Secret

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Jeder Mensch hat Geheimnisse. Ein Mensch lebt für seine Geheimnisse. Ohne Geheimnisse wären Menschen nicht so, wie sie waren. Jeder Mensch lebte mit seinem Geheimnis und dieses eine Geheimnis bestimmte über das Leben eines Menschen.

Es veränderte das Leben eines Menschen und es machte aus einem Menschen das, was er war. Gut, oder Böse - wir alle wurden von unseren Geheimnissen bewegt, Dinge zu tun, die wir eigentlich niemals getan hätten.

Aber so war es. So funktionierte das Leben und so lernten wir es zu leben und damit umzugehen, von unserem Kopf regiert und gesteuert zu werden.

Und so war es nunmal. Jeder würde von seinem Geheimnis gesteuert.

Ich denke, Mats hatte genau so ein solches Geheimnis und deshalb war er so, wie er nunmal war. Aber auch Jogi hatte sicher ein Geheimnis, was ihn dazu brachte, nicht komplett bei der Sache zu sein und das würde auch erklären, warum er Basti und Poldi die Pläne machen ließ.

Aber nein, nicht, dass ich es schlimm fand. Ganz im Gegenteil, Basti und Poldi machten ihren Job sehr gut, aber eine vernünftige Auskunft von Seiten der Trainerschaft wäre, denke ich, auch niemals schlecht gewesen.

Und so kam es, dass Schweinsteiger und sein idiotischer Stürmerfreund alles regeln durften, obwohl ich mir zu hundert Prozent sicher war, dass die Zwei lieber Zeit für sich selbst hätten, denn ich denke, dass die Sache mit ihrer nicht vorhandenen Zweisamkeit sie schon ziemlich belastete.

Aber auch Jonas war in letzter Zeit anders. Er war zwar generell anders, als die Anderen, aber er verhielt sich komisch. Seit dem Kinoabend hatten wir nicht mehr richtig miteinander gesprochen und klar, seine Freundin hatte an dem Tag schluss gemacht, aber trotzdem war er anders.

Auch Manuel war nicht so, wie man ihn kannte. Er war eher ausgelaugt und nicht ganz bei der Sache. Ob es mit Nina nicht gut lief?

Aber auch mit Nina hatte ich in letzter Zeit wenig bis gar nicht gesprochen. Irgendwie fehlte uns beiden die Zeit.

Und was gerade mit Mario und Marco los war, verstand hier sowieso niemand. Aber wirklich keiner der Spieler wusste, was bei ihnen momentan los war, denn eigentlich wussten wir auch, dass sie sich liebten. Irgendwie.

Jedenfalls hofften wir Alle, dass es so war, denn wenn nicht, hätte ich sicher den Glauben an die Menschen verloren und dass nicht nur so, wie, als Mats mir mehr oder weniger das Herz brach, sondern so, als wäre die Welt für mich endgültig untergegangen.

Ich musste definitiv mit Mario und Marco reden, obwohl sich das sicherlich als schwierig ergeben würde, denn so wie ich Mario kannte, würde er nicht in der Lage sein mir zu zuhören und so wie ich Marco kannte, würde er mir nicht zuhören wollen, oder andersherum.

Auf jeden Fall wurde ich ruckartig aus meinem Tagtraum gerissen, als Bastian Schweinsteiger in das Zimmer stapfte und das so schnell, als hätte ihn einen Floh gebissen, oder als wäre ein Rudel Wölfe hinter ihm her.

Der werte Herr bleib also stur vor meinem Bett stehen und grinste mich mit einer Mischung aus Gehässigkeit und Glückseligkeit an.

Leise richtete ich mich auf, sah den Mittelfeldspieler mit zusammengezogenen Augenbrauen an und lächelte schief.

"Ich hab dir einen Ehrenplatz bei der Trainerschaft besorgt!" Freudig grinste er und klatschte gespannt in die Hände.

"Und dann?" Humorlos lachte ich auf und versuchte cool zu wirken, denn jetzt brauchte ich eine mehr, als gute Ausrede, um unten bei der Ersatzbank nicht sitzen zu müssen.

"Naja, dann kannst du ganz unten sitzen!" Wieder lächelte er mich breit an.

"Ja schon, aber ich mag die VIP Lounge." Ich zuckte mit meinen Schultern und ließ mich ruckartig nach hinten in mein Kopfkissen fallen, denn innerlich ratterte alles.

Mein Kopf zerbrach beinahe und mein Herz rutschte mir in meine Hose. Ja, ich war etwas mehr, als verzweifelt.

Dann nickte Bastian verständlich und trat einen Schritt zurück.

Und plötzlich wurde mir klar, dass es eventuell nicht die Anderen waren, die komisch waren, oder sich anders verhielten, sondern ich, weil ich diesen Job machte, den ich keinem der Profis darlegen durfte und nun mit meinem Geheimnis schon so sehr in der Verzweiflung steckte, dass ich nie wieder hinauskommen würde.

Schließlich schüttelte Basti den Kopf und sah mich Ernst an, zog die Augenbrauen leicht zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Du bist es, oder?"

"Ich kommentiere nur."  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt