nichts Ganzes und nichts Halbes

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"Du machst also nie Vorrausagen, ja?" Ich schmiss mich neben Marco aufs Bett. Das Training war anstrengend und in meinem Kopf ging es gerade drunter und drüber.

Eigentlich wollte ich weinen, oder schreien, oder beides. Aber ein Gespräch mit Marco würde mir sicher auch helfen, jedenfalls war das meine erste Wahl, vor dem Heulen und dem Schreien.

Doch er schien selbst fest in seinen Gedanken zu stecken und schenkte mir kaum Aufmerksamkeit. Doch als er mich bemerkte, und das dauerte einige Sekunden, erhob er sich langsam, zog die Augenbrauen zusammen und musterte mich aufmerksam. "Hä?"

"Man, das sollte lustig werden, aber wenn du in deiner Tagtraumwelt verschollen bist, macht es keinen Spaß..." Ich schmollte gespielt eingeschnappt, schenkte ihm dann aber ein Lächeln.

"Was wolltest du denn?" Fragte er leicht genervt. Sein Unterton gefiel mir gar nicht. Was war denn auf einmal in den gefahren?

"Ich hatte gefragt, ob du keine Vorrausagen machst. Aber es war eher eine rhetorische Frage. Also hätte ich die Antwort gewusst..."

Ich erklärte es ihm und er schien immernoch sichtlich verwirrt, zog eine Augenbraue nach oben und ließ sich in sein Kissen fallen.

Ich seufzte. 

"Und Fußballer machen also keine halben Sachen?"

Diesmal war ich es, die sich aufsetzte, den Blonden mir gegenüber musterte und skeptischen Blickes in seine Augen sah.

"Hä?"

"War doch eine rhetorische Frage, nicht?"

Scheinbar hatte er viel Spaß daran, mir unter die Nase zu reiben, dass er ebenfalls sein Abitur bestanden hatte, denn er sprach gerade mit rhetorischen Fragen mit mir und das fande ich echt komisch.

Außerdem verstand ich den Zusammenhang seiner Frage mit meiner nicht, denn ich hatte ihn auf die Vorrausagung im Einkaufszentrum von vor zwei Wochen angesprochen, was ich übrigens heute noch lustig fand.

Und dann wollte ich es süß verpacken und das heutige Training mit einbringen, denn wir sind Mario wirklich auf der Nase rumgetanzt. "Wie meinst du das?"

Nun seufzte er.

"Ich habe ihn geschlagen, Leo..."

Skeptisch blickte ich ihn an. Hä? Wie, was, wo, wer? Er schien meinen fragendenen Blick zu verstehen, antwortete aber nicht darauf.

Stattdessen sagte er wieder etwas total zusammenhangsloses. "Und ich dachte, du machst keine halben Sachen..."

"Aber, das...-"

"Was ist das mit Mats und dir?" Er lehnte sich gegen die Wand, um mir besser in die Augen sehen zu können. Schaute mir erst ins Rechte, dann ins Linke, ins Rechte und wieder ins Linke.

"Das... da ist nichts."

Ich seufzte, schaute auf den Boden. "Nicht mehr."

Und da war er wieder, der Moment, in dem ich einfach los heulen hätte können, oder schreien, oder beides. Ich war verzweifelt. Ich wollte nicht, dass es vorbei ist, aber ich wusste auch nicht, was mit Marco und mir ist.

Er nickte. Mehr nicht. Nur ein stummes Nicken, ein Nicken, das ich weder deuten konnte, noch zuordnen konnte.

Es war ein seltsames Nicken.

"Und was ist das mit uns?" Er schaute mich durchdringlich an. Verschränkte die Arme vor der Brust und wartete geduldig.

Ich versuchte Worte zu bilden, doch es klappte nicht. Ich war verzweifelt und die Lage war echt kritisch, ausweglos und verhängnisvoll.

Ich kam aus der Situation nun nicht mehr heraus, musste mir etwas einfallen lassen.

Und dann kam wieder der Punkt, der depressive Punkt.

Wieso zur Hölle war mein Leben so kompliziert und wieso verdammt war ich hier? Wie konnte es sein, dass ein ganz normales Mädchen, wie ich, hier war.

Verliebt war, in Fußballer, die einem echt den Kopf verdrehen konnten. In einer aussichtslosen Situation steckte und keine Ahnung hatte, was sie tun soll.

Zudem drehte mein Bauch kopf und mein Gehirn ratterte ununterbrochen und suchte nach Antworten.

Außerdem konnte ich meine Gefühle nicht deuten. Die Eifersucht auf Cathy und nicht zu vergessen, die Eifersucht auf Götzeus, oder eben nur auf Mario, oder keine Ahnung.

Jedenfalls wusste ich, dass Mario mein bester Freund war und ich immer mit ihm reden konnte, hoffte ich jedenfalls.

Um wieder auf Marcos Frage zurück zu kommen: ich antwortete mit einem lächerlichem "Nichts Ganzes und nichts Halbes..."

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