkommen zuhause meine Schönheiten." Ihr Blick fiel auf Yeva, die mit Damian noch auf der Fähre kniete. „Endlich!" stöhnte sie erleichtert und wir sahen sie fragend an. „Na endlich weibliche Verstärkung!" Sie kicherte während sie Caspar in die Arme schloss. „Wehe ihr lasst mich noch einmal so lange allein!" Sie stampfte auf und Roland schloss sie abermals in die Arme. Einem inneren Drang folgend, ließ ich die geliebten Menschen zurück, rannte zum hell erleuchteten Glashaus und blieb ehrfürchtig im Eingang stehen. Beinah hatte ich vergessen, was für ein wunderschönes Kunstwerk dieses Gebäude war. Voller Ehrfurcht ließ ich mich auf die knie sinken, strich zärtlich über den erleuchteten Boden und sog die Atmosphäre tief in mich auf.

Es War Rolands Hand, die ich in meinem Haar spürte, das wusste ich ohne hinzusehen. „Es tut mir leid meine Königin, aber wenn Du auf meine Erlaubnis wartest um eintreten zu dürfen, dann wartest Du vergebens, denn wenn es nach mir ginge, würdest Du jetzt essen, Duschen und dann ins Bett fallen. Da ich aber weiß, dass Dir das nicht möglich ist, hoffe ich auf Deine Vergebung, dass ich es so handhaben werde."

Wunsch & WilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt